TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/11 I412 2238785-1

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Veröffentlicht am 11.11.2021
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Entscheidungsdatum

11.11.2021

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §33
B-VG Art133 Abs4

Spruch


I412 2238785-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Sallinger & Rampl Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle XXXX , vom 19.11.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insofern teilweise stattgegeben als der vorgeschriebene Betrag auf
EUR 1.400,- (anstelle von EUR 1.800,-) herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖGK) vom 19.11.2020 wurde ausgesprochen, dass der nunmehrige Beschwerdeführer in Anwendung von § 113 iVm § 33 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), einen Beitragszuschlag in Höhe von € 1.800,-- binnen 15 Tagen nach Zustellung des Bescheides an die ÖGK zu entrichten habe.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge einer am 12.05.2020 um 11:40 Uhr auf einer Baustelle im Gemeindegebiet von XXXX durchgeführten Kontrolle durch die Finanzpolizei XXXX XXXX , VSNR XXXX , XXXX , VSNR XXXX und XXXX , VSNR XXXX arbeitend betreten worden seien. Obgenannte seien zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Pflichtversicherung nach dem ASVG gemeldet gewesen.

I.2. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde, in welcher er ausführte, dass der Bescheid an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften leide. Insbesondere sei die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Straferkenntnisses aus mehrfachen Gründen falsch.

Zum einen habe die ÖGK den Beschwerdeführer und die drei bei der Arbeit betretenen Personen nicht einvernommen, weswegen das Beweisverfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs zu ergänzen wäre. Zum anderen habe zur seitens der Finanzpolizei angegebenen Tatzeit 08:00 Uhr niemand gearbeitet.

I.3. Mit Schreiben vom 14.01.2021 legte die ÖGK die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 12.05.2020 um 11:40 Uhr führten Organe der Finanzpolizei für das Finanzamt XXXX in XXXX auf einer Baustelle des Beschwerdeführers eine Kontrolle durch. Dabei wurden XXXX , VSNR XXXX und XXXX , VSNR XXXX , bei der Arbeit angetroffen.

Diese Personen waren ab 12.05.2020 für den Beschwerdeführer tätig.

Betreffend XXXX , VSNR XXXX , konnte nicht festgestellt werden, dass dieser vor dem 13.05.2020 auf der Baustelle beschäftigt war.

XXXX war bis 29.06.2020, XXXX war bis 13.05.2020 und XXXX war bis 19.05.2020 in weiterer Folge geringfügig beim Beschwerdeführer beschäftigt.

Eine Meldung zur Sozialversicherung bezüglich der bei der Arbeit betretenen Personen wurde erst nach der Kontrolle durch die Finanzpolizei am 12.05.2020, um 13:12 Uhr verspätet erstattet.

Es handelt sich um den ersten Meldeverstoß des Beschwerdeführers gemäß § 113 Abs. 1 ASVG.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakte der ÖGK und des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellung zur Kontrolle durch die Finanzpolizei XXXX vom 12.05.2021 beruht auf den diesbezüglichen Unterlagen, welche im Akt einliegen.

Die Feststellungen zu den bei der Arbeit betretenen Personen beruhen auf den im Rahmen der Kontrolle ausgefüllten Personenblättern betreffend XXXX und XXXX sowie auf den Beilagen zur Anzeige der Finanzpolizei vom 26.05.2020.

Dass zum Kontrollzeitpunkt durch die Finanzpolizei keine Anmeldung zur Sozialversicherung vorlag, ist im gegenständlichen Fall unstrittig.

Wenn in der Beschwerde angeführt wird, dass der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, dass XXXX als selbstständiges Unternehmen beauftragt worden sei und zur Tatzeit um 08:00 Uhr niemand auf der Baustelle gearbeitet habe, dann ist dem entgegenzuhalten, dass der Kontrollzeitpunkt durch die Finanzpolizei um 11.40 Uhr war und eine Beschäftigung zu diesem Zeitpunkt in der Beschwerde nicht bestritten wurde.

Zudem wird in der Beschwerde angeführt, dass XXXX von der Finanzpolizei gar nicht bei der Arbeit angetroffen sowie seine Daten nicht erhoben worden seien und die Finanzpolizei lediglich aufgrund der späteren Meldung angenommen habe, dass auch dieser um 08:00 Uhr anwesend gewesen sei.

Im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren betreffend die Übertretung nach dem ASVG wurden vor dem Landesverwaltungsgericht zwei mündliche Verhandlungen durchgeführt, in der die betroffenen Personen sowie zwei Beamte der Finanzpolizei einvernommen wurden.

Aus den Einvernahmen ergibt sich, dass XXXX zwar unbestrittenerweise von 08:00 Uhr bis zur Kontrolle der Finanzpolizei auf der Baustelle war, jedoch von dieser nicht bei der Arbeit angetroffen wurde. Dieser bestreitet selbst, am 12.05.2020 dort gearbeitet zu haben, auch die anderen beiden beschäftigten Personen machten keine Angaben, die auf eine Tätigkeit des XXXX bereits am 12.05.2020 schließen lassen, weshalb im Zweifel von einer Beschäftigung erst ab dem 13.05.2020, sohin als er bereits zur Sozialversicherung gemeldet war, auszugehen ist.

Dass es sich gegenständlich um den ersten Meldeverstoß des Beschwerdeführers handelt, ergibt sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des ASVG lauten auszugsweise:

„Pflichtversicherung

Vollversicherung

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[…]“

„Ausnahmen von der Vollversicherung

Von der Vollversicherung nach § 4 sind – unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung – ausgenommen:

1. […]

2. Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen);

[…]

(2) Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € (Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 460,66 €) gebührt. An die Stelle dieses Betrages tritt ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag.

[…]“

„An- und Abmeldung der Pflichtversicherten

§ 33 (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber hat die Anmeldeverpflichtung so zu erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Beitragskontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen, den Tag der Beschäftigungsaufnahme sowie das Vorliegen einer Voll- oder Teilversicherung und

2. die noch fehlenden Angaben mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung für jenen Beitragszeitraum, in dem die Beschäftigung aufgenommen wurde.

[…]

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

[…]“

„Dienstgeber

§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

[…]“

„Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

[…]“

„Beitragszuschläge

§ 113 (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

(2) Der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a setzt sich aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 400 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 600 €.

(3) Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf bis zu 300 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.“

Die im gegenständlichen Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen der Richtlinien über Ausnahmen von der Meldungserstattung mittels Datenfernübertragung 2005 (RMDFÜ 2005) des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger lauten:

„§ 9. (1) Andere Meldungsarten, die außerhalb der elektronischen Datenfernübertragung für Anmeldungen verwendet werden dürfen, sind folgende:

1. mit Telefax auf dem Formular „Vor-Ort-Anmeldung“, das beim Versicherungsträger aufliegt und an das ELDA-Call Center unter der Telefonnummer 05 780 761 gesendet wird,

2. telefonische Mitteilung an das ELDA-Call Center unter der Telefonnummer 05 780 760,

3. schriftlich mit dem Formular „Vor-Ort-Anmeldung“ das beim Versicherungsträger für Vor-Ort-Anmeldungen aufliegt.

(2) Die Reihenfolge der Meldungsarten nach Abs. 1 bezeichnet auch deren Nachrangigkeit im Sinn des § 41 Abs. 4 Z 2 ASVG. Vorrangige Meldungsarten sind, wenn sie mangels (Telefax-) Gerät nicht möglich sind, wirtschaftlich unzumutbar.

(3) Meldungen auf anderen Wegen, insbesondere mittels e-mail oder SMS (Short Message Service), gelten als nicht erstattet.“

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3.1. Die Behörde ist berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Arbeiten der Fall ist), dies jedoch nur sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 22.07.2013, 2012/08/0033 mwN.).

Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen. Der Dienstgeber erfüllt seine (Melde)Verpflichtung nur dann, wenn die von ihm erstattete Meldung von der Gebietskrankenkasse auch gelesen und verarbeitet werden kann (vgl. VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047).

3.3.2. Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Personen XXXX , XXXX und XXXX als Dienstnehmer für den Beschwerdeführer tätig waren. Der Beschwerdeführer war somit Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 ASVG und als solcher verpflichtet, die Anmeldung zur Pflichtversicherung rechtzeitig und auf die richtige Weise vorzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Frage, ob ein Beitragszuschlag verhängt wird, nicht auf ein Verschulden des Dienstgebers an, sondern ist vielmehr ausschlaggebend, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 15.09.2010, 2010/08/0146). Das Fehlen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes schließt die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG (auch in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 - SRÄG 2007, BGBl. I Nr. 31/2007) nicht aus, denn dieser ist nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 02.12.2013, 2012/08/0026). Für die Vorschreibung ist daher nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2016/08/0032).

Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen. Die Verantwortung für das Meldewesen hat der Beschwerdeführer als Dienstgeber zu tragen. Dieser hat sich über die Meldevorschriften zu informieren und durch innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen für eine fristgerechte Meldeübermittlung zu sorgen. Es wäre somit am Beschwerdeführer gelegen, sich über andere Meldungserstattungen zu informieren und die Meldungen auf eine der in § 9 Abs. 1 RMDFÜ 2005 genannten Arten durchzuführen.

3.3.3. Das typische Bild eines Meldeverstoßes liegt vor, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist. In einem solchen Fall sind die Folgen des Meldeverstoßes nicht iSd § 113 Abs. 2 ASVG als unbedeutend anzusehen. (vgl. VwGH Ra 2016/08/0098 vom 03.04.2017) – dies selbst dann nicht, wenn ein erstmaliger Meldeverstoß gegeben ist (vgl. VwGH 2010/08/0137 vom 11.07.2012).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer die beiden in den Feststellungen angeführten Dienstnehmer entgegen der sich aus § 33 ASVG ergebenden Verpflichtung nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung gemeldet. Es liegt das typische Bild eines Meldeverstoßes iSd § 113 Abs. 1 ASVG vor. Es wurde insoweit somit zu Recht ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG verhängt, wobei die Berechnung des Beitragszuschlages § 113 Abs. 2 ASVG entspricht.

Hinsichtlich der Höhe des Beitragszuschlages ist festzuhalten, dass sich dieser im Fall der nicht rechtzeitig erstatteten Anmeldung zur Pflichtversicherung gemäß § 113 Abs. 2 ASVG aus zwei Teilbeträgen zusammensetzt, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 400,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 600,--. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 300,-- € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Unbedeutende Folgen liegen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs etwa dann vor, wenn sie hinter dem typischen Bild eines Meldeverstoßes zurückbleiben, beispielsweise wenn die Anmeldung zwar verspätet erfolgte, im Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle aber bereits vollzogen gewesen ist (also entgegen dem typischen Regelfall feststeht, dass Schwarzarbeit nicht intendiert war) (vgl. VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228).

Da im gegenständlichen Fall im Rahmen der Kontrolle der Finanzpolizei zwei Personen angetroffen wurden, für die noch keine Anmeldung zur Pflichtversicherung erfolgt war, kann nicht von unbedeutenden Folgen gesprochen werden, vielmehr ist das typische Bild eines Meldeverstoßes gegeben. Ebenso liegt kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vor, der den Entfall des Teilbetrages für den Prüfeinsatz rechtfertigen würde.

Da die zwei betreffenden Dienstnehmer des Beschwerdeführers nicht vor Arbeitsantritt angemeldet worden sind, beträgt der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung insgesamt
€ 800,-. Der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beträgt € 600,--. Somit ergibt sich insgesamt ein Beitragszuschlag in Höhe von € 1.400,--.

Der Beschwerde war somit insoweit teilweise stattzugeben, als der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung betreffend den Dienstnehmer XXXX in Höhe von
€ 400,- von dem von der belangten Behörde vorgeschriebenen Betrag in Abzug zu bringen war und war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie dem weiteren Vorbringen als erwiesen erscheint.

Ergänzend stützt sich die vorliegende Entscheidung auf Ergebnisse einer Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht betreffend das Strafverfahren nach dem ASVG in der gleichen Angelegenheit.

Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde näher zu erörtern. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Beitragszuschlag Herabsetzung Meldeverstoß Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I412.2238785.1.00

Im RIS seit

30.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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