TE Lvwg Beschluss 2021/8/30 LVwG-AV-1299/001-2021

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Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

B-VG §132 Abs1 Z1
AVG 1991 §8
GewO 1994 §91 Abs2

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn A, geb. ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 25.06.2021, Zl. ***, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung der B KG den

BESCHLUSS:

I.   Gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm §§ 8, 17 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) iVm Art. 132 Abs. 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), wird die Beschwerde vom 26.07.2021 zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung:

1.   Verwaltungsbehördliches Verfahren und entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 25.06.2021, Zl. ***, wurde der B KG, FN ***, mit Sitz in ***, *** auf Rechtsgrundlagen § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 und § 361 Gewerbeordnung 1994, die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes „Handelsgewerbe gemäß § 124 Z 10, beschränkt auf den Kleinhandel mit Uhren, Uhrenbestandteilen, Juwelen, Gold- und Silberwaren, Edelsteinen und Perlen“ am Standort ***, ***, GISA-Zahl ***, entzogen.

Begründend hielt die Gewerbebehörde im Wesentlichen fest, dass Herr A als unbeschränkt haftender Gesellschafter, dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der B KG angehöre. Es handle sich bei ihm um eine natürliche Person, welcher im Sinne des § 13 Abs. 5 GewO 1994 ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zustehe. Mit Beschluss des BG *** vom 10.11.2020, Zl. ***, sei das Schuldenregulierungsverfahren gegen Herrn A mangels Kostendeckung nicht eröffnet worden. Dieser Beschluss sei rechtskräftig. Mit Verfahrensanordnung vom 17.03.2021, zugestellt am 19.03.2021, habe die Bezirkshauptmannschaft Mödling die B KG nachweislich in Kenntnis gesetzt, dass die Voraussetzungen gemäß § 87 Abs. 1 iVm. § 91 Abs. 2 GewO 1994 vorliegen würden und aufgefordert, Herrn A innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Zustellung der Verfahrensanordnung aus der KG zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsse. Mit 19.06.2021 habe diese Frist geendet. Im Firmenbuch sei Herr A jedoch nach Ablauf der gesetzten Frist weiterhin als unbeschränkt haftender Gesellschafter eingetragen gewesen. Daher sei die Gewerbeberechtigung spruchgemäß zu entziehen gewesen.

Gegen diesen, der B KG zugestellten Bescheid erhob Herr A, mit Schreiben vom 26.07.2021, eingelangt am 28.07.2021, wie folgt Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:

„Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung – Beschwerde ***

Sehr geehrte Frau (…)!

In obiger Angelegenheit erhebe ich gegen den von Ihnen erlassenen Bescheid betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung in offener Frist Beschwerde und begründe wie folgt:

Das Finanzamt *** hat gegen mich einen Konkursantrag gestellt, welcher von der unrichtigen Annahme des Finanzamtes ausging, dass ich als Person aufgrund der Beendigung der B KG Schulden gegenüber dem Finanzamt hätte.

Das ist tatsächlich nicht der Fall, ich habe keine Schulden, sondern sogar ein kleines Guthaben.
In dieser Angelegenheit versuchten mein Berater C und meine Buchhaltungsfirma, die Firma D, bisher ohne endgültiges Ergebnis, eine Klarstellung beim Finanzamt.
Aufgrund einiger Personalwechsel bei den dort zuständigen Referenten einerseits, aufgrund der von der Tätigkeit der Referenten vollkommen unabhängigen Initiative der Einbringungsstelle des Finanzamtes bestand noch keine Möglichkeit, dem Finanzamt gegenüber den wahren Sachverhalt einer Würdigung zuzuführen. Ein Gang zum Bundesfinanzgericht steht in Kürze bevor.

Da der Konkursantrag bzw. dessen Abweisung auf der Grundlage einer unrichtigen Einschätzung durch das Finanzamt erfolgten, einerseits, da ich nach meiner Genesung (ich bin seit 4 Jahren schwer krank) meine berufliche Tätigkeit wiederaufnehmen will, andererseits, ersuche ich Sie im Wege der Beschwerde von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung Abstand zu nehmen.

Gerne stehen Ihnen Herr (….) und (….) für Rückfragen zur Verfügung!

Mit bestem Dank im Voraus und freundlichen Grüßen,
A“

Sowohl im Schreiben selbst, als auch im Briefkuvert ist als Absender bzw. Einschreiter Herr A selbst angeführt. Die B KG ist weder im Beschwerdeschreiben noch auf dem Kuvert angeführt.

1.   Beweiswürdigung:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere die Beschwerde vom 26.07.2021.

Der Verfahrensgang bzw. Sachverhalt ergibt sich aus diesem vorliegenden und unbedenklichen Verwaltungsakt zweifelsfrei.

2.   Rechtslage:

Art. 131 Abs. 1 B-VG lautet wie folgt:

„Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1.   Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit, (…)“

Art. 131 Abs. 4 B-VG lautet wie folgt:

„Über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in sonstigen Rechtssachen hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

1.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Art. 132 Abs. 1 B-VG lautet wie folgt:

„Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1.   wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet; (…)“

§ 28 Abs. 1 VwGVG lautet wie folgt:

„Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“

§ 91 Abs. 2 GewO 1994 lautet wie folgt:

„Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.“

§ 17 VwGVG lautet wie folgt:

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

§ 8 AVG lautet wie folgt:

„Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.“

Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG lautet wie folgt:

„Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1.       wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;“

3.   Erwägungen:

Im gegenständlichen Fall wendet sich Herr A gegen den Gewerbeentziehungsbescheid gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994, dessen Adressat die B KG war, und ersucht unter Anführung einer Begründung, seiner Beschwerde zu entsprechen. Die Beschwerde wurde von ihm selbst unterfertigt und auch als Absender war nur er selbst angeführt.

Der Beschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der KG ist zwar vertretungsbefugt für die KG, jedoch hat er im gegenständlichen Fall nicht im Namen der B KG gehandelt, sondern ist als natürliche Person A aufgetreten (kein Hinweis auf die KG im Schreiben; „ich erhebe Beschwerde“, unterzeichnet durch ihn selbst usw.).

Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ergibt sich daher ohne Zweifel, dass keine Beschwerde durch die als Bescheidadressatin aufscheinende B KG, sondern eine Beschwerde im eigenen Namen des Beschwerdeführers als natürliche Person eingebracht wurde.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG ist beschwerdelegitimiert, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung dafür ist daher ein Rechtschutzbedürfnis des Beschwerdeführers, welches lediglich dann vorliegt, wenn die Verletzung in eigenen Rechten möglich sein kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht, 6. Auflage, RZ 1.027).

Die Beschwerdelegitimation setzt grundsätzlich auch die Zustellung als Bescheidadressat und damit Parteistellung in der mit Bescheid entschiedenen Sache voraus.

Eine KG besitzt Rechtspersönlichkeit und kann Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und geklagt werden. Adressat und Partei im Verfahren der Entziehung einer Gewerbeberechtigung ist der Gewerbeinhaber. Dies ist im gegenständlichen Fall die B KG und nicht der Beschwerdeführer selbst.

Dem Beschwerdeführer kommt im vorliegenden Verfahren betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 keine Parteistellung zu. Der Bescheid der BH Mödling ist nur an die B KG als Gewerbetreibende ergangen und greift nur in die Rechtssphäre derselben, und zwar durch die Entziehung der Gewerbeberechtigung ein. Auch als Geschäftsführer kommt dem Beschwerdeführer selbst keine Parteistellung zu, da dem Geschäftsführer im Verfahren gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 - im Unterschied von der rechtlichen Stellung des Geschäftsführers etwa im Verfahren gemäß § 91 Abs. 1 GewO 1994 (vgl. § 361 Abs. 3 GewO 1994) - kein aus den gewerberechtlichen Vorschriften ableitbares rechtliches Interesse zukommt (vgl. VwGH 29.05.1990, Zl. 89/04/0171 = VwSlg (A) 13.208; bzw. VwGH 01.02.2005 2003/04/0078).

In Ermangelung der Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers selbst als natürliche Person liegt verfahrensgegenständlich eine diesbezügliche Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers somit nicht vor und war die in Rede gegenständliche Beschwerde daher mangels Legitimation zur Beschwerdeerhebung beschlussmäßig zurückzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.

Von der Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde deshalb Abstand genommen, weil keine der Verfahrensparteien die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (die Behörde hat im Vorlageschreiben vom 02.08.2021 ausdrücklich verzichtet) und weil die verfahrensgegenständlichen Unterlagen und Ermittlungen erkennen haben lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung des Sachverhaltes und der Rechtssache nicht erwarten ließ. Es verblieben ausschließlich Rechtsfragen zur Beurteilung, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Überdies konnte die mündliche Verhandlung bereits nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

4.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Verfahrensrecht; Bescheidadressat; Bescheidbeschwerde; Gesellschafter; Beschwerdelegitimation;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1299.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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