TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/31 W209 2243024-1

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Veröffentlicht am 31.08.2021
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Entscheidungsdatum

31.08.2021

Norm

AuslBG §12a
AuslBG §20d
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W209 2243024-1/5E
W209 2243125-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard Seitz als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes PFLUG und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , sowie der XXXX GmbH, XXXX , XXXX , vertreten durch Dr. Mag. Timo GERERSDORFER, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Ettenreichgasse 9, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 11.03.2021, GZ: ABB-Nr: 4111325, betreffend Nichtzulassung des Erstbeschwerdeführers zu einer Beschäftigung bei der Zweitbeschwerdeführerin als Fachkraft gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid vom 11.03.2021 ersatzlos behoben und dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung über Ersuchen vom 22.02.2021, GZ: IVW1F-2178, gemäß § 17 VwGVG iVm § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG mitgeteilt, dass XXXX , geb. XXXX , die Voraussetzungen für die Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG bei der Arbeitgeberin XXXX GmbH, XXXX , XXXX , erfüllt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer, ein am XXXX geborener kosovarischer Staatsangehöriger, stellte am 22.12.2020 beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung einen Antrag auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG. Laut beigelegter Arbeitgebererklärung soll der Erstbeschwerdeführer von der Firma XXXX GmbH, XXXX , XXXX , (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin) als Elektroinstallateur mit einem monatlichen Bruttolohn von € 1.950,-- im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden unbefristet beschäftigt werden. Dem Antrag angeschlossen waren die Kopie des Reisepasses, eine beglaubigte deutsche Übersetzung sowie Originale eines Diploms über den Abschluss der berufsbildenden Mittelschule „ XXXX “ in XXXX , Kosovo, im Unterrichtsfach „Elektrotechniker für Energietechnik“ vom 17.06.1996 sowie ein ÖSD-Diplom für Deutsch auf dem Niveau B2 vom 31.03.2011 des Erstbeschwerdeführers.

2. Mit Schreiben vom 22.02.2021 übermittelte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung den Antrag der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit dem Ersuchen um schriftliche Mitteilung gemäß § 20d AuslBG.

3. Mit Parteiengehör vom 24.02.2021 informierte das AMS die Zweitbeschwerdeführerin darüber, dass der Erstbeschwerdeführer lediglich 20 von 55 erforderlichen Punkten gemäß der Anlage B zum AuslBG erreiche. Die Überprüfung des gegenständlichen Antrages habe ergeben, dass dem Erstbeschwerdeführer lediglich 20 Punkte für seine Ausbildung, darüber hinaus jedoch keine Punkte angerechnet werden könnten.

4. Mit angefochtenem Bescheid vom 11.03.2021 wurde der Antrag auf Zulassung zu einer Beschäftigung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG des Erstbeschwerdeführers nach Anhörung des Regionalbeirates mit der Begründung abgewiesen, dass dem Erstbeschwerdeführer statt der erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 55 nur 20 Punkte angerechnet hätten werden können. Für die Qualifikation seien 20 Punkte, für ausbildungsadäquate Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und das Alter jedoch keine Punkte anrechenbar gewesen. Der Erstbeschwerdeführer sei mit Parteiengehör vom 24.02.2021 informiert worden, dass er nur 20 der erforderlichen 55 Punkte erreiche. Bis zur gesetzten Frist sei keine Reaktion bzw. Nachreichung von weiteren Unterlagen erfolgt.

5. Dagegen erhoben sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 09.04.2021 durch ihren Rechtsvertreter Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Ausbildung des Erstbeschwerdeführers 25 und nicht 20 Punkte anzurechnen seien, weil das vorgelegte Diplom der österreichischen Matura entspreche und in allen Staaten Ex-Jugoslawiens damit grundsätzlich die Universitätsreife verbunden sei. Zumal der Erstbeschwerdeführer am 31.03.2011 eine Deutschprüfung auf dem Niveau B2 absolviert habe und sich seitdem legal in Österreich aufhalte, sei nicht nachvollziehbar, warum für seine Deutschkenntnisse keine Punkte angerechnet worden seien. Eine diesbezügliche gesetzliche Regelung, die wie im Fall von A1-Prüfungen (gemäß § 21a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) die Gültigkeit einer Deutschprüfung mit einem Jahr begrenze, sei dem Rechtsvertreter nicht bekannt. Zeugnisse für die Berufserfahrung würden bereits aus Vorverfahren bei der Behörde vorliegen und würden allenfalls bei Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht neuerlich eingebracht werden.

6. Am 02.06.2021 einlangend legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und teilte mit, dass den Ausführungen in der Beschwerde insofern gefolgt werde, als beim Kriterium Qualifikation nach dem Kriterienkatalog der Anlage B zu § 12a AuslBG 25 anstatt der ursprünglichen 20 Punkte zu vergeben seien, weil das vorliegende Diplom vom 17.06.1996 einem Maturazeugnis einer höheren Berufsmittelschule in Österreich entspreche. Bei den anderen Kriterien nach dem Kriterienkatalog könnten hingegen weiterhin keine Punkte angerechnet werden.

7. Mit Schreiben vom 07.06.2021 wurde seitens des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer eine Arbeitsbestätigung des Erstbeschwerdeführers samt beglaubigter deutscher Übersetzung über eine Beschäftigung als Elektroinstallateur im Zeitraum von 01.09.1999 bis 15.10.2008 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer, ein am XXXX geborener kosovarischer Staatsangehöriger, stellte am 22.12.2020 beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG. Laut Arbeitgebererklärung soll der Erstbeschwerdeführer von der Zweitbeschwerdeführerin als Elektroinstallateur mit einem monatlichen Bruttolohn von € 1.950,-- im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden unbefristet beschäftigt werden.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über eine Fachmittelschulausbildung zum Elektrotechniker. Der von ihm am 17.06.1996 erlangte Abschluss an der berufsbildenden Mittelschule „ XXXX “ in XXXX (Kosovo) entspricht einem Maturazeugnis einer höheren Berufsmittelschule in Österreich und berechtigt zum Hochschulzugang.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über neun Jahre ausbildungsadäquate Berufserfahrung als Elektroinstallateur im Kosovo.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Erstbeschwerdeführers sowie zur Antragstellung stehen aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest. Unstrittig ist insbesondere die festgestellte Berufsausbildung mit einem Abschlussdiplom im Sekundarbereich II (Diplomë për përfundimin e shkollës së mesme). So wurde auch seitens des AMS im Rahmen der Beschwerdevorlage eingeräumt, dass diese mit einem Maturazeugnis einer höheren Berufsmittelschule in Österreich gleichzusetzen ist (vgl. auch https://www.bq-portal.de/sites/default/files/2021-04/0060_LB-Berufsbildungssystem-Kosovo-1990-1999.pdf).

Die festgestellten Deutschkenntnisse des Erstbeschwerdeführers gründen auf dem vorgelegten ÖSD-Diplom vom 31.03.2011 (zu dessen Gültigkeit siehe die Ausführungen in der rechtlichen Begründung).

Die Feststellungen zur ausbildungsadäquaten Berufserfahrung des Erstbeschwerdeführers gründen auf der am 07.06.2021 unter Anschluss einer beglaubigten Übersetzung vorgelegten unbedenklichen Arbeitsbestätigung der Firma XXXX mit Sitz in XXXX , Kosovo, vom 24.03.2021, aus der hervorgeht, dass der Erstbeschwerdeführer vom 01.09.1999 bis zum 15.10.2008 in der genannten Firma als Elektroinstallateur tätig war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:

§ 12a in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2011:

„Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.“

Anlage B in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2018:

„Anlage B

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

 

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

 

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

 

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

 

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

 

 

§ 20d in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2018:

„Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung

1.als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12

2.als Fachkraft gemäß § 12a,

3.als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,

4.als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),

5.als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder

6.als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) bis (5) […]“

Die Fachkräfteverordnung 2020, BGBl. II Nr. 421/2019, lautet auszugsweise:

„§ 1. (1) Für das Jahr 2020 werden folgende Mangelberufe, in denen Ausländerinnen und Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können, für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet festgelegt:

1. bis 10. …

11. Elektroinstallateur(e)innen, -monteur(e)innen

12. bis 56. …

(2) …

§ 2. Die Bezeichnung der im § 1 genannten Berufe folgt der Berufssystematik des Arbeitsmarktservice.

§ 3. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft. Vor Ablauf des 31. Dezember 2020 eingebrachte Anträge gemäß § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG sind nach dieser Verordnung zu erledigen.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß § 12a Z 2 AuslBG müssen Ausländer, die in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen werden wollen, die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B zum AuslBG angeführten Kriterien erreichen.

Wie den Feststellungen und der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, verfügt der Erstbeschwerdeführer über eine Fachmittelschulausbildung zum Elektrotechniker (bzw. Elektroinstallateur), die einem Maturazeugnis einer höheren Berufsmittelschule in Österreich gleichzusetzen ist und ihn zum Hochschulzugang berechtigt. Ebenso wurden Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 und neun Jahre ausbildungsadäquate Berufserfahrung im Kosovo nachgewiesen.

Gemäß Anlage B zum AuslBG gebühren bei Erfüllung der allgemeinen Universitätsreife 25 sowie für Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 15 Punkte. Für das Vorliegen einer ausbildungsadäquaten Berufserfahrung im Ausland im Ausmaß von neun Jahren gebühren weitere 18 Punkte. Dementsprechend erreicht der Erstbeschwerdeführer 58 von 55 erforderlichen Punkten.

Für die Annahme des AMS, dass das vorgelegte ÖSD-Diplom auf dem Niveau B2 nach einem Jahr seine Gültigkeit verliert, besteht keine rechtliche Grundlage. Im AuslBG fehlt eine Bestimmung wie im § 21a Abs. 1 NAG und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass es sich hierbei um eine unbeabsichtigte Lücke im Gesetz handelt.

Auch der (unabhängig von der Erreichung der Mindestpunktezahl) erforderliche Nachweis einer einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung (vgl. VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068) liegt vor.

Anhaltspunkte für das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 bis 11 AuslBG bzw. für eine nicht der Ausbildung und Einstufung des Erstbeschwerdeführers entsprechenden kollektivvertraglichen Entlohnung sind nicht evident. Zwar ist in der Arbeitgebererklärung aus dem Jahr 2020 noch ein Bruttomonatsgehalt von € 1.950,-- angeführt, welches das im Jahr 2021 nach § 12a Z 3 AuslBG erforderliche kollektivvertragliche Mindestentgelt von € 2.000,-- (vgl. Kollektivvertrag Eisen- und Metallverarbeitenden Gewerbe ab 01.01.2021, Lohngruppe 6) unterschreitet. Als Indiz dafür, dass die Zweitbeschwerdeführerin nicht bereit wäre, ein nach § 12a Z 3 AuslBG erforderliches Mindestentgelt zu leisten, ist dies jedoch nicht zu werten.

Der Beschwerde war daher stattzugeben, der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben und der nach dem NAG zuständigen Behörde gemäß § 17 VwGVG iVm § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG gegeben sind.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Wenngleich die Beschwerdeführer einen solchen Antrag gestellt haben, erachtete der erkennende Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Berufsausbildung Berufserfahrung Deutschkenntnisse Fachkräfteverordnung Punktevergabe Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2243024.1.00

Im RIS seit

08.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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