TE Lvwg Erkenntnis 2021/5/4 LVwG-AV-701/001-2021

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Veröffentlicht am 04.05.2021
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Entscheidungsdatum

04.05.2021

Norm

BAO §252
SeuchenvorsorgeabgG NÖ 2005 §3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr im Beschwerdeverfahren A aufgrund des Vorlageantrages vom 11. April 2021 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Verbandsobmanns des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 9. März 2021, EDV-Nummer ***, über die Beschwerde vom 25. Februar 2021 gegen den Abgabenbescheid des Verbandsobmanns vom 21. Dezember 2020, mit dem für das Objekt ***, ***, die jährliche Seuchenvorsorgeabgabe ab 1. Jänner 2021 in der Höhe von € 15,- festgesetzt wurde, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung - BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Sachverhalt und bisheriges Verfahren:

Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) ist alleiniger Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes mit der Adresse ***, *** (Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***). Auf dem Grundstück, welches innerhalb des Pflichtbereiches der Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** liegt, befindet sich ein unbewohntes Wohngebäude.

Mit Zuteilungsbescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 7. Mai 2019, EDV-Nummer ***, wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, den auf diesem Grundstück anfallenden Abfall in den zugeteilten Müllbehältern abführen zu lassen. Ab dem 1. August 2019 wurden eine Restmülltonne mit einem Volumen von 120 Litern bei 13 jährlichen Abfuhren sowie eine Altpapiertonne mit einem Volumen von 240 Litern bei 8 jährlichen Abfuhren zugeteilt.

In weiterer Folge erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Zuteilungsbescheid Berufung und gegen den die Zuteilung bestätigenden Berufungsbescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2019, GZ. LVwG-AV-1119/001-2019, wurde diese Beschwerde vom 5. September 2019, betreffend die Zuteilung von Müllbehältern für das verfahrensgegenständliche Objekt als unbegründet abgewiesen.

Mit Abgabenbescheid des Verbandsobmanns des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 21. Dezember 2020 wurde dem Beschwerdeführer die jährliche Seuchenvorsorgeabgabe ab 1. Jänner 2021 in der Höhe von € 15,- vorgeschrieben. Begründend wurde dargelegt, dass sich die Berechnungsgrundlage aus einem angefangenen jährlichen Behältervolumen von 3500 Litern sowie dem Hebesatz von € 15,- ergebe.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2021 erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde. Das gegenständliche Einfamilienhaus sei „seit etwa 18 Jahren gänzlich unbewohnt, total vom Hausrat enträumt und auch kein Clo mehr montiert.

Die Seuchenabgabe habe mit der Entsorgung von Müll keinen ursächlichen Zusammenhang, daher sei die Abgabe abzulehnen und der angefochtene Abgabenbescheid außer Kraft zu setzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. März 2021, EDV-Nummer ***, wurde diese Beschwerde vom Verbandsobmann des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem angefochtenen Bescheid ein gültiger Zuteilungsbescheid zugrunde liege, für das für ein Grundstück zugeteilte jährliche Restmüllbehältervolumen sei eine Seuchenvorsorgeabgabe zu entrichten, die Höhe der Abgabe sei im Seuchenvorsorgeabgabegesetz festgelegt.

Dagegen richtet sich der (als Beschwerde bezeichnete) Vorlageantrag vom 11. April 2021, in welchem im Wesentlichen das Beschwerdevorbringen wiederholt wird.

Mit Schreiben vom 20. April 2021 legte der Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die dem Verwaltungsgericht vorliegenden Unterlagen der Abgabenbehörde.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 252. (1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

(2) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.2. NÖ Seuchenvorsorgeabgabegesetz:

§ 3 Seuchenvorsorgeabgabe

Für das für ein Grundstück im Pflichtbereich (§ 3 NÖ AWG 1992) zugeteilte oder für ein Grundstück auf Grund eines Ansuchens vereinbarte jährliche Restmüllbehältervolumen ist eine Seuchenvorsorgeabgabe zu entrichten.

§ 4 Berechnung

(1) Die Höhe der jährlichen Seuchenvorsorgeabgabe ergibt sich aus dem Produkt des für ein Grundstück zugeteilten oder vereinbarten jährlichen Restmüllbehältervolumens (Mülltonnen oder Müllsäcke) mit dem Hebesatz.

(2) Der Hebesatz beträgt für

1. ein angefangenes jährliches Behältervolumen von 3.500 Liter € 15,00

2. jede weiteren angefangenen 1.000 Liter € 4,40

(3) Der in Abs. 2 festgesetzte Hebesatz ändert sich, beginnend mit 1. Jänner 2020, jährlich in dem Maß, das sich aus der Veränderung der Verbraucherpreise (Verbraucherpreisindex) gegenüber der für Jänner 2020 verlautbarten Indexzahl ergibt. Eine Änderung der Verbraucherpreise bis 12 % ist nicht zu berücksichtigen ist. Ändert sich der Hebesatz, so ist er im Landesgesetzblatt kundzumachen.

(4) Die zur Vollziehung des NÖ AWG 1992 zuständigen Behörden haben den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden unverzüglich alle rechtskräftigen Entscheidungen über die Zuteilung von Müllbehältern für Restmüll bzw. alle Verträge über ein vereinbartes Restmüllbehältervolumen unaufgefordert zu übermitteln. Auf Verlangen haben sie weitere erforderliche Auskünfte zu erteilen. Sie haben alle Sachverhalte unverzüglich mitzuteilen, die zu einer Neuberechnung der Abgabe führen können.

§ 5 Abgabepflichtiger

Zur Entrichtung der Seuchenvorsorgeabgabe ist der Eigentümer des Grundstückes (§ 3) verpflichtet.

§ 13

(6) Bescheide gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 42/2020 dürfen mit der Maßgabe ihrer frühesten Wirksamkeit mit 1. Jänner 2021 bereits nach der Kundmachung des Gesetzes erlassen werden.

Mit dem Landesgesetz LGBl. Nr. 42/2020 wurde das NÖ Seuchenvorsorgeabgabegesetz mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2021 geändert, der Betrag des Hebesatzes im § 4 Abs. 2 Z 1 wurde von bisher „13,50“ geändert auf „15,00“.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Gemäß § 3 NÖ Seuchenvorsorgeabgabegesetz ist für das für ein Grundstück im Pflichtbereich zugeteilte jährliche Restmüllbehältervolumen eine Seuchenvorsorgeabgabe zu entrichten.

Für das verfahrensgegenständliche Grundstück wurde mit Zuteilungsbescheid vom 7. Mai 2019 ein jährliches Restmüllbehältervolumen von 1.560 Liter zugeteilt.

Dieser Bescheid ist, jedenfalls nach dem abweisenden Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 25. Oktober 2019,
GZ. LVwG-AV-1119/001-2019, auch in Rechtskraft erwachsen.

Bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Zuteilungsbescheid im Sinne des § 252 BAO. Die Beschwerdevorentscheidung sowie der Abgabenbescheid des Verbandsobmannes sind auf der Grundlage dieses Zuteilungsbescheides vom 7. Mai 2019 im Abgabenverfahren betreffend Seuchenvorsorgeabgabe ergangen.

An diese Zuteilung ebenso wie an das NÖ Seuchenvorsorgeabgabegesetz ist die Abgabenbehörde im Abgabenverfahren ebenso wie das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren gebunden.

Der Beschwerdeführer hat im bisherigen Verfahren insbesondere geltend gemacht, dass die Vorschreibung einer Seuchenvorsorgeabgabe seiner Ansicht nach unsachlich sei („Seuchen werden durch Menschen übertragen. In diesem gegenständlichen Fall sind seit Jahren keine Menschen mehr vorort.“)

Im Abgabenverfahren kann gemäß § 252 BAO nicht geltend gemacht werden, dass die im Zuteilungsbescheid getroffene Entscheidung rechtswidrig sei.

Derartige Einwände sind gegen den Verpflichtungsbescheid, der als Grundlagenbescheid wirkt, vorzubringen (vgl. dazu VwGH 89/14/0062, 94/16/0248).

Die Regelung des § 252 BAO führt nicht dazu, dass ein gegen diese Gesetzesstelle verstoßendes Rechtsmittel unzulässig wäre. Der Verstoß hat lediglich zur Folge, dass das Rechtsmittel gegen einen abgeleiteten Bescheid, das lediglich die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen bekämpft, im Rahmen einer Sachentscheidung als unbegründet abzuweisen ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2588). Eine Anfechtung eines Abgabenbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Gesetzmäßigkeit eines dem Abgabenbescheid zu Grunde liegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen (VwGH, 2427/49, Slg 528/F; u.a.). Die Anfechtung eines Abgabenbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Abgabenbescheid zugrundeliegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen (vgl. Ritz, BAO Kommentar5 Rz 3 zu § 252; VwGH 2000/15/0001, u.a.).

Der Verpflichtungsbescheid vom 7. Mai 2019, mit welchem für das gegenständliche Objekt ein jährliches Restmüllbehältervolumen von 1.560 Liter zugeteilt wurde, entfaltet daher für das Abgabenverfahren hinsichtlich des gemäß § 3 NÖ Seuchenvorsorgeabgabegesetz für die Abgabenberechnung zugrunde zu legenden jährlichen Restmüllbehältervolumens gemäß § 252 BAO Bindungswirkung. Dementsprechend erweist sich die Abgabenvorschreibung dem Grunde nach als rechtmäßig.

Der Abgabenberechnung ist zudem der im § 4 Abs. 2 Z 1 NÖ Seuchenvorsorge-abgabegesetz festgelegte Hebesatz von € 15,- für ein angefangenes jährliches Restmüllbehältervolumen von 3.500 Liter zugrunde zu legen.

Soweit das Vorbringen in Beschwerde bzw. Vorlageantrag dahingehend zu verstehen ist, dass die Erhebung eine Seuchenvorsorgeabgabe unsachlich sei, werden damit verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, die jedoch vom Landesverwaltungsgericht nicht geteilt werden.

Im Übrigen ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes bzw. der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten. Die Abgabenbehörde wie auch das Landesverwaltungsgericht sind zufolge des verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzips an die bestehenden Gesetze und Verordnungen gebunden.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2. Zu Spruchpunkt 2:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Seuchenvorsorgeabgabe; Zuteilungsbescheid; Restmülltonne; Rechtskraft; Bindungswirkung; Abgabenvorschreibung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.701.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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