TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/10 VGW-151/049/7366/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.11.2021
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Entscheidungsdatum

10.11.2021

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
E2D Assoziierung Türkei
E2D E02401013
E2D E05204000
E2D E11401020
19/05 Menschenrechte

Norm

NAG §11 Abs2
NAG §24 Abs4
NAG §26
NAG §45 Abs1
NAG §45 Abs2
ARB 1/80 Art. 6
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Holzer über die Beschwerde des Herrn A. B. (geb.: 1982, StA: Türkei) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 19.02.2021, Zl. MA35-…-12, betreffend Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm des Beschlusses des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation

zu Recht erkannt:

I.       Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, und entsprechend dem Zweckänderungsantrag vom 27.01.2020 gemäß § 24 Abs. 4 iVm. § 26 iVm. § 45 Abs. 1 und 2 NAG 2005 iVm. Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980 der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ erteilt. Das dem Aufenthaltstitel entsprechende Dokument ist dabei mit einer Gültigkeitsdauer von 5 Jahre auszustellen.

II.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang:

Mit Antrag vom 27.01.2020 begehrte der Beschwerdeführer zum einen die Verlängerung seines bisherigen Aufenthaltstitels „Student“ und zugleich hiermit die Zweckänderung betreffend den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“. Der Beschwerdeführer schloss diesem Antrag mehrere Unterlagen an, dabei unter anderem Folgende:

?    Mehrere Bescheidausfertigungen des AMS nach § 20 Abs. 3 AuslBG den Beschwerdeführer betreffend,

?    Eine Studienbestätigung der Uni Wien für das WS 2019,

?    Lohnzettel der C. GmbH,

?    Ein Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers sowie eine Kopie seines Reisepasses.

Mit Schriftsatz vom 25.02.2020 reichte der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertreterin weitere Unterlagen nach (ua. Einen KSV Registerauszug sowie das Zeugnis über die am … 2019 bestandene Integrationsprüfung).

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 26.02.2020 erging ein Mängelbehebungsauftrag an den Beschwerdeführer, da dieser seinen Antrag nicht persönlich bei der Behörde gestellt habe und unzulässigerweise mehrere Aufenthaltszwecke vereine. Dieser wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers am 03.03.2020 zugestellt. Diesem wurde in der Folge durch persönliche Antragstellung entsprochen bzw. auf die Zulässigkeit des Zweckänderungsantrags hingewiesen.

Mit 23.06.2020 erging ein Schreiben der belangten Behörde mit dem dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei beide Anträge abzuweisen. Dieses wurde der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers am 06.07.2020 zugestellt. Die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers legte in der Folge mit Schriftsatz vom 28.07.2020 eine aktuelle Studienbestätigung sowie Unterlagen betreffend den Studienerfolg des Beschwerdeführers vor.

Mit Bescheid vom 19.02.2021, der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers am 25.02.2021 zugestellt, wies die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers ab. Gegen diesen Bescheid richtete sich die mit 25.03.2021 postalisch aufgegebene, sohin fristgerecht erhobene, Beschwerde des Rechtsmittelwerbers in der dessen rechtsfreundliche Vertreterin darauf hinwies, dass dieser sehr wohl die Voraussetzungen nach dem dritten Spiegelstrich des Assoziationsabkommens erfülle. Sie schloss diesem dabei einen Befreiungsschein des AMS nach § 4c Abs. 2 AuslBG vom 25.05.2021 den Beschwerdeführer betreffend an.

Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte den Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor. Dieses führte am 01.09.2021 eine mündliche Verhandlung durch in deren Rahmen der Beschwerdeführer befragt wurde.

II.      Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde am … 1982 geboren und ist türkischer Staatsangehöriger.

Der Beschwerdeführer verfügte von 26.03.2008 bis zum 03.02.2020 über mehrere aneinander anschließende Aufenthaltstitel „Schüler“ bzw. „Student“.

Der Beschwerdeführer war von 06.07.2016 bis 31.10.2016 bei der D. KG beschäftigt. Diese ging im Rahmen eines Betriebsübergangs mit Wirkung zum 01.11.2016 auf die C. GmbH über. Bei dieser war der Beschwerdeführer von 01.11.2016 bis 12.06.2017 und von 07.11.2017 bis 31.12.2019 tätig. Dies ging wiederum mit Wirkung zum 01.01.2020 auf die E. GmbH über, bei der der Beschwerdeführer seit dem 01.01.2020 bis dato beschäftigt ist. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen des dritten Spiegelstriches im Sinne des Assoziationsabkommens.

Der Beschwerdeführer hat die Integrationsprüfung am … 2019 positiv absolviert.

Der Beschwerdeführer bringt monatlich ca. EUR 1600 netto ins Verdienen. An Belastungen treffen diesen monatlich EUR 500,- für Miete und Strom sowie EUR 184,- für eine Versicherung. Es bestehen keine Kreditverbindlichkeiten.

Der Beschwerdeführer bewohnt mit seiner Frau und seinem Sohn eine Wohnung mit einer Größe von 46 m2, wobei der Mietvertrag bis zum 28.02.2023 läuft.

Der Beschwerdeführer weist keine Vormerkungen im Fremden- oder Strafregister und keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Alter und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes. Ebenso jene zu den vorherigen Aufenthaltstiteln des Beschwerdeführers.

Jene zu den Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers aus einer Einsichtnahme in den diesbezüglichen Versicherungsdatenasuzug sowie jene zu den Betriebsübergängen aus den entsprechenden Kaufverträgen zwischen der D. GmbH und der C. GmbH vom 31.10.2016 sowie jenem zwischen der C. GmbH und der E. GmbH vom 25.09.2019. Jene dazu, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des dritten Spiegelstriches des Assoziationsabkommens erfüllt daraus, dass aufgrund der erfolgten Betriebsübergänge das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers als ein einheitliches zu betrachten ist. Dies folgt dabei bereits aus § 3 Abs. 1 AVRAG, welcher in Umsetzung der BetriebsübergangsRL erlassen wurde (Siehe auch die Ausführungen unterhalb im Rahmen der rechtlichen Beurteilung). Demgemäß sind sämtliche Zeiten die der Beschwerdeführer bei der D. KG, der C. GmbH und der E. GmbH absolviert hat als ein einheitliches Dienstverhältnis zu betrachten, wodurch der der Beschwerdeführer nacheinander die Voraussetzungen des ersten, des zweiten und nunmehr auch des dritten Spiegelstriches erfüllt hat. Ob die Zeit von 06.07.2016 bis 12.06.2017 aufgrund der danach erfolgten Unterbrechung eingerechnet wird kann dahingestellt bleiben, da selbst bei deren Außerachtlassung die Zeiten des ersten und zweiten Spiegelstriches und nunmehr auch des dritten Spiegelstriches, da das Beschäftigungsverhältnis zum Zeitpunkt des gegenständlichen Erkenntnisses jedenfalls durchgängig seit vier Jahren besteht, absolviert wurden.

Jene zur Integrationsprüfung aus der entsprechenden vorgelegten Urkunde.

Jene zu Einkommen und Verbindlichkeiten aus den vorgelegten Lohnzetteln und Kontoauszügen, dem KSV-Registerauszug vom 21.07.2021 und den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 01.09.2021.

Jene zur Wohnung des Beschwerdeführers aus dem entsprechenden Mietvertrag.

Jene dazu, dass keine Vormerkungen vorliegen, aus Einsichtnahme in die entsprechenden Register sowie den Rückmeldungen der MA 63, MA 67 und der LPD Wien.

IV.      Anzuwendende Rechtsvorschriften und Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Rechtsvorschriften nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2020 sowie dem Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017 idF BGBl. I Nr. 41/2019 und dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation lauten:

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

         1.       gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

         2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

         3.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

         4.       eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

         5.       eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

         6.       er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

         1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

         2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

         3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

         4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

         6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

         7.       in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

         1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

         2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

         3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

         4.       der Grad der Integration;

         5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

         6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

         7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

         8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

         9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

         1.       sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

         2.       der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.

Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln

§ 20. (1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(1a) Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 sind für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde

         1.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 9 IntG) erfüllt hat und

         2.       in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,

es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

(3) Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45) sind in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments - unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Abs. 3 erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat. Liegt ein berechtigtes Interesse des Fremden vor, hat die Behörde auf Antrag festzustellen, dass der Aufenthaltstitel nicht erloschen ist. Der Nachweis des Aufenthalts im EWR-Gebiet obliegt dem Fremden.

(4a) Abweichend von Abs. 4 erster Satz erlischt der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, der einem Inhaber eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ oder dessen Familienangehörigen erteilt wurde erst, wenn sich der Fremde länger als 24 aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält.

(5) Abs. 4 gilt nicht für Inhaber eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt – EU, wenn

         1.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, oder

         2.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, soweit die Tätigkeit dieser Körperschaft im Ausland im Interesse der Republik liegt und

er die beabsichtigte Aufgabe der Niederlassung (§ 2 Abs. 2) der Behörde vorher mitgeteilt hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 oder 2 hat der Fremde nachzuweisen. Der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ ist auch nach Aufgabe der Niederlassung auf Antrag zu verlängern.

Verlängerungsverfahren § 24. (1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln. (2) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn 1. der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und 2. der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt. Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt. (3) Fremden ist im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen. (4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen. (5) Stellt der Fremde entgegen § 9 Abs. 5 Z 3 IntG einen weiteren Verlängerungsantrag, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.

Zweckänderungsverfahren

§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls Bundesrecht konsolidiert www.ris.bka.gv.at Seite 19 von 51 erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht

Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“

§ 45. (1) Drittstaatsangehörigen, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich niedergelassen waren, kann ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erteilt werden, wenn sie

         1.       die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

         2.       das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (§ 10 IntG) erfüllt haben.

(2) Zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen ist die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 12) oder eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ (§ 57 AsylG 2005) zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 anzurechnen. Zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen ist die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet aufgrund einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ (§ 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) oder einer „Aufenthaltsberechtigung“ (§ 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005) zur Gänze auf die Fünfjahresfrist anzurechnen.

(3) Nach zwei Jahren ununterbrochener Niederlassung eines Inhabers eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ gemäß § 50a Abs. 1 ist sein zuvor rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat mit einem Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ dieses Mitgliedstaates auf die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 anzurechnen.

(4) Die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 wird durchbrochen, wenn sich der Drittstaatsangehörige innerhalb dieser Frist insgesamt länger als zehn Monate oder durchgehend mehr als sechs Monate außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat. In diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen.

(4a) Abweichend von Abs. 4 letzter Satz können bei Inhabern eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ die Zeiten einer rechtmäßigen Niederlassung vor Eintreten der Unterbrechung der Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 auf diese angerechnet werden, wenn

         1.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, oder

         2.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, soweit die Tätigkeit dieser Körperschaft im Ausland im Interesse der Republik liegt und

er die beabsichtigte Aufgabe der Niederlassung (§ 2 Abs. 2) der Behörde vorher mitgeteilt hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 oder 2 hat der Fremde nachzuweisen.

(5) Abweichend von Abs. 4 wird bei Inhabern eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 erst durchbrochen, wenn sich der Drittstaatsangehörige innerhalb dieser Frist insgesamt länger als 18 Monate oder durchgehend mehr als zwölf Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufgehalten hat. In diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen.

(6) Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht vergleichbaren Dienstes, kann sich der Drittstaatsangehörige innerhalb der Fünfjahresfrist bis zu 24 Monate außerhalb des Bundesgebietes aufhalten, ohne sie zu unterbrechen, wenn er dies der Behörde nachweislich mitgeteilt hat.

(7) Weiters wird die Fünfjahresfrist nicht unterbrochen, wenn sich der Drittstaatsangehörige im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, insbesondere zur grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen, außerhalb des Bundesgebietes aufhält.

(8) Liegt eine Verständigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl oder des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 vor, ist dem betreffenden Fremden ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ von Amts wegen zu erteilen. Diese Amtshandlungen unterliegen nicht der Gebührenpflicht. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder das Bundesverwaltungsgericht ist von der rechtskräftigen Erteilung des Aufenthaltstitels zu verständigen.

(9) Liegt ein Fall des § 41a Abs. 6 vor, verkürzt sich die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 auf 30 Monate.

(10) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist auf Antrag ohne weiteres ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ zu erteilen, wenn ein Fall des § 59 Abs. 2 StbG vorliegt und sie in den letzten fünf Jahren zur Niederlassung berechtigt waren.

(11) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, denen in den letzten fünf Jahren ununterbrochen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zugekommen ist, eine Aufenthaltsbeendigung trotz Verlusts dieses Aufenthaltsrechts jedoch unterblieben ist.

(12) Asylberechtigten, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen über den Status des Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005) verfügten und subsidiär Schutzberechtigten, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005) rechtmäßig aufhältig waren, kann ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erteilt werden, wenn sie

         1.       die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

         2.       das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (§ 10 IntG) erfüllt haben.

Der Zeitraum zwischen Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz (§ 17 Abs. 2 AsylG 2005) und Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten ist zur Hälfte, sofern dieser Zeitraum 18 Monate übersteigt zur Gänze, auf die Fünfjahresfrist anzurechnen.

Modul 2 der Integrationsvereinbarung

§ 10. (1) Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Z 6 NAG) müssen mit der Stellung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 45 NAG das Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt haben.

(2) Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

         1.       einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 18, BGBl. I Nr. 41/2019)

         3.       minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

         4.       minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand „Deutsch“ durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

         5.       einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach „Deutsch“ positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach „Deutsch“ auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet „Deutsch – Kommunikation und Gesellschaft“ im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,

         6.       einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach „Deutsch“ nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,

         7.       über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder

         8.       mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt.

(3) Abs. 1 gilt nicht für Drittstaatsangehörige,

         1.       die zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig sind und noch nicht der allgemeinen Schulpflicht unterliegen;

         2.       denen auf Grund ihres physisch oder psychisch dauerhaft schlechten Gesundheitszustands die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen.

(4) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass der Drittstaatsangehörige trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Abs. 2 Z 1 das Modul 2 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 nicht erfüllt hat.

Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 2

§ 12. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 2 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab vom Österreichischen Integrationsfonds durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte Kenntnisse der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Sprachniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über vertiefte Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit „Bestanden“ oder „Nicht bestanden“ zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Qualifikationen der Prüfer sowie die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 2 werden durch Verordnung der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.

Fragen betreffend die Beschäftigung und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer

Artikel 6. (1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehgen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat – nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt; – nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben; – nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. (2) 1Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. 2Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. (3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt.

Der Beschwerdeführer begehrt die Erteilung des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ gemäß § 45 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 24 Abs. 4 iVm. § 26 NAG 2005 und Art. 6. des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung des Aufenthaltstitels besteht aber nur dann, wenn der Beschwerdeführer auch die Voraussetzungen des 1. Teils des NAG sowie die besonderen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat im Beschwerdefall gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden; es hat dabei seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 18.5.2016, Ra 2016/11/0072).

Vorauszuschicken ist, dass im Falle der Stellung eines Zweckänderungsantrages zunächst über diesen abzusprechen ist und erst im Falle einer abschlägigen Entscheidung über diesen, über den verbundenen Verlängerungsantrag zu entscheiden wäre (Vgl. VwGH 09.11.2011, 2011/22/0006). Sollte dem Zweckänderungsantrag stattgegeben werden, gilt der Verlängerungsantrag als mitbehandelt und ist keinem gesonderten Abspruch zuzuführen (Vgl. VwGH 09.11.2011, 2011/22/0006) Gegenständlich war dem Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers stattzugeben, weshalb über den Verlängerungsantrag für den Aufenthaltstitel „Student“ nicht mehr abzusprechen war.

Im Beschwerdefall sind die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 und 2 NAG fast vollständig erfüllt:

Gegen den Beschwerdeführer liegt kein Einreise- oder Aufenthaltsverbot und auch keine Rückführungsentscheidung oder eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG:

Der Beschwerdeführer verfügt durch sein Anstellungsverhältnis über eine gesetzliche Krankenversicherung nach dem ASVG.

Der Beschwerdeführer erfüllt nicht die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG:

Die Prüfung, ob der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, ob also ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, hat durch eine Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu erfolgen (VwGH 23.11.2017, Ra 2017/22/0144; VwGH 20.10.2011, 2009/18/0122).

Bei der Ermittlung des erforderlichen Haushaltsnettoeinkommens ist daher zunächst der Richtsatz für eine Familie und ein Kind nach § 293 ASVG von EUR 1.732,73 für das Jahr 2021 heranzuziehen.

Der Beschwerdeführer bringt monatlich im Schnitt EUR 1.600,- (exklusive Sonderzahlungen, welche ebenfalls anfallen) ins Verdienen. An regelmäßigen Ausgaben sind Mietzahlungen und solche für Strom und Gas von insgesamt EUR 500,- monatlich und Versicherungszahlungen von EUR 184,- monatlich zu berücksichtigen. Davon ist der Wert der freien Station im Ausmaß von EUR 304,45 Euro abzuziehen (§ 292 ASVG).

Daraus ergibt sich ein verfügbarer Lebensunterhalt von EUR 1.487,12 der den gemäß § 11 Abs. 5 NAG erforderlichen Lebensunterhalt (gemäß § 293 ASVG beträgt der erforderliche Richtsatz für eine Einzelperson monatlich EUR 1732,73) nicht erreicht. Die vom Verwaltungsgericht Wien zu treffende Prognoseentscheidung nach § 11 Abs. 5 NAG kann daher dahingehend ausfallen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

Der Beschwerdeführer bewohnt zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn eine Wohnung mit einer Größe von 46 m2. Aufgrund der Größe der Wohnung ist von einer ortsüblichen Unterkunft auszugehen, womit auch die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG erfüllt ist.

Auch widerstreitet der Aufenthalt des Beschwerdeführers keinen öffentlichen Interessen, da dieser bisher völlig unbescholten ist, gegen ihn keine Anzeigen oder dergleichen vorliegen und sich auch im sonstigen Verfahren keine Punkte erhärtet hätten, welche im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung eine Gefährlichkeit des Beschwerdeführers zu begründen vermögen würden (Vgl. Peyrl/Czech in Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG2 [2019] § 11 Rz 18).

Im gegenständlichen Fall sind auch die besonderen Erteilungsvoraussetzungen nach § 45 Abs. 1 und 2 NAG iVm. Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980 erfüllt, da der Beschwerdeführer Modul 2 der Integrationsvereinbarung am 15.11.2019 positiv abgelegt und er über mehr als 10 Jahre durchgehend über Aufenthaltstitel als „Schüler“ und „Student“ verfügt hat und sohin durch die Anrechnung nach § 45 Abs. 2 NAG auch die Gesamtdauer von fünf Jahren der ununterbrochenen tatsächlichen Niederlassung des Abs. 1 leg. cit. erfüllt. Auch erfüllt der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 6 dritter Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980, dessen Erfüllung die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ bildet (Vgl. VwGH 08.07.2020, Ro 2020/22/0004). Der dritte Spiegelstrich nach Art. 6 ARB 1/80 wird dabei dadurch erfüllt, dass bedingt durch die Betriebsübergänge von der D. KG hin zur C. GmbH und von dieser wiederum zur E. GmbH ein einheitliches Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber vorliegt. Dies folgt dabei bereits aus dem Wesen des Betriebsübergangs, der einen Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisatorischen Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Tätigkeit darstellt (Art. 1 Abs. 1 lit. b der BetriebsübergangsRL 2001/23/EG; siehe auch Schrammel/Winkler, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht [2010] 152). Unter die Anwendungsfälle des Betriebsübergangs fällt dabei auch der Kauf einer wirtschaftlichen Einheit (EuGH 01.12.1999, Allen, C-234/98, Slg 1999, I-8643; Schrammel/Winkler, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht 154; Krejci, Betriebsübergang und Arbeitsvertrag [1972] 47). Bedingt durch den Betriebsübergang kommt es in der Folge dazu, dass entsprechend § 3 Abs. 1 AVRAG die Arbeitsverhältnisse, die bisher zum Veräußerer bestanden auf den Erwerber übergehen (Tomandl/Schrammel, Arbeitsrecht Band II7 [2011] 213). Bei den Erwerbsvorgängen von der D. KG zur C. GmbH und von dieser zur E. GmbH kam es, wie sich aus den obgenannten Kaufverträgen ergibt, zu einer Übernahme des jeweiligen Objektes samt Inventar, womit jeweils der Übergang einer die Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit vorliegt, da jeweils vom neuen Erwerber wiederum ein … Betrieb weitergeführt wurde und die wesentlichen materiellen Betriebsmittel auf den Erwerber übergangen sind, sodass im Sinne einer Gesamtbetrachtung von einer die Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit gesprochen werden kann (Vgl. EuGH 25.01.2001, Oy Liikenne, C-172/99, Slg 2001, I-745). Würde man nun Fälle des Betriebsübergangs nicht als einheitliches Beschäftigungsverhältnis zu demselben Arbeitgeber werten und daher bei der Erfüllung der Spiegelstriche nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht zur Einrechnung bringen, hätte dies zur Konsequenz, dass ein Arbeitnehmer ohne sein Zutun um die erworbenen Anwartschaften gebracht wäre, obwohl das Arbeitsverhältnis selbst weiterhin aufrechter Natur ist und vom jeweiligen Erwerber fortgeführt wird. Da demgemäß jedenfalls die Frist von vier Jahren im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht wurde liegt auch diese Voraussetzung vor.

Da vom Beschwerdeführer die allgemeine Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 NAG nicht erfüllt wird, war eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG iVm. Art. 8 EMRK vorzunehmen.

Der Beschwerdeführer ist seit über 10 Jahren im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig. Er beherrscht die deutsche Sprache, was auch in der mündlichen Verhandlung am 01.09.2021 deutlich wurde, auf sehr gutem Niveau. Der Beschwerdeführer ist straf- und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und hat auch sonst keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere die Bestimmungen des Fremdenwesens, gesetzt. Neben dem Beschwerdeführer leben seine Frau und sein Sohn, sohin ein wesentlicher Teil seiner Kernfamilie, im Bundesgebiet. Insgesamt ist somit festzuhalten, dass von Seiten des Beschwerdeführers ein aktives Familienleben im Inland besteht, da sich seine Kernfamilie in Österreich befindet (Vgl. zu diesem Punkt Peyrl/Czech in Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG2 [2019] § 11 Rz 47) und das hier vom Beschwerdeführer entfaltet Privat- und Familienleben auch ein solches schützenswerter Natur ist.

Aufgrund dieser Faktoren, der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, des Nichtvorliegens von Verstößen gegen die öffentliche Ordnung, der guten Integration in sozialer wie beruflicher Hinsicht, dem Bestehen eines aufrechten Familienlebens im Bundesgebiet und der langen Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts (Siehe dazu auch VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0097) schlägt die Abwägung nach Art. 8 EMRK zugunsten des Beschwerdeführers aus.

Nachdem im Beschwerdefall sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ erfüllt sind bzw. die Abwägung nach Art 8 EMRK zugunsten des Beschwerdeführers ausschlägt war spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag; Zweckänderungsantrag; Student; Daueraufenthalt-EU; Allgemeine Voraussetzungen; gleicher Arbeitgeber; einheitliches Beschäftigungsverhältnis; Betriebsübergang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.151.049.7366.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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