TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/7 W280 2220358-1

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Veröffentlicht am 07.07.2021
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Entscheidungsdatum

07.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs4 Z4
FPG §53
FPG §55
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W280 2220358-1/36E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1991, StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag.a Doris EINWALLNER, 1050 Wien, Schönbrunner Straße 26/3 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom XXXX 05.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.10.2020 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Kosovo, der sich seit April 2015 aufgrund eines diesem verliehenen Aufenthaltstitels “Studierender“ rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, schloss vier Monate später eine Aufenthaltsehe mit einer slowakischen Staatsbürgerin.

Hierfür wurde er im April 2016 gemäß § 117 Abs. 1 FPG wegen des Vergehens der strafbaren Handlung des Eingehens einer Aufenthaltsehe vom Bezirksgericht Mödling zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Ehe wurde folglich Ende September 2016 vom zuständigen Bezirksgericht für nichtig erklärt.

Am XXXX 01.2017 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde) ein Verfahren zur Erlassung einer Aufenthaltsbeendigung in die Wege.

Nach Verlängerung des ihm von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde (NAG-Behörde) verliehenen Aufenthaltstitels für den Zeitraum 26.01.2017 bis 26.01.2018 wurde das BFA am XXXX 02.2017 darüber in Kenntnis gesetzt, dass über den BF die Untersuchungshaft verhängt worden sei. Seitens des BFA wurde die NAG-Behörde hiervon am XXXX 02.2017 fernmündlich in Kenntnis gesetzt.

Über den am XXXX 06.2017 vom BF eingebrachten Zweckänderungsantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Plus wurde bis dato noch nicht entschieden.

Am XXXX 02.2018 wurde der BF sodann vom zuständigen Landesgericht wegen gefährlicher Drohung gem. § 107 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt nachgesehen auf die Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

Am XXXX 09.2018 wurde über den BF mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien wegen einer Verwaltungsübertretung gem. § 99 Abs. 1a StVO eine Geldstrafe von EUR 1.200 zzgl. Verfahrenskosten von EUR 120 verhängt.

Nach neuerlicher Gewährung von Parteiengehör erging am XXXX 05.2019 der im Spruch genannte Bescheid, gegen den fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben wurde.

Der BF beantragte sodann nach Darlegung der Beschwerdegründe wegen materieller und formeller Rechtswidrigkeit und unzweckmäßiger Ermessensausübung das BVwG möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde Folge geben, und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu der Beschwerde Folge geben, und die Höhe des Aufenthaltsverbotes deutlich herabsetzen, in eventu der Beschwerde Folge geben und die Sache zur neuerlichen Erledigung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom BFA am XXXX 06.2019, eingelangt am XXXX 06.2019, vorgelegt und beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsauschusses des BVwG vom 4.03.2020 wurde die gegenständliche Beschwerdesache einer anderen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Nach Wechsel der erteilten Vertretungsvollmacht am XXXX 06.2020 und Einbringung eines Fristsetzungsantrages am XXXX 09.2020 wurde mit verfahrensleitender Anordnung des VwGH vom XXXX 09.2020, eingelangt am XXXX 09.2020, dem BVwG aufgetragen binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen.

Am 13.10.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt.

Mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX 10.2020, Zahl. XXXX wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde mit der Maßgabe stattgegeben, dass sich das Einreiseverbpt auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Zif1,2 und 7 FPG stützt und die Dauer des Einreiseverbotes auf drei Jahre herabgesetzt wurde und die Revision für nicht zulässig erklärt wurde.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem als berechtigt angesehen und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX 1991 in XXXX , Kosovo, geborene BF ist kosovarischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Zif 10 FPG. Er ist im Besitz eines am 25.09.2014 ausgestellten gültigen kosovarischen Reisepasses. Seine Identität steht fest.

Der BF befindet sich nach temporären Aufenthalten in den Jahren 2012, 2013 und 2014 seit XXXX 04.2015 durchgängig im Bundesgebiet.

Ein am XXXX 05.2014 vom BF gestellter Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot Karte Plus wurde von der zuständigen Behörde am XXXX 10.2014 abgewiesen.

Über Antrag vom XXXX 02.2015 wurde dem BF sodann eine Aufenthaltsbewilligung „Student“ mit der Gültigkeit von XXXX 04.2015 bis XXXX 04.2016 erteilt.

Am XXXX 08.2015 ehelichte der BF die slowakische Staatsbürgerin Maria TARINOVA, geb. XXXX 11.1986. Dies mit der Absicht, sich auf die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines gemeinschaftlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe zu berufen. Der BF beantragte folglich am XXXX 09.2015 eine Aufenthaltskarte „Angehöriger eines EWR-Bürgers“.

Am XXXX 04.2016 wurde der BF vom Bezirksgericht Mödling, Zl. XXXX , wegen des Vergehens nach § 117 Abs. 1 FPG zu einer Geldstrafe von 140 Tagesätzen zu je EUR 4, im Uneinbringlichkeitsfall zu 70 Tagessätzen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Die Ehe wurde folglich am XXXX 09.2016 vom Bezirksgericht XXXX für nichtig erklärt.

Am XXXX 01.2017 leitete die belangte Behörde ein Verfahren zur Erlassung einer Aufenthaltsbeendigung in die Wege und verständigte am selben Tag die zuständige NAG-Behörde per E-Mail von dieser Maßnahme unter Beifügung des Ergebnisses der Beweisaufnahme. Unbeschadet dieser Mitteilung gab diese folglich dem Antrag des BF auf Verlängerung des ihm verliehenen Aufenthaltstitels „Student“ für den Zeitraum XXXX 01.2017 bis XXXX 01.2018 statt (letzter Bearbeitungsschritt erfolgte am XXXX 02.2017).

Festgestellt wird, dass die belangte Behörde am XXXX 02.2017 darüber Kenntnis erlangte, dass über den BF am Vortag die Untersuchungshaft verhängt worden sei. Seitens des BFA wurde die NAG-Behörde hiervon am XXXX 02.2017 fernmündlich in Kenntnis gesetzt.

Über den am XXXX 06.2017 vom BF eingebrachten Zweckänderungsantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Plus wurde bis dato noch nicht entschieden und hält sich der BF sohin legal im Bundesgebiet auf.

Seitens des BF wurden im Rahmen seines in Österreich begonnenen Studiums – abseits der Sprachprüfung für A 1 – keine Prüfungen absolviert. Eine ernsthafte Absicht dem erteilten Aufenthaltstitel entsprechend ein Studium in Österreich zu absolvieren kann nicht festgestellt werden.

Für den Zeitraum vom XXXX 03.2016 bis XXXX 11.2018 verfügte der BF über Beschäftigungsbewilligungen als Student. Im Zeitraum XXXX 03.2016 bis XXXX 06.2019 war als Arbeiter bei der seinem Bruder gehörenden FISI-Bau GmbH zur Sozialversicherung gemeldet. Nicht festgestellt werden kann, dass der BF nach dem Ende seiner Beschäftigungsbeilligung in der Firma seines Bruders eine konkrete Arbeitsleistung erbracht hat und wurde der BF auch nicht bei der Ausübung einer solchen betreten.

Mit Strafurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX 02.2018, XXXX , wurde der BF wegen gefährlicher Drohung gem. § 107 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt nachgesehen auf die Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Der BF wurde, für schuldig befunden einen in Kosovo geborenen österreichischen Staatsbürger durch die Äußerung, wenn ich dich das nächste Mal sehe bist du tot, gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht zu haben, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen. Es wurden weder mildernde noch erschwerende Strafbemessungsgründe dem Strafausmaß zugrunde gelegt.

Am XXXX 09.2018 wurde über den BF mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien wegen einer Verwaltungsübertretung gem. § 99 Abs. 1a StVO eine Geldstrafe von EUR 1.200 zzgl. Verfahrenskosten von EUR 120 verhängt. Das Straferkenntnis gründete im Umstand, dass der BF ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte wobei der Test am geeichten Alkomaten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,67 mg/l zum Betretungszeitpunkt betrug. Bei der Strafbemessung wurden seitens der Behörde keine mildernden oder erschwerenden Gründe gewertet.

Der BF besuchte in seinem Herkunftsstaat die Volksschule, das Gymnasium und studierte an der Universität Recht und absolvierte eine zusätzliche Ausbildung als Fassader. Während des Studiums arbeitete der BF im Zeitraum 2010 bis 2012 gelegentlich in einem Gastronomiebetrieb. In diesem Zeitraum lebte der BF im Haus seiner Eltern. Die Familie verfügte über ein geringes, aber ausreichendes Einkommen.

Festgestellt wird, dass die Eltern des BF, zwei Onkeln und eine Großmutter in seinem Herkunftsstaat leben. Sein Vater ist dort beruflich als LKW-Chauffeur tätig, seine Mutter Hausfrau. Zu seinen Verwandten in Kosovo besteht ein intensiver telefonischer Kontakt. Über lange Zeit, sohin bis zum Ablauf der Gültigkeit seines Aufenthaltstitels „Student“, reiste der BF jeden Monat nach Kosovo. Es fanden auch Besuche seiner Eltern in Österreich statt.

Ein Bruder des BF, der über eine Firma in Österreich verfügt und bei dem der BF im Zeitraum XXXX 04.2015 bis XXXX 05.2019 behördlich gemeldet war, lebt in Wien. Der BF verfügt über eine aufrechte Einstellungszusage in der Firma seines Bruders.

Der BF ehelichte am XXXX 06.2019 die österreichische Staatsbürgerin XXXX , geboren am XXXX 12.1995, die ebenfalls kosovarischer Abstammung ist. Seit XXXX 05.2019 wohnt der BF mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt. Die Heirat erfolgte im Bewusstsein und in Kenntnis, dass gegen den BF ein Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot beabsichtigt ist bzw. Erlassen wurde. Die daraus resultierenden Konsequenzen waren dem BF und seiner nunmehrigen Ehefrau bekannt und nahmen diese die Konsequenzen bewusst in Kauf.

Am XXXX 02.2021 wurde eine aus der gemeinsamen Ehe stammende Tochter, die ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, geboren. Die Obsorge für das Kind kommt dem BF gemeinsam mit der Kindesmutter zu.

Die Ehefrau war im Zeitraum XXXX 06.2014 bis XXXX 04.2017 als Angestellte geringfügig beschäftigt. Vom XXXX 10.2015 bis XXXX 04.2017 bezog diese Artbeitslosen- und Krankengeld. Vom XXXX 05.2017 bis XXXX 07.2018 war sie wiederum als Angestellte bei der Sozialversicherung gemeldet, daran anschließend vom XXXX 07.2018 bis XXXX 05.2019 bezog diese Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandshilfe. Seit XXXX 05.2019 ist sie als Angestellte in der Firma des Bruders des BF zur Sozialversicherung gemeldet.

Seit XXXX 11.2020 bezog die Ehefrau des BF Wochengeld, seit Februar 2021 Familienbeihilfe.

Es steht fest, dass der BF keine gesundheitlichen Beschwerden hat, an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leidet und arbeitsfähig ist.

Der BF ist in keinem Verein aktiv. Sein Freundeskreis ist überwiegend albanisch stämmiger Herkunft.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens, in dessen Rahmen Beweis erhoben wurde durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde sowie die vom BF ergänzend in Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigungen und Urkunden. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Informationssystem Zentrales Fremdenregister und dem Grundversorgungssystem zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Identität des BF und der Besitz eines kosovarischen Reisepasses ergeben sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen.

Dass der BF in den Jahren 2012 bis 2014 temporär in Österreich aufhältig war ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus dessen Angaben in der Verhandlung vor dem BVwG.

Die Angaben zu den vom BF gestellten Anträgen auf diverse Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und deren Bewilligung bzw. Abweisung gründen in der vom Gericht eingeholten Abfrage aus dem Informationssystem Zentrales Fremdenregister sowie dem Verfahrensakt.

Dass der BF eine Aufenthaltsehe mit einer slowakischen Staatsbürgerin eingegangen ist, hierfür strafrechtlich verurteilt wurde und die Scheinehe folglich für nichtig erklärt wurde ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie dem im Verfahrensakt einliegenden Urteil des erkennenden Bezirksgerichtes (AS XXXX ).

Die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme am XXXX 01.2017, die Verständigung der NAG-Behörde vom erhobenen Sachverhalt vom selben Tag (AS 61) und die Verlängerung des Aufenthaltstitels „Student“ für den Zeitraum XXXX 01.2017 bis XXXX 01.2018 ergibt sich aus der im Akt der belangten Behörde dokumentierten Einräumung von Parteiengehör (AS XXXX ) und der vom BF vorgelegten Unterlage (AS XXXX ), die mit den diesbezüglichen im Informationssystem Zentrales Fremdenregister enthalten Daten korreliert.

Die Feststellungen zur Nichtablegung von Prüfungen an der Universität gründen auf den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, jene zur Ablegung einer Sprachprüfung auf Niveau A 1 auf der vom BF am XXXX 10.2020 vorgelegten Bescheinigung (OZ XXXX ).

Die Nichtablegung von Prüfungen – außer der Sprachprüfung für das Qualifikationsnieveau A 1 – an der Universität während der gesamten Dauer, in der der BF über einen Aufenthaltstitel „Student“ verfügte, führt in Zusammenschau mit der bereits im Jahr 2014 versuchten Erlangung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Plus, respektive die Eingehung einer Scheinehe zum Zwecke des Erwerbs eines gemeinschaftlichen Aufenthaltsrechts zum Schluss, dass der BF von vornherein keine ernsthaften Absichten hatte, hier in Österreich tatsächlich ein Studium zu betreiben. Auch die vom BF in der Verhandlung angeführten monatlichen Reisen nach Kosovo zu Besuchszwecken während der Gültigkeit dieses Aufenthaltstitels stehen einem ernsthaften Versuch ein Auslandsstudium erfolgreich zu betreiben entgegen, zumal neben dem Erwerb einer fremden Sprache auf einem Niveau, das ein universitäres Studium ermöglicht, auch dieses selbst erfahrungsgemäß entsprechende zeitliche Ressourcen bindet. Vor diesem Hintergrund ist die Absicht des BF, die dessen Aufenthaltstitel „Student“ zugrunde lag, für den erkennenden Richter nicht glaubhaft.

Dass die belangte Behörde am XXXX 02.2017 von der Verhängung der U-Haft über den BF Kenntnis erlangte und die Weitergabe dieser Information an die NAG-Behörde ergibt sich aus dem Verfahrensakt (AS XXXX und AS XXXX ). Die Einbringung eines Zweckänderungsantrages des BF hinsichtlich eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Plus vom XXXX 06.2017 und das diesbezüglich noch offene Verfahren ergibt sich aus dem Informationssystem Zentrales Fremdenregister, das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung für den festgestellten Zeitraum aus dem im Akt einliegenden Schriftverkehr zwischen dem AMS, Service Ausländerbeschäftigung, und der belangten Behörde (AS XXXX ). Der Zeitraum der Anmeldung beim Sozialversicherungsträger als Arbeiter bei der Firma seines Bruders (AS XXXX ) aus dem vom BF in der Verhandlung vorgelegten Bescheinigung über dessen Versicherungsdaten (/II.).

Dass der BF nach Enden der entsprechenden Bewilligung weder bei einer Beschäftigung betreten wurde noch eine konkrete Arbeitsleistung feststellbar war, ergibt sich aus dem Mangel eines diesbezüglichen Nachweises im Verfahrensakt.

Die Verurteilung wegen gefährlicher Drohung und die dieser zugrundeliegenden Gründe ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Strafurteil des erkennenden Gerichts (AS XXXX ), die Verhängung einer Geldstrafe durch eine Landespolizeidirektion und der Grund auf dem diese fußt aus dem Straferkenntnis (AS XXXX ).

Die Feststellungen zu seinem Ausbildungswerdegang, sein wirtschaftliches und finanzielles Umfeld im Herkunftsstaat sowie die verwandtschaftlichen Beziehungen und deren Aufenthalt beruhen auf den Angaben des BF in der Verhandlung. Das Vorliegen einer Einstellungszusage in der Fa. seines Bruders ergibt sich aus dem vom BF vorgelegten Arbeitsvorvertrag (OZ XXXX und OZ XXXX ) und der

Die Feststellungen zu seiner Eheschließung, der Geburt des aus der Ehe stammenden Kindes und die beruflichen Tätigkeiten seiner Ehefrau beruhen auf den vom BF und seiner Frau vorgelegten Bescheinigungen, dessen Angaben in der Beschwerde, in der Verhandlung (OZ XXXX u. XXXX ), sowie der vorgelegten Geburtsurkunde (OZ XXXX ). Dass die Eheschließung und die Familiengründung im vollen Bewusstsein des unsicheren Aufenthaltsstatus des BF und der gegen ihn beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot bzw. nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte, ergibt sich aus dem Verfahrensgang und den diesbezüglichen Angaben des BF in der Verhandlung.

Dass derart gravierende Konsequenzen zwischen zwei erwachsenen Menschen, die die Gründung einer Familie beabsichtigen, nicht besprochen und in die gemeinsame Zukunftsplanung miteinbezogen werden, wäre zudem lebensfremd.

Die Feststellung, wonach der BF in keinem Verein aktiv ist und sich sein Freundeskreis überwiegend auf in Österreich lebende Personen albanischer Herkunft beschränkt, ergibt sich aus seinen Angaben in der Verhandlung vor dem BVwG, ebenso dass der BF in seinem Herkunftsstaat nicht verfolgt und keine gesundheitlichen Beschwerden hat und gesund ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zur Aufhebung des Bescheides:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 4 Zif 4 FPG iVm. § 9 BFA-VG gestützt.

Gemäß § 52 Abs. 4 Zif 4 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht.

Demnach liegt ein solcher Versagungsgrund vor, wenn ein solcher gemäß § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden hätte oder wenn – was im Verlängerungsverfahren maßgeblich ist (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/21/0227) – der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels entgegensteht (§ 52 Abs. 4 Zif 4 FPG).

Die Rechtsprechung zu § 61 Zif 2 iVm. § 54 Abs. 1 FPG 2005 (Vgl. VwGH 4.6.2009, 2009/18/0097) ist auf die nunmehr geltende Rechtslage zu übertragen.

Demnach ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen einen aufgrund eines gültigen Aufenthaltstitels rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen gemäß § 52 Abs. 4 Zif 1 FPG 2005 – und damit auch die Erlassung eines mit der Rückkehrentscheidung zu verbindenden Einreiseverbotes nach § 53 FPG 2005 – aufgrund eines Sachverhaltes, der die Versagung des dem Drittstaatsangehörigen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gerechtfertigt hätte, nur zulässig, wenn dieser Sachverhalt erst nach Erteilung des Titels eingetreten oder zwar zuvor eingetreten, der Niederlassungsbehörde aber erst nachträglich bekannt geworden ist.

Wird – wie im vorliegenden Sachverhalt gegeben – dem BF nach seiner strafgerichtlichen Verurteilung durch das zuständige Bezirksgericht vom XXXX 04.2016 wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe – der Aufenthaltstitel „Student“ verlängert (Gültigkeit XXXX 01.2017 bis XXXX 01.2018), so sind Feststellungen erforderlich, ob die Niederlassungsbehörde – etwa durch einen Strafregisterauszug oder durch eine anderweitige Mitteilung über den Versagungsgrund der Aufenthaltsehe nach § 11 Abs. 1 Zif 4 NAG informiert war.

Dies deshalb, weil die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes davon abhängt, ob die Erteilung des Aufenthaltstitels in Form der Stattgabe des letzten Verlängerungsantrages in Kenntnis des zur Begründung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme herangezogenen Sachverhalts erfolgt war.

Die belangte Behörde hat, nach mehrfacher Urgenz seitens der NAG-Behörde, diese am XXXX 01.2017 per E-Mail vom Ergebnis der Beweisaufnahme und somit von der Verurteilung wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe in Kenntnis gesetzt. Wie aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Melderegister ersichtlich ist, erfolgte die letzte Bearbeitung hinsichtlich der Verlängerung des ggstl. Aufenthaltstitels am XXXX 02.2017, und sohin 25 Tage nach Kenntniserlangung des Erteilungshindernisses gem. § 11 Abs. 1 Zif. 4 FPG. Es ist sohin davon auszugehen, dass die Verlängerung des Aufenthaltstitels „Student“ seitens der NAG-Behörde mit maßgeblicher Sicherheit im Wissen um den Umstand des Vorliegens einer Aufenthaltsehe erfolgte respektive diese sich ein solches Wissen zurechnen lassen muss.

Insoweit sich die belangte Behörde hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 Zif 4 FPG auf das Vorliegen des Erteilungshindernisses einer Aufenthaltsehe (§ 11 Abs. 1 Zif 4 NAG) stützt, liegt sohin ein Sachverhalt vor, der diese Maßnahme im Ergebnis nicht trägt. Unbeschadet des Umstandes, dass der BF eine rechtskräftige Verurteilung wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe aufweist, ist dieser Umstand im vorliegenden Fall nicht geeignet eine Rückkehrentscheidung zu begründen.

Wenngleich der Begründung des angefochtenen Bescheides – soweit diese sich auf das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 NAG stützt – der Erfolg verwehrt bleibt, so liegen jedoch die Voraussetzungen des Abs. 2 Zif 1 leg.cit insofern vor, als der Erteilung eines neuen Aufenthaltstitels öffentlichen Interessen nicht widerstreiten darf und die Rückkehrentscheidung sich sohin zu Recht auf § 52 Abs. 4 FPG stützt.

Gemäß § 11 Abs. 4 Zif 1 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem in Abs. 2 Zif 1 leg.cit. genannten öffentlichen Interesse, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Für das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß § 11 Abs. 2 Zif 1 iVm. § 11 Abs. 4 NAG ist es nicht erforderlich, dass eine Anzeige oder gar eine Verurteilung des Fehlverhaltens vorliegt. Es ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH vielmehr auf die Art und Schwere des Fehlverhaltens abzustellen und eine das Geamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorzunehmen (VwGH 2006/21/0218). Im Falle von strafgerichtlichen Verurteilungen hat die Behörde – gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten – eine Gefährdungsprognose zu treffen. Unbestritten ist auch, dass an der Einhaltung der Bestimmungen über eine geordnete Zuwanderung ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

Im vorliegenden Fall wurde der BF am XXXX 02.2018 vom zuständigen Landesgericht für Strafsachen gemäß § 107 StGB wegen gefährlicher Drohung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit in der Dauer von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Strafdelikt wurde im Vorfeld über den BF die U-Haft verhängt. Eine diesbezügliche Mitteilung an die NAG-Behörde erfolgte seitens der belangten Behörde am XXXX 02.2017.

Wenige Monate später wurde über den BF mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien wegen einer Verwaltungsübertretung gem. § 99 Abs. 1a StVO eine Geldstrafe von EUR 1.200 zzgl. Verfahrenskosten von EUR 120 verhängt.

Auch wenn der durch die angeführte strafgerichtliche Verurteilung maßgebliche Tatbestand die Qualifikation des § 53 Abs. 3 Zif 1 FPG (gerade) nicht erfüllt, so ist dieser grundsätzlich geeignet einer der in Abs. 2 Zif 1 bis 9. leg.cit umschriebenen Tatbestände gleichgesetzt zu werden, zumal es sich hierbei lediglich um eine demonstrative Aufzählung handelt.

Die Verhängung der erwähnten Geldstrafe erfüllt sogleich den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Zif 1 als auch der Zif 2 FPG.

Dies indiziert, dass der Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet und stellt sohin einen Sachverhalt dar, der gemäß § 11 Abs. 2 Zif 1 NAG ein Erteilungshindernis für einen Aufenthaltstitel darstellt. Die belangte Behörde hat sich sohin im Ergebnis zu Recht bei der Erlassung ihrer Rückkehrentscheidung auf die Bestimmung des § 52 Abs. 4 FPG gestützt.

In Ermangelung einer Betretung bei einer illegalen Beschäftigung respektive des feststellbaren Nachweises einer konkreten Arbeitsleistung kann – wie der Verwaltungsgerichtsthof ausführt – unbeschadet einer bestehenden Anmeldung zur Sozialversicherung noch nicht auf die Verwirklichung des Tatbestandes der Schwarzarbeit geschlossen werden, weshalb der in § 53 Abs. 2 Zif 7 FPG umschriebene Tatbestand zu Unrecht für die rechtliche Beurteilung des Verfahrens herangezogen wurde.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren.

Es entspricht aber auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 06.09.2017, Ra 2017/20/0209). Dies umso mehr, als dem BF im vorliegenden Fall sein unsicherer Aufenthaltsstaus bewusst war. Auch wenn die während dieses unsicheren Status erworbenen Integrationsschritte nicht gänzlich außer Acht zu lassen sind, so sind diese doch für sich allein nicht geeignet, diese Bewertung maßgeblich zu beeinflussen.

Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Daher muss bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Im vorliegenden Fall würde sich zudem jedenfalls eine zeitweilige Trennung des BF und seiner Ehegattin ergeben. Eine Trennung von einem österreichischen oder in Österreich dauerhaft niedergelassenen Ehepartner alleine wegen eines unrechtmäßigen Aufenthaltes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verhältnismäßig.

Eine solche Trennung ist im Ergebnis nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den „Familiennachzug“ (VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0199).

Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung ist jedoch zu berücksichtigen, dass der BF, der über Kenntnisse der deutschen Sprache auf A 1 Niveau verfügt, ein erhebliches Interesse an einem Verbleib in Österreich hat.

Dies gründet vor allem im bestehenden Familienleben zu seiner im Bundesgebiet lebenden Ehefrau und der am XXXX 02.2021 geborenen gemeinsamen Tochter, die beide die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und im selben Haushalt wohnen wie der BF. Die Obsorge für die Tochter obliegt dem BF und seiner Ehefrau gemeinsam.

Eine Rückkehrentscheidung und die Erlassung eines befristeten Einreiseverbotes würde sohin unzweifelhaft einen Eingriff in das Familienleben darstellen.

Zudem leben vier Onkel und der Bruder des BF hier in Österreich, bei dem der BF über einen maßgeblichen Zeitraum, zuletzt vom XXXX 04.2015 bis XXXX 05.2019, gewohnt hat und in dessen Firma er auch vom XXXX 03.2016 bis XXXX 06.2019 zur Sozialversicherung angemeldet war. Es ist daher davon auszugehen, dass zwischen den beiden Brüdern ein intensives Geschwistern Verhältnis besteht.

Auch die Aufenthaltsdauer von nunmehr fünf Jahren indiziert, dass der BF hier soziale Kontakte geknüpft hat und über einen entsprechenden Freundeskreis verfügt.

Der BF verfügt über einen Arbeitsvorvertrag in der Firma seines Bruders, wo auch seine Ehefrau seit XXXX 05.2019 als Angestellte beschäftigt ist. Die Rückkehrentscheidung greift sohin zweifelsohne auch in das Privatleben des Beschwerdeführers ein.

Dem Interesse des BF an einer Fortsetzung dieses Privat- und Familienlebens steht das öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber.

Unbeschadet des Umstandes, dass das Gewicht des Familienlebens des Beschwerdeführers gemäß § 9 Abs. 2 Zif 8 BFA-VG durch dessen Entstehung in einem Zeitpunkt, zu dem dem BF und seiner Ehefrau der unsichere Aufenthaltsstatus des BF bekannt war eine starke Relativierung hinnehmen muss, so wird diese durch die Geburt des gemeinsamen Kindes und die – durch einen entsprechenden Arbeitsvorvertrag nachgewiesene – Voraussetzung für eine wirtschaftliche Integration überlagert.

Vor diesem Hintergrund ist auch sowohl den, teils rechtswidrigen - jedoch bereits sanktionierten (Aufenthaltsehe) - Versuchen des BF einen Aufenthaltstitel zu bekommen, als auch der strafgerichtlichen Verurteilung zu einer lediglich bedingten 5 monatigen Freiheitsstrafe sowie einer Verwaltungsübertretung im Jahre 2018 gerade noch nicht jene Bedeutung zuzumessen, die erforderlich wäre um bei der gebotenen Abwägung dem bestehende Familienleben eine geringere Gewichtung zukommen zu lassen als dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fredenrechtlcher Vorschriften.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist somit im Ergebnis zu Recht davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich überwiegt und daher die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK bedingen würde.

Wird eine Rückkehrentscheidung gegenstandslos, so erfasst dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich auch die damit im Zusammenhang stehenden Aussprüche.

Das gilt auch für das an die Rückkehrentscheidung anknüpfende Einreiseverbot, zumal es nach der insoweit umgesetzten Richtlinie 2008/115/EG keine von der Rückkehrentscheidung losgelösten Einreiseverbote gibt (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, mwN; diese Entscheidung betraf den Spezialfall der Gegenstandslosigkeit einer Rückkehrentscheidung aufgrund der nachträglichen Erlangung eines rechtmäßigen Aufenthalts, ist aber nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf einen Fall wie den vorliegenden zu übertragen, in dem eine Rückkehrentscheidung zu Unrecht erging und aufzuheben ist).

Dem folgend war auch Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot) zu beheben.

Da sich der angefochtene Bescheid insgesamt als rechtswidrig erwiesen hat, war der Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 iVm, § 27 VwGVG zur Gänze zu beheben.

3.1.    Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung gefährliche Drohung Interessenabwägung Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung behoben strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W280.2220358.1.00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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