TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/10 89/14/0062

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Veröffentlicht am 10.12.1992
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BAO §22;
BAO §252 Abs1;
BAO §303 Abs4;
KStG 1966 §22 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Z-GmbH in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in N, gegen die FLD für Kärnten, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung vom 27. Oktober 1987 gegen folgende Bescheide des Finanzamtes St. Veit/Glan: Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1984 bis 1986, Vermögensteuer ab 1. Jänner 1985 und 1. Jänner 1986, alle Bescheide zuzüglich Wiederaufnahme des Verfahrens, sowie Vermögensteuer ab 1. Jänner 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der Berufung gegen die Bescheide, mit denen die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1984 bis 1986 sowie Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1985 und 1986 verfügt wurde, sowie gegen die betreffenden neu erlassenen Sachbescheide wird stattgegeben; die genannten Bescheide werden aufgehoben.

2. Der Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1984 wird teilweise stattgegeben. Das von der Abgabenbehörde erster Instanz in Streit gezogene Leasinggeschäft sowie die von der Beschwerdeführerin in Anspruch genommene Ausschüttungsbegünstigung des § 22 Abs. 2 KStG 1966 wird dem Grunde nach, ohne die im erstinstanzlichen Bescheid vorgenommene Einschränkung, anerkannt.

3. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, den versäumten Bescheid insoweit unter Zugrundelegung der in diesem Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung binnen 8 Wochen zu erlassen, als er die Entscheidung über die Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1984 betrifft.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 5.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine von vier Konzerngesellschaften eines Familienkonzerns. Bei sämtlichen Konzerngesellschaften fanden Betriebsprüfungen statt. Die bei den einzelnen Gesellschaften getroffenen Prüfungsfeststellungen sind zum Teil sowohl sachverhaltsmäßig als auch rechtlich vergleichbar. Alle vier Gesellschaften haben gegen die den Feststellungen des Prüfers folgenden Abgaben- und Feststellungsbescheide Berufung erhoben, über die der Gerichtshof infolge Säumigbleibens der belangten Behörde zu entscheiden hat. Über eine dieser Berufungen hat der Gerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, 89/14/0064, entschieden. Soweit die dort getroffenen Feststellungen auch im vorliegenden Beschwerdefall Gültigkeit haben, wird auf dieses Erkenntnis verwiesen. Im übrigen hat der Gerichtshof über die Berufung erwogen:

1. WIEDERAUFNAHME DES VERFAHRENS:

Die Beschwerdeführerin bekämpft die Wiederaufnahme sämtlicher Verfahren mit dem Argument, daß die Feststellungen des Betriebsprüfers ausschließlich auf einer anderen rechtlichen Beurteilung von Tatsachen beruhten, die dem Finanzamt bereits bekannt gewesen seien.

Die Abgabenbehörde erster Instanz hat als Wiederaufnahmsgründe aufgegriffen:

a)

Die näheren Vorgänge betreffend das Leasinggeschäft;

b)

die Behandlung der Gesellschaftsteuer als Betriebsausgabe;

              c)              die näheren Umstände betreffend die Inanspruchnahme der Ausschüttungsbegünstigung gemäß § 22 Abs 2 KStG 1966 (Gewährung von Gesellschafterzuschüssen).

Die unter lit.a und lit.c genannten neu hervorgekommenen Tatsachen sind deswegen keine Wiederaufnahmsgründe, weil ihre Kenntnis weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens im Spruch anders lautende Bescheide herbeigeführt hätte (§ 303 Abs. 4 BAO). Der Gerichtshof vertritt nämlich die Auffassung, daß das Leasinggeschäft steuerlich anzuerkennen ist und die Ausschüttungsbegünstigung zu Recht in Anspruch genommen wurde. Bezüglich der näheren Begründung wird auf die nachstehenden Ausführungen verwiesen. Aus der Nichtanerkennung der unter lit.a und lit.c genannten Wiederaufnahmsgründe folgt, daß die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1984 bis 1986 sowie Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1985 und 1986 und die diesbezügliche Erlassung neuer Sachbescheide zu Unrecht erfolgte; der Berufung war daher insoweit stattzugeben.

Der unter lit.b genannte Wiederaufnahmsgrund liegt hingegen vor. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, aus der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 1984 und der ihr angeschlossenen Bilanz sei die Behandlung der Gesellschaftsteuer als Betriebsausgabe erkennbar gewesen, trifft nicht zu. Der Betriebsprüfer hat festgestellt, daß die Beschwerdeführerin im Jahr 1984 von der P-GmbH einen Gesellschafterzuschuß in Höhe von S 10 Millionen erhalten habe und daß die darauf entfallende Gesellschaftsteuer in Höhe von S 200.000,-- zu Unrecht als Betriebsausgabe abgezogen worden sei.

In der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 1984 findet sich eine Zurechnung von Gesellschaftsteuer in Höhe von S 60.000,-- und in der Bilanz zum 31. März 1984 unter der Bezeichnung "Freie versteuerte Rücklage" ein Betrag von S 11,100.000,--.

Aus diesen Angaben war nicht erkennbar, daß die Beschwerdeführerin im Jahr 1984 einen Gesellschafterzuschuß von S 10 Millionen erhalten hatte, dafür S 200.000,-- an Gesellschaftsteuer entrichtete und diesen Betrag als Betriebsausgabe behandelte. Da diese Tatsache - wie in der Folge noch ausgeführt wird - geeignet war, einen im Spruch anders lautenden Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1984 herbeizuführen, erfolgte die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die eben genannten Abgaben zu Recht; die Berufung war daher insoweit abzuweisen.

Im übrigen wird zur Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens auf die Ausführungen unter Punkt 1 der Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom heutigen, 89/14/0064, verwiesen.

              2.              BEURTEILUNG EINES MASCHINENKAUFES ALS SCHEINGESCHÄFT (TZ 9 BIS 19 DES BETRIEBSPRÜFUNGSBERICHTES):

Sowohl der Anschaffungsvorgang als auch die Gründe, die der Betriebsprüfer gegen seine steuerliche Anerkennung vorgebracht hat, sind in allen wesentlichen Punkten vergleichbar mit dem im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 89/14/0064, unter Punkt 2 der Entscheidungsgründe behandelten Sachverhalt und dessen rechtlicher Beurteilung. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die dortigen Ausführungen, wonach der Anschaffungsvorgang mit allen abgabenrechtlichen Konsequenzen anzuerkennen ist, verwiesen. Daraus folgt, daß - wie bereits gesagt - die näheren Umstände dieses Anschaffungsvorganges keinen Wiederaufnahmsgrund darstellen und daß auch der Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für das Jahr 1984 insoweit stattzugeben war.

              3.              INANSPRUCHNAHME DES BEGÜNSTIGTEN STEUERSATZES GEMÄß § 22 ABS. 2 KSTG 1966 (TZ 21 DES BETRIEBSPRÜFUNGSBERICHTES):

Der Gerichtshof hat sich mit der Frage, ob die Ausschüttungsbegünstigung des § 22 Abs. 2 KStG 1966 auch in bezug auf solche Ausschüttungen in Anspruch genommen werden kann, die nicht aus selbst erwirtschafteten Gewinnen, sondern aus vorangegangenen Gesellschaftereinlagen stammen, im Erkenntnis vom heutigen Tag, 89/14/0064, befaßt und dies im Grundsätzlichen bejaht. Auf die dort getroffenen Aussagen wird verwiesen. Ergänzend ist unter dem Blickwinkel eines allfälligen Mißbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts gemäß § 22 BAO festzuhalten:

Der Betriebsprüfer hat festgestellt, daß die an der Beschwerdeführerin mit 50 % beteiligte P-GmbH

(= Familienholding) der Beschwerdeführerin am 31. Oktober 1983 einen Gesellschafterzuschuß in Höhe von S 10 Millionen gewährt habe. Der Zuschuß sei als freie Rücklage in die Bilanz eingestellt worden. Teilbeträge dieser Rücklage in Höhe von

S 1,4 Millionen (1984), S 2 Millionen (1985) und

S 2,5 Millionen (1986) seien wiederum gewinnerhöhend aufgelöst und an die Gesellschafter ausgeschüttet worden. Diese Ausschüttungen seien deswegen nicht geeignet, bei der Ausschüttungsbegünstigung des § 22 Abs. 2 KStG 1966 berücksichtigt zu werden, weil für die seinerzeitige Zuschußgewährung keine wirtschaftlichen Gründe vorgebracht worden seien. Auch habe die Beschwerdeführerin keinerlei Weisungen erhalten, was mit den Zuschüssen zu geschehen habe.

Das Vorbringen in Berufung, Stellungnahme der Betriebsprüfung und Gegenäußerung der Beschwerdeführerin entspricht im wesentlichen Punkt 3 bzw. Punkt 2 der Entscheidungsgründe der hg. Erkenntnisse vom heutigen Tag, 89/14/0064 und 89/14/0063; um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diese Ausführungen, wonach die von der Beschwerdeführerin in Anspruch genommene Ausschüttungsbegünstigung des § 22 Abs. 2 KStG 1966 in vollem Umfang anzuerkennen war, verwiesen. Der Berufung war daher auch in diesem Punkt stattzugeben.

              4.              NICHTABZUGSFÄHIGKEIT DER GESELLSCHAFTSTEUER (TZ 20 DES BETRIEBSPRÜFUNGSBERICHTES):

Bezüglich des Sachverhaltes wird auf Punkt 1 dieses Erkenntnisses verwiesen. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich in ihrer Argumentation, wonach die auf Gesellschafterzuschüsse entfallende Gesellschaftsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig sei, im wesentlichen auf Literaturhinweise (Lechner, ÖStZ 1984, Seite 246 ff, und Arnold, ÖStZ 1987, Seite 45).

Der Gerichtshof hat die steuerliche Abzugsfähigkeit von Gesellschaftsteuer, die auf Gesellschafterzuschüsse entfällt, bereits wiederholt verneint (vgl. die Erkenntnisse vom 3. Juni 1987, 86/13/0201 f, vom 25. Mai 1988, 87/13/0236, sowie vom 25. Mai 1988, 87/13/0244, und die dort zitierten weiteren Erkenntnisse). Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG genügt es, auf diese Rechtsprechung hinzuweisen. Die Berufung war daher in diesem Punkt abzuweisen.

              5.              ANFECHTUNG DER BESCHEIDE BETREFFEND VERMÖGENSTEUER AB

              1.              JÄNNER 1985, 1. JÄNNER 1986 UND 1. JÄNNER 1987:

Die Beschwerdeführerin bekämpft auch die genannten Vermögensteuerbescheide, ohne dies gesondert zu begründen. Es ist daher davon auszugehen, daß damit jene Auswirkungen auf die Vermögensbesteuerung bekämpft werden, die sich aus dem übrigen Berufungsvorbringen ergeben. Diese Auswirkungen finden ihren Niederschlag bereits in den jeweiligen Bescheiden über den Einheitswert des Betriebsvermögens (= Feststellungsbescheide), von denen die Vermögensteuerbescheide abgeleitet sind. Die Einheitswertbescheide hat die Beschwerdeführerin nicht bekämpft.

Gemäß § 252 Abs. 1 BAO können von einem Feststellungsbescheid abgeleitete Bescheide nicht mit der Begründung angefochten werden, daß die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Derartige Einwände sind vielmehr bereits mit Berufung gegen den Feststellungsbescheid, der als Grundlagenbescheid wirkt, vorzubringen. Die Berufung der Beschwerdeführerin war daher insoweit abzuweisen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Seite 622 ff und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989140062.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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