TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/10 W116 2218236-1

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Veröffentlicht am 10.05.2021
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Entscheidungsdatum

10.05.2021

Norm

BDG 1979 §43a
B-VG Art133 Abs4
HDG 2014 §2
HDG 2014 §61
HDG 2014 §62 Abs3 Z1

Spruch


W116 2218236-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von Vzlt XXXX , vertreten durch die RA Dr. Rober GALLER und Dr. Rudolf HÖPFINGER, gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten des Führungsunterstützungsbataillons 2 als Disziplinarkommandant (Disziplinarvorgesetzter) vom 12.02.2019, P663574/69-FÜUB2/3.FÜUKp/2018i, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 16.04.2019, GZ S90361/2-FüUB2/BKdo/2019 (1), betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe Geldbuße nach rechtzeitigem Vorlageantrag zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der beschwerdegegenständliche Bescheid behoben. Das in der Sache gegen den Beschwerdeführer anhängige Disziplinarverfahren wird gemäß § 62 Abs. 3 Z 1 HDG 2014 eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer ist Berufsunteroffizier des Österreichischen Bundesheeres (MBUO) und als Wirtschaftsunteroffizier (WiUO) in der 3. Führungsunterstützungskompanie des Führungsunterstützungsbataillon 2 eingeteilt.

2.       Mit Schreiben vom 04.12.2018 wurde ihm von seinem Einheitskommandanten mitgeteilt, dass gegen ihn gemäß § 61 HDG 2014 ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, weil er im Verdacht stehe, am 04.12.2018 um 08:20 Uhr in der Kaserne eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Unteroffizier der Kompanie gehabt zu haben. Mit Schreiben vom selben Tag wurde dem zuständigen Dienststellenausschuss gemäß § 22 HDG 2014 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarerkenntnis zu erlassen.

3.       Am 21.01.2019 führte der Einheitskommandant in der Angelegenheit niederschriftliche Einvernahmen mit den Zeugen Vzlt XXXX , dienstführender Unteroffizier der Kompanie (in der Folge Vzlt S), und StWm XXXX , stellvertretender Zugskommandant (in der Folge StWm E), durch.
Vzlt S gab dabei zu Protokoll, dass sich am 04.12.2018 um 08:20 Uhr Folgendes in seiner Kanzlei ereignet habe: Es sei eine rege Diskussion am Gang zu hören gewesen, dann habe der Beschwerdeführer seine Kanzlei betreten, gefolgt von XXXX (in der Folge OStWm K). In der Kanzlei sei die Diskussion weitergegangen und immer lauter und heftiger geworden. Die beiden hätten sich trotz mehrfacher Aufforderung nicht beruhigen lassen. Als sie immer weiter aufeinander losgegangen seien, habe sich der Beschwerdeführer durch Wegstoßen des OStWm K Platz verschafft, worauf der mit einem Fußstoß gegen den Beschwerdeführer gekontert und diesen dabei am Oberschenkel getroffen habe. Der Zeuge und der ebenfalls anwesende OWm E (in der Folge OWm E) hätten die beiden dann getrennt, wobei die Diskussion noch weitergegangen sei. Die Unparteilichkeit des Zeugen sei von OStWm K in Frage gestellt worden, weil dieser kein Fehlverhalten des Beschwerdeführers erkennen habe können, was den Vorfall ausgelöst hätte.
StWm E gab als Zeuge zu Protokoll, dass OStWm K drei Chargen zum Beschwerdeführer geschickt habe, um Verpflegsmarken zu kaufen. Einer der drei Chargen sei zu diesem Zeitpunkt noch PiAD und verpflichtender Kostteilnehmer gewesen. In guter Absicht habe OStWm K auch diesem befohlen eine Verpflegsmarke zu kaufen, da absehbar gewesen sei, dass dieser in Kürze auch MZ-Charge werden würde. Kurz darauf seien die drei Chargen zurückgekommen und hätten gemeldet, dass der Beschwerdeführer diesem einen Chargen keine Verpflegsmarke verkauft habe. OStWm K sei daraufhin in die Kanzlei des Beschwerdeführers gegangen, um den Sachverhalt zu klären. Der Zeuge habe sich zu diesem Zeitpunkt in der Zugskanzlei aufgehalten, als er lautes Geschrei des Beschwerdeführers vernommen habe. Das habe den Zeugen veranlasst, die Kanzlei zu verlassen, um nach dem Rechten zu sehen. Der Beschwerdeführer und OStWm K seien gerade unter lautem Geschrei des Beschwerdeführers in die Kanzlei des Vzlt S gegangen. Als der Zeuge in dieser Kanzlei eingetroffen sei, habe OStWm K ruhig und sachlich versucht mit dem Beschwerdeführer zu reden. Dieser sei sehr in Rage gewesen und habe die Kanzlei verlassen wollen. Beim Vorbeigehen an OStWm K habe der Beschwerdeführer diesen am Kragen gepackt. OStWm K habe sich gewehrt und den Beschwerdeführer weggestoßen. Der Zeuge sei zwischen die beiden gegangen und habe die Parteien beruhigt. Es sei alles sehr schnell gegangen und der Zeuge habe nur versucht zwischen die beiden zu kommen, um Schlimmeres zu verhindern. Der Zeuge wolle hier festhalten, dass die provokante, beleidigende und aggressive Art des Beschwerdeführers die Situation unnötig aufgeschaukelt habe und dieser den OStWm K zuerst angegriffen habe. Dieser hätte sich nur verteidigt.

4.       Am 22.01.2019 wurde OStWm K und am 23.11.2019 der Beschwerdeführer – jeweils als Beschuldigter – zu diesem Vorfall niederschriftlich einvernommen.
OStWm K gab dazu an, dass er einen namentlich genannten Mitarbeiter, der auf seine Überstellung zur Militärperson auf Zeit und seine Beförderung zum Gefreiten gewartet habe, vorausschauend mit zwei MZ-Gefreiten zum Beschwerdeführer geschickt habe, um eine Verpflegsmarke zu kaufen, da dieser bald kein berechtigter Kostteilnehmer mehr gewesen wäre und sein Essen bezahlen hätte müssen. Als dieser nach zwei Minuten zurück in die Kanzlei gekommen sei, habe er berichtet, dass er keine bekommen hätte. Daraufhin sei er selbst zum Beschwerdeführer gegangen, um ihn zu fragen, warum er dem Mitarbeiter keine gegeben habe. Als er in die Kanzlei des Beschwerdeführers gehen habe wollen, sei dieser gerade herausgekommen und Richtung Kanzlei des Vzlt S gegangen. OStWm K habe den Beschwerdeführer gefragt, weshalb er dem Rekruten keine Verpflegsmarke verkauft habe. Mit dem üblichen lautstarken, aggressiven Verhalten und wilden Gesten hätte der Beschwerdeführer minutenlang versucht OStWm K davon zu überzeugen, dass dem Rekruten keine Verpflegsmarke zustehe und er ihn „vor unnötigen Ausgaben bewahren“ habe wollen. Als der Beschwerdeführer die Kanzlei des Vzlt S wieder verlassen habe wollen, habe dieser OStWm K im Vorbeigehen auf die Seite gestoßen. OStWm habe sich mit Glück an der Jacke des Beschwerdeführers festhalten können, um nicht rücklinks auf den Boden zu stürzen. Daraufhin habe der Beschwerdeführer OStWm K mit beiden Händen an der Jacke im Brustbereich gepackt, ihn laut schreiend und mit hochrotem Kopf geschüttelt, sodass OStWm K seine einzige Chance darin gesehen habe, den Beschwerdeführer von sich wegzustoßen. Dass diese banale und alltägliche Situation so ausarten würde, könne er bis heute nicht fassen.
Der Beschwerdeführer gab bei seiner Beschuldigteneinvernahme an, dass er an diesem Tag zwei Essenskarten an neue MZ-Chargen ausgegeben habe; dem dritten Soldaten jedoch nicht, weil dieser erst mit 01.01.2019 MZ-Charge werden sollte und somit verpflichtender Kostteilnehmer gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich anschließend kurz in der Kanzlei des Vzlt S aufgehalten und wieder in seine Kanzlei gehen wollen. Auf dem Weg dorthin sei ihm OStWm K entgegengekommen und habe ihn angeschrien, weshalb er dem PiAD keine Essensmarke verkauft hätte. Der Beschwerdeführer habe geantwortet, dass dieser ein verpflichtender Kostteilnehmer wäre und keine brauche. OStWm K habe nicht aufgehört und geschrien, wenn dieser eine wolle, müsse ihm der Beschwerdeführer eine verkaufen. Der Beschwerdeführer habe OStWm erklärt, dass er ihn nicht belehren brauche und er selbst wisse, was zu machen sei. Aus Reflex habe sich der Beschwerdeführer in die Kanzelei des Vzlt S zurückgezogen und OStWm K sei ihm gefolgt. OStWm habe immer noch nicht zugehört und auch Vzlt S habe diesem erklären wollen, dass er (Anmerkung: der PiAD) keine kaufen könne. Die Situation sei eskaliert und OStWm K sei dem Beschwerdeführer dabei persönlich zu nahegekommen, wobei er dessen Gesichtsausdruck voller Zorn und Aufgebrachtheit sehen habe können. Als OStWm K dem Beschwerdeführer zu nahe gewesen sei, habe der Beschwerdeführer diesen als Schutzreaktion „weggeschupft (mit offenen Handflächen)“. Damit habe er nur mehr Abstand zu diesem gewinnen und bewirken wollen, dass dieser zum Toben aufhöre. Als OStWm K wieder vollen Stand gehabt habe, sei dieser mit einem gezielten Fußkick auf den Beschwerdeführer losgegangen. Gott sei Dank hätten Vzlt S und StWm E sofort eingegriffen und OstWm K festgehalten. Der Beschwerdeführer habe am nächsten Tag seine Hausärztin aufsuchen müssen, die ihn zwei Tage krankgeschrieben habe. Seine Meinung zu diesem Vorfall sei, dass er sowas noch nie erlebt habe und hoffentlich nicht noch einmal körperlich attackiert werde.

5.       Mit beschwerdegegenständlichen Disziplinarerkenntnis vom 12.02.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldbuße in der Höhe von Hundert Euro verhängt. Der Spruch lautet (im Original, anonymisiert):

„Sie haben am 04 12 2018 um 08:20 Uhr eine körperliche Auseinandersetzung mit OStWm K in der DfUO Kanzlei der 3. FüUKp gehabt. Dadurch haben Sie gegen den § 3 Abs. 6 der Allgemeinen Dienstvorschrift für das Bundesheer (ADV) und gegen § 43 a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) verstoßen und eine Pflichtverletzung gemäß § 2 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes 2014 (HDG 2014), BGBl. I Nr. 2/2014, begangen.

Über Sie wird daher gemäß § 51 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 100,- verhängt.“

In der Begründung wurde ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Auf Grund der im Beweisverfahren während der mündlichen Verhandlung festgestellten Umstände, wird als erwiesen angenommen:

Das(s) Sie am 04 12 2018 um ca. 0820 Uhr durch den Kdt FuZg der 3. FüUKp, OStWm K zur Rede gestellt wurden (laut ihrer Niederschrift wurden Sie von OStWm K angeschrien), warum Sie dem PiAD-Rekr L keine Verpflegsmarke verkauft haben, obwohl dieser als zukünftige Militärperson auf Zeit und damit nur mehr berechtigter Kostteilnehmer für das Essen demnächst bezahlen müsste.

(Der Beschwerdeführer) rechtfertigte sein Handeln damit (laut Niederschrift von OStWm K mit „seinem üblichen lautstarken, aggressiven Verhalten und wilden Gesten“), dass Rekr L noch PiAD ist und als verpflichteter Kostteilnehmer derzeit keine Verpflegsmarke braucht. Außerdem kann er als WiUO dies in der Einzahlungsliste für berechtigte Verpflegsteilnehmer nicht verbuchen, weil für den Personenkreis PiAD keine Einzahlung vorgesehen ist.

Diese verbale Konfrontation fand teilweise vor und auch in der Kanzlei des DfUO Vzlt S statt. Die verbale Auseinandersetzung wurde sehr laut und heftig durchgeführt, deshalb forderte der DfUO die beiden Kontrahenten mehrfach auf, sich zu beruhigen.

Im Zuge dieses Streitgespräches kamen sich beide Kontrahenten sehr nahe und (der Beschwerdeführer) stieß OStWm K zur Seite (laut Niederschrift mit (dem Beschwerdeführer) „als Schutzreaktion und zum Abstand gewinnen“). OStWm K konterte seinerseits mit einem Fußstoß gegen (den Beschwerdeführer).

Der DfUO Vzlt S und der ebenfalls anwesende StWm E griffen sofort ein und trennten die zwei Kontrahenten, welche ihre Meinungsverschiedenheit noch verbal fortsetzten.

Durch dieses unkameradschaftliche Verhalten haben Sie eine Dienstpflichtverletzung begangen, welche disziplinär zu ahnden ist. Sie haben damit die Bestimmungen des Verlautbarungsblatt I des BMLV Nr. 3/2018 „Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten“ nicht eingehalten (Umgangston und gegenseitiges Verhalten) und somit gegen § 3 Abs. 6 ADV und gegen § 43 a des BDG 1979 verstoßen. …

… Die Schwere der Pflichtverletzung liegt darin, dass Sie durch Ihr aggressives Verhalten, der Nichtachtung der Kameradschaft, Missachtung der Umgangsformen und der unangebrachten Ausdrucksweise, das Betriebsklima in ihrer Einheit geschädigt haben und dadurch die dienstliche Zusammenarbeit beeinträchtigt ist.

Bei der Strafbemessung wurde mildernd gewertet, dass Sie zum ersten Mal disziplinär aufgefallen sind und Sie auch bereit sind, im Zuge einer Mediation zur Konfliktlösung beizutragen.

Mit Rücksicht auf die Strafbemessungstatsachen erscheint die über Sie verhängte Disziplinarstrafe nicht nur schuldangemessen sondern auch notwendig, um nicht nur Sie, sondern auch alle anderen Bediensteten von der Begehung derartiger Pflichtverletzungen abzuhalten.

Die Einräumung des Parteiengehörs wird hiermit festgehalten.

Es liegt Ihre Niederschrift als Beschuldigter vor, sowie die Niederschrift von zwei Zeugen. Der Beschuldigte wurde mit sämtlichen Vorwürfen konfrontiert und erhielt die Möglichkeit Stellung zu nehmen. Der Beschuldigte zeigte sich im Zuge des Verfahrens fassungslos und betroffen. Im Beweisverfahren wurden neben dem Beschuldigten noch Vzlt S und StWm E als Zeugen befragt.
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer noch am selben Tag persönlich übergeben.

6.       Dagegen brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26.02.2019 binnen offener Frist über seinen bevollmächtigten Vertreter eine Beschwerde ein, worin das Disziplinarerkenntnis zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wird. Die belangte Behörde unterliege im angefochtenen Bescheid nicht nur einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, sondern habe darüber hinaus den zur Entscheidung erforderlichen wesentlichen Sachverhalt nur in unvollständiger Weise erhoben. Schon dadurch liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, die jedenfalls zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen müsse. Die belangte Behörde habe den von ihr (unvollständig) angenommenen Sachverhalt einer unrichtigen rechtlichen Würdigung unterzogen. Die Begründung des angefochtenen Disziplinarerkenntnis erfolgte offensichtlich einseitig. In keiner Weise von sei ausgehend von dem vom Beschwerdeführer und unabhängigen Zeugen angeführten dargestellten Sachverhalt von einem Disziplinarvergehen des Beschwerdeführers auszugehen. Die belangte Behörde stelle zunächst den Sachverhalt fest und führe an, dass im Beweisverfahren während der mündlichen Verhandlung festgestellte Umstände als erwiesen angenommen würden. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass hier lediglich niederschriftliche Einvernahmen erfolgt seien. Eine mündliche Verhandlung sei nicht durchgeführt worden. Wie die belangte Behörde sich auf eine mündliche Verhandlung und darin festgestellte Umstände berufen könne, sei daher nicht nachvollziehbar. Auch dieser Umstand werde als wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen müsse gerügt.

Dem Beschwerdeführer werde im angefochtenen Disziplinarerkenntnis vorgeworfen, er habe sein Handeln mit „seinem üblichen lautstarken, aggressiven Verhalten und wilden Gesten" gerechtfertigt. Weiters habe sie die angefochtene Entscheidung und die verhängte Geldbuße darauf gestützt, dass sich „beide Kontrahenten", gemeint wohl der Beschwerdeführer und OStWm K, nahegekommen seien und der Beschwerdeführer OStWm K als Schutzreaktion, um Abstand zu gewinnen, weggestoßen habe, OStWm K seinerseits mit einem Fußstoß gegen den Beschwerdeführer reagiert habe und in weiterer Folge die Meinungsverschiedenheit noch verbal fortgesetzt worden sei. Richtigerweise habe sich der Sachverhalt zugetragen wie folgt: Drei Soldaten seien zum Beschwerdeführer in dessen Büro gekommen, um Verpflegskarten zu erwerben. Der Beschwerdeführer habe in weiterer Folge Verpflegskarten an zwei dieser Soldaten verkauft, da es sich dabei um berechtigte Verpflegsteilnehmer gehandelt habe. Dem dritten Soldaten habe aufgrund der vorliegenden Vorschriften keine Verpflegskarte verkauft werden können, da dieser noch bis 01.01.2019 berechtigt gewesen sei, gratis essen zu gehen. Dies sei vom Beschwerdeführer diesem Soldaten gegenüber auch ausreichend kommuniziert worden. Als der Beschwerdeführer gegen 08:20 Uhr die Kanzlei des dienstführenden Unteroffiziers verlassen habe und in Begriff gewesen sei in seine Kanzlei zurückzugehen, sei er von OStWm K am Gang zur Rede gestellt und angeschrien worden. Hintergrund sei offensichtlich der Nichtverkauf der Verpflegskarte an den Rekr L gewesen. OStWm K habe den Beschwerdeführer am Gang anschrien, warum er dem Rekr L keine Verpflegskarte ausgestellt habe. Der Beschwerdeführer habe darauf in normalen Ton erwidert, dass ein verpflichteter Verpflegsteilnehmer, wie der Rekr Leitner, keine Verpflegskarte benötige. Daraufhin habe OStWm K wiederum mit dem Beschwerdeführer zu schreien begonnen und sinngemäß gemeint, wenn der Rekr L eine Karte wolle, müsse ihm der Beschwerdeführer eine verkaufen. Der Beschwerdeführer habe nochmals versucht ruhig zu erwidern, dass ihm OStWm K seine Arbeit nicht erklären müsse. Er habe dem Konflikt aus dem Wege gehen wollen und schließlich die Kanzlei betreten. Unmittelbar nachdem der Beschwerdeführer die Kanzlei betreten habe und mit dem DfUO sprechen wollte, sei OStWm K dem Beschwerdeführer in die Kanzlei des DfUO gefolgt.

Äußert aggressiv habe sich OStWm K auf dem Beschwerdeführer zubewegt, sei diesem sehr nahegekommen und habe der Beschwerdeführer OStWm K reflexartig mit offenen Handflächen weggeschubst. OStWm K habe darauf mit einem gezielten Fußtritt reagiert und damit den Beschwerdeführer am rechten Oberschenkel getroffen. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass es sich bei OStWm K um einen ausgebildeten Nahkampfinstruktor handle. In weiterer Folge habe dieser vom DfUO S und StWm E zurückgehalten werden müssen. Der Beschwerdeführer habe diese Gelegenheit genützt, um die Kanzlei des DfUO zu verlassen, um einem weiteren Konflikt aus dem Weg zu gehen. Wie die belangte Behörde vor diesem Hintergrund zu einem Disziplinarerkenntnis und der Verhängung einer Geldbuße über den Beschwerdeführer gelange, sei nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund hätte die Disziplinarbehörde das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Disziplinarverfahren jedenfalls einstellen müssen. Da der Beschwerdeführer durch den Angriff des OStWm K im Bereich des rechten Oberschenkels verletzt worden sei, habe er den Vorfall bei der Polizeiinspektion zur Anzeige gebracht. Schließlich wurde der Antrag gestellt der Beschwerde Folge zu geben und den Bescheid zu beheben.

7.       Mit Schreiben vom 05.03.2019 teilte der Disziplinarvorgesetzte dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Nach Wiederholung des Spruchs des Disziplinarerkenntnisses und Zusammenfassung des Beschwerdevorbringens wurde Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Die Disziplinarbehörde stellt hierzu fest:

Gemäß § 62 Heeresdisziplinargesetz (HDG) ist eine mündliche Verhandlung nur durchzuführen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig oder zweckmäßig erscheint. Aufgrund der Aktenlage war der Sachverhalt klar ersichtlich und somit keine mündliche Verhandlung erforderlich. Die Disziplinarbehörde hat am 08.02.2019  von 0930 bis 1100 Uhr den Sachverhalt mit den Zeugen und Beschuldigten abgeklärt. Als Beweismittel dienten die niederschriftlichen Einvernahmen der Zeugen und Beschuldigten durch den Einheitskommandanten Hptm L. Der festgestellte Sachverhalt wurde Ihnen am 12.02.2019 um 0845 Uhr mündlich durch die Disziplinarbehörde bekannt gegeben.

Folgender Sachverhalt zum Tathergang wurde erhoben:

Sie wurden am 04.12.2018 um ca. 0820 Uhr durch den Kdt FuZg der 3. FüUKp, OStWm K am Gang der 3. FüUKp vor der Kanzlei des DfUO, in normalem Ton zur Rede gestellt, warum Sie dem PiAD-Rekr L keine Verpflegsmarke verkauft haben, obwohl dieser als zukünftige Militärperson auf Zeit und damit nur mehr berechtigter Kostteilnehmer, für das Essen demnächst bezahlen müsste. Sie rechtfertigten ihr Handeln lautstark mit den aus Ihrer Sicht bestehenden Regelungen. Danach gingen Sie unter lautem Geschrei („einem verpflichteten Kostteilnehmer steht keine Essenskarte zu, er braucht keine, ich weiß was ich zu machen habe“) in die Kanzlei des DfUO Vzlt S. In der DfUO-Kanzlei standen Sie seitlich des Schreibtisches des Vzlt S und setzten die lautstarke verbale Auseinandersetzung mit OStWm K fort. Durch die hörbare laut geführte verbale Auseinandersetzung sah sich StWm E veranlasst, nach dem Rechten zu sehen, kam in die DfUO-Kanzlei und stellte sich zwischen Ihnen und OStWm K. Sie und OStWm K wurden vom DfUO Vzlt S mehrfach aufgefordert sich zu beruhigen. Als Sie die DfUO-Kanzlei verlassen wollten, gingen Sie auf OStWm K, welcher sich vor der Eingangstüre befand zu und stießen Ihn mit Ihren offenen Handflächen zur Seite. OStWm K konterte mit einem Fußstoß gegen Sie. Sie und OStWm Kendler wurden durch das sofortige Eingreifen von Vzlt S und StWm E getrennt. Anschließend setzten Sie Ihre Meinungsverschiedenheit noch verbal fort.

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf:

•        Die niederschriftliche Einvernahme der beiden Zeugen Vzlt S vom 21.01.2019 1400 Uhr und StWm E vom 21.01.2019 1500 Uhr.

•        Bei der Abklärung des Sachverhaltes mit beiden Zeugen am 08.02.2019 durch den Disziplinarvorgesetzten gaben beide Zeugen an, keine Änderungen oder Ergänzungen zu Ihren niederschriftlichen Zeugeneinvernahmen durchzuführen.

•        Am 28.02.2019 wurde StWm E vom Disziplinarvorgesetzten nochmals eingehend als Zeuge befragt und bestätigte vollinhaltlich die Angaben der Ersteinvernahme.

•        Am 01.03.2019 wurde Vzlt S vom Disziplinarvorgesetzten nochmals eingehend als Zeuge befragt und ein Lokalaugenschein in der DfUO-Kanzlei vorgenommen, wobei keine Änderung der Angaben zur Ersteinvernahme festgestellt werden konnten.

Zu Ihrem Vorbringen wird festgestellt:

•        Es kann keine inhaltliche Rechtswidrigkeit oder eine Verletzung von Verfahrensvorschriften seitens des Disziplinarvorgesetzten festgestellt werden. Der maßgebliche Sachverhalt wurde eingehend erhoben und Ihnen am 12.02.2019 um 0845 Uhr zur Kenntnis gebracht. Sie haben weder dem festgestellten Tathergang widersprochen noch haben Sie Anträge vorgebracht.

•        Der wesentliche Sachverhalt wurde durch die Einvernahme von Ihnen, OStWm K und den Zeugen Vzlt S und StWm E, sowie der persönlichen Inaugenscheinnahme des Vorfallorts durch den Disziplinarvorgesetzten erhoben.

•        Aus den Zeugenaussagen geht eindeutig hervor, dass Sie nicht wie in Ihrer Sachverhaltsdarstellung anführen „in normalem Ton“ und „nochmals ruhig zu erwidern“ argumentiert haben, sondern „lautes Geschrei des WiUO“, „rege Diskussion am Gang“ und „laute und heftige Diskussion“ zu vernehmen war.

•        Offensichtlich ist Ihre Eigenwahrnehmung (Konversation in normalem, ruhigem Ton) eine andere, wie Sie die glaubwürdigen Zeugen wahrgenommen haben.

•        Beide Parteien, Sie und OStWm K mussten von Vzlt S und StWm E getrennt und zurückgehalten werden.

•        § 43 a BDG 1979 normiert unter anderem, dass die Mitarbeiter einander mit Achtung zu begegnen und zum guten Funktionieren der Zusammenarbeit beizutragen haben. Durch Ihre lautstarke Reaktion auf die Vorhaltungen des OStWm K und das Wegstoßen des OStWm K beim Verlassen der DfUO-Kanzlei haben Sie sich nicht entsprechend der oben zitierten Bestimmungen verhalten.

•        Bei der Strafbemessung wurde mildernd gewertet, dass Sie im Zuge einer Mediation zur Konfliktlösung beitragen wollen. Diese Mediation, die für den 18.02.2019 angesetzt wurde haben Sie nicht wahrgenommen und diese auch beim Mediator Obst E abgesagt.

•        Ihnen wurde auf Ihr Verlangen am 18.02.2019 um 1325 Uhr Kopien der Niederschriften der Zeugeneinvernahmen von Vzlt S und StWm E, sowie die Niederschrift der Beschuldigteneinvernahme von OStWm Christoph K durch den Disziplinarvorgesetzen ausgehändigt.

Es besteht daher weiterhin der Verdacht der Pflichtverletzung.

Ihnen wird hiermit die Möglichkeit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich eine Stellungnahme beim Disziplinarvorgesetzten einzubringen. Die Disziplinarbehörde beabsichtigt danach eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG zu erlassen.“

8:       In der über den rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers eingebrachten Stellungnahme vom 19.03.2019 wird zunächst auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Wenn die Behörde feststelle, dass weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, noch wesentliche Verfahrensmängel vorliegen würden, verkenne sie die Rechtslage. Die belangte Behörde sei von Amtswegen verpflichtet, den zur Entscheidung erforderlichen und notwendigen Sachverhalt zu erheben. Dieser Verpflichtung sei die belangte Behörde bis dato noch nicht nachgekommen. Die Verletzung dieser materiellen Wahrheitserforschungspflicht stelle einen kardinalen Mangel der angefochtenen Entscheidung dar. Die belangte Behörde treffe auch keine wie immer gearteten Feststellungen zum offensichtlich auslösenden Vorfall der vorgeworfenen Pflichtverletzung.
Gehe man zudem vom vorliegenden Akteninhalt aus, liege zumindest ein strittiger Sachverhalt vor. Die Feststellungen des Disziplinarvorgesetzten, die lediglich die den Beschwerdeführer belastenden Aussagen würdigen, seien einseitig und nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man lediglich von den widersprechenden Angaben der einvernommenen Zeugen ausgehe, müsste man bei konsequenter Betrachtung dieses Sachverhaltes zum Ergebnis gelangen, dass eine Pflichtverletzung dem Beschwerdeführer nicht nachweisbar sei. Der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt sei nicht vollständig und einseitig und zum Nachteil des Beschwerdeführers gewürdigt.

Darüber hinaus habe die belangte Behörde es unterlassen, im angefochtenen Disziplinarerkenntnis Feststellungen zur Schwere der Pflichtverletzung zu treffen. Bei kritischer Betrachtung des festzustellenden Sachverhaltes liege auch keine Pflichtverletzung des Beschwerdeführers vor. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Disziplinarerkenntnis anführe, die Schwere der Pflichtverletzung begründe sich in aggressivem Verhalten, der Nichtachtung der Kameradschaft, Missachtung der Umgangsformen und der unangebrachten Ausdrucksweise, die in weiterer Folge das Betriebsklima und die dienstliche Zusammenarbeit in der Einheit des Beschwerdeführers beeinträchtige, so seien diese Ausführungen nicht nachvollziehbar. Dieser Schluss sei auch aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableitbar. Danach folgen Ausführungen zu der von der Behörde durchgeführten und aus Sicht des Beschwerdeführers mangelhaften Strafbemessung. Aufgrund des Vorbringens werde daher nochmals beantragt, der Beschwerde des Beschwerdeführers Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid bzw. das Disziplinarerkenntnis vom 12.02.2019 ersatzlos zu beheben.

9.       Mit Beschwerdevorentscheidung des Disziplinarvorgesetzten vom 16.04.2019 wurde die Beschwerde vom 26.02.2019 gegen das Disziplinarerkenntnis des Disziplinarvorgesetzten vom 12.02.2019 gemäß § 14 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 abgewiesen. Darüber hinaus wurde im Spruch festgestellt (im Original, anonymisiert):

„Sie haben am 04.12.2018 um 0820 Uhr in der DfUO Kanzlei der 3. FüUKp eine lautstarke verbale Auseinandersetzung mit OStWm K gehabt und diesen mit Ihren Händen beim Verlassen der Kanzlei weggestoßen. Dadurch haben Sie zumindest grob fahrlässig gegen den § 43 a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) (Achtungsvoller Umgang) verstoßen und eine Pflichtverletzung gemäß § 2 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes 2014 (HDG 2014), BGBl. I Nr. 2/2014 begangen. Über Sie wird daher gemäß § 51 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von Euro 100,- verhängt.“

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges, der Beschwerdeausführungen (siehe oben unter Punkt 6), der Feststellungen des Disziplinarvorgesetzten im Zuge des schriftlichen Parteiengehörs vom 05.03.2019 (siehe oben unter Punkt 7) und einer Zusammenfassung der vom Beschwerdeführer dazu eingebrachten Stellungnahme Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Der festgestellte Tathergang wird aufgrund

•        der niederschriftlichen Einvernahme der beiden Zeugen Vzlt S vom 21.01.2019 1400 Uhr und StWm E vom 21.01.2019 1500 Uhr,

•        der Abklärung des Sachverhaltes mit beiden Zeugen am 08.02.2019 durch den Disziplinarvorgesetzten und der Angaben von beiden Zeugen, keine Änderungen oder Ergänzungen zu Ihren niederschriftlichen Zeugeneinvernahmen durchzuführen,

•        der am 28.02.2019 nochmals eingehend als Zeuge befragte StWm E durch den Disziplinarvorgesetzten und der vollinhaltlichen Bestätigung der Angaben der Ersteinvernahme.

•        der am 01.03.2019 nochmals eingehend als Zeuge befragte Vzlt S durch den Disziplinarvorgesetzten und Vornahme eines Lokalaugenscheines in der DfUO-Kanzlei, wobei keine Änderung der Angaben zur Ersteinvernahme festgestellt werden konnten,

als erwiesen angesehen.

Sie haben den festgestellten Tathergang im Parteiengehör auch nicht bestritten.

Zur Pflichtverletzung:

Der § 43 a BDG 1979 normiert unter anderem, dass die Mitarbeiter einander mit Achtung zu begegnen und zum guten Funktionieren der Zusammenarbeit beizutragen haben.

•        Ihre lautstarke Reaktion auf die Vorhaltungen des OStWm K und insbesondere das Wegstoßen des OStWm K beim Verlassen der DfUO- Kanzlei widersprechen jedenfalls den oben zitierten Bestimmungen, da diese Art der Konfliktlösung einem gedeihlichen Betriebsklima widersprechen und damit die gemeinsame Aufgabenerfüllung massiv gestört wird.

Das HDG 2014 normiert zu den Pflichtverletzungen im § 2. (1) unter anderem:

•        Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten.

•        Sie haben daher eine Pflichtverletzung begangen.“

Danach folgen Ausführungen zur Strafbemessung.  Der Bescheid wurde dem rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 18.04.2019 nachweislich zugestellt.

10.      Dagegen brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter per schriftlicher Eingabe vom 23.04.2019 binnen offener Frist einen Vorlageantrag ein.

11.      Mit Schreiben vom 26.04.2019 legte die Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Berufsunteroffizier des Österreichischen Bundesheeres (MBUO) und als Wirtschaftsunteroffizier (WiUO) in der 3. Führungsunterstützungskompanie des Führungsunterstützungsbataillon 2 eingeteilt.

Zum Tatvorwurf:

1.1.    Am 04.12.2018 schickte OStWm K zwei ihm unterstellte MZ-Gefreiten und einen weiteren Soldaten, dessen Überstellung zur Militärperson auf Zeit bevorstand, zum Beschwerdeführer, um von ihm Essenskarten zu kaufen. Als diese zurückkehrten, wurde OStWm K berichtet, dass dieser weitere Soldat vom Beschwerdeführer keine Essenskarte erhalten habe. Als OStWm K zum Beschwerdeführer gehen wollte, um die Angelegenheit zu klären, traf er den Beschwerdeführer am Gang und stellte diesen zur Rede. Dabei entwickelte sich zwischen den beiden eine lautstarke Diskussion. Als der Beschwerdeführer in die Kanzlei des Dienstführenden Vzlt S ging, folgte ihm OStWm K und die beiden setzten ihr Streitgespräch lautstark fort. Dabei anwesend waren Vzlt S und StWm E, der auf das Streitgespräch am Gang aufmerksam geworden und den beiden in die Kanzlei des Vzlt S gefolgt war. Als der Beschwerdeführer die Kanzlei verlassen wollte, kamen er und OStWm K sich sehr nahe, worauf der Beschwerdeführer OStWm K mit offenen Handflächen von sich wegstieß. Darauf reagierte OStWm K ebenfalls mit einer Tätlichkeit gegen den Beschwerdeführer. In der Folge wurden die beiden von Vzlt S und StWm E getrennt.

1.2.    Aufgrund der vorliegenden Aussagen kann nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auf von OStWm K in normalen Ton vorgebrachte Vorhaltungen aggressiv und mit wildem Geschrei reagierte.
Ebenso kann aufgrund der vorliegenden Aussagen nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer OStWm K nur reflexartig von sich weggestoßen hat, um sich zu schützen und von diesem Abstand zu gewinnen, weil ihm dieser aufgebracht und voller Zorn zu nahegekommen ist, als der Beschwerdeführer die Kanzlei verlassen wollte.

2.       Beweiswürdigung:

Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus den darin aufliegenden und oben unter Punkt I.3. und I.4. wiedergegebenen niederschriftlichen Aussagen, sowie den Ausführungen des Beschwerdeführers in den eingebrachten Stellungnahmen und in der Beschwerde.

Der oben 1.1. festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den in dieser Hinsicht übereinstimmenden Aussagen aller einvernommenen Beteiligten und Zeugen.

Darüber hinaus geht die belangte Behörde davon aus, dass OStWm K den Beschwerdeführer lediglich in normalen Ton zur Rede gestellt habe, worauf der Beschwerdeführer mit lautem und aggressiven Geschrei reagiert hätte, und stützt diese Feststellung auf die vorliegenden niederschriftlichen Zeugenaussagen sowie auf weitere Befragungen dieser Zeugen am 08.02.2019, am 28.02.2019 und am 01.03.2019 im Zuge eines Lokalaugenscheins. Dem widerspricht der Beschwerdeführer und entgegnet, dass er von OStWm K am Gang zur Rede gestellt und dabei angeschrien worden sei. Um einem weiteren Konflikt aus dem Wege zu gehen, habe er die Kanzlei des Vzlt S betreten und OStWm K sei ihm gefolgt. Die vorliegenden niederschriftlichen Aussagen seien in diesem Zusammenhang widersprüchlich und einseitig zu seinem Nachteil gewürdigt worden. Dieser Einwand ist aus folgenden Gründen berechtigt:

Zunächst ist festzuhalten, dass die von der Behörde im Zuge der Beweiswürdigung ins Treffen geführten weiteren Befragungen der Zeugen (am 08.02.2019, 28.02.2019 und 01.03.2019) durch den Disziplinarvorgesetzten sowie der in der Kanzlei des Vzlt S durchgeführte Lokalaugenschein nicht entsprechend protokolliert wurden, weshalb daraus für die Beweiswürdigung nichts zu gewinnen ist. Darüber hinaus hat die Behörde hinsichtlich der dabei gewonnenen Erkenntnisse ausgeführt, dass es zu keinen Änderungen oder Ergänzungen der bereits vorliegenden niederschriftlichen Aussagen gekommen ist. Eine weitere Klärung des Sachverhalts wäre daher auch im Zuge einer mündlichen Verhandlung nicht zu erwarten.

Die vorliegenden niederschriftlichen Aussagen weisen in wesentlichen Punkten maßgebliche Widersprüche auf. OStWm K gibt an, dass er den Beschwerdeführer lediglich gefragt habe, weshalb er dem Rekruten keine Verpflegsmarke verkauft habe und der Beschwerdeführer daraufhin mit „dem üblichen lautstarken, aggressiven Verhalten und wilden Gesten“ minutenlang versucht habe, ihn davon zu überzeugen, dass dem Rekruten keine Verpflegsmarke zustehe. Wenn sich dies tatsächlich so zugetragen haben sollte, drängt sich jedoch die Frage auf, weshalb OStWm K dem Beschwerdeführer dann auch noch ins Büro des Vzlt S gefolgt ist, wie alle Beteiligten übereinstimmend angaben.

Die Aussagen des OStWm K werden zunächst von den Aussagen des StWm E gestützt, der angibt, lautes Geschrei des Beschwerdeführers vernommen zu haben. Als er die Kanzlei verlassen habe, um nach dem Rechten zu sehen, seien die beiden gerade unter lautem Geschrei des Beschwerdeführers in die Kanzlei des Vzlt S gegangen. OStWm K habe dort ruhig und sachlich versucht mit dem Beschwerdeführer zu reden, dieser sei jedoch sehr in Rage gewesen. Dies steht jedoch im Widerspruch mit den Aussagen des Vzlt S, der angab, eine rege Diskussion am Gang gehört zu haben. Diese Diskussion sei dann in seinem Büro weitergegangen und immer lauter geworden. Beide hätten sich trotz mehrerer Aufforderungen nicht beruhigen lassen.

Die vorliegenden Aussagen weisen auch hinsichtlich des weiteren Verlaufs des Geschehens wesentliche Widersprüche auf. Vzlt S gibt an, dass die beiden immer weiter aufeinander losgegangen seien und sich der Beschwerdeführer schließlich „Platz verschafft“ habe, indem er OStWm K weggestoßen habe, worauf dieser mit einem Fußstoß auf den Oberschenkel des Beschwerdeführers reagiert habe, was sich im Wesentlichen mit den Aussagen des Beschwerdeführers deckt. Dagegen gibt OStWm K an, dass ihn der Beschwerdeführer beim Verlassen der Kanzlei im Vorbeigehen gestoßen habe, er einen Sturz zu Boden nur durch Festhalten der Jacke des Beschwerdeführers verhindern habe können, worauf ihn der Beschwerdeführer mit beiden Händen an der Jacke im Brustbereich gepackt und laut schreiend geschüttelt hätte. Er habe schließlich seine einzige Chance darin gesehen, den Beschwerdeführer zurückzustoßen. Davon wiederum abweichend gibt StWm E an, dass der Beschwerdeführer die Kanzlei in Rage verlassen habe wollen und OStWm K beim Vorbeigehen am Kragen gepackt hätte. OStWm K habe sich gewehrt und den Beschwerdeführer wegestoßen. Von einem Fußstoß gegen den Beschwerdeführer, wie vom Beschwerdeführer angegeben und von Vzlt S bestätigt, ist in den Aussagen des OStWm K und des StWm E nicht die Rede.
Zusammengefasst sind die die vorliegen Aussagen zu wesentlichen Punkten des Geschehens zu widersprüchlich, um mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen zu können, dass die gegenständliche Auseinandersetzung insofern vom Beschwerdeführer ausgegangen wäre, als dieser mit lautem und aggressiven Verhalten auf ruhig und sachlich gestellte Fragen des OStWm K reagiert und diesen schließlich ohne ersichtlichen Grund von sich weggestoßen hätte. Insgesamt verbleiben hinsichtlich des gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurfs maßgebliche Zweifel, weshalb die vom Beschwerdeführer vorgebrachte und im Wesentlichen von den Aussagen des Vzlt S gestützte Version des Geschehensverlaufs nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu Spruchteil A):

3.1.1.  Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 – HDG 2014 BGBl. I Nr. 2/2014 (WV) lauten:

Pflichtverletzungen

§ 2. (1) Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen
1.         Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder


(4) Disziplinär strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt. Die §§ 5 und 6 sowie die §§ 8 bis 11 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, über Vorsatz und Fahrlässigkeit sowie über Irrtum, Notstand und Zurechnungsunfähigkeit sind anzuwenden.

(5) Ein Soldat ist disziplinär nicht zur Verantwortung zu ziehen, wenn nach Ansicht des Vorgesetzten eine Belehrung oder eine Ermahnung ausreicht, um den Soldaten von Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken.

Einleitung des Verfahrens

§ 61. (1) Gelangt dem für den Verdächtigen zuständigen Disziplinarkommandanten der Verdacht einer Pflichtverletzung zur Kenntnis, so hat diese Behörde zunächst den Sachverhalt zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen für das Kommandantenverfahren vor, so hat der zuständige Disziplinarkommandant, der von diesem Sachverhalt zuerst Kenntnis erlangt hat, das Verfahren durch eine erste Verfolgungshandlung gegen den Verdächtigen einzuleiten. Die erfolgte Einleitung ist dem Beschuldigten, sofern das Verfahren nicht unmittelbar nach dieser Verfolgungshandlung eingestellt wird, unter Angabe der näheren Umstände der zugrunde liegenden Pflichtverletzung unverzüglich formlos mitzuteilen.

(2) Hinsichtlich Wehrpflichtiger des Miliz- und Reservestandes tritt an die Stelle des Einheitskommandanten der für den Verdächtigen zuständige Disziplinarvorgesetzte.

Durchführung des ordentlichen Verfahrens

§ 62. (1) Dem Beschuldigten sind die Erhebungsergebnisse vorzuhalten. Eine mündliche Verhandlung ist durchzuführen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig oder zweckmäßig erscheint. Die Disziplinarbehörde darf aus ihrem Zuständigkeitsbereich erforderliche Hilfskräfte zu einer solchen Verhandlung beiziehen. Findet keine mündliche Verhandlung statt, so ist das Ermittlungsverfahren schriftlich durchzuführen.

(2) Liegen die Voraussetzungen für das abgekürzte Verfahren nicht vor, so hat der Einheitskommandant dem Disziplinarvorgesetzten Meldung zu erstatten. In diesem Falle hat der Disziplinarvorgesetzte

1. das Disziplinarverfahren als ordentliches Verfahren durchzuführen oder

2. die Disziplinaranzeige zu erstatten, wenn bei einem Soldaten, der dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehört, eine Geldstrafe oder die Entlassung oder die Unfähigkeit zur Beförderung oder die Degradierung erforderlich erscheint.

(3) Das Verfahren ist durch die Disziplinarkommandanten formlos einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder diese Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, oder

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt oder

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken.

Wurde einem Beschuldigten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bereits mitgeteilt, so ist ihm auch die formlose Einstellung des Verfahrens unter Hinweis auf den Einstellungsgrund nach Z 1 bis 4 mitzuteilen.

(4) Wird hinsichtlich der dem Verfahren zugrundeliegenden Pflichtverletzung eine Disziplinaranzeige erstattet, so gilt das Verfahren ab dem Zeitpunkt der Erstattung dieser Anzeige als eingestellt. Dies gilt auch, wenn der Beschuldigte hinsichtlich einer solchen Pflichtverletzung die Einleitung eines Senatsverfahrens gegen sich selbst beantragt, ab dem Zeitpunkt des Einlangens dieses Antrages beim Disziplinarvorgesetzten.

(5) Wird das Disziplinarverfahren nicht eingestellt, so ist ein Disziplinarerkenntnis zu fällen.
Die Bestimmung des § 44 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl Nr.333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/1999 lautet:

Achtungsvoller Umgang (Mobbingverbot)

§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

3.1.2.  Zur Auslegung und Anwendung auf den gegenständlichen Sachverhalt:

Der hier von der Behörde zur Anwendung gebrachte Tatbestand des § 43a BDG 1979 geht über das Verbot des „klassischen Mobbings“ hinaus und ordnet generell an, dass sich Beamte grundsätzlich mit Achtung zu begegnen haben. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

Dazu hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.01.2013, 2012/09/0154 näher Folgendes ausgeführt:

„Nach den Erläuterungen 488 BlgNR 24. GP, S. 9, zu § 29a LDG 1984 idF 2009/I/153, versteht man unter Mobbing eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kolleginnen und Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird (siehe dazu auch das Rundschreiben des Bundeskanzleramts, GZ BKA-931.015/0002- III/7/2005). Schon § 26 der DP enthielt eine Verpflichtung der Bediensteten zum achtungsvollen Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen. Im Gegensatz dazu findet sich in den §§ 43 bis 45 BDG 1979 keine ausdrückliche Regelung, welche die Art und Weise des Umgangs von Bediensteten miteinander bzw. den allgemeinen 'Betriebsfrieden' zum Inhalt hat. Mobbinghandlungen sind jedoch schon nach derzeitiger Rechtslage als Dienstpflichtverletzungen zu qualifizieren, wenn durch sie entweder Tatbestände des gerichtlichen Strafrechts (etwa Körperverletzung oder ehrenrühriges Verhalten) verwirklicht werden oder wenn aus ihnen Rückschlüsse auf dienstlich relevante Charaktermängel gezogen werden können. Um Mobbing hinkünftig zielsicher und schnell unterbinden und ahnden zu können, um die Informiertheit und Bewusstseinbildung unter den Bediensteten zum Thema 'Mobbing' zu fördern, aber auch um gegenüber den Bediensteten klarzustellen, dass es sich bei einem derartigen Verhalten um eine Dienstpflichtverletzung handelt, sieht der neue § 43a BDG 1979 deshalb eine eindeutig formulierte Verpflichtung der Bediensteten zum achtungs- und respektvollen Umgang miteinander vor. Mit der Textierung dieser Bestimmung wird - um eine überschießende Ahndung von zwischenmenschlichem Fehlverhalten hintanzuhalten - an die ständige Rechtsprechung des VwGH angeknüpft, der zufolge nicht jede spontane Gemütsäußerung etwa einer oder einem Vorgesetzten gegenüber 'auf die Goldwaage gelegt' wird (vgl. E 11. Dezember 1985, 85/09/0223; E 4. September 1989, 89/09/0076) und disziplinarrechtliche Folgen nach sich zieht. Nur dann, wenn 'die menschliche Würde eines Kollegen oder Vorgesetzten verletzt' oder die dienstliche Zusammenarbeit und damit der Betriebsfriede 'ernstlich gestört' wird (vgl. E 11. Dezember 1985, 85/09/0223; E 16. Oktober 2001, 2001/09/0096), ist das Verhalten disziplinarrechtlich zu ahnden. Dies ist auch dann der Fall, wenn Verhaltensweisen gesetzt werden, die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, beleidigend oder anstößig sind. Der Begriff 'Diskriminierung' umfasst somit auch die Schaffung feindseliger oder demütigender Arbeitsbedingungen.“
Die Disziplinarbehörde hat den Beschwerdeführer mit Beschwerdevorentscheidung schuldig gesprochen, er habe am 04.12.2018 um 0820 Uhr in der DfUO Kanzlei der 3. FüUKp eine lautstarke verbale Auseinandersetzung mit OStWm K gehabt und diesen mit seinen Händen beim Verlassen der Kanzlei weggestoßen. Der Behörde ist zunächst insofern Recht zu geben, als in einem solchen Verhalten grundsätzlich ein objektiver Verstoß gegen die in § 43a. BDG 1979 normierte Dienstpflicht, Mitarbeiter mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, gesehen werden kann.

Gemäß § 2 Abs. 4 HDG 2014 ist macht sich jedoch nur disziplinär strafbar, wer schuldhaft handelt.

„Niemand darf bestraft werden, wenn seine Schuld nicht erwiesen ist (nulla poena sine culpa; Hinweis E 18.10.1989, 89/09/0023). Dies gilt auch für den Schuldspruch ohne Strafe.“ (VwGH 18.10.1990, 90/09/0070).

„Wie das Beweisverfahren im AVG ist auch jenes im Disziplinarverfahren unter anderem vom Grundsatz der materiellen Wahrheit, dass die Behörde den wirklichen, entscheidungserheblichen Sachverhalt festzustellen hat, getragen. Im Disziplinarverfahren gibt es - wie im Strafprozess - keine formelle Beweislast der Parteien. Eine Schuldvermutung besteht im Disziplinarrecht nicht. Kann dem Beamten die schuldhafte Begehung einer Dienstpflichtverletzung nicht nachgewiesen werden, so ist er - nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" - nicht zu bestrafen (vgl. § 118 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979; sowie Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, zweite Auflage 1996, Seite 361). Bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld des einer Dienstpflichtverletzung verdächtigen Beamten gilt - auch im Disziplinarverfahren - die Unschuldsvermutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1987, Zl. 86/09/0134, VwSlg. 12461 A/1987).“ (VwGH 04.04.2001, 98/09/0137)

Wie oben dargestellt, hat die Würdigung der vorliegenden Beweise ergeben, dass nach Berücksichtigung aller Umstände eben nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer auf von OStWm K in normalen Ton vorgebrachte Vorhaltungen aggressiv und mit wildem Geschrei reagierte. Und ebenso kann aufgrund der vorliegenden Aussagen nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer OStWm K nur reflexartig von sich weggestoßen hat, um von diesem Abstand zu gewinnen, weil ihm dieser aufgebracht und voller Zorn zu nahegekommen ist, als er die Kanzlei verlassen wollte.
Da im gegenständlichen Fall auf Grundlage der widersprüchlichen Aussagen der notwendige Nachweis nicht erbracht werden kann, dass die mit OStWm K lautstark geführte verbale Auseinandersetzung tatsächlich durch ein die Menschenwürde verletzendes Verhalten des Beschwerdeführers ausgelöst wurde und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser schließlich den OStWm K von sich gestoßen hat, um sich vor einer allenfalls befürchteten körperlichen Aggression zu schützen, kann eine schuldhafte Verletzung der in § 43a BDG 1979 normierten Dienstpflicht nicht mit der dafür notwendigen Sicherheit festgestellt werden.

Gemäß dem auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuwendenden § 62 Abs. 3 Z 1. HDG ist das Verfahren einzustellen, wenn die Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann.  Das beschwerdegegenständliche Disziplinarerkenntnis war daher zu beheben und das gegen den Beschwerdeführer in der Sache geführte Disziplinarverfahren gemäß § 62 Abs. 3 Z 1 HDG 2014 im Zweifel einzustellen.

3.2.    Zu Spruchteil B):
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen würde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben umfassend dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen.

Schlagworte

achtungsvoller Umgang Bescheidbehebung Disziplinarstrafe Disziplinarverfahren Einstellung - Disziplinarverfahren Geldbuße Nachweismangel Pflichtverletzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2218236.1.00

Im RIS seit

22.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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