TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/31 W280 2223604-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.2021
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Entscheidungsdatum

31.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs6
FPG §55 Abs4

Spruch


W280 2223604-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX 1977, StA. Kosovo, vertreten durch dessen Erwachsenenvertreter Rechtsanwalt XXXX , dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .08.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX .03.2021 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

„Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 6 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz: BF), ein kosovarischer Staatsbürger, reiste im November 2013 gemeinsam mit seinem Vater und einem Bruder in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX .11.2013 einen Antrag auf Zuerkennung von internationalem Schutz.

2. Am XXXX .11.2013 stellte der BF unter dem Namen XXXX einen (weiteren) Antrag auf Zuerkennung von internationalem Schutz.

3. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .07.2014 zu XXXX wurde aufgrund der paranoiden Schizophrenie des BF RA XXXX zu dessen Sachwalter (nunmehr: Erwachsenenvertreter) bestellt.

4. Am XXXX .04.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bescheidmäßig ab. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG war gemäß § 9 Abs 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig. Gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG 2005 wurde eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass hinsichtlich des Bruders und des Vaters des BF eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und zwischen ihnen und dem BF ein besonderes Naheverhältnis bestehe. Am 21.05.2016 erwuchs dieser Bescheid in Rechtskraft.

5. Mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX .09.2016 zu XXXX wurde die Auslieferung des BF an die kosovarischen Behörden zur Strafverfolgung unter anderem aufgrund des Verbrechens des schweren Mordes gemäß kosovarischen Strafgesetzbuchs bewilligt.

6. Am XXXX .09.2017 stellte der BF ohne dessen Erwachsenenvertreter einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, ohne dabei neue Fluchtgründe vorzubringen. Auf Nachfragen des BFA vom XXXX .06.2018 und vom XXXX .07.2018 reagierte der Erwachsenenvertreter nicht.

7. Nachdem der BF für einen Zeitraum von zwölf Monaten über eine „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 verfügte, wurde kein Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gestellt. Seither bestand kein Aufenthaltstitel in Österreich.

8. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .10.2018 zu XXXX wurde die Unterbringung des BF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

9. Daraufhin leitete das BFA von Amts wegen ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot gemäß §§ 52, 53 FPG gegen den BF ein. In der Einvernahme des Erwachsenenvertreters des BF vom XXXX .10.2018 kündigte dieser an, einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, was entgegen seiner Ankündigung nicht erfolgte.

10. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).

11. Dagegen erhob der BF, vertreten durch seinen Erwachsenenvertreter, fristgerecht eine (erste) Beschwerde und begehrte nach Darlegung der Beschwerdegründe die ersatzlose Behebung des Bescheids, in eventu eine angemessene, zumindest sechsmonatige Frist zur freiwilligen Ausreise einzuräumen, in eventu der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, in eventu das Einreiseverbot auf höchstens drei Jahre herabzusetzen.

12. Am XXXX .09.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigen Verwaltungsakten ein. Mit der Beschwerdevorlage beantragte das BFA, die Beschwerde abzuweisen.

13. Am selben Tag langte beim BFA fristgerecht eine zweite Beschwerde ein, diesmal vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), welche sich ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte II., III., IV., V. und VI. richtete. Nach Darlegung der Beschwerdegründe wurde beantragt, die Spruchpunkte II., III. und IV. ersatzlos zu beheben, in eventu das Einreiseverbot ersatzlos zu beheben, in eventu das Einreiseverbot zu reduzieren, jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen, und angeregt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

14. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

15. Mit Ladung vom XXXX .02.2021 wurde dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt zum Kosovo und mit Schreiben vom XXXX .02.2021 die Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom XXXX .08.2015 und vom XXXX .01.2021 zur Stellungnahme.

16. In der am XXXX .03.2021 eingelangten Stellungnahme des Erwachsenenvertreters äußerte dieser sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme.

17. Am XXXX .03.2021 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Erwachsenenvertreter des BF und ein Vertreter des BFA sind zur Verhandlung nicht erschienen. In der Verhandlung hielt der Rechtsvertreter die Einschränkung der Beschwerde auf die Beschwerdepunkte II., III., IV., V. und VI. aufrecht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Zur Person des BF:

1. Der BF führt die im Spruch genannte Identität (Namen und Geburtsdatum). Er ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo, Angehöriger der Volksgruppe der Albaner und muslimisch. Seine Muttersprache ist Albanisch.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Im Herkunftsstaat besuchte er acht Jahre Grundschule und arbeitete in der Landwirtschaft der Familie.

2. Der BF ist derzeit nicht arbeitsfähig und leidet seit Jahren an einer paranoiden Schizophrenie (ICD-10: F20.0), weshalb er bereits im Kosovo in Behandlung und dort für ihn sein Bruder XXXX als Vertreter (vergleichbar mit dem Institut des Erwachsenenvertreters) bestellt war. In Österreich wurde für ihn mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .07.2014 zu XXXX ein Sachwalter (nunmehr: Erwachsenenvertreter) für die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, bestellt.

Auf Grund seiner Erkrankung muss er regelmäßig Medikamente einnehmen. Demgegenüber leidet der BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit.

3. Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .09.2016 zu XXXX wurde die Unterbringung des BF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB angeordnet, da hinreichende Gründe für die Befürchtung vorliegen, dass der BF sonst unter dem Einfluss seiner geistigen bzw. seelischen Abartigkeit höheren Grades eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen wird.

Der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB lag zugrunde, dass der BF am XXXX .05.2018 und am XXXX .07.2018 in XXXX unter Einfluss seiner paranoiden Schizophrenie dadurch, dass er am Gelände des örtlichen Bahnhofes jeweils einen im Eigentum der Firma Saubermacher GmbH stehenden, im unmittelbaren Nahbereich von weiteren Abfallbehältern samt dazugehöriger Einhausung, sowie von mehreren Gebäuden, Bäumen und abgestellten Fahrzeugen befindlichen Müllcontainer durch Anzünden von dessen Inhalt mit einem Feuerzeug in Brand setzte, sodass ein Einsatz besonderer Mittel zur Brandbekämpfung erforderndes Schadensfeuer entstand, an fremden Sachen ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, wobei die Tat jeweils beim Versuch geblieben ist, weil ein Übergreifen des Feuers auf die an den Container angrenzenden Objekte und demnach die räumliche Ausdehnung des Brandes durch das schnelle Einschreiten der Feuerwehr verhindert werden konnte, sohin Taten begangen hat, die jeweils mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind und die ihm, wäre er zurechnungsfähig gewesen, jeweils als Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach den §§ 25, 169 Abs. 1 StGB zuzurechnen gewesen wären.

4. Zuletzt wurde mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX .10.2019 zu XXXX die weitere Unterbringung verfügt. Im Zuge der jährlichen Überprüfung erstattete die Sachverständige XXXX am XXXX .02.2021 ein psychiatrisch/neurologisches Sachverständigengutachten, wonach sie keine bedingte Entlassung des BF empfehle. Darin hielt sie fest:

„Der psychisch schwer kranke Angehaltene verhält sich im straff strukturierten Setting des Maßnahmen Vollzugs im Rahmen seiner Möglichkeiten angepasst und compliant bezüglich der Medikamenteneinnahme. Im bisherigen Behandlungs- und Betreuungsverlauf waren keine behandlungsrelevante psychotische Symptomatik und kein fremd- oder selbstaggressives Verhalten beobachtbar, im Vordergrund stehen das krankheitsimmanente Selbstfürsorgedefizit, die eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit und die erhebliche Antriebs- und Motivationsschwäche.

Die schizophrene Grunderkrankung des Angehaltenen ist in ein chronifiziertes Residualstatium eingetreten, eine wesentliche besser ist pro futuro nicht mehr zu erwarten, der Angehaltene wird auf Dauer auf sich alleine gestellt nicht lebensfähig sein.

Bei Wegfall entsprechender intensiver Betreuungsmaßnahmen ist damit zu rechnen, dass der Angehaltene die erforderliche Medikation nicht mehr einnehmen, sein psychischer Zustand sich rasch wieder verschlechtern und die Gefährlichkeit, die durch die derzeitige Unterbringung im Maßnahmenvollzug hintangehalten werden kann, rasch wieder aufflammen wird.

Inwieweit eine entsprechende extramurale Betreuungssituation gefunden werden kann, die als Substitution der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in Frage käme, ist noch völlig offen.

Die bedingte Entlassung aus der Maßnahme gemäß § 21 Abs 1 StGB kann aus gutachterlicher Sicht nicht empfohlen werden.“

Der BF stellt zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit und Sicherheit dar.

Zum Herkunftsort und zu Anknüpfungspunkten des BF:

5. Der BF stammt aus dem Dorf XXXX in der Gemeinde XXXX in der heutigen Republik Kosovo. Dort lebte er zuletzt mit seinem Bruder XXXX und seinem Vater in einem gemeinsamen Haushalt.

Im Herkunftsstaat verfügt der BF aufgrund der dort lebenden Verwandten über familiäre Anknüpfungspunkte. Er hat in Kosovo zumindest drei Familienangehörige: Sein Bruder XXXX der sich dort zuletzt in Haft befand, ein anderer Bruder ist unbekannten Aufenthalts und seine Schwester XXXX wohnt mit ihrem Ehemann samt fünf erwachsenen Kindern in XXXX . Es kann nicht festgestellt werden, ob der Bruder XXXX in der Zwischenzeit aus der Haft entlassen wurde. Dieser wurde mit Beschluss des Zentrums für Sozialarbeit der Gemeinde XXXX / Kosovo vom XXXX .10.2013, Zl. XXXX , als Betreuer für den BF eingesetzt.

Seine in Kosovo lebenden Brüder handeln mit landwirtschaftlichen Produkten aus eigenen Anbauflächen. Seine Schwester arbeitet an einer Fakultät für Erziehung, ihr Ehemann ist Professor und die Kinder studieren.

Der Vater des BF hat in Kosovo ein Haus.

Zur Situation im Fall der Rückkehr des BF in den Kosovo:

6. Der BF wäre im Fall der Rückkehr in den Kosovo nicht in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.

Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen, die im Kosovo nicht behandelbar wären. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF nach seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit dort in eine die Existenz bedrohende Situation kommen könnte.

Es liegen keine stichhaltigen Gründe vor, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen.

Die Grundversorgung im Herkunftsstaat des BF ist gesichert und der Bezug von Sozialleistungen sowie die Bestellung eines Vertreters für den BF ist möglich und wurde ein solcher bereits in der Vergangenheit bestellt (s.o).

Zum Leben des BF in Österreich:

7. Seit seiner Einreise im Jahr 2013 hält sich der BF durchgehend in Österreich auf. Zunächst war er gemeinsam mit seinem Bruder XXXX und seinem Vater in der Caritas Flüchtlingshilfe XXXX / XXXX untergebracht. Der BF war jedoch immer wieder abgängig und zwischenzeitig obdachlos.

Von XXXX .06.2016 bis XXXX .07.2016 befand sich der BF mit seinem Bruder XXXX in Auslieferungshaft in der Justizanstalt XXXX . Nachdem er ab XXXX .07.2018 erneut ohne Unterstand war, wurde der BF ab XXXX .08.2018 vorläufig angehalten. Seit XXXX .10.2018 befindet er sich bis auf weiteres im Maßnahmenvollzug, derzeit in der Justizanstalt XXXX .

8. Er befand sich seit der Stellung seines Asylantrages im Jahr 2013 vorerst aufgrund seines Asylverfahrens, dann aufgrund des ihm erteilten Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005 rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Nachdem kein Antrag auf verlängerung seines befristeten Aufenthaltstitels gestellt wurde, hält der BF sich seither ohne Aufenthaltstitel in Österreich auf.

9. Der BF spricht kaum Deutsch und hat bislang kein Sprachzertifikat erworben. Er besuchte bisher nur einen dreiwöchigen Sprachkurs in der Justizanstalt.

10. Der BF ging keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. In Österreich übte er ausschließlich Gelegenheitsarbeiten bei der Caritas Flüchtlingshilfe XXXX aus. Zumindest seit seiner Festnahme im Jahr 2018 übte er keine Beschäftigung aus. Er wird von seiner Familie nicht unterstützt.

11. In Österreich lebt sein 88-jähriger Vater in einem Pflegeheim in XXXX . Zwei Brüder des BF leben mit ihren Familien in XXXX und XXXX . In der Schweiz leben Cousins väterlicherseits und Cousinen müttlicherseits. Der BF hat ausschließlich zu seinem Vater Kontakt, der sich in wöchentlichen Telefonaten erschöpft. Er wird in der Justizanstalt nicht besucht.

12. Der BF ist in Österreich ansonsten weder sprachlich noch beruflich noch gesellschaftlich integriert.

Zur maßgeblichen Situation im Kosovo:

13. Vorauszuschicken ist, dass der Staat Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gilt.

Die Feststellung der maßgeblichen Situation im Kosovo basiert auf Auszügen des folgenden Länderberichts und der Anfragebeantwortungen:

?        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 11.5.2020)

?        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Kosovo zum Thema „Schizophrenie, Sachwalterschaft, Medikamente“ vom XXXX .01.2021:

?        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Kosovo zum Thema „Schizophrenie, PTBS, alleinstehende Frau“ vom 21.03.2018

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der BFA Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 11.5.2020):

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 11.5.2020

Ethische Spannungen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit. Zu differenzieren sind dabei die Beziehungen zu den im Norden in einem zusammenhängenden Gebiet lebenden Serben und jenen Serben, die im restlichen Kosovo in kleineren versprengten Gemeinden wohnen. Letztere unterhalten relativ gute Beziehungen zu den kosovo-albanischen Autoritäten und beteiligen sich an der gesellschaftspolitischen Ausgestaltung im Rahmen der kosovarischen Institutionen. Ganz anders ist hingegen die Situation im Nordkosovo. Die hier lebenden Serben weigern sich, die Unabhängigkeit des Kosovo und zum Teil die Institutionen des neu geschaffenen Staates anzuerkennen. Dementsprechend schwierig gestaltet sich die Zusammenarbeit. Besonders problematisch sind speziell Fragen der Grenze zwischen dem Kosovo und Serbien, zumal diese von den im Norden lebenden Serben nicht anerkannt wird (GIZ 9.2018a).

Somit bleibt die Lage im Norden des Kosovo (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) angespannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch künftig zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt, die die allgemeine Bewegungsfreiheit einschränken (AA 2.5.2020).

Mit der Ausnahme des Nordkosovo gilt die Sicherheitslage allgemein als entspannt. Allerdings kann es zu punktuellen Spannungen kommen (GIZ 9.2018a).

In Pristina und anderen Städten des Landes kann es gelegentlich zu Demonstrationen und damit zu einer Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit kommen. In allen anderen Landesteilen Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil. Teilweise gewalttätige Protestaktionen der Opposition gegen die Regierung haben sich seit dem ersten Halbjahr 2016 nicht mehr ereignet, das Potential für solche Proteste besteht aber weiterhin (AA 2.5.2020).

Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich 85,5% der Befragten in ihrem Zuhause (Wohnung, Haus), 78,8% in ihrer Stadt und 52,4% im Kosovo sicher fühlten. Albanische und nicht-serbische Minderheitenangehörige fühlen sich im Kosovo sicherer als Serben (KCSS 7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.5.2020): Kosovo: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/kosovosicherheit/207442, Zugriff 4.5.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018a): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/, Zugriff 23.12.2019

- KCSS - Kosovo Center for Security Studies (7.2019): Kosovo Security Barometer – Trends of Citizens’ Perceptions on Public safety in Kosovo (2016 – 2018), https://www.academia.edu/40117450/REPORT_BY_KCSS_TRENDS_OF_CITIZENS_PERCEPTIONS_ON_PUBLIC_SAFETY_IN_KOSOVO, Zugriff 23.12.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 11.5.2020

Die gesetzgebende Gewalt wird vom kosovarischen Parlament ausgeübt, die exekutive Gewalt von der Regierung (Premierminister, Minister) und die richterliche Gewalt von den Gerichten, einschließlich des Obersten Gerichtshofs, der höchsten richterlichen Behörde, und des Verfassungsgerichts. Die Exekutive hat sich jedoch wiederholt (informell) in die Arbeit von Legislative und Judikative eingemischt und das Parlament wurde immer wieder dafür kritisiert, dass es sein verfassungsmäßiges Mandat zur Kontrolle der Regierung nicht ausübt. Die parlamentarischen Ausschüsse in der Versammlung wurden von der Exekutive ignoriert, wodurch ihre parlamentarische Kontrollfunktion wesentlich geschmälert wurde. Die Kontrolle und Ausgewogenheit der demokratisch gewählten Institutionen ist zwar formell festgelegt, in der Realität jedoch schwach und ineffizient (BS 2020).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber diese Unabhängigkeit wird nach wie vor durch politische Autoritäten und ein hohes Maß an Korruption beeinträchtigt. EULEX und seine kosovarischen Pendants haben einige Fortschritte in Bezug auf Nachhaltigkeit, Rechenschaftspflicht, Freiheit von politischer Einmischung und Multiethnizität, einschließlich der Einhaltung europäischer Best Practices und internationaler Standards, erzielt. Dennoch hat eine 2016 durchgeführte Umfrage über die Wahrnehmung des Justizsystems durch die Bürger ergeben, dass nur 12,3% die Gerichte für unabhängig hielten, während 61,2% der Ansicht waren, dass Personen mit politischen Verbindungen weniger wahrscheinlich bestraft würden. 50,5% meinten, dass Justizbeamte Bestechungsgelder erhielten oder verlangten und nur 36% konnten jüngste Verbesserungen im Justizsystem feststellen, während 24,4% davon überzeugt waren, dass keine Verbesserungen erzielt wurden (BS 2020).

Die Effizienz bei der Fallbearbeitung hat sich verbessert, aber es gibt immer noch einen beachtlichen Rückstau an offenen Fällen. Ein Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte ist zwar vorhanden, aber ineffizient. Eine unabhängige staatliche Rechtshilfekommission stellt kostenlose Rechtshilfe für Personen mit niedrigen Einkommen zur Verfügung; diese ist jedoch nicht adäquat finanziert und funktioniert nicht wie vorgesehen. Bei Verletzung der Prozessrechte können sich Geschädigte an den Verfassungsgerichtshof wenden (USDOS 11.3.2020).

Die Verfahren werden nicht immer ordnungsgemäß abgewickelt. Nach Angaben der Europäischen Kommission, der NGOs und der Institution der Ombudsperson ist die Justizverwaltung langsam und es fehlen die Mittel, um die Rechenschaftspflicht der Justizbeamten zu gewährleisten. Die Justizstrukturen sind politischer Einflussnahme ausgesetzt, mit umstrittenen Ernennungen und unklaren Mandaten (USDOS 11.3.2020). Die lokale Rechtsprechung sieht sich Einflüssen von außen, v.a. seitens der Exekutive, ausgesetzt und sorgt nicht immer für faire Prozesse (FH 4.2.2019).

Im Laufe des Jahres 2019 förderte das Justizministerium Änderungen eines Gesetzes von 2010 über die disziplinarische Verantwortung von Richtern und Staatsanwälten, mit denen die Unparteilichkeit des kosovarischen Justizwesens erreicht werden sollte (USDOS 11.3.2020). Darüber hinaus wurden Register zur Erfassung von Beschwerden gegen Richter auf Ebene der Gerichte und des KJC, des „kosovarischen Justizrates“, fertiggestellt und allen Gerichten zur Überprüfung übergeben. Im Einklang mit der Disziplinarordnung wählte die KJC 70 von den Gerichtspräsidenten empfohlene Richter für die Mitgliedschaft in Gremien aus, die für die Untersuchung von Disziplinarbeschwerden zuständig sind. Ihr Mandat ist gestaffelt, um Kontinuität zu gewährleisten: 25 Richter wurden nach dem Zufallsprinzip für eine Amtszeit von einem Jahr, 23 für eine zweijährige und 22 für eine dreijährige Amtszeit ausgewählt. Jährlich sollen neue Mitglieder ausgewählt werden, um eine volle Besetzung von 70 zu gewährleisten. Seit Inkrafttreten des neuen Disziplinarverfahrens sind bei den Gerichtspräsidenten als den zuständigen Behörden 75 Beschwerden gegen Richter eingegangen; der kosovarische Justizrat setzte ein entsprechendes Untersuchungsgremium ein (USDOS 11.3.2020).

Manchmal versäumen es die Behörden, gerichtlichen Anordnungen u.a. auch des Verfassungsgerichts nachzukommen, insbesondere wenn die Urteile Minderheiten begünstigen, wie in zahlreichen Fällen der Rückgabe von Eigentum an Kosovo-Serben. Keiner der Beamten, die 2019 an der Nichtumsetzung von Gerichtsbeschlüssen beteiligt waren, wurde sanktioniert (USDOS 11.3.2020).

Das Gesetz sieht faire und unparteiische Verfahren vor und trotz gravierender Mängel im Justizsystem wie etwa politischer Einmischung, wird das Recht im Allgemeinen umgesetzt. Die Prozesse sind öffentlich, die Angeklagten haben ein Recht auf die Unschuldsvermutung, auf unverzügliche Information über die gegen sie erhobenen Anklagen und auf ein faires, öffentliches Verfahren, bei dem sie sich in ihrer Muttersprache an das Gericht wenden können. Sie haben das Recht, zu schweigen oder sich der Aussage zu entschlagen, Beweise einzusehen, einen eigenen Rechtsbeistand zu haben und gegen Urteile zu berufen. Das Kosovo wendet keine Geschworenenprozesse an (USDOS 11.3.2020).

Die "Free Legal Aid Agency“ (FLAA) ist von der Regierung beauftragt, Personen mit niedrigem Einkommen kostenlosen Rechtsbeistand zu gewähren und führt entsprechende Kampagnen durch, die sich an benachteiligte und marginalisierte Gemeinschaften richteten. Im Mai 2019 finanzierten die Vereinten Nationen das Zentrum für Rechtshilfe, welches über NGOs Frauen kostenlosen Rechtsbeistand in Fällen wie der Überprüfung von Eigentumsrechten, Klagen wegen sexueller Gewalt und Rentenansprüchen aus Serbien garantiert (USDOS 11.3.2020).

Kosovo befindet sich in einem Frühstadium in Bezug auf die Anwendung des aquis communautaire und europäischer Standards im Justizbereich. Ein gewisses Ausmaß an Fortschritt wurde erreicht, unter anderem bei der Untersuchung hochrangiger Korruptionsfälle. Korruption ist dennoch weit verbreitet und bleibt ein problematischer Themenbereich. Die Verabschiedung verschiedener Rechtsdokumente im Bereich Korruptionsbekämpfung stellt einen wichtigen Schritt dar, wesentlich ist nun die konsequente Umsetzung (EC 29.5.2019).

Am 8.6.2018 hat der Rat beschlossen, das Mandat der Rechtsstaatlichkeitsmission der EU, EULEX Kosovo, neu auszurichten. Die Mission hatte seit ihrer Einrichtung vor 10 Jahren zwei operative Ziele: das Ziel der Beobachtung, Anleitung und Beratung durch Unterstützung der Rechtsstaatlichkeitsinstitutionen des Kosovo und des Dialogs zwischen Belgrad und Pristina und zweitens ein exekutives Ziel, nämlich die Unterstützung verfassungs- und zivilrechtlicher gerichtlicher Entscheidungen sowie strafrechtlicher Ermittlungen und gerichtlicher Entscheidungen in ausgewählten Strafsachen. Mit dem Beschluss wird der justizielle exekutive Teil des Mandats der Mission beendet und das Kosovo nimmt nun die Verantwortung für alle übertragenen Ermittlungen, Strafverfolgungen und Gerichtsverfahren wahr. Seit dem 14.6.2018 konzentrierte sich EULEX darauf, ausgewählte Fälle und Gerichtsverfahren in den Straf- und Zivilrechtsinstitutionen des Kosovos zu beobachten, den Justizvollzugsdienst des Kosovos zu beobachten, anzuleiten und zu beraten und die operative Unterstützung für die Umsetzung der von der EU geförderten Dialogvereinbarungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo fortzusetzen. Der Ratsbeschluss sieht vor, dass das überarbeitete Mandat bis zum 14.6.2020 gilt (REU 8.6.2018).

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Kosovo, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_RKS.pdf, Zugriff 4.5.2020

- EC - Europäische Kommission (29.5.2019): Kosovo* 2019 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/20190529-kosovo-report.pdf, Zugriff 7.4.2020

- FH - Freedon House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2015997.html, Zugriff 7.4.2020

- REU - Rat der Europäischen Union (8.6.2019): EULEX Kosovo: neue Rolle für die Rechtsstaatlichkeitsmission der EU, https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2018/06/08/eulex-kosovo-new-role-for-the-eu-rule-of-law-mission/#, Zugriff 23.12.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 17.4.2020

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 11.5.2020

Die innere Sicherheit der Republik Kosovo beruht auf drei Komponenten: der Kosovo Polizei (KP), den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften (EU-Rechtstaatlichkeitsmission, Anm.) und den KFOR-Truppen (mit 3.500 Soldaten) (AA 21.3.2019).

Als eine ihrer Operationslinien unterstützt die KFOR Aufbau und Training der multiethnischen und zivil kontrollierten, leicht bewaffneten Sicherheitskräfte „Kosovo Security Force“ (KSF), die nach dem bisherigen Gesetzesrahmen nicht mehr als 2.500 Mitglieder und maximal 800 Reservisten hatten. Die KSF übernimmt derzeit primär zivile Aufgaben wie Krisenreaktion, Sprengmittelbeseitigung und Zivilschutz. Das am 14.12.2018 mit überwältigender parlamentarischer Mehrheit verabschiedete Gesetzespaket zur Transition in reguläre, defensiv ausgerichtete Streitkräfte unterwirft die KSF einem 10-jährigen Übergangsprozess, an dessen Ende ca. 5.000 leicht bewaffnete Defensivkräfte stehen sollen. Die kosovarische Regierung hat der NATO gegenüber schriftlich die volle Transparenz des Prozesses, die Bewahrung des multiethnischen Charakters der KSF sowie das Festhalten an den Bedingungen von UNSCR 1244 und dem KFOR-Mandat bekundet (AA 21.3.2019).

Die Polizei (Kosovo Police, KP) hat derzeit eine Stärke von ca. 9.000 Personen. Der Frauenanteil in der KP beträgt 14%; der Anteil der Angehörigen von Minderheiten liegt bei 16%. EULEX-Polizisten beraten und unterstützen Polizeidienststellen im gesamten Land. Für die parlamentarische Kontrolle der Sicherheitskräfte ist im Parlament der Ausschuss für Inneres, Sicherheitsfragen und Überwachung der KSF zuständig (AA 21.3.2019). Weiterhin sollen die Polizeistrukturen im Kosovo vereinheitlicht und Mitglieder serbischer Sicherheitskräfte in die kosovarische Polizei integriert werden. Die Polizeikräfte im serbischen Norden sollen die Bevölkerungsverhältnisse widerspiegeln und unter Führung eines kosovo-serbischen Regionalkommandanten stehen (GIZ 3.2020a). Es gibt 436 Polizeibeamte (Angehörige der KP) pro 100.000 Einwohner. Dies übertrifft den EU-Durchschnitt, der sich im Jahr 2016 gemäß Eurostat auf 318 Beamte belief. Die Polizei ist relativ gut ausgebildet und ausgerüstet. Sie verfügt über moderne IT-Infrastruktur. Die „Kosovo Academy for Public Safety“ gewährleistet eine gute Ausbildung für Polizeibeamte und andere Angehörige des Sicherheitsapparats (Zollbeamte, Beamte des Strafvollzugs) sowohl im Bereich der Grundausbildung als auch im Bereich der berufsbegleitenden Weiterbildung. Die Kapazität der Polizei zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist gut, jedoch unterliegt die Polizei immer noch Korruption und politischem Druck (EC 29.5.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 10.4.2020

- EC - Europäische Kommission (29.5.2019): Kosovo 2019 Report, S33 u. S35, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/20190529-kosovo-report.pdf, Zugriff 27.11.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/, Zugriff 5.5.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018a): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/, Zugriff 23.12.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 11.5.2020

Das Verbot der Folter sowie der grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe wird im Artikel 27 der kosovarischen Verfassung verankert. Artikel 199 des Strafgesetzbuches kriminalisiert Folter in voller Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsnormen (AA 21.3.2019). Die Gesetze werden aber uneinheitlich umgesetzt und es gab anhaltende Vorwürfe, dass Gefangene von der Polizei und in geringerem Maße auch vom Personal des Strafvollzugsdienstes gefoltert und misshandelt wurden (UDOS 11.3.2020). Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nahm in seinem letzten Bericht über den Besuch in Serbien und Kosovo mit großer Besorgnis zahlreiche Anschuldigungen wegen Folter und Misshandlungen durch die Polizei zur Kenntnis (AA 21.3.2019; vgl. UN 25.1.2019). In erwähntem Papier wird über Misshandlungen von Gefangenen sowie verbale und psychologische Drohungen berichtet. Auch besteht ein Mangel an Aufsicht in der Untersuchungs- und Verhörphase der Inhaftierung, was angeblich zu erzwungenen Geständnissen führt (USDOS 11.3.2020).

Die Ombudsperson des Kosovo (KOI) verfügt in ihrer Eigenschaft als Nationaler Präventionsmechanismus gegen Folter (National Preventive Mechanism against Torture – NPMT) über sieben Mitarbeiter. Darunter sind ein Arzt, ein Psychiater, ein Sozialarbeiter und zwei Anwälte, die sich hauptberuflich mit der Verhütung von Folter befassen. Im Jahr 2018 unterzog sich der NPMT einem intensiven vom Europarat finanzierten Schulungsprogramm, um seine Kapazitäten zu verbessern. Auch führte er in Gefängnissen, Haftanstalten, psychiatrischen Einrichtungen und Polizeistationen Inspektionen durch. Gefangene und Inhaftierte können den NPMT über Rechtsanwälte, Familienangehörige, internationale Organisationen, direkte Telefonanrufe oder über Briefkästen in Haftanstalten, die nur für Mitarbeiter der KOI zugänglich sind, kontaktieren. Die KOI berichtete zwar über Beschwerden gegen die Polizei und den Strafvollzugsdienst; darunter Vorwürfe der körperlichen Misshandlung von Gefangenen, aber keine Folterhandlungen (USDOS 11.3.2020).

Das Kosovo-Rehabilitationszentrum für Folteropfer (KRCT), die führende NGO des Landes in Fragen der Folter, gab ebenfalls an, im Laufe des Jahres keine glaubwürdigen Berichte über Folterungen erhalten zu haben, obwohl die Misshandlung von Gefangenen nach wie vor ein Problem darstellt (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 30.3.2020

- UNHRC – United Nations Human Rights Council (25.1.2019): Visit to Serbia and Kosovo. Report of the Special Rapporteur on torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment, https://atlas-of-torture.org/api/files/1552483246133hd6yw6vl38u.pdf, Zugriff 31.3.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 21.4.2020

Korruption

Letzte Änderung: 11.5.2020

Laut Gesetz steht Korruption von Beamten unter Strafe, aber die Regierung setzt diese Vorgaben nicht effektiv um. Korruption bei Beamten bleibt gelegentlich ungesühnt. Das Fehlen einer wirksamen Justizaufsicht und eine allgemeine Schwäche der Rechtsstaatlichkeit tragen zu diesem Problem bei. Gegen Korruptionsfälle wird routinemäßig wiederholt Berufung eingelegt, und das Justizsystem lässt oft Verjährungsfristen auslaufen, ohne die Fälle vor Gericht zu bringen. Die Antikorruptionsbehörde (ACA) und das Nationale Rechnungsprüfungsamt tragen gemeinsam die Verantwortung für die Bekämpfung staatlicher Korruption. Verurteilungen wegen Korruptionsvorwürfen machen weiterhin nur einen geringen Teil der untersuchten und angeklagten Fälle aus. NGOs berichten, dass Anklageerhebungen oft fehlschlagen, weil Staatsanwälte falsche Anklagen erheben oder Verfahrensfehler machen (USDOS 11.3.2020).

Die institutionellen Rahmenbedingungen zur Korruptionsbekämpfung sind schwach. Die Zuständigkeitsbereiche der vier primären Korruptionsbekämpfungsbehörden überlappen sich, was eine effiziente Koordinierung der Bemühungen erschwert. Die Behörden zeigen nur wenig Anstrengung, hochrangige Korruptionsfälle zu untersuchen, und wenn hochrangige Beamte doch verfolgt werden, so kommt es selten zu Verurteilungen. Ende 2018 waren vier Minister, denen Korruption bzw. Interessenskonflikte vorgeworfen wurden, trotz entsprechender Anklagen weiterhin im Amt. Staatsanwälte und Gerichte sind nach wie vor anfällig für politische Einmischung und Korruption durch mächtige politische und geschäftliche Eliten, wodurch ordnungsgemäße Verfahren untergraben werden (FH 4.2.2019). Auch die Ergebnisse der EULEX-Anti-Korruptionsbemühungen waren minimal. Besonders hochrangige Korruptionsfälle wurden nicht einmal untersucht, was einen weit verbreiteten Eindruck der Straflosigkeit hervorrief. Es schien, als sollte wichtigen Persönlichkeiten der politischen Elite des Kosovo eine Untersuchung oder gar ein Gerichtsverfahren erspart bleiben, im höheren Interesse der Aufrechterhaltung des kosovarischen Staatsbildungsprojekts (BS 2020).

Zentrale Bereiche der Korruption sind neben dem Gesundheits- und Bildungswesen die Justiz, in der es regelmäßig zu politischer Einflussnahme kommt, außerdem die öffentliche Verwaltung, in der Nepotismus, Beschäftigung nach Parteibuch wie die Manipulation öffentlicher Ausschreibungsverfahren weit verbreitet sind. Politische Korruption, etwa bei der Besetzung von Aufsichtsräten herrscht auch bei öffentlichen Unternehmen vor. Die kosovarische Presse berichtet regelmäßig von Korruptionsskandalen, in die hochkarätige Partei- oder Regierungsvertreter verwickelt sein sollen. Zur Anklage kommt bisher jedoch nur ein kleiner Teil davon und zu Verurteilungen kommt es ganz selten. So wurde der frühere Minister Fatmir Limaj diverse Male, unter anderem von EULEX-Richtern, wegen Korruption angeklagt, zu einer Verurteilung kam es nie. Auch sein Bruder, XXXX Limaj, der im Innenministerium mit der Bekämpfung von Korruption betraut war, wurde wegen Korruption angeklagt. Ähnlich gelagert war der Fall des Staatsanwalts Nazim Mustafi. Der mit der Bekämpfung von Korruption beauftragte Staatsanwalt wurde 2013 von einem EULEX-Gericht selbst zu fünf Jahren Haft verurteilt - wegen Bestechlichkeit. Nicht nur lokalen Richtern, Staatsanwälten und Polizei fehlt die politische Unabhängigkeit zur Verfolgung politisch sensibler Korruptionsfälle – selbst die EU-Rechtsstaatsmission EULEX erwies sich als außerordentlich ineffizient, hochkarätige Fälle politischer Korruption abzuurteilen. 2017 wurden laut offiziellen Statistiken von den Staatsanwaltschaften im Kosovo knapp 1.800 Personen wegen Korruption angeklagt, 90% davon waren Behördenvertreter. 2015 wurde eine behördenübergreifende Task Force gegen politisch sensible Korruption und organisierte Kriminalität geschaffen. Bis einschließlich 2018 kamen allerdings lediglich 27 Fälle zur Anklage, ganze 9 Personen wurden verurteilt. Nicht zuletzt wegen der ineffizienten Korruptionsbekämpfung haben zwei Drittel der Bevölkerung im Kosovo kein Vertrauen in die Justiz bzw. den Rechtsstaat (GIZ 3.2020a).

Diese Auffassung vertritt auch der Direktor der albanischen Antikorruptionsbehörde, Shaip Havolli und rief die Justizbehörden auf, keine Angst zu haben, auch hochrangige Personen wegen Korruption anzuklagen. Er betonte, dass niedrige Strafen und Freilassungen ein negatives Signal für die Entwicklung des Kosovo und seine Integration in die internationalen Strukturen seien (CoE o.D.a; vgl. Telegrafi 25.5.2019). Das Kosovo Law Institute beklagte 2019, dass das Ausmaß der Nichtbestrafung von Korruption als besorgniserregend. Die Korruption auf hoher Ebene bleibe ein ernstes Problem. Der britische Botschafter im Kosovo zeigte sich beunruhigt, dass trotz aller Investitionen der internationalen Gemeinschaft ein hoher Prozentsatz von in Korruption verwickelten hohen Beamten nicht bestraft wird (CoE o.D.b).

Transparency International listet den Kosovo in seinem „Corruption Perceptions Index“ 2019 auf Platz 101 von insgesamt 180 bewerteten Staaten. Dies entspricht einer Verschlechterung um acht Plätze gegenüber 2018 (TI 1.2020; vgl. TI 30.1.2019). Im regionalen Vergleich zu seinen Nachbarländern liegt das Kosovo hinsichtlich des Ausmaßes an Korruption im Mittelfeld GIZ 3.2020a).

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Kosovo, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_RKS.pdf, Zugriff 14.4.2020

- CoE – Council of Europe (o.D.a): Action against economic crime and corruption. KLI: The Justice System has failed to treat targeted cases, https://www.coe.int/en/web/corruption/anti-corruption-digest/kosovo, Zugriff 14.4.2020

- CoE – Council of Europe (o.D.b): Action against economic crime and corruption. Kosovo Law Institute: corruption remains unpunished in the country, https://www.coe.int/en/web/corruption/anti-corruption-digest/kosovo, Zugriff 17.4.2020

- FH - Freedon House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2015997.html, Zugriff 27.11.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/, Zugriff 5.5.2020

- Telegrafi.com (25.5.2019): Havolli kërkon dënime të larta për korrupsion, fton prokurorët e gjyqtarët të mos frikësohen, https://telegrafi.com/havolli-kerkon-denime-te-larta-per-korrupsion-fton-prokuroret-e-gjyqtaret-te-mos-frikesohen/, Zugriff 5.5.2020

- TI – Transparency International (1.2020): Corruptions Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/whatwedo/publication/corruption_perceptions_index_2019, Zugriff 5.5.2020

- TI – Transparency International (30.1.2019): Corruptions Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 5.5.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 3.4.2020

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung: 11.5.2020

Zahlreiche heimische und internationale Menschenrechtsorganisationen konnten ohne Einschränkungen seitens der Regierung ihren Aufgaben nachgehen, Menschenrechtsfälle untersuchen und die Ergebnisse darüber publizieren (USDOS 11.3.2020, vgl. FH 4.2.2019), sind dabei aber gelegentlich Druck seitens der Regierung ausgesetzt, Kritik an derselben zu beschränken (FH 4.2.2019).

Ca. 6.000 Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) sind im Kosovo registriert, wovon allerdings nur 10% als aktiv gelten. Im Kosovo gibt es durchaus eine zumindest jüngere Tradition der Zivilgesellschaft, die eine bedeutende Rolle in der kosovarischen Parallelgesellschaft der 1990er Jahre sowie während des Konflikts und in der folgenden Phase der Soforthilfe und des Wiederaufbaus einnahm. Hervorzuheben ist dabei die Rolle der „Mutter Teresa Gesellschaft“. Die zivilgesellschaftliche Szene ist aufgrund des hohen Anteils an Jugendlichen in der Gesellschaft hochdynamisch, aber weitestgehend unpolitisch. Die größte Anzahl der aktiven NGOs konzentriert sich auf die Zentren, wohingegen die Anzahl aktiver NGOs in ländlichen Gebieten gering ist. Die Gewerkschaften im Kosovo haben ca. 60.000 Mitglieder und sind mit einem Organisationsgrad von ca. 90% Abdeckung im öffentlichen Sektor ein gewichtiger Sozialpartner (GIZ 3.2020a).

Quellen:

- FH - Freedon House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2015997.html, Zugriff 7.4.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 4.5.2020

Ombudsmann

Letzte Änderung: 11.5.2020

Die Institution der Ombudsperson hat die Befugnis, Anschuldigungen wegen Menschenrechtsverletzungen sowie den Missbrauch von staatlicher Autorität zu untersuchen und agiert als nationaler Präventionsmechanismus gegen Folter (National Preventive Mechanism against Torture – NPMT). Sie ist überdies die wichtigste Einrichtung zur Überwachung der Gefängnisse und kann, wenn ihre Empfehlungen nicht befolgt werden, die Fälle vor Gericht bringen. Weiters kann die Ombudsperson Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Gesetzen und anderen untergesetzlichen oder administrativen Rechtsakten, Richtlinien und Praktiken abgeben (USDOS 11.3.2020). Die Institution der Ombudsperson nimmt ihr Mandat weiterhin wahr, schützt fundamentale Rechte und Freiheiten für alle, und stärkt ihre Kapazitäten, um Fälle effizient bearbeiten zu können. Sie bleibt jene Institution im Kosovo, der am meisten Vertrauen geschenkt wird. Die Implementierung der Empfehlungen der Ombudsperson durch andere Institutionen hat sich verbessert (EC 29.5.2019).

Quellen:

- EC - Europäische Kommission (29.5.2019): Kosovo* 2019 Report, S33 u. S35, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/20190529-kosovo-report.pdf, Zugriff 26.2.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 5.5.2020

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 11.5.2020

Das Bekenntnis zu unveräußerlichen Menschenrechten ist in der Verfassung verankert. Nach Art. 22 der Verfassung gelten viele internationale Menschenrechtsabkommen unmittelbar und haben Anwendungsvorrang. Seit November 2000 gibt es die Einrichtung einer Ombudsperson, die für alle Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen oder Amtsmissbrauch durch die zivilen Behörden im Kosovo zuständig ist, Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen nachgeht und in einem Jahresbericht an das Parlament Empfehlungen für deren Behebung gibt. Im Juli 2015 hat das Parlament ein neues Gesetz zur Ombudsperson verabschiedet, das die Ombudsperson zum nationalen Präventionsmechanismus (NPM) ernannt und die Unabhängigkeit dieser Institution und ihre Rolle als unabhängiger Beobachter und Hüter der Grundrechte und Grundfreiheiten im Kosovo gestärkt hat (AA 21.3.2019).

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen garantieren den Schutz der Menschenrechte sowie der fundamentalen Rechte gemäß europäischen Standards. Es sind jedoch weitere Anstrengungen zur Durchsetzung nötig. Die Anwendung der menschenrechtlichen Gesetzgebung und Strategien wird oft durch unzureichende finanzielle Mittel oder Mangel an anderen Ressourcen, durch fehlende politische Priorisierung und schlechte Koordination unterminiert. Die existierenden Mechanismen zur Koordination und Implementierung von Menschenrechten sind ineffizient. Es besteht eine starke Abhängigkeit von ausländischen Gebern (EC 25.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 6.4.2020

- EC - Europäische Kommission (29.5.2019): Kosovo* 2019 Report, S33 u. S35, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/20190529-kosovo-report.pdf, Zugriff 6.4.2020

Haftbedingungen

Letzte Änderung: 11.5.2020

Die Situation in kosovarischen Haftanstalten ist unzureichend und trotz Verbesserungen (insbesondere in Hinblick auf schwere Menschenrechtsverletzungen) werden internationale Standards verfehlt (GIZ 3.2020a).

Probleme stellen insbesondere Gewalt zwischen den Häftlingen, Korruption, Kontakt mit radikalen religiösen oder politischen Ansichten sowie eine unterdurchschnittliche medizinische Versorgung dar. In einigen Teilen des überfüllten Gefängnisses von Dubrava sind die physischen Bedingungen nach wie vor minderwertig. Im Laufe des Jahres 2019 gingen beim KRCT („Kosovo Rehabilitation Center for Torture Victims“) Beschwerden von Häftlingen ein, die behaupteten, Opfer von Belästigung bzw. körperlicher Misshandlung durch Vollzugsbeamte geworden zu sein, vor allem in den Gefängnissen von Dubrava und Lipjan/Lipljan. Auch haben sich mehrere Häftlinge Verletzungen zugefügt, um auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen (USDOS 11.3.2020).

Aufgrund mangelhafter Ausbildung und unzureichender Personalausstattung üben die Behörden nicht immer die Kontrolle über Einrichtungen oder Häftlinge aus. Ungefähr 30% der Insassen kommen mit einer Drogenabhängigkeit ins Gefängnis. Es gab keine Drogenbehandlungsprogramme innerhalb des Strafvollzugssystems, und das KRCT berichtet, dass regelmäßig illegale Drogen in die Einrichtungen geschmuggelt werden. Das KRCT dokumentierte Verzögerungen und Fehler bei der medizinischen Versorgung der Gefangenen sowie einen Mangel an spezialisierter Behandlung. Häufig sehen sich Gefangene gezwungen, benötigte Medikamente aus privaten Quellen zu beschaffen. Das KRCT beobachtete Lücken im Gesundheitsversorgungssystem des Gefängnisses in der Einrichtung in Dubrava und berichtet über eine unzureichende Zahl von psychiatrischen Fachkräften. Anwälte beschuldigen die Regierung, regelmäßig Untersuchungshäftlinge mit diagnostizierter geistiger Behinderung zusammen mit anderen Untersuchungshäftlingen unterzubringen. Die Untersuchungshäftlinge werden getrennt von den verurteilten Häftlingen untergebracht. Das Gesetz schreibt jedoch vor, dass verurteilte Kriminelle mit nachgewiesenen psychischen Problemen in Einrichtungen für psychische Gesundheitsfürsorge inhaftiert werden müssen. Aufgrund der Überbelegung solcher Einrichtungen ist dies oftmals nicht möglich. Betroffene erhalten Medikamente und können regelmäßige Konsultationen bei einem Psychiater wahrnehmen, bekommen aber darüber hinaus keinerlei Unterstützung und Behandlung (USDOS 11.3.2020).

Die Behörden führen nicht immer ordnungsgemäße Untersuchungen von Misshandlungsvorwürfen durch. Außerdem funktioniert der gesetzlich vorgeschriebene interne Beschwerdemechanismus nicht, da die Häftlinge Misshandlungen oft aus Mangel an Vertraulichkeit und aus Angst vor Vergeltung nicht melden. Das KRCT stellt auch fest, dass die Behörden keine schriftlichen Entscheidungen zur Rechtfertigung der Einzelhaft vorlegen. Die Regierung gestattet Besuche unabhängiger Menschenrechtsbeobachter, aber nur die nationale Institution der Ombudsperson und EULEX hatten das ganze Jahr über kontinuierlichen und ungehinderten Zugang zu den Haftanstalten. Das KRCT und das Zentrum für die Verteidigung der Menschenrechte und Freiheiten sind verpflichtet, Besuche 24 Stunden im Voraus anzukündigen. Zu den Verbesserungen, die 2019 vorgenommen wurden, gehören die Einstellung von 120 neuen Vollzugsbeamten, die teilweise Eröffnung des neuen Haftzentrums in Pristina, die Durchführung eines Pilotprogramms für Bewertungs- und Klassifizierungseinheiten und ein Verfahren, das es einigen Häftlingen ermöglicht, über Skype mit ihren Familien zu kommunizieren (USDOS 11.3.2020).

Die Lebensbedingungen in den Gefängnissen gelten insgesamt als sehr schlecht. Der Informationsgrad unter Häftlingen über deren Rechte ist gering (GIZ 3.2020a).

Quellen:

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/, Zugriff 8.5.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 8.5.2020

Todesstrafe

Letzte Änderung: 11.5.2020

Die Todesstrafe ist im Kosovo seit 2002 gesetzlich verboten (AI o.D.).

Das Verbot der Anwendung der Todesstrafe ist in der Verfassung verankert (AA 21.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 7.4.2020

- AI - Amnesty International (o.D.): Interaktive Weltkarte zur Todesstrafe, https://amnestywebsite.github.io/amnesty-death-penalty/?lang=en, Zugriff 3.12.2019

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung: 11.5.2020

Gesetzlich ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes vorgesehen, ebenso wie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung und die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise (USDOS 11.3.2020).

Alle Ethnien können sich im Kosovo grundsätzlich frei bewegen. Die Sicherheitskräfte bemühen sich um einen verstärkten Schutz für Minderheitengebiete und Enklaven. Angehörige von Minderheiten verlassen diese Gebiete – oftmals aufgrund eines subjektiv empfundenen Unsicherheitsgefühls und auch sprachlicher Barrieren – nur selten. Von der Freizügigkeit wird von Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern in jenen Gegenden, wo sich diese Gruppen in der Minderheit befinden, zum Teil kein Gebrauch gemacht. Ziele der Binnenmigration für Kosovo-Serben sind in der Regel mehrheitlich serbisch bewohnte Ortschaften (AA 9.12.2015).

Die Regierung betrachtet serbisch ausgestellte Personaldokumente mit Namen kosovarischer Städte nicht als gültige Reisedokumente, was es vielen Mitgliedern der kosovo-serbischen Gemeinschaft erschwert, frei nach und aus dem Kosovo zu reisen, es sei denn, sie benutzten die beiden Grenzübergänge zu Serbien, die sich in den kosovo-serbischen Mehrheitsgemeinden im Norden befinden (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005251/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Januar_2019%29%2C_21.03.2019.pdf, Zugriff 30.3.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026405.html, Zugriff 17.4.2020

Grundversorgung

Letzte Änderung: 11.5.2020

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Das Warenangebot entspricht in der Auswahl (nicht immer in der Qualität) westeuropäischen Standards. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die im Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft. Im Jahr 2017 erhielten 26.111 Familien bzw. 106.649 Personen Sozialhilfe (AA 21.3.2019).

Obwohl das Wirtschaftswachstum des Kosovo in den letzten zehn Jahren besser war als das seiner Nachbarn und weitgehend integrativ, reichte es nicht aus, um genügend formelle Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen und Jugendliche, bereitzustellen oder die hohen Arbeitslosenquoten deutlich zu senken. Das Wachstumsmodell stützt sich in hohem Maße auf Überweisungen, um den Binnenkonsum anzukurbeln, hat sich aber in jüngster Zeit auf ein stärker investitions- und exportgetriebenes Wachstum verlagert (WB o.D.).

Die kosovarische Wirtschaft wuchs in der Zeit nach der globalen Finanzkrise beständig über dem Durchschnitt des Westbalkans, wenn auch von einer niedrigen Basis aus. Das Pro-Kopf-BIP stieg von 1.088 US-Dollar im Jahr 2000 auf 4.458 US-Dollar im Jahr 2019. Trotz dieses Anstiegs des Pro-Kopf-Einkommens in den letzten 20 Jahren ist das Kosovo gemessen am Pro-Kopf-BIP nach wie vor das drittteuerste Land in Europa. Das jährliche Wachstum wird auf vier Prozent geschätzt, angetrieben durch den Konsum, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, und durch Dienstleistungsexporte. Das Leistungsbilanzdefizit fiel von 7,6% des BIP im Jahr 2018 auf 5,5% im Jahr 2019, da sich das Importwachstum verlangsamte. Die Erwerbsbeteiligung ist mit durchschnittlich 40,5% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2019 nach wie vor chronisch niedrig. Die Arbeitslosenquote sank um 3,9 Prozentpunkte auf 25,7%. Die Staatsverschuldung ist gering, hat aber in den letzten Jahren rasch zugenommen. Die öffentliche und staatlich garantierte Verschuldung wird für Ende 2019 auf 17,7% des BIP geschätzt und ist damit die niedrigste auf dem Westbalkan, was dem Land Raum für die Aufnahme von Krediten zu Vorzugsbedingungen für produktive Investitionen mit einer hohen Rendite bietet. Der von den Banken dominierte Finanzsektor im Kosovo ist gesund und solide. Sowohl Kredite als auch Einlagen nahmen weiter zu (WB 2020).

Die kosovarische Wirtschaft leidet an einer unzureichenden Infrastruktur. Während es in den letzten Jahren zwar deutliche Verbesserungen hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur, v.a. beim Ausbau des Autobahnnetzes gegeben, hat, stellt die instabile Energieversorgung weiterhin ein schwerwiegendes Entwicklungsproblem dar. Problematisch ist auch die politische Instabilität mit häufigen Regierungswechseln und fehlender entwicklungsorientierter Wirtschaftspolitik. Das Wirtschaftssystem weist klare Charakteristika politischer Patronage auf, mit der Dominanz des öffentlichen Sektors. Dazu gehören einerseits die öffentliche Verwaltung, in der - basierend auf einer parteipolitisch motivierten Personalpolitik - extrem hohe Gehälter bezahlt werden, und andererseits ineffiziente, politisch kontrollierte öffentliche Unternehmen bei gleichzeitig schleppend voranschreitender Privatisierung. Hinzu kommt ein schwacher Rechtsstaat mit einer schwachen und politisierten Justiz und Polizei, teils kriegsbedingt noch immer unklaren Eigentumsverhältnissen, der mangelnden auch wirtschaftlichen Kontrolle über Teile des kosovarischen Territoriums, in erster Linie der vier mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden im Norden, sowie das Problem grassierender, systematischer Korruption (GIZ 3.2020c).

Vor diesem Hintergrund blüht weiterhin ein substantieller informeller Wirtschaftssektor, welcher marktwirtschaftliche Regeln unterläuft, Arbeiterrechte und den Sozialstaat aushöhlt. Die EU-Kommission schätzte 2019 den Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttosozialprodukt auf 30%. Das extreme Handelsbilanzdefizit macht Kosovo in hohem Maße von ausländischer Hilfe und Ü

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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