TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/22 W226 1220212-3

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Veröffentlicht am 22.07.2021
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Entscheidungsdatum

22.07.2021

Norm

AVG §57 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §57 Abs1

Spruch


W226 1220212-3/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas WINDHAGER als Einzelrichter über die Säumnisbeschwerde des XXXX , geboren am XXXX , wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im Verfahren Zl. 214186306-14450162, betreffend eine Angelegenheit nach dem FPG 2005, zu Recht:

A)

Der Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 12.03.2019, Zl. 214186306-14450162, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gelangte eigenen Angaben zu Folge am 10.07.2000 auf österreichisches Bundesgebiet und stellte am 14. Juli 2000 einen Antrag auf Gewährung von Asyl.

I.1.2. Mit Bescheid vom 21.11.2000 wurde der Antrag des BF auf Gewährung von Asyl gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl I 1997/76 (AsylG), abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach „Russland“ gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

I.1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 13.02.2006 wurde gegen den BF ein bis 13.05.2012 befristetes Rückkehrverbot erlassen.

I.1.4. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 04.07.2007 wurde die Berufung des BF gegen den vorgenannten Bescheid gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 iVm § 50 FPG 2005 festgestellt, dass dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt II.).

I.1.5. Der gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates erhobenen Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.02.2009 statt und behob diesen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

I.1.6. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 10.01.2012 wurde die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.11.2000 gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 76/1997 (Asylgesetz 1997 – AsylG) idF BGBl. I Nr. 126/2002, und § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, als unbegründet abgewiesen.

I.1.7. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 18.08.2012 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 1 FPG und ein Einreiseverbot für die Dauer von 18 Monaten gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG erlassen.

I.1.8. Ein Antrag des BF auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte wurde am 05.03.2013 zurückgewiesen.

I.1.9. Am 03.04.2013 wurden bei der Botschaft der Ukraine sowie der Botschaft der Russischen Föderation Heimreisezertifikate beantragt.

I.2.1. Am 05.03.2014 wurde dem BF eine Karte für Geduldete, gültig für 1 Jahr ausgestellt, da sich wegen seiner ungeklärten Staatsangehörigkeit eine Abschiebung aus dem BF nicht zurechenbaren Gründen unmöglich erwiesen hat.

I.2.2. Am 15.04.2015 wurde das Rückkehrverbot gegen den BF vom 13.02.2006 wegen geänderter Rechtslage aufgehoben.

I.2.3. Am 11.06.2015 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 Z 1 AsylG erteilt, gültig bis zum 11.06.2016.

I.2.4. Der schriftlich eingebrachte Antrag des BF auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 AsylG wurde nach der Durchführung niederschriftlicher Einvernahmen am 16.06.2016, 12.07.2016, 18.04.2018 und am 27.09.2018 mit Bescheid vom 02.11.2018 durch das BFA abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus Gründen gemäß § 55 AsylG wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gem. § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs 3 FPG wurde erlassen und gem. § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist.

In der Einvernahme vom 18.04.2018 füllte der BF eine Niederschrift für die Beschaffung des Heimreisezertifikats aus und wurde erneut ein Heimreisezertifikat bei der Russischen Botschaft beantragt.

I.2.5. Gegen den oben genannten Bescheid erhob der BF am 30.11.2018 Beschwerde, welche nach wie vor beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist.

I.3.1. Mit Mandatsbescheid vom 12.03.2019 wurde dem BF gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung XXXX zu nehmen und dieser Verpflichtung binnen drei Tagen nachzukommen. Begründend führte das BF aus, gegen den BF sei eine Rückkehrentscheidung mit 25.05.2015 in Rechtskraft erwachsen. Seitdem sei der BF zur Ausreise verpflichtet, sei dem aber bisher noch nicht nachgekommen. Über die Zulässigkeit eines Eingriffes in das Privat- und Familienleben des BF sei bereits in der Rückkehrentscheidung ausführlich abgesprochen worden. Da die Abschiebung für zulässig erklärt worden sei, sei die Wohnsitzauflage als weniger intensiver Eingriff jedenfalls zulässig und da der BF sich vehement weigere, der Ausreiseverpflichtung nachzukommen, sei die Verhängung der Wohnsitzauflage jedenfalls auch notwendig.

I.3.2. Am 13.03.2019 erhob der BF gegen diesen Mandatsbescheid Vorstellung, worin er geltend machte, dass die belangte Behörde keinen Mandatsbescheid zur Unterkunftnahme erlassen hätte dürfen, da er seit 2014 geduldet sei und daraufhin eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erhalten habe. Sein Verlängerungsantrag sei zwar abgelehnt worden in erster Instanz, er habe allerdings rechtzeitig Beschwerde erhoben und sei daher nach wie vor aufenthaltsberechtigt. Soweit er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, liege dies daran, dass ihm kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Aus diesem Grund habe er auch die Duldung erhalten. Die Duldung bestehe weiterhin, da die Voraussetzungen dafür nicht weggefallen seien, auch wenn die Karte ihre Gültigkeit verloren habe. Stattdessen sei ihm aber eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt worden, wodurch ebenfalls festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für die Duldung weiter vorlägen. Schließlich sei die Rückkehrentscheidung gegenstandslos, da ihm die Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt worden sei. Eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestehe daher gar nicht.

I.3.3. Am 15.03.2019 wurde der BF vom BFA vom Ergebnis der Beweisaufnahme „Erlassung einer Wohnsitzauflage im ordentlichen Verfahren“ verständigt und ihm die Möglichkeit gegeben, eine schriftliche Stellungnahme binnen zwei Wochen zu erstatten.

I.3.4. Am 26.03.2019 erstattete der BF eine schriftliche Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme, wobei er im Wesentlichen vorbrachte, er habe derzeit eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG. Weder die Ukraine noch Russland würden ihn zurücknehmen, obwohl er versucht habe, ein Heimreisezertifikat zu erlangen.

I.3.5. Mit Strafverfügung vom 20.05.2019 wurde über den BF eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro verhängt, da er sich als Fremder am 20.05.2019 in Wien aufgehalten habe, obwohl ihm mittels Bescheid eine Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG erteilt worden sei, womit er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 121 Abs. 1a iVm § 57 FPG begangen habe.

I.3.6. Dagegen brachte der BF am 20.05.2019 Einspruch ein mit der Begründung, dass der der Strafverfügung zugrundeliegende Mandatsbescheid rechtswidrig sei.

I.3.7. Am 29.05.2019 ergänzte der BF die am 13.03.2019 erhobene Vorstellung und legte eine ärztliche Bestätigung vom 10.05.2019 vor, aus welcher hervorgehe, dass der BF aufgrund seiner Diagnose in engmaschiger ärztlicher Betreuung in Wien stehe. Die Diagnosen laut ärztlicher Bestätigung lauten: Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, Koronare Herzerkrankung, Zustand nach akuten Vorwandinfarkt (2008) mit Stentimplantation, Larvierte Depression, Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Chronische Gastritis, Refluxösophagitis.

I.4.1. Am 04.10.2019 brachte der BF eine Säumnisbeschwerde gemäß § 130 Abs. 1 Z 3 B-VG beim BFA ein wegen Verletzung der sechsmonatigen Entscheidungsfrist und beantragte, dass die belangte Behörde bzw das BVwG über die Vorstellung entscheiden und den Mandatsbescheid ersatzlos beheben möge. Dazu brachte der BF vor, er habe rechtzeitig Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 13.03.2019 erhoben. Sofern die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 15.03.2019 als eingeleitetes Ermittlungsverfahren zu werten sei und der Mandatsbescheid daher nicht ex-lege außer Kraft getreten sei, habe die Behörde die Pflicht über die Vorstellung zu entscheiden. Die mangels einer gegenteiligen gesetzlichen Anordnung sechsmonatige Entscheidungspflicht sei daher mit dem 13.09.2019 abgelaufen.

I.4.2. Am 28.05.2020 legte der BF erneut eine ärztliche Bestätigung vom 22.05.2020 vor, dass der BF weiterhin in regelmäßiger ärztlicher Behandlung sei.

I.4.3. Am 19.03.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Bestätigung über ein laufendes Rückkehrverfahren der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH ein, wonach der BF dort seit 23.02.2021 in einem laufenden Rückkehrverfahren gemeldet sei, die ID Überprüfung am Freitag, dem 05.03.2021 bei der russischen Botschaft angesucht worden sei und das Rückkehrverfahren in Absprache mit dem BFA durchgeführt werde. Sobald das Verfahren abgeschlossen sei, werde der Ausreisetermin fesgelegt.

I.4.4. Am 17.06.2021 legte der BF eine Bestätigung der russischen Botschaft vom XXXX vor, wonach die Generaldirektion für Migration des Innenministeriums Russlands, Zuständigkeit für die Republik Tschetschenien den Antrag des BF geprüft und mitgeteilt habe, dass der BF auf dem Territorium der Republik nicht als beurkundet, gemeldet (registriert) oder abgemeldet (ausgetragen) erscheine. Die Rückmeldung der zuständigen russischen Behörden lasse keine Schlussfolgerungen über das Vorhandensein der russischen Staatsbürgerschaft des BF und zur Frage der Ausstellung eines russischen Passes.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Mit Mandatsbescheid vom 12.03.2019 wurde dem BF gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung XXXX zu nehmen und dieser Verpflichtung binnen drei Tagen nachzukommen. Am 13.03.2019 erhob der BF gegen diesen Mandatsbescheid Vorstellung, woraufhin das BFA den BF am 15.03.2019 vom Ergebnis der Beweisaufnahme „Erlassung einer Wohnsitzauflage im ordentlichen Verfahren“ verständigte und ihm die Möglichkeit gab, eine schriftliche Stellungnahme binnen zwei Wochen zu erstatten, welcher der BF mit Schreiben vom 26.03.2019 nachkam. Danach setzte das BFA keine weiteren Ermittlungsschritte und erließ seither keinen Bescheid.

II.1.2. Die Identität und Staatsangehörigkeit des BF ist nicht erwiesen. Soweit der Beschwerdeführer in vorliegendem Erkenntnis namentlich benannt wird, dient dies lediglich der Individualisierung seiner Person als Verfahrenspartei, nicht aber der Feststellung seiner Identität.

II.1.3. Dem BF wurde am 11.06.2015 ein Aufenthaltstitel besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 Z 1 AsylG bis zum 11.06.2016 erteilt. Der schriftlich eingebrachte Antrag des BF auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 AsylG wurde mit Bescheid vom 02.11.2018 durch das BFA abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus Gründen gemäß § 55 AsylG wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gem. § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs 3 FPG wurde erlassen und gem. § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gegen den oben genannten Bescheid erhob der BF am 30.11.2018 Beschwerde, welche nach wie vor beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist.

II.1.4. Dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist, liegt daran, dass dem BF bisher kein Heimreisezertifikat (etwa ein Reisepass) ausgestellt wurde bzw werden konnte.

Eine Identifizierung des BF anhand der von ihm behaupteten Personalien durch die russischen Behörden ist nach wie vor nicht möglich, weshalb auch die Ausstellung von Reisedokumenten nach wie vor nicht möglich ist.

2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Die Feststellungen zum Mandatsbescheidsverfahren ergeben sich aus der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage.

II.2.2. Die Identität des BF konnte nicht festgestellt werden, zumal dieser in den Vorverfahren keine (echten) Identitätsdokumente vorlegen konnte und ihm ein solches auch von der russischen bzw ukrainischen Botschaft bisher nicht ausgestellt wurde/ werden konnte.

II.2.3. Die Feststellungen zum Aufenthaltstitel besonderer Schutz des BF sowie der Abweisung seines Antrages auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels und des anhängigen Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

II.2.4. Die Feststellung, dass der BF deshalb seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist, weil ihm bisher kein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde bzw werden konnte, ergibt sich daraus, dass laut Bescheid des BFA vom 02.11.2018 bereits im April 2013 ein Heimreisezertifikat für den BF in der ukrainischen/ russischen Botschaft beantragt wurde, der BF allerdings nicht abgeschoben, sondern dem BF ein Jahr später eine Duldungskarte bzw ein Aufenthaltstitel besonderer Schutz verliehen wurde. Im April 2018 wurde erneut ein Heimreisezertifikat beantragt, wobei der BF an der Niederschrift für die HRZ-Beschaffung freiwillig mitwirkte. Wiederum konnte kein HRZ erlangt werden. Auch laut Schreiben der Botschaft der Russischen Föderation vom XXXX kann für den BF derzeit nach wie vor kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden.

II.2.5. Die Feststellung, dass eine Identifizierung des BF durch die russischen Behörden nach wie vor nicht möglich ist, weshalb auch die Ausstellung von Reisedokumenten nach wie vor nicht möglich ist, beruht auf der Bestätigung der russischen Botschaft vom XXXX .

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

II.3.1.1. Mangels gesetzlich kürzerer oder längerer Entscheidungsfrist ist gemäß § 73 Abs. 1 AVG über Vorstellungen längstens binnen 6 Monaten zu entscheiden.

II.3.1.2. Gemäß § 57 Abs. 6 FPG 2005 ist die Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 3 mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.

§ 57 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

„(1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.“

II.3.1.2.1. Für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens iSd § 57 Abs. 3 AVG ist eine bestimmte Art von Ermittlungen oder eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens kann demnach auch durch einen rein innerbehördlichen Vorgang, so auch durch eine Anfrage an eine andere Abteilung derselben Behörde, erfolgen (vgl. VwGH vom 11.10.2017, Ra 2017/11/0255). Es kommt darnach vielmehr darauf an, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie sich nach der Erhebung der Vorstellung durch die Anordnung von Ermittlungen mit der den Gegenstand des Mandatsbescheides bildenden Angelegenheit befasst. Dies kann auch durch einen rein innerbehördlichen Vorgang erfüllt werden (vgl. VwGH vom 16.12.2014, Ro 2014/16/0075; vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 40).

II.3.1.2.2. Im konkreten Fall hat der BF am 13.03.2019 gegen den Mandatsbescheid des BFA vom 12.03.2019 Vorstellung erhoben, woraufhin das BFA am 15.03.2019 den BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigte und diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu bestimmten Fragen gab. Diese Verständigung des BFA kann damit jedenfalls eindeutig als rechtzeitige Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 57 Abs. 3 AVG durch das BFA gedeutet werden, indem die Behörde eben in der den Gegenstand des Mandatsbescheides bildenden Angelegenheit ermittelte.

Der Mandatsbescheid des BFA trat damit mit rechtzeitiger Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht gemäß § 57 Abs. 3 AVG außer Kraft und blieb daher der Mandatsbescheid bis zur Entscheidung über die Vorstellung bestehen. Das BFA traf daher die Pflicht über die Vorstellung zu entscheiden (vgl. Hengstschläger/ Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014)).

II.3.1.3. Mit Schriftsatz vom 23.09.2016 erhob der BF durch seinen Vertreter Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde war die sechsmonatige Entscheidungsfrist bereits verstrichen, weshalb sich aufgrund der Säumigkeit der belangten Behörde die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht als zulässig erweist.

II.3.1.3.1. Zu prüfen bleibt, ob die gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des BFA abzuweisen ist, weil die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des BFA zurückzuführen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen der Verletzung der Entscheidungspflicht zur Frage des überwiegenden Verschuldens der Behörde bereits festgehalten, dass der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 8 Abs. 1 VwGVG nicht im Sinn eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen ist, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin gesehen, dass diese die für die zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (VwGH 22.06.2017, Ra 2017/20/0133; vgl. auch 24.05.2016, Ro 2016/01/0001, und vom 28.06.2016, Ra 2015/10/0107, jeweils mwN).

Die belangte Behörde begründete eine fehlende Erledigung nicht durch unüberwindliche Hindernisse im Sinne der vorangegangenen Ausführungen und kann dies dem Akt auch nicht entnommen werden.

II.3.1.3.2. Wie sich aus dem Verwaltungsakt des BFA und aus dem oben dargestellten Verfahrensgang ergibt, wurde bis zur Erhebung der Säumnisbeschwerde nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens keine Entscheidung über die Vorstellung im ordentlichen Verfahren seitens des BFA getätigt, wobei keine Anhaltspunkte hervorkamen, dass die Säumnis des BFA nicht auf ein überwiegendes Verschulden dieser Verwaltungsbehörde zurückzuführen wäre. Auch deutet nichts darauf hin, dass der BF nicht am Verfahren vor dem Bundesamt mitgewirkt oder dieses gar verzögert hätte.

Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wurde sohin zu Recht erhoben, sodass die Zuständigkeit, über die Vorstellung des BF gegen den Mandatsbescheid vom 12.03.2019 zu entscheiden, auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen ist und dieses in der Folge über diesen Antrag selbst zu entscheiden hat.

II.3.2. Zur Wohnsitzauflage:

II.3.2.1 § 57 FPG 2005 lautet auszugsweise:

„(1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2.nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3.an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

[…]

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.“

Die diesbezüglichen Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2017 (IA 2285/A 25. GP 63 bis 65) erläutern diese Bestimmung (auszugsweise) wie folgt:

„Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll [...] nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Zu Abs. 1:

Die Wohnsitzauflage kann für Fälle, in denen eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde, in zwei Konstellationen angeordnet werden. Für beide Konstellationen ist die rechtskräftige Erlassung einer Rückkehrentscheidung Voraussetzung. [...]

Die erste Konstellation umfasst jene Fälle, in denen eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 nicht gewährt wurde. Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.

Bei der Wohnsitzauflage handelt es sich um die Verpflichtung, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen. [...] Bei derartigen Unterkünften handelt es sich um Betreuungseinrichtungen des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005, in denen vor Ort verstärkt Rückkehrberatungen und Rückkehrvorbereitungen angeboten und durchgeführt werden. Mit Aufnahme in eine solche Einrichtung soll der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen überdies bis zur Ausreise auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde beschränkt sein, solange ihm die Versorgung zur Verfügung gestellt wird (§ 52a).

[...]

Zu Abs. 6:

Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand ‚Gefahr in Verzug‘ maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig.

Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.

[...]“.

Schon auf Basis der wiedergegebenen Absicht des Gesetzgebers erfordert die Erlassung einer Wohnsitzauflage somit das Vorliegen von Gefahr im Verzug sowie eine einzelfallbezogene Prüfung ihrer Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit unter Anlegung insbesondere der Kriterien des Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 17.05.2021, Ra 2020/21/0406).

II.3.2.2. Die Feststellung des Vorliegens von Gefahr im Verzug kann dem angefochtenen Mandatsbescheid allerdings nicht entnommen werden. Das BFA hat sich vielmehr im Wesentlichen darauf beschränkt darzulegen, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist. Auch führte das BFA nicht aus, welche bestimmten Tatsachen gemäß § 57 Abs. 2 FPG 2005 die Annahme rechtfertigen, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird. Einer der in § 57 Abs. 2 FPG 2005 genannten „bestimmten Tatsachen“ kann im Falle des BF nämlich nicht festgestellt werden. Vielmehr war festzustellen, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist, weil dem BF bisher kein Heimreisezertifikat (etwa ein Reisepass) ausgestellt wurde bzw werden konnte.

Eine Wohnsitzauflage kann aber schon vor dem Hintergrund des erwähnten Art. 8 EMRK niemals Selbstzweck sein, sondern sie muss - als ultima ratio, wie die Materialien formulieren - einem bestimmten Ziel, nämlich der Durchsetzung einer bestehenden, bislang nicht wahrgenommenen Ausreiseverpflichtung, dienen. Insoweit muss sich die Wohnsitzauflage als unaufschiebbare Maßnahme darstellen, deren Einsatzes es zur Abwendung von Gefahr im Verzug bedarf. Das stellen die in den Materialien angestellten Überlegungen zum Mandatsbescheid klar, die dann allerdings nur aufzeigen, dass in den Fällen des § 57 Abs. 1 Z 1 und Z 2 FPG infolge der bisherigen Nichtausreise eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, und die nicht näher darlegen, inwieweit dem durch die Erlassung einer Wohnsitzauflage abgeholfen werden kann. Vom Vorliegen einer Situation, die eine solche Maßnahme zum Entgegenwirken einer bestehenden Gefahr im Verzug notwendig macht, wird demgegenüber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in aller Regel nur dann ausgegangen werden können, wenn eine alsbaldige Abschiebung des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Raum steht, deren Vorbereitung seine Unterkunftnahme in dem konkreten in Betracht gezogenen Quartier des Bundes erfordert (vgl. VwGH 17.05.2021, Ra 2020/21/0406).

Dass dies gegenständlich der Fall sei, hat das BFA nicht aufgezeigt. Es bleibt völlig offen, weshalb ohne erkennbare Absehbarkeit eines konkreten Abschiebetermins die Verlegung des BF in eine vom bisherigen Wohnort weit entfernte „Rückkehrberatungseinrichtung“ als „ultima-ratio-Maßnahme“ geboten erscheint. Im Entscheidungszeitpunkt ist, da ein konkreter Abschiebetermin nicht absehbar ist, eine Wohnsitzauflage nach wie vor nicht geboten und ist der Mandatsbescheid daher bereits aus diesem Grund aufzuheben.

II.3.3. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

II.3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar teils zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Heimreisezertifikat Mandatsbescheid mangelnder Anknüpfungspunkt Rechtswidrigkeit Unterkunft Voraussetzungen Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W226.1220212.3.00

Im RIS seit

11.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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