TE Vwgh Erkenntnis 2021/9/22 Ra 2021/09/0189

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Veröffentlicht am 22.09.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
66/03 Sonstiges Sozialversicherungsrecht
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

ASVG §479
AVG §38
AVG §56
EFZG
EFZG §3 Abs3
EpidemieG 1950 §32
EpidemieG 1950 §32 Abs1
EpidemieG 1950 §32 Abs2
EpidemieG 1950 §32 Abs3
EpidemieG 1950 §33
EpidemieG 1950 §49 Abs1
EpidemieG 1950 §7
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/09/0190
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2021/09/0193 E 22.10.2021
Ra 2021/09/0219 E 15.11.2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die außerordentlichen Revisionen der 1. A GmbH in B, vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Spittelwiese 8, und 2. Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung in 4041 Linz, Peuerbachstraße 26, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Mai 2021, Zl. LVwG-751329/26/KLi/SW, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung - der nunmehrigen zweitrevisionswerbenden Amtspartei - vom 8. März 2021 wurde den Anträgen der erstrevisionswerbenden Gesellschaft auf Vergütung für die Entgeltfortzahlung gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für die Absonderung von in 21 Spruchpunkten namentlich genannten, bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer - wofür ein Gesamtbetrag von € 62.324,30 begehrt wurde - insoweit stattgegeben, als für die einzelnen Arbeitnehmer aufgeschlüsselte Vergütungsbeträge in einer Gesamthöhe von € 53.821,39 gewährt wurden; im Übrigen wurden die Anträge abgewiesen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde der gegen den abweisenden Teil (somit ausgenommen die behördlichen Spruchpunkte 16 und 18) von der erstrevisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, dass zu den unter den behördlichen Spruchpunkten 7, 8 und 9 angeführten Arbeitnehmern den Antragsbegehren vollinhaltlich und bezüglich der in den behördlichen Spruchpunkten 1 bis 3, 5, 6, 10 bis 15, 17 sowie 19 bis 21 aufgelisteten Arbeitnehmer teilweise entsprochen wurde (womit daraus resultierend bezüglich der in Beschwerde gezogenen Bescheidteile insgesamt ein um € 2.627,56 verringerter Gesamtbetrag zuerkannt wurde); im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

3        Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Verwaltungsgericht - soweit hier von Relevanz - im Wesentlichen zur Berechnung der Vergütung für den Verdienstentgang im Allgemeinen aus, dass eine solche nach § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG während des Zeitraumes einer Absonderung gemäß §§ 7 oder 17 EpiG zustehe, nach § 32 Abs. 2 leg. cit. sei die Vergütung für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfasst sei. Gemäß Absatz 3 dieser Bestimmung sei die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu bemessen. Die Arbeitgeber hätten ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen; der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund gehe mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über; der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972 seien vom Bund zu ersetzen. Nach § 3 Abs. 3 EFZG gelte als regelmäßiges Entgelt das Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre. Berücksichtigt würden neben dem laufenden Lohn (Gehalt) auch noch die übrigen Leistungen wie z.B. die Entlohnung für erwartete Überstunden (Mehrstunden) bzw. Überstundenpauschalen, Zulagen, Zuschläge, Prämien, Provisionen, Sonderzahlungen, Zeitguthaben für Nachtarbeit, nicht aber echte Aufwandsentschädigungen. Der Gesetzgeber stelle auf den konkreten Zeitraum und den konkret für diesen Zeitraum bestehenden Entgeltanspruch ab. Die von einer behördlichen Verfügung betroffene Person solle durch die Vergütung insgesamt nicht schlechter gestellt werden, als ohne eine solche Verfügung und solle demnach insgesamt auch keine Vermögensnachteile auf Grund ihrer Krankheit und der dadurch notwendigen behördlichen Verfügung erleiden. Schon auf Grund des Wortlauts des § 32 Abs. 3 EpiG gehe der Anspruch auf Vergütung jedoch nur in der Höhe über, die tatsächlich ausbezahlt wurde.

4        Im Weiteren legte das Verwaltungsgericht seine Berechnung der Vergütungsansprüche zu den einzelnen Arbeitnehmern dar, wozu es monatsweise als Basis für die Ermittlung des Tagessatzes im Zeitraum der Absonderung das jeweilige Bruttoentgelt (welches auch im Monat der Auszahlung geleistete Sonderzahlungen umfasste) heranzog und den jeweiligen Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung - also die Dienstgeberbeiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung - nicht jedoch die Dienstgeberbeiträge zur Pensionsversicherung beim Pensionsinstitut der erstrevisionswerbenden Partei - als ersatzfähig betrachtete. Bezüglich der unter den behördlichen Spruchpunkten 13 bis 15, 17, 19 und 20 genannten Arbeitnehmern gelangte es zu dem Ergebnis, dass die jeweils mittels telefonischem Bescheid verfügte Absonderung nach § 46 Abs. 2 EpiG nach 48 Stunden geendet habe und den dann erst in weiterer Folge erlassenen (schriftlichen) Absonderungsbescheiden keine rückwirkende Geltung zukäme, sodass sich jeweils die Zeiträume der Absonderung (und damit die daraus ermittelten Vergütungsbeträge) - abweichend vom behördlichen Bescheid - entsprechend verringern würden.

5        Gegen diese Erkenntnis richten sich die vorliegende außerordentliche Revision der Arbeitgeberin und die außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht, welche auch eine Revisionsbeantwortung erstattete.

6        Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7        Beide außerordentlichen Revisionen erweisen sich als zulässig und berechtigt, wenn im Zulassungsvorbringen einerseits von der erstrevisionswerbenden Partei hinsichtlich der Berechnung der Vergütung die Heranziehung von Zeiträumen, die von den einzelnen Absonderungsbescheiden abweichen, sowie die Vergütungsansätze und andererseits letztgenannte auch von der zweitrevisionswerbenden Partei gerügt werden:

8        Zur Berechnungsgrundlage für die Vergütungsansätze ist auf das jüngst ergangene Erkenntnis des VwGH vom 24. Juni 2021, Ra 2021/09/0094, zu verweisen:

9        Demnach ist § 32 EpiG unmissverständlich zu entnehmen, dass die Bemessung des für jeden Tag der Absonderung zu leistenden Vergütungsbetrages nach dem regelmäßigen Entgelt iSd. EFZG vorzunehmen ist. Als regelmäßiges Entgelt i.S.d. EFZG gilt gemäß dessen § 3 Abs. 3 jenes Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre (vgl. VwGH 29.3.1984, 84/08/0043, VwSlg. 11388 A). Darin kommt das sogenannte „Ausfallsprinzip“ zum Ausdruck, wonach der Arbeitnehmer während dieser Nichtarbeitszeiten einkommensmäßig so gestellt werden soll, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht, und er daher weder einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden noch auch einen wirtschaftlichen Vorteil erringen soll (vgl. VwGH 13.5.2009, 2006/08/0226; VwGH 5.3.1991, 88/08/0239, VwSlg. 13397 A; 21.9.1993, 92/08/0248).

10       In Bezug auf den in § 3 Abs. 3 EFZG verwendeten Begriff des regelmäßigen Entgelts ist vom arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff auszugehen, der außer dem Grundlohn auch anteilige Sonderzahlungen beinhaltet, wenn und soweit darauf nach Kollektivvertrag oder Vereinbarung ein Anspruch besteht (vgl. OGH 23.2.2018, 8 ObA 53/17b). Sonderzahlungen sind eine Form aperiodischen Entgelts, d.h. mit abweichenden Fälligkeitsterminen; sie sollen die Tag für Tag geleistete Arbeit abgelten, werden daher als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit geleistet (vgl. OGH 26.11.2013, 9 ObA 82/13v). Der in diesem Zusammenhang heranzuziehende Entgeltbegriff ist weit auszulegen. Unter ihm ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung jede Art von Leistung zu verstehen, die dem Arbeitnehmer für die zur Verfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt wird. Es kommt auf die Funktion der jeweiligen Leistung als Abgeltung der Arbeitsleistung, nicht aber auf die Bezeichnung, die steuer- oder die sozialrechtliche Beurteilung an. Vom Entgeltbegriff sind daher auch Akkordlöhne und Prämien, Zuschläge, Zulagen (ohne Aufwandersatzcharakter), Provisionen, Sonderzahlungen, Entfernungszulagen und Gewinnbeteiligungen oder anstelle einer Ist-Gehaltserhöhung vereinbarte Mitarbeiterbeteiligungen erfasst, nicht aber echte Aufwandsentschädigungen, Trinkgelder sowie Sozialleistungen des Arbeitgebers, auch wenn sie regelmäßig geleistet werden (vgl. OGH 28.2.2011, 9 ObA 121/10z).

11       Demnach ist bei der Bemessung der für jeden Tag der Absonderung nach § 7 EpiG zu leistenden Vergütung auch jenes Entgelt zu berücksichtigen, das aus kollektiv- oder einzelvertraglich eingeräumten Sonderzahlungen resultiert; dies gilt freilich nicht für Sonderzahlungen, die der Arbeitnehmer - nach den kollektiv- oder einzelvertraglichen Bestimmungen - vom Arbeitgeber für die Zeit der Absonderung bzw. des Entfalls der Pflicht zur Entgeltzahlung jedenfalls erhält und die daher bei ihm keinen Ausfall an Entgelt bewirken, der auf den Arbeitgeber übergehen könnte. Dem EpiG lässt sich eine Norm des Inhalts, dass derartige Sonderzahlungen nur dann zu vergüten seien, wenn die Absonderung in einen Monat (oder anderen Abrechnungszeitraum) fällt, in dem Sonderzahlungen ausbezahlt werden, nicht entnehmen. Eine derartige Sichtweise ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil Sonderzahlungen als aperiodisches Entgelt gerade nicht das Entgelt für die nur im Auszahlungsmonat geleistete Arbeit darstellen, sodass eine auf die Tage der Absonderung umgelegte Berücksichtigung des gesamten Auszahlungsbetrages an Sonderzahlungen im Auszahlungsmonat zu einer Überbemessung des Vergütungsbetrages führen würde.

12       § 32 Abs. 3 EpiG liegt zugrunde, dass der dem Arbeitnehmer gebührende Vergütungsbetrag vom Arbeitgeber an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen ist und der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber übergeht. Bei dem dem Arbeitnehmer ausgezahlten Vergütungsbetrag handelt es sich begrifflich nicht um Entgelt, sondern um eine auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruhende Entschädigung (Vergütung) des Bundes, für die der Arbeitgeber in Vorlage tritt. Gemäß § 32 Abs. 3 zweiter Satz EpiG hat der Arbeitgeber kraft Gesetzes die Schuld des Bundes in Form des Vergütungsbetrages der Person gegenüber, die den Verdienstentgang erlitten hat, zu erfüllen; mit dem Zeitpunkt der Auszahlung des gebührenden Vergütungsbetrages an den Arbeitnehmer geht dessen Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund auf den Arbeitgeber über (vgl. VwGH 29.3.1984, 84/08/0043, VwSlg. 11388 A). Den genannten Bestimmungen lässt sich nicht entnehmen, dass ein stufenweiser Übergang des Vergütungsanspruches - entsprechend den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen - ausgeschlossen werden sollte. Auch die in § 33 und § 49 Abs. 1 leg. cit. genannten Fristen stehen dem nicht entgegen: Diese sehen (u.a.) eine Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 EpiG binnen sechs Wochen (§ 33) bzw. drei Monaten (§ 49 Abs. 1 EpiG) vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, vor, widrigenfalls der Anspruch erlischt.

13       Die in § 33 und § 49 Abs. 1 EpiG genannten Fristen sehen (u.a.) eine Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 leg. cit. binnen sechs Wochen (§ 33) bzw. drei Monaten (§ 49 Abs. 1 EpiG) vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, vor, widrigenfalls der Anspruch erlischt. Damit wird lediglich eine Fallfrist für die Geltendmachung eines aus behördlichen Maßnahmen resultierenden Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 leg. cit. ab Aufhebung dieser behördlichen Maßnahmen normiert (vgl. zur materiell-rechtlichen Frist des § 33 EpiG VwGH 23.4.2002, 2000/11/0061, VwSlg. 15815 A). Diese Bestimmung kann nicht dahingehend verstanden werden, dass eine derartige Geltendmachung (noch) nicht möglich bzw. zulässig wäre, wenn der Antrag zwar nach der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen, aber vor den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen bzw. vor erfolgter Zahlung durch den Arbeitgeber gestellt wird. Diese Sichtweise kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, würde damit doch in allen Fällen, in denen die für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Termine außerhalb der sechswöchigen bzw. dreimonatigen Frist ab der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen lägen, eine Geltendmachung des Anspruchs von vornherein verunmöglicht. Ein derartiger Norminhalt ist dem Gesetzgeber aber nicht zusinnbar. Vielmehr ist der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges vom Arbeitgeber binnen der genannten Fristen geltend zu machen, auch wenn der Übergang iSd. § 32 Abs. 3 zweiter Satz EpiG - allenfalls teilweise - erst nach diesem Zeitpunkt eintritt. Dass die Behörde - so ihr für noch nicht übergegangene Ansprüche nicht ohnehin auch (vorsorglich gestellte) Anträge des Arbeitnehmers vorliegen - in einer derartigen Konstellation zweckmäßiger Weise über noch nicht übergegangene Ansprüche nicht vor den (vom Arbeitgeber diesbezüglich behaupteten) für diese Zahlungen „im Betrieb üblichen Terminen“ zu entscheiden haben wird, folgt aus der vom Gesetzgeber gewählten Konstruktion.

14       Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass ausgehend vom weit auszulegenden Entgeltbegriff nach dem zuvor Dargelegten auch geleistete Dienstgeberbeiträge zu Pensionsversicherungen als ersatzfähig anzusehen sind, sofern diese nicht vom Arbeitgeber unabhängig von der tatsächlichen Bereitschaft des Arbeitsnehmers zur Dienstverrichtung zu leisten sind. Gleiches muss - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - für die gegenständlichen Beiträge zur Pensionsversicherung beim Pensionsinstitut der erstrevisionswerbenden Partei gelten. Dieses Pensionsinstitut ist gemäß § 479 ASVG eine Zuschusskasse des öffentlichen Rechtes und eine zusätzliche Pensionsversicherung zur (allgemeinen) Pensionsversicherung des vierten Teils des ASVG, ihre daraus resultierenden Beitragsleistungen hat die Revisionswerberin auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen.

15       Ebenso ergibt sich aus der zitierten Entscheidung, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht bei der Berücksichtigung der aliquoten Sonderzahlungen allein auf das Monat der Auszahlung gegenüber dem Arbeitnehmer abgestellt und in dem davon betroffenen Monat in den Bruttoentgeltbetrag, den es als Basis für den daraus ermittelten Tagessatz während der Absonderung heranzog, den für mehrere Monate geleisteten Sonderzahlungsbetrag zur Gänze eingerechnet hat.

16       Letztlich ist die Revision der erstrevisionswerbenden Partei auch im Recht, wenn sie aufzeigt, dass das Verwaltungsgericht (teilweise) andere Absonderungszeiträume ihren Berechnungen zugrunde legt:

17       Die Rechtsfrage, ob und in welchem zeitlichen Umfang eine anspruchsbegründende Absonderung vorlag, stellt eine für die Berechnung von Vergütungen notwendige Vorfrage dar. Dazu liegen rechtskräftige Bescheide vor, die auch über die Zeiträume, in welchen die Arbeitnehmer der Revisionswerberin abgesondert waren (und die auch die belangte Behörde für ihre Berechnungen herangezogen hat), absprechen; diese Absonderungsbescheide binden (ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit) auch das Verwaltungsgericht (vgl. in diesem Zusammenhang VwGH 19.6.1996, 96/03/0121, 23.11.1993, 93/11/0123, und 25.5.2021, Ra 2020/22/0137).

18       Indem das Verwaltungsgericht all dies verkannte, hat es die angefochtene Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass diese gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

19       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. September 2021

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090189.L00

Im RIS seit

30.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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