TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/20 W194 2237364-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2021
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Entscheidungsdatum

20.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 §1
ORF-G §1 Abs1
ORF-G §1 Abs2
ORF-G §3 Abs1
ORF-G §31
ORF-G §31 Abs1
ORF-G §31 Abs10
ORF-G §31 Abs17
ORF-G §36
ORF-G §8a
RGG §2
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
UStG 1994 §1 Abs1
UStG 1994 §10 Abs2 Z5
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W194 2237364-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 10.08.2020, Teilnehmernummer: XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird – soweit sich diese gegen die Vorschreibung der Zahlung von Rundfunkgebühren samt den damit verbundenen Angaben und Entgelten „für den Betrieb der Rundfunkempfangseinrichtungen Radio und Fernsehen am Standort […] für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis 30.07.2020“ gemäß „§§ 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 sowie § 6 Abs. 1 RGG idF BGBl. I Nr. 70/2016 iVm § 31 ORF Gesetz idF BGBl. I Nr. 55/2014, § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz BGBl. 573/1981 idF BGBl. I Nr. 15/2015“ wendet – abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schreiben vom 23.12.2019 ersuchte der Beschwerdeführer die belangte Behörde um Ausstellung eines Bescheides „für die Monate 10/11 2019“. Als Termin merke sich der Beschwerdeführer den 01.07.2020 vor.

2.       Mit Schreiben vom 09.06.2020 ersuchte der Beschwerdeführer die belangte Behörde, „einen Bescheid für die Oktoberforderung 2019 auszustellen“; er „erhebe auch eine Säumnisbeschwerde für diesen Bescheid“.

3.       Mit Schreiben vom 17.06.2020 übermittelte die belangte Behörde an den Beschwerdeführer unter dem Titel „Rechtssache: Vorschreibung der Rundfunkgebühren samt damit verbundener Abgaben und Entgelt für Rundfunkteilnehmer“ folgendes Schreiben:

„Im Zuge des Ermittlungsverfahrens (§ 37 ff AVG) hat die GIS Gebühren Info Service GmbH festgestellt, dass Sie auf Ihrem Standort […] über Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen verfügen. Ihre Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen sind seit 01.04.2001 gemeldet.

Sie zahlen die Rundfunkgebühren samt damit zusammenhängender Abgaben und Entgelte oftmals erst nachdem Sie eine Zahlungserinnerung erhalten haben.

Die Vorschreibungen für die Monate:

 

 

Oktober/November 2019

Euro 47,46

Zahlungsziel: 16.10.2019

Dezember 2019/Jänner 2020

Euro 47,46

Zahlungsziel: 16.12.2019

Februar/März 2020

Euro 47,46

Zahlungsziel: 17.02.2020

April/Mai 2020

Euro 47,46

Zahlungsziel: 15.04.2020

Juni/Juli 2020

Euro 47,46

Zahlungsziel: 15.06.2020

haben Sie bisher nicht entrichtet.

 

 

Dass Sie Rundfunkempfangsanlagen betreiben bzw. betriebsbereit halten und Programme des ORF empfangen, wurde nicht bestritten.

Es ist für die GIS Gebühren Info Service GmbH nicht ersichtlich, warum Sie die gesetzlich vorgeschriebenen Rundfunkgebühren samt damit zusammenhängender Abgaben und Entgelte nicht entrichten.

Sie haben die Möglichkeit zu den Ermittlungen Stellung zu nehmen. Ende der Einlangfrist ist der 01.07.2020.“

4.       Hierauf teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit Schreiben vom 23.06.2020 mit, dass seines Erachtens die Eintreibung der Gebühren/Entgelte rechtswidrig sei und der Beschwerdeführer daher die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes abwarte. Weiters sei die Höhe des Programmentgelts verfassungs- bzw. europarechtswidrig; auch die Vorschreibung der Umsatzsteuer sei unzulässig. Der Beschwerdeführer müsse „vermutlich immer eine Einwendung gegen den Bescheid erheben“. Der Beschwerdeführer hoffe, dass seine Erklärung ausreichend sei.

5.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.08.2020 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:

„Gem. §§ 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 sowie § 6 Abs. 1 RGG idF BGBl. I Nr. 70/2016 iVm § 31 ORF Gesetz idF BGBl. I Nr. 55/2014, § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz BGBl. 573/1981 idF BGBl. I Nr. 15/2015, § 3 des Burgenländischen Kulturförderungsbeitragsgesetztes, LGB1.NR. 37/2002 idF LGBl. Nr. 79/2013 werden [dem Beschwerdeführer] die Zahlungen von Rundfunkgebühren samt der damit verbundenen Abgaben und Entgelte für den Betrieb von Rundfunkempfangseinrichtungen Radio und Fernsehen am Standort […] für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis 30.07.2020 in der Höhe von insgesamt € 237,30 zur Zahlung vorgeschrieben. Der Gesamtbetrag von € 237,30 ist gem. § 6 Abs. 4 Rundfunkgebührengesetz BGBl, I 159/1999 i.d.g.F. binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf das Konto der GIS Gebühren Info Service GmbH mit den Daten […] unter Bekanntgabe der Teilnehmernummer: […] bei sonstiger Exekution zur Einzahlung zu bringen.“

5.1.    Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

5.1.1.  Der Beschwerdeführer betreibe die Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen auf dem Standort […] und habe diese per 01.04.2001 bei der belangten Behörde angemeldet. Als Zahlungsvariante habe sich der Beschwerdeführer für sechs Mal jährlich per Erlagschein entschieden. Es seien für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020 trotz regelmäßig versandter Vorschreibungen keine Rundfunkgebühren samt den damit verbundenen Abgaben und Entgelten an die belangte Behörde entrichtet worden.

Mit Schreiben vom 17.06.2020 habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Stellungnahme aufgefordert.

Der Beschwerdeführer habe in unzähligen Telefonaten und Schriftstücken mitgeteilt, dass er keine Rundfunkgebühren samt Abgaben und Entgelten entrichten werde, da die Eintreibung der Gebühren/Entgelte rechtswidrig sei und er daher die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes abwarten werde.

5.1.2.  Relevant für das Entstehen oder die Beendigung der Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren gemäß § 3 Abs. 1 RGG sei gemäß § 2 Abs. 1 RGG das Betreiben oder das Betriebsbereithalten einer Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden. Eine solche sei gemäß § 1 Abs. 1 RGG ein technisches Gerät, das „Darbietungen im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar“ mache.

Der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides über seine von der belangten Behörde angenommene Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren für den gegenständlichen Standort gestellt. Sein Antrag sei sohin auf die Erlassung eines Bescheides über das Bestehen der Gebührenpflicht gerichtet.

Der Beschwerdeführer empfange mit den Rundfunkempfangsanlagen Fernsehprogramme. Der Standort sei mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks (ORF) laut messtechnischen Überprüfungen digital terrestrisch versorgt. Sohin seien die gesetzlichen Voraussetzungen (Rundfunkteilnehmer, Versorgung des Standortes) erfüllt.

Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RGG – des Betriebs bzw. des Betriebsbereithaltens der Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden – ebenso gegeben seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

5.1.3.  Der im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Betrag setze sich für die Rundfunkempfangseinrichtungen bezogen auf den Zeitraum vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020 wie folgt zusammen:

„a)      Das Programmentgelt beträgt gemäß § 31 ORF-Gesetz BGBl. 379/1984 i.d.g.F. € 172,10 exkl. USt (i.e. € 189,30 inkl. USt.)

b)       Die Rundfunkgebühr beträgt gemäß § 3 Rundfunkgebührengesetz BGBl. I 159/1999 i.d.g.F. für Radio € 3,60.

c)       Die Rundfunkgebühr beträgt gemäß § 3 Rundfunkgebührengesetz BGBl. I 159/1999 i.d.g.F. für Fernsehen € 11,60.

d)       Die Landesabgabe beträgt gemäß § 5 des Burgenländischen Kulturförderungsbeitragsgesetztes, LGBI.NR. 37/2002 i.d.g.F. € 28,00.“

Nach § 4 Abs. 4 RGG seien die Rundfunkgebühren und alle damit verbundenen Abgaben und Entgelte zwei Monate im Voraus zu entrichten. Für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020 habe der Beschwerdeführer Rundfunkgebühren und alle damit verbundenen Abgaben und Entgelte in der Höhe von 237,30 Euro zu entrichten gehabt.

6.       Gegen diesen Bescheid richte sich die vorliegende Beschwerde vom 29.08.2020. In dieser wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

6.1.    Die Beschwerde wende sich gegen die Höhe des Programmentgelts und der einbehaltenen Umsatzsteuer. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe entschieden, dass Zwangsgebühren nicht umsatzsteuerpflichtig seien. Die Umsatzsteuer solle daher bis zur Klärung der laufenden Verfahren bei den Höchstgerichten nicht eingefordert werden und – wenn diese bereits bezahlt sei – bei Rechtswidrigkeit dieser Forderung zurückgezahlt werden.

Zudem erachte der Beschwerdeführer § 4 ORF-G als verfassungswidrig, da dieser über den durch die EU-Richtlinie definierten Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks deutlich hinausgehe und es keinen sachlichen Grund für die Bezahlung dieser Kosten im Programmentgelt gebe (Enteignung). Der Beschwerdeführer ersuche seinen Antrag entweder dem Verfassungsgerichtshof oder dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorzulegen oder bescheidmäßig zu erledigen.

Weiters wolle der Beschwerdeführer darauf hinweisen, dass die belangte Behörde die sechsmonatige Frist für die Ausstellung eines Bescheides überschritten habe. Für eine etwaige ausführliche Begründung stehe der Beschwerdeführer gerne zur Verfügung. Der Beschwerdeführer sei kein Rechtsanwalt, weshalb die strengen Formvorschriften für dieses Verfahren nicht gelten würden.

7.       Mit Schreiben vom 23.11.2020 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

8.       Mit Schreiben vom 01.07.2021 ersuchte der Beschwerdeführer um Abschluss des Verfahrens zu W179 2008821-6, bevor über den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers entschieden werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Der Beschwerdeführer verfügt am verfahrensgegenständlichen Standort in XXXX , über Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen und empfängt an diesem Standort die Programme des ORF.

Seit dem 01.04.2001 ist der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde als Rundfunkteilnehmer gemeldet.

1.2.    Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.08.2020 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:

„Gem. §§ 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 sowie § 6 Abs. 1 RGG idF BGBl. I Nr. 70/2016 iVm § 31 ORF Gesetz idF BGBl. I Nr. 55/2014, § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz BGBl. 573/1981 idF BGBl. I Nr. 15/2015, § 3 des Burgenländischen Kulturförderungsbeitragsgesetztes, LGB1.NR. 37/2002 idF LGBl. Nr. 79/2013 werden [dem Beschwerdeführer] die Zahlungen von Rundfunkgebühren samt der damit verbundenen Abgaben und Entgelte für den Betrieb von Rundfunkempfangseinrichtungen Radio und Fernsehen am Standort […] für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis 30.07.2020 in der Höhe von insgesamt € 237,30 zur Zahlung vorgeschrieben. Der Gesamtbetrag von € 237,30 ist gem. § 6 Abs. 4 Rundfunkgebührengesetz BGBl, I 159/1999 i.d.g.F. binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf das Konto der GIS Gebühren Info Service GmbH mit den Daten […] unter Bekanntgabe der Teilnehmernummer: […] bei sonstiger Exekution zur Einzahlung zu bringen.“

Der gemäß „§§1,2,3 Abs. 1 und 4 sowie § 6 Abs. 1 RGG idF BGBl. I Nr. 70/2016 iVm § 31 ORF Gesetz idF BGBl. I Nr. 44/2014, § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz BGBl. 573/1981 idF BGBl. I Nr. 15/2015“ [dh. ohne die Landesabgabe] vorgeschriebene zu bezahlende Betrag in der Höhe von 209,30 Euro setzt sich wie folgt zusammen:

Programmentgelt für Radio und Fernsehen (inklusive Umsatzsteuer) vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020: 189,30 Euro

Rundfunkgebühr für Radio vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020: 3,60 Euro

Rundfunkgebühr für Fernsehen vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020: 11,60 Euro

Kunstförderungsbeitrag vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020: 4,80 Euro

Innerhalb dieses Zeitraums entrichtete der Beschwerdeführer keine Rundfunkgebühren und auch nicht die damit verbundenen Abgaben und Entgelte.

1.3.    Hinsichtlich der Neufestsetzung des Programmentgelts ab dem 01.04.2017 gab der ORF gemäß § 31 Abs. 19 ORF-G Folgendes bekannt:

„Mit Beschluss des Stiftungsrats des Österreichischen Rundfunks vom 15. Dezember 2016 wurden gemäß §§ 21 Abs. 1 Z. 7, 23 Abs. 2 Z. 8 und § 31 ORF-Gesetz die Programmentgelte (Radioentgelt, Fernsehentgelt) neu festgesetzt.

Mit Wirksamkeit vom 1. April 2017 beträgt demnach

a) die Höhe des Radioentgelts € 4,60 monatlich exklusive Umsatzsteuer und

b) die Höhe des Fernsehentgelts € 12,61 monatlich exklusive Umsatzsteuer.

Die Höhe des Kombientgelts beträgt daher € 17,21 monatlich exklusive Umsatzsteuer.“

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Antrag des Beschwerdeführers sowie auf die unter I. erwähnten Schriftsätze und Unterlagen, welche allesamt Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.

Die getroffenen Feststellungen bezüglich des Rundfunkempfangs am verfahrensgegenständlichen Standort und der nicht erfolgten Bezahlung der entsprechen Gebühren, Abgaben und Entgelte sind im Verfahren unbestritten. Sie wurden von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen:

3.1.1.  Die maßgebenden Bestimmungen nach dem Rundfunkgebührengesetz (RGG), ORF-Gesetz (ORF-G) und Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) lauten:

§§ 2, 3, 4 und 6 RGG:

„Gebührenpflicht, Meldepflicht

§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.

[…]

Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ..............................1,16 Euro

monatlich.

[…]

(3) Das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts (Abs. 2) oder Namens ist vom Rundfunkteilnehmer dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Die Meldung hat zu umfassen: Namen (insbesondere Vor- und Familiennamen, Firma, Namen juristischer Personen), Geschlecht und Geburtsdatum des Rundfunkteilnehmers, genaue Adresse des Standorts, Datum des Beginns/Endes des Betriebes und die Art der Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio und/oder Fernsehen) sowie deren Anzahl, wenn sie für die Gebührenbemessung nach § 3 von Bedeutung ist.

(4) Die Entrichtung von Gebühren ist von dem mit deren Einbringung betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) zu registrieren; dem Rundfunkteilnehmer ist die Teilnehmernummer mitzuteilen.

[…]

(6) Für die Verjährung von Forderungen und Verbindlichkeiten für Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte gegenüber Rundfunkteilnehmern gelten die Bestimmungen des § 1486 ABGB sinngemäß.“

Einbringung der Gebühren

§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der „GIS Gebühren Info Service GmbH“ (Gesellschaft).

[…]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

[…]

(3) Rückständige Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte sind im Verwaltungsweg hereinzubringen; zur Deckung des dadurch entstehenden Aufwandes kann die Gesellschaft einen Säumniszuschlag von 10% des rückständigen Betrages vorschreiben. Die Gesellschaft ist zur Ausstellung von Rückstandsausweisen berechtigt.

[…]“

§§ 4, 31 und 36 ORF-G:

„Öffentlich-rechtlicher Kernauftrag

§ 4. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote zu sorgen für:

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;

2. die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens;

3. die Förderung der österreichischen Identität im Blickwinkel der europäischen Geschichte und Integration;

4. die Förderung des Verständnisses für die europäische Integration;

5. die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft;

6. die angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion;

7. die Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots;

8. die Darbietung von Unterhaltung;

9. die angemessene Berücksichtigung aller Altersgruppen;

10. die angemessene Berücksichtigung der Anliegen von Menschen mit Behinderungen;

11. die angemessene Berücksichtigung der Anliegen der Familien und der Kinder sowie der Gleichberechtigung von Frauen und Männern;

12. die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften;

13. die Verbreitung und Förderung von Volks- und Jugendbildung unter besonderer Beachtung der Schul- und Erwachsenenbildung;

14. die Information über Themen der Gesundheit und des Natur-, Umwelt- sowie Konsumentenschutzes unter Berücksichtigung der Förderung des Verständnisses über die Prinzipien der Nachhaltigkeit.

15. die Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung;

16. die Information über die Bedeutung, Funktion und Aufgaben des Bundesstaates sowie die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer;

17. die Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge;

18. die Förderung des Verständnisses für Fragen der europäischen Sicherheitspolitik und der umfassenden Landesverteidigung;

19. die angemessene Berücksichtigung und Förderung sozialer und humanitärer Aktivitäten, einschließlich der Bewusstseinsbildung zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt.

Der Österreichische Rundfunk hat, soweit einzelne Aufträge den Spartenprogrammen gemäß §§ 4b bis 4d übertragen wurden, diese Aufgaben auch im Rahmen der Programme gemäß § 3 Abs. 1 wahrzunehmen; der öffentlich-rechtliche Kernauftrag bleibt durch die Spartenprogramme insoweit unberührt.

(2) In Erfüllung seines Auftrages hat der Österreichische Rundfunk ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen. Die Anteile am Gesamtprogramm haben in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu stehen.

(3) Das ausgewogene Gesamtprogramm muss anspruchsvolle Inhalte gleichwertig enthalten. Die Jahres- und Monatsschemata des Fernsehens sind so zu erstellen, dass jedenfalls in den Hauptabendprogrammen (20 bis 22 Uhr) in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl stehen. Im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern ist in Inhalt und Auftritt auf die Unverwechselbarkeit des öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunks zu achten. Die Qualitätskriterien sind laufend zu prüfen.

(4) Insbesondere Sendungen und Angebote in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft haben sich durch hohe Qualität auszuzeichnen. Der Österreichische Rundfunk hat ferner bei der Herstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sowie sonstigen Angeboten auf die kulturelle Eigenart, die Geschichte und die politische und kulturelle Eigenständigkeit Österreichs sowie auf den föderalistischen Aufbau der Republik besonders Bedacht zu nehmen.

(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen und Angebote weiters für

1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;

2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;

3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität

zu sorgen.

(5a) Im Rahmen der gemäß § 3 verbreiteten Programme sind angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Auch die gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 verbreiteten Angebote sollen Anteile in diesen Sprachen beinhalten. Das Ausmaß der Programm- und Angebotsanteile ist im jeweiligen Jahressendeschema oder Jahresangebotsschema nach Anhörung des Publikumsrates festzulegen.

(6) Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.

(7) Die Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks sind den Zielen des Programmauftrags verpflichtet und haben an dessen Erfüllung aktiv mitzuwirken.

(8) Der Generaldirektor hat im Einvernehmen mit dem Redakteursausschuss (§ 33 Abs. 7) unter Wahrung der in § 32 Abs. 1 genannten Grundsätze einen Verhaltenskodex für journalistische Tätigkeit bei der Gestaltung des Inhalteangebots zu erstellen. Dabei ist insbesondere auf die vorstehenden Absätze sowie die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 bis 12 unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung Bedacht zu nehmen. Der Verhaltenskodex ist regelmäßig auf seine Eignung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Der Verhaltenskodex bedarf der Zustimmung des Publikumsrates und des Stiftungsrates und ist auf der Website des Österreichischen Rundfunks zu veröffentlichen. Der Österreichische Rundfunk hat darüber hinaus nähere Verfahren einschließlich Anlaufstellen für die Sicherung der Einhaltung des Verhaltenskodex vorzusehen.“

„Programmentgelt

§ 31. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festgelegt. Der Generaldirektor hat einen Antrag auf Neufestlegung des Programmentgelts nach Maßgabe der wirtschaftlichen Erfordernisse zu stellen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren ab dem letzten Antrag.

[…]

(10) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§ 2 Abs. 1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß § 3 Abs. 1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften.

[…]

(17) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.

(18) Rückständige Programmentgelte können zu Gunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden.

[…]“

„Rechtsaufsicht

§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen – soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist – über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen

1. auf Grund von Beschwerden

a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

b. eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird sowie

c. eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden.

2. auf Antrag

a. des Bundes oder eines Landes;

b. des Publikumsrates;

c. von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Stiftungsrates;

d. des Vereins für Konsumenteninformation oder einer gesetzlichen Interessenvertretung, soweit in einem audiovisuellen Mediendienst oder im Online-Angebot eine Verletzung der Bestimmungen der § 13 Abs. 1, 2, 3, 4 erster Satz, 5 und 6, § 14 Abs. 1, und 5 vorletzter und letzter Satz, oder der §§ 15, 16 und 17 Abs. 1 bis 3 behauptet wird;

e. soweit eine Verletzung der in lit. d genannten Bestimmungen in Fernsehprogrammen behauptet wird, auch einer der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften von der Europäischen Kommission gemäß Artikel 4 Abs. 3 der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr. L 166 vom 11.6.1998 S. 51, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/123/EG, ABl. Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 36, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, sofern

1. die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und

2. der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung die Antragstellung rechtfertigt.

3. von Amts wegen

a. soweit der begründete Verdacht besteht, dass gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 bereitgestellte Angebote oder gemäß § 3 Abs. 8 veranstaltete Programme nicht dem durch die §§ 4b bis 4f und die Angebotskonzepte (§ 5a), einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilter Auflagen, gezogenen Rahmen entsprechen;

b. auf Grundlage von Prüfungsberichten gemäß § 40 Abs. 6, soweit der begründete Verdacht einer Verletzung der Bestimmungen der §§ 8a, 31 Abs. 17a, 31c und 39 bis 39b besteht.

(2) Die Unterstützung einer Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 1 lit. b ist durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Personen, die die Beschwerde unterstützen, festgestellt werden kann.

(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

(4) Der Österreichische Rundfunk hat von allen seinen Sendungen und Online-Angeboten Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen aufzubewahren. Im Falle einer Aufforderung der Regulierungsbehörde hat er dieser die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies hat er jeder Person, die daran ein rechtliches Interesse darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.“

§§ 1 und 10 UStG 1994:

„Steuerbare Umsätze

§ 1. (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;

[…]

Steuersätze

§ 10. (1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 20% der Bemessungsgrundlage (§§ 4 und 5).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf 10% für

[…]

5. die Leistungen der Rundfunkunternehmen, soweit hiefür Rundfunk- und Fernsehrundfunkentgelte entrichtet werden, sowie die sonstigen Leistungen von Kabelfernsehunternehmen, soweit sie in der zeitgleichen, vollständigen und unveränderten Verbreitung von in- und ausländischen Rundfunk- und Fernsehrundfunksendungen, die der Allgemeinheit mit Hilfe von Leitungen gegen ein fortlaufend zu entrichtendes Entgelt wahrnehmbar gemacht werden, bestehen;

[…].“

3.1.2.  Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) lauten:

Art. 2 Abs. 1 lit. c) MwStSystRL:

„Artikel 2

(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

[…]

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;

[…].“

Art. 132 Abs. 1 lit. q) MwStSystRL:

„Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten

Artikel 132 (1)

Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

[…]

q) Tätigkeiten öffentlicher Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter.“

Art. 378 Abs. 1 MwStSystRL:

„Ausnahmen für Staaten, die der Gemeinschaft nach dem 1. Januar 1978 beigetreten sind

[…]

Artikel 378

(1) Österreich darf die in Anhang X Teil A Nummer 2 genannten Umsätze weiterhin besteuern.“

Anhang X Teil A Nummer 2 der MwStSystRL:

„ANHANG X

VERZEICHNIS DER UMSÄTZE, FÜR DIE DIE AUSNAHMEN GEMÄSS DEN ARTIKELN 370 UND 371 SOWIE 380 BIS 390 GELTEN

TEIL A

Umsätze, die die Mitgliedstaaten weiterhin besteuern dürfen

1. […]

2. Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, die keinen gewerblichen Charakter aufweisen;

[…].“

3.1.3.  Im seinem Urteil in der Rechtssache C-11/15 bezog sich der EuGH auf die Regelungen der Vorgängerrichtlinie, dh. der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG). Die vorliegend relevanten Regelungen lauten:

Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie:

„Artikel 2

Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

[…]“

Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. q der Sechsten Richtlinie:

„Artikel 13

Steuerbefreiungen im Inland

A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten

(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Mißbräuchen festsetzen, von der Steuer:

[…]

q) die Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter.“

Art. 28 Abs. 3 lit. a der Sechsten Richtlinie:

„Artikel 28

[…]

(3) Während der in Absatz 4 genannten Übergangszeit können die Mitgliedstaaten

a) die in Anhang E aufgeführten nach Artikel 13 oder 15 befreiten Umsätze weiterhin besteuern;

[…].“

ANHANG E LISTE DER IN ARTIKEL 28 ABSATZ 3 BUCHSTABE a) VORGESEHENEN UMSÄTZE:

„[…]

7. in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe q) genannte Umsätze“

3.2.    Zum bisherigen Verfahren:

3.2.1.  Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.08.2020 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:

„Gem. §§ 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 sowie § 6 Abs. 1 RGG idF BGBl. I Nr. 70/2016 iVm § 31 ORF Gesetz idF BGBl. I Nr. 55/2014, § 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz BGBl. 573/1981 idF BGBl. I Nr. 15/2015, § 3 des Burgenländischen Kulturförderungsbeitragsgesetztes, LGB1.NR. 37/2002 idF LGBl. Nr. 79/2013 werden [dem Beschwerdeführer] die Zahlungen von Rundfunkgebühren samt der damit verbundenen Abgaben und Entgelte für den Betrieb von Rundfunkempfangseinrichtungen Radio und Fernsehen am Standort […] für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis 30.07.2020 in der Höhe von insgesamt € 237,30 zur Zahlung vorgeschrieben. Der Gesamtbetrag von € 237,30 ist gem. § 6 Abs. 4 Rundfunkgebührengesetz BGBl, I 159/1999 i.d.g.F. binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf das Konto der GIS Gebühren Info Service GmbH mit den Daten […] unter Bekanntgabe der Teilnehmernummer: […] bei sonstiger Exekution zur Einzahlung zu bringen.“

Begründend wurde im angefochtenen Bescheid zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen auf dem Standort […] betreibe und diese per 01.04.2001 bei der belangten Behörde angemeldet habe. Es seien für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis zum 30.07.2020 keine Rundfunkgebühren samt den damit verbundenen Abgaben und Entgelte an die belangte Behörde entrichtet worden. Der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides über seine von der belangten Behörde angenommene Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren für seinen Standort gestellt. Der Beschwerdeführer empfange mit den Rundfunkempfangsanlagen die Programme des ORF. Der Standort sei mit den Programmen des ORF laut messtechnischen Überprüfungen digital terrestrisch versorgt. Sohin seien die gesetzlichen Voraussetzungen (Rundfunkteilnehmer, Versorgung des Standortes) erfüllt. Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RGG – des Betriebs bzw. des Betriebsbereithaltens der Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden – ebenso gegeben seien, seien dem Beschwerdeführer für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum die entsprechenden Gebühren, Abgaben und Entgelte zur Bezahlung vorgeschrieben worden.

3.2.2.  In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen dargelegt, dass sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe des Programmentgelts und der einbehaltenen Umsatzsteuer wende. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe entschieden, dass Zwangsgebühren nicht umsatzsteuerpflichtig seien. Zudem erachte der Beschwerdeführer § 4 ORF-G als verfassungswidrig, da dieser über den durch die EU-Richtlinie definierten Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks deutlich hinausgehe und es keinen sachlichen Grund für die Bezahlung dieser Kosten im Programmentgelt gebe (Enteignung).

3.2.3.  Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist rechtzeitig und zulässig.

3.3.    Die vorliegende Beschwerde ist aus den folgenden Gründen nicht berechtigt:

3.3.1.  Zur Einhebung der Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt:

3.3.1.1. Der EuGH setzte sich in seinem Urteil vom 22.06.2016 in der Rechtssache
C-11/15 (?eský rozhlas) mit der Rundfunkgebühr in Tschechien, mit der die Rundfunkgesellschaft ?eský rozhlas und deren öffentliche Rundfunktätigkeit finanziert wurde, auseinander.

Im Ausgangsverfahren war zwischen der tschechischen Rundfunkgesellschaft und der Finanzverwaltung strittig, ob die in diesem Verfahren gegenständliche Tätigkeit des öffentlichen Rundfunks, die durch eine gesetzlich vorgesehene obligatorische Gebühr finanziert werde, grundsätzlich eine Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne der Sechsten Richtlinie darstelle, aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. q dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sei, oder ob eine solche Tätigkeit gar keinen steuerbaren Umsatz darstelle, der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie falle (vgl. Rz 19 sowie zur konkreten Vorlagefrage Rz 18 des Urteils).

Der EuGH kam in diesem Fall zum Ergebnis, dass „die Erbringung einer öffentlichen Rundfunkdienstleistung, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufweist, keine Dienstleistung ‚gegen Entgelt‘ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie darstellt“ (Rz 28 des Urteils). Der EuGH verneinte die Steuerbarkeit der Rundfunktätigkeit dabei im Wesentlichen aus zwei Gründen: Erstens bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der obligatorisch zu leistenden Rundfunkgebühr. Zweitens stelle die Rundfunkgebühr auch keinen Preis oder Gegenwert für diese Dienstleistung dar (Rz 30 des Urteils mit Verweis auf die Rz 23 und 25).

Vergleicht man jedoch die tschechische Rundfunkgebühr mit dem ORF-Programmentgelt, ergibt sich – auch wenn einige Gemeinsamkeiten bestehen – keineswegs ein deckungsgleiches Bild (vgl. dazu auch Lang/Dziurd?, Die umsatzsteuerliche Behandlung des ORF-Programmentgelts im Lichte der jüngsten EuGH-Judikatur, SWK 29/2016, 1251f). Dies vor dem Hintergrund folgender Erwägungen:

Der EuGH hat in seinem Urteil insbesondere festgehalten (Rz 23 bis 28 des Urteils):

„23 Was die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende öffentliche Rundfunkdienstleistung angeht, ist festzustellen, dass zwischen ?eský rozhlas und den Schuldnern der Rundfunkgebühr kein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, noch besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der Gebühr.

24 Im Rahmen der Erbringung dieser Dienstleistung sind ?eský rozhlas und diese Personen nämlich weder durch eine vertragliche Beziehung oder Vereinbarung über einen Preis oder einen Gegenwert, noch durch eine rechtliche Verpflichtung verbunden, die die eine mit der anderen Seite freiwillig eingegangen ist.

25 Im Übrigen ergibt sich die Verpflichtung zur Entrichtung der Rundfunkgebühr nicht aus der Erbringung einer Dienstleistung, deren unmittelbaren Gegenwert sie darstellte, da diese Verpflichtung nicht an die Nutzung der von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung durch die Personen, die dieser Verpflichtung unterliegen, gebunden ist, sondern allein an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts, und das ungeachtet der Art und Weise, in der dieses genutzt wird.

26 Somit sind Personen, die ein Rundfunkempfangsgerät besitzen, verpflichtet, diese Gebühr zu entrichten, auch wenn sie dieses Empfangsgerät allein dazu nutzen, um von anderen Rundfunkveranstaltern als ?eský rozhlas ausgestrahlte Rundfunksendungen wie kommerzielle Rundfunksendungen, die aus anderen Quellen als dieser Gebühr finanziert werden, zu hören, um CDs oder andere digitale Datenträger zu lesen, oder auch für andere Funktionen nutzen, über die die Geräte, die Rundfunksendungen empfangen und wiedergeben können, im Allgemeinen verfügen.

27 Zudem ist festzustellen, dass der Zugang zu der von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung frei ist und sie in keiner Weise von der Entrichtung der Rundfunkgebühr abhängt.

28 Daraus folgt, dass die Erbringung einer öffentlichen Rundfunkdienstleistung, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufweist, keine Dienstleistung ‚gegen Entgelt‘ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie darstellt.“

Zur tschechischen Rechtslage ist dem EuGH-Urteil Folgendes zu entnehmen:

„5 Gemäß Art. 1 des Gesetzes Nr. 484/1991 über den ?eský rozhlas in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung wird eine Rundfunkgesellschaft, ?eský rozhlas, errichtet, die ihren Sitz in Prag (Tschechische Republik) hat. Nach dieser Bestimmung ist ?eský rozhlas eine juristische Person, die ihr eigenes Vermögen verwaltet und durch ihre eigenen Handlungen selbst Rechte erwirbt und Verpflichtungen eingeht.

6 Art. 10 dieses Gesetzes sieht vor, dass die Finanzierung von ?eský rozhlas insbesondere durch die Erhebung von Rundfunkgebühren gemäß einer besonderen Rechtsvorschrift und die Einkünfte aus seinen eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten erfolgt.

7 Nach Art. 1 des Gesetzes Nr. 348/2005 über Rundfunk? und Fernsehgebühren in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung dient die Rundfunkgebühr dazu, den von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Dienst zu finanzieren.

8 Nach Art. 2 dieses Gesetzes wird die Rundfunkgebühr für ein technisches Gerät gezahlt, das in der Lage ist, eine Rundfunksendung individuell nach Bedarf wiederzugeben, unabhängig von der Art des Empfangs, (im Folgenden: Rundfunkempfangsgerät) auch dann, wenn dieses Gerät einem anderen Zweck dient.

9 Gemäß Art. 3 dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die Eigentümer eines Rundfunkempfangsgeräts ist oder die, ohne Eigentümer eines solchen Empfangsgeräts zu sein, dieses besitzt oder dieses aus einem anderen Rechtsgrund mindestens einen Monat lang nutzt, zur Entrichtung der Rundfunkgebühr verpflichtet.

10 Art. 7 dieses Gesetzes sieht vor, dass der Gebührenpflichtige die Rundfunk- oder Fernsehgebühr entweder unmittelbar oder über eine bevollmächtigte Person an den gesetzlichen Rundfunkveranstalter zahlt.“

3.3.1.2. Für Österreich ergibt sich zur Einrichtung und den Aufgaben sowie zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF zusammengefasst Folgendes:

Gemäß § 1 Abs. 1 ORF-G wird eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung „Österreichischer Rundfunk“ eingerichtet. Die Stiftung hat ihren Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit. Gemäß § 1 Abs. 2 ORF-G ist Zweck der Stiftung die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF im Rahmen des Unternehmensgegenstandes (§ 2 ORF-G). Der öffentlich-rechtliche Auftrag umfasst die Aufträge der §§ 3 bis 5 ORF-G.

„Kommerzielle Tätigkeiten“ im Sinne des ORF-G bezeichnen gemäß § 8a Abs. 1 ORF-G im Rahmen des Unternehmensgegenstandes liegende, über den öffentlich-rechtlichen Auftrag (§ 1 Abs. 2 ORF-G) hinausgehende Tätigkeiten. § 8a Abs. 2 Satz 2 ORF-G hält dazu fest, dass für kommerzielle Tätigkeiten keine Mittel aus dem Programmentgelt (§ 31 ORF-G) herangezogen werden dürfen.

Zum Programmentgelt legt § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 ORF-G fest, dass jedermann zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des ORF gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt ist. Die Höhe des Programmentgelts wird auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festgelegt. Gemäß § 31 Abs. 10 ORF-G ist das Programmentgelt unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer an seinem Standort mit den Programmen des ORF terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Das Programmentgelt ist gemäß § 31 Abs. 17 ORF-G gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben.

Zu den Rundfunkgebühren normiert § 2 Abs. 1 RGG, dass derjenige, der eine Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), Gebühren nach § 3 RGG zu entrichten hat. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten. Gemäß § 4 Abs. 1 RGG obliegt die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge der belangten Behörde. Die Rundfunkgebühren gemäß § 3 RGG fließen zur Gänze dem Bund zu; zum Teil bestehen Zweckbindungen zugunsten rundfunknaher Tätigkeiten (vgl. zB zur Aufwendung der Mittel des Digitalisierungsfonds, des Fernsehfonds Austria sowie der Fonds zur Förderung des nichtkommerziellen und des privaten Rundfunks die §§ 21, 26, 29 und 30 KOG; vgl. weiters Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 [2018] 949).

3.3.1.3. Das österreichische Recht unterscheidet folglich zwischen Rundfunkgebühren einerseits und dem Programmentgelt andererseits. Die Rundfunkgebühren und das Programmentgelt werden von der belangten Behörde (neben verschiedenen Landesabgaben und dem Kunstförderungsbeitrag) gleichzeitig eingehoben. Ebenfalls hebt die belangte Behörde unter einem (zum ermäßigten Steuersatz von 10%) Umsatzsteuer auf das Programmentgelt ein (vgl. § 10 Abs. 5 Z 5 UStG 1994; vgl. zur Historie der Besteuerung des Programmentgelts Lang/Dziurd?, aaO 1254ff).

Die Berechtigung zum Empfang der Programme des ORF ist nach § 31 Abs. 1 erster Satz
ORF-G gesetzlich mit der Verpflichtung zur Zahlung eines fortlaufenden Programmentgelts verknüpft. Nach der herrschenden Rechtsprechung und Lehre folgt aus dieser Anordnung die Fiktion eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen Rundfunkteilnehmer und ORF (siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO 296f). Es wird in dieser Hinsicht ein zivilrechtliches Austauschverhältnis angenommen, bei dem das Programmentgelt als eine Gegenleistung für die Verfügbarkeit von ORF-Programmen fungiert. Nicht nur der ORF hat einen gesetzlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen, sondern auch der versorgte Rundfunkteilnehmer kann sich einem Entgelt für diese Versorgung nicht entziehen (vgl. Lang/Dziurd?, aaO 1253). Schon die Überschrift vor § 31 ORF-G („Programmentgelt“) legt nahe, dass eine Austauschbeziehung zwischen dem Empfang der Programme des ORF und dem dafür zu leistenden Entgelt besteht. Der Versorgungsauftrag des ORF nach § 3 ORF-G und das Programmentgelt im Sinne des § 31 ORF-G stehen miteinander verknüpft in der (gesetzlichen) Fiktion eines Synallagmas (vgl. VwGH 22.06.2016, Ro 2014/03/0067).

Anders als bei der vom EuGH zu beurteilenden tschechischen Rundfunkgebühr liegt dem Programmentgelt damit ein Leistungsaustausch zwischen dem ORF und einem Rundfunkteilnehmer zugrunde, der gesetzlich festgelegt wird und ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis begründet. Aus diesem Verhältnis folgt einerseits die Verpflichtung des ORF zur Versorgung des Rundfunkteilnehmers mit Programmen, und andererseits die Verpflichtung des Rundfunkteilnehmers – bei entsprechender Versorgung durch den ORF – zur Leistung des Programmentgelts an den ORF. Auch wenn dieser Leistungsaustausch seinen Ursprung in einer gesetzlichen (wechselseitigen) Verpflichtung hat (vgl. die Erwägungen des EuGH in Rz 35 des Urteils), weist die Konstruktion des § 31 Abs. 1 iVm Abs. 10 ORF-G schon ganz grundsätzlich deutliche Unterschiede zur Rechtslage in Tschechien auf, zumal sich dem EuGH-Urteil nicht entnehmen lässt, dass hinsichtlich der tschechischen Rundfunkgebühr eine dem § 31 Abs. 1 ORF-G vergleichbare Regelung bestehen würde (vgl. die Rz 8ff des Urteils).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass – sobald keine Versorgung des Standortes eines Rundfunkteilnehmers gegeben ist (§ 31 Abs. 10 ORF-G) – auch keine Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgelts besteht. Es gibt daher Konstellationen, in denen (infolge des Betriebes oder der Betriebsbereitschaft einer Rundfunkempfangseinrichtung) zwar der Tatbestand des Rundfunkteilnehmers nach dem RGG erfüllt ist (vgl. § 2 Abs. 1 RGG), jedoch keine „Programmteilnehmereigenschaft“ gemäß § 31 ORF-G vorliegt. Diese wäre zB der Fall, wenn der Standort durch den ORF überhaupt nicht mit terrestrischen Signalen versorgt wird oder der Empfang der ORF-Programme die Anschaffung zusätzlicher, äußerst kostenintensiver Gerätschaften (Module, Karten, oä.) erforderlich macht (siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO 297f; Lang/Dziurd?, aaO, 1254).

Im Unterschied dazu knüpft die tschechische Rechtslage für das Entstehen der Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren (ähnlich wie § 2 Abs. 1 RGG für die Rundfunkgebühren in Österreich) allein (dh. ohne Hinzutreten des Erfordernisses der Versorgung des Standortes, an dem das Rundfunkempfangsgerät betrieben oder betriebsbereit gehalten wird, mit Rundfunksignalen) an den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes an (vgl. die Rz 25f des EuGH-Urteils).

Auch wenn Parallelen zwischen dem ORF-Programmentgelt und der tschechischen Rundfunkgebühr bestehen (vgl. Lang/Dziurd?, aaO, 1253, mit Hinweisen auf Kühbacher, SWK 2016, 969), muss vor dem Hintergrund der getroffenen Erwägungen davon ausgegangen werden, dass das Programmentgelt in wesentlichen Aspekten anders ausgestaltet ist, sodass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes anzunehmen ist, dass die vom ORF erbrachten Rundfunkdienstleistungen auch unter Bedachtnahme auf die Judikatur des EuGH in der Rechtssache C-11/15 (weiterhin) einen steuerbaren Umsatz bewirken bzw. als „gegen Entgelt“ erbrachte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der MwStSystRL erfasst werden; vgl. in dieser Hinsicht auch Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz Kommentar5 (2017) § 10 Rz 95:

„Die Ausführungen [des EuGH-] Urteils lassen wohl die Schlussfolgerung zu, dass (auch) die in Österre

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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