TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/11 W194 2230174-1

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Veröffentlicht am 11.06.2021
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Entscheidungsdatum

11.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
TKG 2003 §109 Abs1
TKG 2003 §78 Abs1
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §40
VStG 1950 §44a Z1
VStG 1950 §44a Z2
VStG 1950 §45 Abs1 Z4
VStG 1950 §49
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §64 Abs2
VwGVG §38
VwGVG §44 Abs1
VwGVG §50
VwGVG §52 Abs8

Spruch


W194 2230174-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Mag. Christian Pachinger, Rechtsanwalt in 4701 Bad Schallerbach, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros vom 20.02.2020, Zl. 2020-0.068.134, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben (soweit sich diese gegen die Verwirklichung des Tatbestandes des § 78 Abs. 1 Z 1 TKG 2003 richtet) und das angefochtene Straferkenntnis (samt dem Ausspruch über die Höhe der verhängten Strafe und dem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens) gemäß § 50 VwGVG iVm § 78 Abs. 1 Z 1 und 2 und § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003, BGBl I Nr. 78/2018 idF BGBl. I Nr. 78/2018, dahingehend abgeändert, dass es in seinem Spruch nunmehr insgesamt zu lauten hat:

„ XXXX , hat am Standort ‚ XXXX ‘

entgegen § 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl I 70/2003, i.d.F. BGBl I 78/2018, eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet, indem er den diensthabenden Beamten der XXXX entweder über den Notruf 133 , den EURO-Notruf 112, die Nummer 059133 oder die Nummer der Polizeidienststelle XXXX

ausgehend vom Anschluss XXXX

am XXXX in der Zeit von XXXX Uhr, teilweise in Abständen von wenigen Minuten, insgesamt XXXX angerufen hat, wobei es XXXX zu einer Gesprächsverbindung kam, um sich XXXX zu beschweren.

XXXX hat dadurch eine Nachrichtenübermittlung vorgenommen, die andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet.

XXXX hat eine Verwaltungsübertretung, strafbar nach § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in EUR 70,--

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe in Stunden 15

Weiters hat XXXX gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der verhängten Strafe, nämlich einen Betrag von 7 EUR zu bezahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt somit 77 EUR.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.01.2020 langte bei der belangten Behörde eine Anzeige der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28.01.2020 betreffend den Beschwerdeführer ein. Die Anzeige enthielt auszugsweise folgende Informationen:

„[…]

Tatzeit: XXXX

[…]

Tatbeschreibung:

Verdacht einer Übertretung nach § 109 i V. m § 78/1 Telekommunikationsgesetz.

[Der Beschwerdeführer] rief am XXXX vom Festnetzanschluss, XXXX den Notrufanschluss ( 133 ) XXXX ohne nachvollziehbaren Grund an. [Der Beschwerdeführer] beschimpfte den Beamten der XXXX […] und störte durch seine fortlaufenden Anrufe den Dienstbetrieb erheblich.

[…]“

2. Am 30.01.2020 erließ die belangte Behörde zu der GZ: 2020-0.068.134 eine Strafverfügung gegen den Beschwerdeführer mit folgendem Inhalt (diesem zugestellt am 03.02.2020):

„Sie haben entgegen § 78 Abs 1 Z 1 und Z 2 Telekommunikationsgesetz, BGBl I 70/2003, i.d.F. BGBl I 78/2018, ua. ausgehend vom Standort ‚ XXXX ‘ die Beamten der XXXX am Notrufanschluss 133 ausgehend vom Teilnehmeranschluss XXXX , teilweise in Abständen von wenigen Minuten, insgesamt XXXX angerufen und sinnlose Bemerkungen und Beschimpfungen ausgesprochen sowie den Anschluss blockiert, ohne ein konkretes aktuelles Anliegen vorzubringen bzw. Anzeige zu erstatten.

Sie haben dadurch eine Nachrichtenübermittlung vorgenommen, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet bzw. andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet.

Sie haben dadurch folgende Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes verletzt: § 109 Abs 1 Z 5 TKG

Geldstrafe in EUR 200,--

falls diese uneinbringlich ist

Ersatzfreiheitsstrafe von Tagen 2“

3. Am XXXX erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, bei der belangten Behörde Einspruch gegen diese Strafverfügung, beantragte die Einleitung des ordentlichen Verfahrens und sodann die Einstellung des Verfahrens.

4. Hierauf erließ die belangte Behörde am 20.02.2020 zu der GZ: 2020-0.068.134 das gegenständlich angefochtene Straferkenntnis gegen den Beschwerdeführer (diesem über seinen Rechtsanwalt zugestellt am 24.02.2020). Mit diesem wurde Folgendes ausgesprochen:

„[Der Beschwerdeführer], XXXX , hat ua. am Standort ‚ XXXX ‘

entgegen § 78 Abs 1 Z 1 und Z 2 Telekommunikationsgesetz, BGBl I 70/2003, i.d.F. BGBl I 78/2018, eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet, indem er die Beamten der XXXX am Notrufanschluss 133 ,

ausgehend vom Anschluss XXXX

XXXX , teilweise in Abständen von wenigen Minuten, insgesamt XXXX angerufen und sinnlose Bemerkungen und Beschimpfungen ausgesprochen sowie den Anschluss blockiert, ohne ein konkretes aktuelles Anliegen vorzubringen bzw. Anzeige zu erstatten.

[Der Beschwerdeführer] hat dadurch eine Nachrichtenübermittlung vorgenommen, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet bzw. andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet.

[Der Beschwerdeführer] hat eine Verwaltungsübertretung, strafbar nach § 109 Abs 1 Z 5 TKG, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in EUR 200,--

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe in Tagen 2

Weiters hat [der Beschwerdeführer] gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der verhängten Strafe, nämlich einen Betrag von 20 EUR zu bezahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt somit 220 EUR.“

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, am 23.03.2020 Beschwerde, beantragte der Beschwerde stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis im gesamten Umfang ersatzlos aufzuheben und jedenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

6. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 06.04.2020 eingelangter Beschwerdevorlage den gegenständlichen Verwaltungsakt.

7. Am 11.03.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers teilnahm. Der Beschwerdeführer war XXXX an der Teilnahme an der Verhandlung verhindert. Ein Vertreter der belangten Behörde erschien nicht zur Verhandlung.

In der Verhandlung wurde der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers zum Sachverhalt befragt und der Anzeigenleger als Zeuge einvernommen. Weiters wurde vom Rechtsanwalt die Einvernahme des Beschwerdeführers zu einem neuen Termin beantragt.

8. Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wurde der belangten Behörde im Anschluss an die Verhandlung zur Kenntnis übermittelt.

9. Am 07.05.2021 wurde die Verhandlung fortgesetzt. An der Verhandlung nahmen an diesem Tag der Beschwerdeführer und dessen Rechtsanwalt via Videotelefonie teil. Ein Vertreter der belangten Behörde erschien nicht zur Verhandlung. In der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zum Sachverhalt befragt.

10. Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wurde den Parteien im Anschluss an die Verhandlung übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am XXXX eine polizeiliche Amtshandlung betreffend den Beschwerdeführer statt. Dieser fühlte sich im Rahmen der Amtshandlung ungerecht behandelt und rief in weiterer Folge mehrfach bei der Polizei an. XXXX

XXXX Anrufe ausgehend von der vom Beschwerdeführer verwendeten Nummer XXXX registriert. Diese erfolgten jeweils im Abstand von wenigen Minuten. Bei XXXX Anrufen wurde eine Anrufdauer zwischen fünf und 55 Sekunden und XXXX eine Anrufdauer von jeweils null Sekunden dokumentiert. XXXX Soweit ein Gespräch zustande kam, sprach der Beschwerdeführer mit demselben Polizeibeamten, der an diesem Abend alleine in der Dienststelle anwesend war.

Welche Nummer der Beschwerdeführer am XXXX bei den Anrufen jeweils konkret wählte (den Notruf 133 , den EURO-Notruf 112, die Nummer 059133 oder die Nummer der Polizeidienststelle XXXX ), kann nicht festgestellt werden. Im Anrufprotokoll XXXX („Notrufaufzeichnungen“) ist unter „Gerufen“ jeweils vermerkt: „/SE Notruf XXXX “.

Grund der Anrufe war in erster Linie, dass sich der Beschwerdeführer über die vorangegangene Amtshandlung beschweren wollte. Während der Gespräche tat der Beschwerdeführer seinen Unmut über die Amtshandlung kund. Dass beim Beschwerdeführer am XXXX eine akute Notsituation vorlag, kann nicht festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer die von ihm geltend gemachte Unsicherheit und Ängstlichkeit XXXX bei den Gesprächen konkret thematisiert hätte, kann ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Anrufe war die XXXX die Bezirksleitstelle und bekam grundsätzlich alle Anrufe aus dem XXXX umgeleitet, wenn die betreffenden Polizeidienststellen nicht besetzt waren (weil zB die Streife unterwegs war).

XXXX .

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen, wonach am XXXX eine Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer stattfand, bei der sich der Beschwerdeführer ungerecht behandelt fühlte und in weiterer Folge mehrfach bei der Polizei anrief, sind unbestritten. Sie ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers (zB im Einspruch vom XXXX vor der belangten Behörde und in der Verhandlung am 07.05.2021; vgl. die Seiten 4f der Niederschrift), werden von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis angeführt (vgl. II.3.2.) und vom Zeugen, dem Verfasser der gegenständlichen Anzeige und Empfänger der Anrufe, in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. die Seiten 6f der Niederschrift) bestätigt. XXXX

Die Feststellungen zu den Anrufen stützen sich auf das vom Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 vorgelegte Anrufprotokoll (vgl. OZ 9), dessen Richtigkeit vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 07.05.2021 nicht bestritten wird (vgl. Seite 4 der Niederschrift). Die zur teilweisen Anrufdauer von null Sekunden getroffenen Feststellungen gründen sich auf die schlüssigen Angaben des Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. Seite 8 der Niederschrift). Dass der Beschwerdeführer immer mit demselben Polizeibeamten sprach, ergibt sich einerseits aus den Angaben des Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. Seite 6 der Niederschrift) und andererseits aus den damit übereinstimmenden Schilderungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 07.05.2021 (vgl. Seite 4 der Niederschrift).

Soweit nicht festgestellt werden kann, welche Nummer der Beschwerdeführer jeweils wählte, muss zunächst berücksichtigt werden, dass dem Anrufprotokoll (vgl. OZ 9) die konkret gewählte Nummer nicht entnommen werden kann. Dies bestätigte auch der Zeuge in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. Seite 7 der Niederschrift: „ XXXX “). Der Beschwerdeführer konnte in der Verhandlung vom 07.05.2021 keinen Einzelgesprächsnachweis vorlegen (vgl. Seite 4 der Niederschrift).

Die festgestellten Möglichkeiten, welche Nummer bzw. Nummern der Beschwerdeführer gewählt haben könnte, beruhen auf den Angaben des Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. die Seiten 7f der Niederschrift): „ XXXX “ Der Beschwerdeführer selbst gab in der Verhandlung vom 07.05.2021 an, dass er sich daran nicht mehr erinnern könne, er glaube, dass er XXXX gewählt habe (vgl. die Seiten 3f der Niederschrift), er vermeine, er habe nie die Nummer XXXX gewählt, es könnte aber sein, dass er zwischendurch einmal XXXX gewählt habe (vgl. Seite 7 der Niederschrift).

Die Feststellungen zur Nummer der XXXX gründen sich auf die schlüssigen Angaben des Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. Seite 7 der Niederschrift): „ XXXX Die diesbezügliche Vorwahl lautet 059133 . Das ist grundsätzlich die Vorwahl, die man nutzt um eine Polizeidienststelle anzurufen.“ Die im angefochtenen Straferkenntnis getroffene Feststellung, dass „sämtliche Anrufe am Notruf ( 133 ) dokumentiert und aufgezeichnet“ worden seien, war dementsprechend zu adaptieren.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer sich in erster Linie über die vorangegangene Amtshandlung beschweren wollte, ist im Verfahren völlig unstrittig. Dies wird vom Beschwerdeführer im gesamten Verfahren ins Treffen geführt und in der Verhandlung vom 07.05.2021 näher erläutert (vgl. die Seiten 6f der Niederschrift). Auch der Zeuge bestätigte dies in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. die Seiten 6f der Niederschrift). Dass der Beschwerdeführer während der Gespräche seinen Unmut über die Amtshandlung kundtat, ist ebenfalls unbestritten und wird vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 07.05.2021 bestätigt (vgl. Seite 7 der Niederschrift).

Soweit nicht festgestellt werden kann, dass beim Beschwerdeführer am XXXX am Abend eine akute Notsituation vorlag, ist auf die entsprechenden Angaben des Zeugen und des Beschwerdeführers selbst zu verweisen. Der Zeuge gab in der Verhandlung vom 11.03.2021 sehr glaubwürdig an (vgl. Seite 7 der Niederschrift): „ XXXX “ Hierbei übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 07.05.2021 auf die Frage, was er beim ersten Anruf konkret gesagt habe, anführte (vgl. Seite 6 der Niederschrift): „ XXXX “ In weiterer Folge gab der Beschwerdeführer an, dass der Schwerpunkt des Anrufes die Amtshandlung XXXX gewesen sei, „aber auch das Unsicherheitsgefühlt XXXX “ (vgl. Seite 6 der Niederschrift). Dass der Beschwerdeführer diese von ihm geltend gemachte Unsicherheit und Angst im Rahmen der Anrufe konkret thematisierte, kann seinen Angaben jedoch nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden.

Die Feststellungen zum grundsätzlichen System der Anrufumleitungen XXXX und der im Beschwerdefall anzunehmenden Weiterleitung der Anrufe von der XXXX stützen sich auf die Ausführungen des Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 (vgl. die Seiten 7f der Niederschrift).

Die Feststellungen zum Personenstand des Beschwerdeführers und seinen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen sowie dahingehend, XXXX , gründen sich auf die glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. Seite 3 der Niederschrift).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den gesetzlichen Grundlagen:

Die verfahrensgegenständlich relevanten §§ 78 und 109 des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003) idF BGBl. I Nr. 78/2018 (bezogen auf den in Rede stehenden Tatzeitpunkt im Jänner 2020) lauten auszugsweise:

„Verwendung

§ 78. (1) Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen dürfen nicht missbräuchlich verwendet werden. Als missbräuchliche Verwendung gilt:

1. jede Nachrichtenübermittlung, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder die Sittlichkeit gefährdet oder welche gegen die Gesetze verstößt;

2. jede grobe Belästigung oder Verängstigung anderer Benützer;

[…]“

„Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen, wer

[…]

5. entgegen § 78 Abs. 1 eine Funkanlage oder eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet;

[…]

(8) Die nach diesem Bundesgesetz durch das Fernmeldebüro verhängten Geldstrafen fallen dem Bund zu.

[…]“.

3.2. Zum angefochtenen Bescheid:

3.2.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis stellte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 78 Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003 fest, verhängte über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro und verfügte einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 20 Euro (insgesamt entstand damit ein zu zahlender Gesamtbetrag in der Höhe von 220 Euro). Begründend wurde dazu insbesondere ausgeführt:

„[…]

Die Feststellung der Anzahl der Anrufe, XXXX ründet sich auf den glaubhaften und plausiblen Angaben in der Anzeige der XXXX . Hierbei gilt es festzuhalten, dass sämtliche Anrufe am Notruf ( 133 ) dokumentiert und aufgezeichnet werden.

Die Tatsache, dass der Beschuldigte XXXX beamtshandelt wurde und die Vorgehensweise der Beamten für den Beschuldigten nicht in Ordnung war, ist für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ohne Belang. Das Wesen eines Notrufes ist es, eine konkrete Hilfeleistung der Polizei in Anspruch zu nehmen oder aber ein strafbares Verhalten einer anderen Person zur Anzeige zu bringen. Ein diesbezügliches Vorbringen, wonach der Beschuldigte eine Hilfeleistung in Anspruch nehmen oder eine Anzeige erstatten wollte, findet sich im Einspruch vom XXXX nicht. Der Notruf ( 133 ) ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit einer Amtshandlung der Polizei zu erörtern oder diesbezüglich um Aufklärung zu ersuchen.

Hierzu gibt es eine Vielzahl probaterer Mittel, wie etwa die Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht oder etwa die persönliche Vorsprache bei der örtlichen Polizeiinspektion zur Tageszeit.

Durch die vielen oben angeführten Telefonanrufe wurde der Dienstbetrieb der XXXX erheblich gestört, wodurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wurde und die diensthabenden Beamten, welche die Anrufe entgegengenommen hatten, grob belästigt.

Zum Tatbestandsmerkmal der groben Belästigung ist auszuführen, dass zur Strafbarkeit eine gewisse Bagatellschwelle überschritten sein muss. Das heißt, dass zu einer an sich schon belästigenden Kontaktaufnahme ein besonders störendes Element hinzutreten muss. Dieses Element lässt sich etwa aus der Häufigkeit oder dem Zeitpunkt von Anrufen begründen (vgl Feiel/Lehofer, TKG 247). Gegenständlich hat der Beschuldigte insgesamt XXXX ohne erkennbaren Grund zur Nachtzeit angerufen, womit das besonders störende Element zweifelsohne gegeben ist. Dass der Beschuldigte darüber hinaus den Notruf für eine längere Zeit blockierte und dadurch potentiell Hilfeleistung für tatsächlich hilfsbedürftige Personen verhinderte, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Durch die vom Beschuldigten getätigten Anrufe an die im Spruch angeführte Notrufnummer, ausgehend von dem im Spruch genannten Anschluss, ist dem Beschuldigten somit der objektive Tatbestand des § 78 Abs 1 Z 1 und Z 2 TKG anzulasten.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass der Beschuldigte das Unerlaubte seines Handelns einsehen musste, da er bereits nach Beendigung des ersten Anrufes hätte erkennen müssen, dass der Notruf ( 133 ) nicht geeignet ist, die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit einer im Vorfeld erfolgten Amtshandlung zu überprüfen bzw. diesbezüglich um Aufklärung zu ersuchen.

Der Beschuldigte hat den im Spruch angeführten Tatbestand daher voll zu verantworten.

Die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse wurden bei der Strafbemessung insofern berücksichtigt, als mangels Bekanntgabe in der Rechtfertigung vom XXXX eine Einschätzung vorgenommen werden musste.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Geldstrafe ohnehin im untersten Bereich des bis zu einem Betrag von 4.000 Euro reichenden Strafrahmens verhängt wurde.

Es liegen keine Erschwerungsgründe vor.

Mildernd ist die einschlägige Unbescholtenheit des Beschuldigten.

[…]“

3.3. Zur vorliegenden Beschwerde:

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers ist rechtzeitig und zulässig. Sie macht Folgendes geltend:

„A) Mangelhaftigkeit des Verfahrens

1. Entgegen der klar lautenden Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes wurde dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör zugestanden und wurde er nicht zur Vernehmung geladen, obwohl dies im Rahmen des Einspruches ausdrücklich beantragt wurde. Das Recht einer Partei, im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Sinne der §§ 37 ff AVG gehört zu werden, stellt einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar. Dieses Recht auf Parteiengehör erstreckt sich aber nicht bloß auf das im § 45 Abs. 3 AVG ausdrücklich geregelte Recht der Parteien, dass ihnen Gelegenheit geboten werde, von dem Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert einzelner Beweismittel zu äußern; Davon kann gegenständlich keine Rede sein. Hier wurde einseitig ermittelt und liegt dadurch ein Verfahrensmangel vor betreffend die Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit vor.

Erst im Rahmen einer Einvernahme hätten die Beweggründe des Beschwerdeführers für den Anruf herausgearbeitet und erörtert werden können. Der Entscheidung der belangten Behörde liegen – in nicht vollständigem Ausmaß – lediglich die Angaben der Sicherheitsbehörde vor.

2. Die belangte Behörde hat es in Verkennung der Rechtslage unterlassen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen und die notwendigen Beweise aufzunehmen. Es liegt hier ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. In dem Sinne hätte die belangte Behörde von Amts wegen auch einen Einzelgesprächsnachweis anfordern und auswerten müssen. Bei richtiger Beurteilung wäre sodann zutage getreten, dass der Beschwerdeführer nicht 19mal angerufen hat und schon aus diesem Grund von keiner Belästigung auszugehen ist.

3. Neben der Erfüllung des objektiven Tatbestandes muss – für eine Vorgehensweise welche seitens der belangten Behörde gewählt wurde – auch der subjektive Tatbestand erfüllt sein. Die belangte Behörde unterlässt es aber die subjektive Tatseite auch nur im Ansatz näher zu begründen. Der Verweis der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer nach Beendigung des ersten Anrufes erkennen hätte müssen, dass der Notruf nicht geeignet sei, die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit einer im Vorfeld erfolgten Amtshandlung zu überprüfen, ist keine ausreichende Begründung und verfehlt.

Hätte die belangte Behörde an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts mitgewirkt, wie es ihre Pflicht wäre, so wäre zu Tage getreten, dass keine Beeinträchtigung der Sicherheitsbehörden vorlag und vor allem, der Beschwerdeführer gänzlich andere Beweggründe, wie nunmehr angenommen, hatte.

B) Unrichtige rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass die betroffene Person am XXXX beamtshandelt wurde. Aufgrund der Vorgehensweise wider den Beschwerdeführer hat sich dieser, nicht nur schlecht behandelt gefühlt, sondern auch in der Folge in Angst und Furcht versetzt gefühlt. Dies dadurch, dass die Beamten gezielt auf den Beschwerdeführer losgingen.

Auch das ist ein Grund dafür, dass er den Notruf gewählt hat. Es liegt daher gegenständlich keine Belästigung im Sinne der einschlägigen Bestimmungen vor. Gerade wenn man sich in Angst und Furcht versetzt fühlt, gilt es als angebracht den Notruf zu wählen. Es wird dem Beschwerdeführer hier im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung rechtswidriges Verhalten unterstellt. Es handelt sich daher um eine wider die rechtsstaatlichen Prinzipien vorgenommene Beweiswürdigung, sodass das angefochtene Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit behaftet ist.“

3.4. Zu den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes:

3.4.1. Soweit die Beschwerde eine Verletzung des Parteiengehörs des Beschwerdeführers beanstandet, ist Folgendes anzuführen:

§ 40 und § 49 VStG lauten:

„§ 40. (1) Sieht die Behörde nicht schon auf Grund der Anzeige oder der darüber gepflogenen Erhebungen von der Verfolgung ab (§ 45), so hat sie dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, sich zu rechtfertigen.

(2) Die Behörde kann den Beschuldigten zu diesem Zweck zur Vernehmung laden oder ihn auffordern, nach seiner Wahl entweder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu seiner Vernehmung zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen. Dabei ist der Beschuldigte auf sein Recht hinzuweisen, zur Vernehmung einen Verteidiger seiner Wahl beizuziehen.

[…]“

„§ 49. (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

[…]“

§ 40 VStG stellt den Grundsatz des rechtlichen Gehörs an die Spitze der Bestimmungen über das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren: Es darf keine Strafe verhängt werden, ohne dass der Beschuldigte Gelegenheit zur Rechtfertigung hatte. Das Recht auf Parteiengehör steht dem Beschuldigten daher bereits im Verfahren vor der Behörde zu. Der Verwaltungsgerichtshof sieht es als Grundpfeiler jedes Strafverfahrens an, dass ein Straferkenntnis nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden darf, die dem Beschuldigten vorgehalten wurden und zu denen er sich äußern konnte (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 40 [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 1 mwN).

Versäumt es die Verwaltungsstrafbehörde, dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben, so begründet dies zwar einen Verfahrensfehler, doch wird die Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde im Zuge des Rechtsmittelverfahrens dann saniert, wenn der Beschuldigte durch die ihm hiezu vom Verwaltungsgericht gebotenen Gelegenheit in seinem Recht auf Rechtfertigung nach Lage der Sache und in Ansehung der Entscheidung der Behörde nicht ungünstiger gestellt wird als dies bei einem vor der Behörde gewährtem Parteiengehör der Fall gewesen wäre. Eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde muss vom Beschuldigten zum Anlass genommen werden, im Rechtsmittel eine eigene Darstellung des der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltes vorzubringen und allenfalls Beweismittel für die Richtigkeit seiner Behauptungen anzubieten (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 40 [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 5 mwN).

Weist ein Einspruch gemäß § 49 VStG eine Begründung auf, gilt er gemäß § 49 Abs. 2 VStG als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 49 [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 10).

Der im Beschwerdefall erhobene Einspruch des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (vgl. I.3.) war näher begründet und konnte von der belangten Behörde somit zutreffend als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG herangezogen werden. Soweit die im Einspruch beantragte Einvernahme des Beschwerdeführers von der belangten Behörde nicht vorgenommen wurde, muss im Lichte der zitierten Literatur davon darauf hingewiesen werden, dass dem Beschwerdeführer nunmehr vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben wurde, zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt Stellung zu nehmen.

3.4.2. Zum objektiven Tatbestand:

Die Beschwerde macht weiters eine unrichtige rechtliche Beurteilung der belangten Behörde geltend und bringt dazu vor, dass die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 Z 1 und 2 TKG 2003 im gegenständlichen Fall nicht vorliegen würden (vgl. zum Vorbringen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der Verhandlung Seite 4 der Niederschrift vom 11.03.2021 und Seite 8 der Niederschrift vom 07.05.2021).

Dazu ist Folgendes zu erwägen:

3.4.2.1. § 78 Abs. 1 TKG 2003 stellt für den Begriff der „missbräuchlichen Verwendung“ eine Auswahl an alternativen Handlungsweisen bereit (Z 1-4 leg.cit.). Die Aufzählung ist taxativ und darf auch nicht durch Analogieschluss erweitert werden (Schilchegger in Riesz/Schilchegger (Hrsg), TKG Telekommunikationsgesetz Kommentar, 2016, § 78 Rz 5).

Gemäß § 78 Abs. 1 TKG 2003 dürfen Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen nicht missbräuchlich verwendet werden. Als missbräuchliche Verwendung gilt gemäß Z 1 leg.cit. jede Nachrichtenübermittlung, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder die Sittlichkeit gefährdet oder welche gegen die Gesetze verstößt, sowie gemäß Z 2 leg.cit. jede grobe Belästigung oder Verängstigung anderer Benützer.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Straferkenntnis davon ausgegangen (vgl. I.4.), dass der Beschwerdeführer „eine Nachrichtenübermittlung vorgenommen“ habe, die „die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet bzw. andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet“. Sie stützte sich damit auf die Z 1 1. Fall sowie die Z 2 1. Fall des § 78 Abs. 1 TKG 2003.

3.4.2.2. Zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (§ 78 Abs. 1 Z 1 1. Fall TKG 2003):

§ 78 Abs. 1 Z 1 1. Fall TKG 2003 erfasst Nachrichtenübermittlungen, die eine konkrete Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bewirken. Blankettstrafnormen nach Art des § 78 Abs. 1 Z 1 iVm § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003 sind rechtsstaatlich unbedenklich, fordern aber eine restriktive Interpretation dahingehend, dass nur jene Verhaltensweisen strafbar sein können, deren Tatbildlichkeit nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden kann Der gegenständlichen Bestimmung verbleibt schon durch die Subsidiarität zum gerichtlichen Strafrecht (§ 109 Abs. 6 TKG 2003) nur ein schmaler Anwendungsbereich. Auch sonst bleibt das Tatbild eng. Während der Taterfolg einer Störung der öffentlichen Ordnung im Sinne des § 81 Abs. 1 SPG bereits erfüllt sein kann, wenn eine oder mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis nahmen, bedarf es zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zusätzlicher objektiver Elemente. Die Feststellung einer konkreten Gefährdung der öffentlichen Ordnung basiert immer auf einer Prognose. Tatbildlich sind demnach etwa Aufrufe zur Blockade von Versammlungen oder Veranstaltungen via Internet, sodass die entstandene Gefährdungslage einen umfassenden sicherheitspolizeilichen Einsatz erfordert. Nicht notwendig ist, dass der Aufruf tatsächlich zu wirksamen Blockaden oder strafbaren Handlungen gegen den öffentlichen Frieden geführt hat. In diesen Fällen hat sich die Gefährdung nämlich bereits realisiert. Ebenso tatbildlich ist eine Einladung über Internet-Plattformen, die an tausende Personen übermittelt wurde und so zu einer unangemeldeten Massenveranstaltung führt, die wiederum die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Auch derartige Nachrichtenübermittlungen sind, sofern dadurch nicht zugleich eine gerichtlich strafbare Tat verwirklicht wurde (§ 109 Abs. 6 TKG 2003), aber dennoch die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzusehen war (§ 5 Abs. 1 VStG), nach § 78 Abs. 1 Z 1 1. Fall iVm § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003 zu bestrafen (vgl. zu alledem Schilchegger in Riesz/Schilchegger (Hrsg), TKG Telekommunikationsgesetz Kommentar, 2016, § 78 Rz 6f mwN zu Judikatur und Literatur).

Dass im gegenständlichen Fall durch das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers eine konkrete Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wahrscheinlich bzw. zu befürchten war, vermag das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund dieser Ausführungen nicht anzunehmen.

Die rechtliche Würdigung der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis wird vom Bundesverwaltungsgericht aus den folgenden Gründen nicht geteilt:

Sowohl die gegenständliche Anzeige wie auch das angefochtene Straferkenntnis sprechen von einer erheblichen Störung des Dienstbetriebes der betreffenden Polizeiinspektion. Dass im gegenständlichen Fall zur angenommenen Störung zusätzliche Elemente hinzugetreten wären, die eine tatsächliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch das Verhalten des Beschwerdeführers befürchten hätten ließen, ist dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen. Zur Würdigung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer „den Notruf für eine längere Zeit blockiert“ habe, finden sich im angefochtenen Straferkenntnis keine entsprechenden Feststellungen.

Hierzu muss berücksichtigt werden, dass nach Einsichtnahme in das vom Zeugen in der Verhandlung vom 11.03.2021 vorgelegte Anrufprotokoll (vgl. II.1.) nicht angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer durch seine Anrufe eine tatsächliche Blockade der Notrufnummer für längere Zeit bewirkt hat.

Der objektive Tatbestand des (von der belangten Behörde herangezogenen) § 78 Abs. 1 Z 1 1. Fall TKG 2003 ist in der konkreten Konstellation demnach nicht verwirklicht, da keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine anzunehmende konkrete Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer zur festgestellten Zeit vorliegen.

3.4.2.3. Zur groben Belästigung anderer Benützer (§ 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall TKG 2003):

Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen einer groben Belästigung im vorliegenden Fall und macht dazu geltend, dass er sich aufgrund einer vorangegangenen Amtshandlung gegen ihn schlecht behandelt und zudem in Angst und Furcht versetzt gefühlt habe (vgl. II.3.3.).

§ 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall TKG 2003 schützt jeden Nutzer eines Kommunikationsdienstes (§ 3 Z 14 TKG 2003) vor grober Belästigung. Der Gesetzeswortlaut entstammt der alten Terminologie des FG 1993 („Benutzer“), hat aber keine einschränkende Bedeutung. Der ursprüngliche Anwendungsbereich dieser Regelung ist der sogenannte „Telefonterror“, also das wiederholte Anrufen, obwohl dies vom Angerufenen erkennbar nicht erwünscht wird. Die grobe Belästigung kann, muss aber nicht durch den Inhalt einer allenfalls übermittelten Nachricht gegeben sein; auch anonyme Anrufe, bei denen der Anrufer sofort nach Melden des anderen Teilnehmers auflegt, sind tatbestandsmäßig. Selbstverständlich kann die Tat auch durch Mobiltelefon begangen werden. Ebenso tatbildlich sind grob belästigende Zusendungen per SMS. § 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall TKG 2003 fordert eine grobe Belästigung. Zur Strafbarkeit muss eine gewisse Bagatellschwelle überschritten sein, dh zu einer an sich schon belästigenden Kontaktaufnahme muss ein besonders störendes Element hinzutreten. Dieses Element lässt sich etwa aus der Häufigkeit oder dem Zeitpunkt von Anrufen begründen. Die Gewichtung der Belästigung erfordert eine Bedachtnahme auf das verwendete Kommunikationsmedium. So kann zB der Eingang von Textnachrichten leichter ignoriert werden als Telefonanrufe. Das Vorliegen von grober Belästigung ist zwar anhand der objektiven Tatumstände zu beurteilen, eine Belästigung nach § 78 Abs. 1 Z 2 TKG 2003 ist aber schon begrifflich ausgeschlossen, sofern der Empfänger darin eingewilligt hat. Wer zwar nicht eingewilligt, aber doch öffentlich seine Kontaktdaten in einer Weise angeführt hat, die als Aufforderung zur Kontaktaufnahme missverstanden werden kann, kann aus § 78 Abs. 1 Z 2 TKG 2003 kein zivilrechtliches Unterlassungsbegehren ableiten (vgl. Schilchegger in Riesz/Schilchegger (Hrsg), TKG Telekommunikationsgesetz Kommentar, 2016, § 78 Rz 12ff mwN zu Judikatur und Literatur).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung (§ 75 Abs. 1 Z 2 TKG) ausgesprochen (VwGH 18.11.2003, 2003/03/0079):

„Im beschwerdegegenständlichen Fall werden dem Beschwerdeführer 194 grundlose Anrufe zur Notrufnummer 112 innerhalb eines Zeitraumes von März bis Mai 2001 zu verschiedensten Tages- und Nachtzeiten zur Last gelegt. Anrufe zu dieser Rufnummer müssen ausnahmslos und unverzüglich entgegengenommen werden (vgl. § 5 Abs. 4 SPG, wonach die Einsatzzentralen rund um die Uhr für Notrufe erreichbar zu sein haben), Betreiber von Notrufdiensten haben den Betrieb 7 Tage die Woche und 24 Stunden pro Tag sicherzustellen und mit einer personellen Besetzung auszustatten, dass keine nennenswerten Wartezeiten auftreten (Anlage 2, Teil E Nr. 5.3 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Numerierung, BGBl. II Nr. 416/1997). Vor diesem Hintergrund kann es nicht zweifelhaft sein, dass die wiederholte Herstellung der Verbindung zu einer Notrufnummer, ohne dass eine entsprechende Rechtfertigung aufgrund eines Notfalles gegeben ist, den Tatbestand der groben Belästigung im Sinne des § 75 Abs. 1 Z. 2 TKG verwirklicht.“

Auch wenn sich der Beschwerdefall von dem vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Fall in mehreren Punkten unterscheidet (Anzahl der Anrufe, nicht feststellbare durchgängige Verwendung einer Notrufnummer, Konnex zu einer polizeilichen Amtshandlung) kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Beschwerdeführer in einem Zeitraum von XXXX das bedeutet im Durchschnitt ca. alle drei Minuten – bei der Polizei angerufen hat.

Für das Bundesverwaltungsgericht muss unter Berücksichtigung der Häufigkeit der Anrufe in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum und unter Beachtung der zitierten Literatur und Judikatur davon ausgegangen werden, dass in der konkreten Konstellation der objektive Tatbestand der groben Belästigung gemäß § 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall TKG 2003 verwirklicht ist, zumal eine für den Beschwerdeführer akut bestehende Notsituation in diesem Zeitraum nicht festgestellt werden konnte.

Dabei wird nicht übersehen, dass der Beschwerdeführer sich über eine an diesem Abend vorangegangene Amtshandlung der Polizei beschweren wollte, dh. die Anrufe nicht völlig grundlos erfolgten, und nicht festgestellt werden kann, welche Nummer der Beschwerdeführer jeweils konkret wählte (entweder eine Notrufnummer oder die „normale“ Nummer der Polizeidienststelle XXXX oder diese Nummern abwechselnd).

Auch diese Umstände rechtfertigen jedoch nicht die hohe Zahl der Anrufe, die außerdem am späten Abend erfolgten und XXXX (vgl. II.1.). Ebenso wenig wird außer Acht gelassen, dass es bei XXXX zu einer Gesprächsverbindung kam und XXXX keine Gesprächsverbindung zustande kam. Wie zuvor ausgeführt, wird die tatbildmäßige grobe Belästigung jedoch nicht ausschließlich dann verwirklicht, wenn ein Gespräch zustande kommt. Dass im gegenständlichen Fall eine gewisse Bagatellschwelle überschritten wurde und in der konkreten Konstellation ( XXXX ) ein besonders störendes Element hinzutrat, kann für das Bundesverwaltungsgericht aus alledem nicht bezweifelt werden.

Der objektive Tatbestand des § 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall TKG 2003 ist im Beschwerdefall damit erfüllt.

3.4.3. Zum subjektiven Tatbestand:

Gemäß § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 78 Abs. 1 TKG 2003 eine Funkanlage oder eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Gemäß § 5 Abs. 1a VStG gilt § 5 Abs. 1 zweiter Satz leg.cit. nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50.000 Euro bedroht ist.

§ 5 Abs. 1 VStG enthält keine Definition fahrlässigen Verhaltens. Der Fahrlässigkeitsbegriff ist nach hM in Einklang mit dem entsprechenden kriminalstrafrechtlichen Verständnis als ein Komplex von Unrechts- und Schuldkomponenten zu verstehen. Fahrlässiges Handeln setzt in diesem Sinn einen doppelten Sorgfaltsverstoß voraus: Erforderlich ist zum einen (auf Unrechtsebene) die Verletzung einer den Täter situationsbezogen treffenden objektiven Sorgfaltspflicht; die Einhaltung dieser objektiv gebotenen Sorgfaltsanforderungen muss dem Täter aber auch zum anderen nach seinen subjektiven Befähigungen zum Tatzeitpunkt möglich gewesen sein. § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 5 [Stand 01.05.2017, rdb.at] Rz 4 und 5 mwN).

Für die gegenständlichen Verwaltungsvorschriften des § 78 Abs. 1 Z 2 1. Fall TKG 2003 iVm § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003 genügt – mangels anderer Anordnung – zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Zudem ist zu beachten, dass § 5a Abs. 1a VStG vorliegend – angesichts der Strafdrohung von bis zu 4.000 Euro – nicht zur Anwendung kommt.

Da es sich bei der im Beschwerdefall vorgeworfenen Verwaltungsübertretung damit um ein Ungehorsamsdelikt handelt, muss der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG normiert eine „Obliegenheit der Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens“. Zur Entkräftung der im Normverstoß gelegenen Indizwirkung fahrlässigen Handelns verlangt das Gesetz vom Beschuldigten, „sich dagegen zur Wehr zu setzen“; eine Beweislast im technischen Sinn trifft ihn dabei nicht, sondern – nur, aber immerhin – eine Darlegungslast im Sinne einer entsprechenden Glaubhaftmachung. Dafür reichen unsubstantiierte allgemeine Behauptungen nicht hin; er muss ein entsprechendes, ausreichend konkretes Sachsubstrat darlegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte „initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht“ (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 5 [Stand 01.05.2017, rdb.at] Rz 9 mwN).

Der Beschwerdeführer macht in dieser Hinsicht geltend, er habe sich aufgrund einer vorangegangenen Amtshandlung gegen ihn schlecht behandelt und zudem in Angst und Furcht versetzt gefühlt. Die Beweggründe des Beschwerdeführers seien von der belangten Behörde außer Acht gelassen worden. Der Verweis der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer nach Beendigung des ersten Anrufes erkennen hätte müssen, dass der Notruf nicht geeignet sei, sei keine ausreichende Begründung (vgl. II.3.3.).

Damit gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, seine Entlastung bzw. sein mangelndes Verschulden zu bescheinigen. Bei dieser Würdigung muss besonders darauf Bedacht genommen werden, dass im Verfahren weder festgestellt werden konnte, dass beim Beschwerdeführer XXXX eine akute Notsituation vorlag, noch, dass der Beschwerdeführer die von ihm geltend gemachte Unsicherheit und Ängstlichkeit XXXX bei den Gesprächen konkret thematisierte (vgl. II.1.).

Zudem antwortete der Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 07.05.2021 auf die Frage, ob er bei seinem ersten Anruf sein Anliegen vorgetragen habe und wie reagiert worden sei (vgl. Seite 6 der Niederschrift): „ XXXX .“ Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer von der Polizei eine schlüssige Antwort und Auskunft hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise erhielt. Auch wenn der Beschwerdeführer durch die vorangegangene Amtshandlung in Aufregung versetzt worden ist, was sich aus dem kundgetanen Unmut über die Amtshandlung und dem Willen, sich darüber zu beschweren, ergibt, rechtfertigt diese Aufregung nicht, dass der Beschwerdeführer – nach Erhalt der Auskunft – wiederholt Anrufe tätigte.

Der Beschwerdeführer vermochte insoweit nicht überzeugend darzulegen, dass ihn trotz der konkreten Umstände an diesem Abend bzw. der geltend gemachten Beweggründe für seine Anrufe, an seinem Verhalten kein Verschulden trifft. Dieses ist ihm auch subjektiv vorzuwerfen, da nicht ersichtlich ist, warum es dem Beschwerdeführer in Anbetracht der Feststellungen nicht möglich gewesen sein soll, seine Beschwerde – wie es ihm geraten wurde – XXXX zu deponieren. Die Aufwendung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt war dem Beschwerdeführer daher auch zuzumuten.

Der subjektive Tatbestand ist damit ebenfalls erfüllt.

3.4.4. Zur Strafe:

3.4.4.1. Prüfung gemäß § 45 VStG:

§ 45 VStG lautet:

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

[…]“

Im Fall des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten (vgl. § 45 Abs. 1 letzter VStG). Von geringem Verschulden im Sinne der § 45 Abs. 1 Z 4 leg.cit. ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt; dies kann auch bei vorsätzlichem Handeln der Fall sein, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückende Notlage und dergleichen diesen Schluss rechtfertigen; umgekehrt aber nicht, wenn der Beschuldigte durch vorangegangene Beanstandungen von der Rechtswidrigkeit eines Zustands oder seines Verhaltens Kenntnis erlangen konnte und dennoch keine Änderung herbeiführte. Unbedeutende Folgen zieht eine Tat etwa nach sich, wenn der von der betroffenen Norm gewünschte Zustand im Wesentlichen auf eine andere Weise ohnehin eingetreten ist oder wenn der Verstoß so geringfügig ist, dass er dem Normzweck im Wesentlichen nicht zuwiderläuft (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 45 [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 3 mwN).

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraussetzt, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen. Um daher eine Einstellung des Verfahrens nach dieser Vorschrift oder eine Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG vornehmen zu können, müssen erstens die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, zweitens die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und drittens das Verschulden des Beschuldigten gering sein (vgl. VwGH 25.04.2019, Ra 2018/09/0209). Das Verschulden ist geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 07.04.2017, Ra 2016/02/0245).

Im Beschwerdefall ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes in Ansehung des Strafrahmens (bis zu 4.000 Euro) und der Eigenart des geschützten Rechtsgutes (Schutz eines Benützers vor grober Belästigung) nicht als gering zu betrachten. Auch die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes war nicht bloß gering: Der Angerufene fühlte sich durch die wiederholten Anrufe erheblich gestört und brachte diesen Sachverhalt der belangten Behörde mittels Anzeige zur Kenntnis (vgl. I.1.). Die Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG und Erteilung einer Ermahnung scheitern im gegenständlichen Fall daher schon aus diesen Gründen, wenn auch das Verschulden des Beschwerdeführers als eher gering zu bewerten ist, da die Anrufe nicht völlig grundlos erfolgten, sondern im Zusammenhang mit einer polizeilichen Amtshandlung gegenüber dem Beschwerdeführer standen, über die er sich beschweren wollte, und ausschließlich im zeitlichen Naheverhältnis dazu vorgenommen wurden.

Andere Einstellungsgründe kamen im Beschwerdefall nicht hervor.

3.4.4.2. Zur Bemessung der Strafe:

Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH 20.05.2019, Ra 2018/08/0031).

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 19 unterscheidet zwischen objektiven (Abs. 1) und subjektiven (Abs. 2) Kriterien, die bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sind. Folgende objektive Strafbemessungskriterien bilden die Grundlage jeder Strafbemessung: die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Wird – wie gegenständlich – ein ordentliches Verfahren geführt, sind zusätzlich die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat bei der Strafbemessung miteinzubeziehen. Demzufolge sind folgende drei subjektive, dh in der Person des Täters gelegene Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen: Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und Einkommens-, Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 19 [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 3, 4 und 8).

Zu den objektiven Kriterien:

Bereits erörtert wurde im Beschwerdefall (II.3.4.4.1.), dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat nicht bloß als gering einzustufen sind.

Zu den subjektiven Kriterien:

Zum Ausmaß des Verschuldens:

Ebenfalls wurde bereits festgehalten, dass das Verschulden des Beschwerdeführers in Anbetracht der äußeren Umstände des konkreten Falls als eher gering zu bewerten ist (siehe zuvor II.3.4.4.1.).

Zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen:

Die belangte Behörde wertete in nicht zu beanstandender Weise im angefochtenen Straferkenntnis als Milderungsgrund die „einschlägige Unbescholtenheit des Beschuldigten“ und führte an, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen würden.

Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allgemeinen Sorgepflichten:

XXXX .

Neubemessung der Strafe:

Die belangte Behörde verhängte im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro. Sie ging dabei davon aus, dass dem Beschwerdeführer der objektive Tatbestand des § 78 Abs. 1 Z 1 und Z 2 TKG 2003 anzulasten sei. Wie gezeigt (vgl. II.3.4.2.), erwies sich diese Würdigung hinsichtlich der Z 2 leg.cit. als zutreffend, hinsichtlich der Z 1 leg.cit. jedoch als unzutreffend.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet vor diesem Hintergrund, unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Kriterien der Strafbemessung (wobei besonders das eher geringe Verschulden des Beschwerdeführers und dessen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ermittelten Einkommensverhältnisse hervorzuheben sind) und unter Berücksichtigung des Strafrahmens von 4.000 Euro die Verhängung einer Strafe in der Höhe von 70 Euro als tat- und schuldangemessen.

3.4.5. Ergebnis:

Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben und der Spruch des angefochtenen Bescheides im Sinne der getroffenen Feststellungen abzuändern:

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

[Der Beschwerdeführer] hat dadurch eine Nachrichtenübermittlung vorgenommen, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet bzw. andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet.

[Der Beschwerdeführer] hat eine Verwaltungsübertretung, strafbar nach § 109 Abs. 1 Z 5 TKG 2003, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in EUR 200,-- 70,--

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe in Tagen 2 Stunden 15

Weiters hat [der Beschwerdeführer] gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der verhängten Strafe, nämlich einen Betrag von 20 EUR 7 EUR zu bezahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt somit 220 EUR 77 EUR.“

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Änderungen im Spruch keine Änderung der Sache und insoweit keinen unzulässigen Austausch der Tat bewirken, sondern lediglich eine Präzisierung vor dem Hintergrund des ermittelten Sachverhaltes darstellen (vgl. zur Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes den Spruch der Behörde zu konkretisieren: Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 44a [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 1 mwN).

Soweit speziell der Tatort von „ XXXX “ auf die Adresse „ XXXX “ abzuändern war (vgl. die getroffenen Feststellungen unter II.1.), ist anzumerken, dass sich diese Änderung innerhalb des von § 44a Z 1 VStG gezogenen Rahmens befindet, zumal das maßgebliche Anknüpfungsmerkmal im Beschwerdefall die völlig unbestritten vom Beschwerdeführer verwendete Telefonnummer, von der aus die Anrufe getätigt wurden, ist und in dieser Hinsicht keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers und keine Gefahr der Doppelbestrafung erblickt werden kann (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 44a [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 2 mwN).

Zur Präzisierung der verletzten Verwaltungsvorschrift (Wegfall der Z 1 leg.cit. sowie Konkretisierung hinsichtlich des 1. Anwendungsfalles der Z 2 leg.cit.), ist mit Blick auf § 44a Z 2 VStG darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht – solange dem Beschwerdeführer kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wird, was gegenständlich nicht der Fall ist – zu einer Richtigstellung oder Präzisierung der im Straferkenntnis der Behörde als verletzt bezeichneten Rechtsvorschriften berechtigt und verpflichtet ist (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 44a [Stand 1.5.2017, rdb.at] Rz 6 mwN).

3.4.6. Zu den Kosten des Strafverfahrens:

Aufgrund der Herabsetzung der Strafhöhe war gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde neu festzusetzen.

Da der Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde, waren dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen (vgl. § 52 Abs. 8 VwGVG).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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