TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/18 W198 2238701-1

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Veröffentlicht am 18.08.2021
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Entscheidungsdatum

18.08.2021

Norm

ASVG §8 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4

Spruch


W198 2238701-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Mag. Georg PRCHLIK, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen vom 10.12.2020, Zl.: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 10.12.2020, Zl.: XXXX , hat die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (in der Folge: SVS) gemäß § 194 GSVG iVm § 410 ASVG im Spruchpunkt 1. festgestellt, dass XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) im Zeitraum von 01.10.2016 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sowie der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß
§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG unterliegt. Im Spruchpunkt 2. wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum 24.10.2020 verpflichtet ist, rückständige Beiträge zur Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von € 41.832,36 zu bezahlen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der SVS vom zuständigen Finanzamt die Einkommenssteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2016, 2017 und 2018 übermittelt worden seien, aus denen Einkünfte aus selbständiger Arbeit über der jeweils maßgeblichen Versicherungsgrenze ersichtlich seien. Diese Einkünfte würden ausschließlich aus dem Heisenbergstipendium des Beschwerdeführers stammen. Es liege daher eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs.1 Z 4 GSVG vor. Der Beschwerdeführer habe in der Versicherungserklärung vom 07.11.2016 glaubhaft gemacht, dass seine betriebliche Tätigkeit mit 01.10.2016 begonnen habe. Die Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sowie die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG sei somit für den Zeitraum 01.10.2016 bis 31.12.2018 festzustellen. In weiterer Folge wurde die Berechnung der Höhe der zu entrichtenden Beiträge zur Sozialversicherung dargelegt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 07.01.2021 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 10.10.2016 bei der belangten Behörde vorgesprochen habe und ein Schreiben der Deutschen Forschungsgemeinschaft betreffend die Bewilligung eines Heisenbergstipendiums präsentiert und um schriftliche Bestätigung ersucht habe, ob aufgrund dessen Versicherungspflicht bestünde. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.10.2016 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, weitere Unterlagen vorzulegen. Am 07.11.2016 habe sich der Beschwerdeführer erneut zur belangten Behörde begeben, wo er wiederum im Frontoffice beraten worden sei. Er habe die Formulare „Versicherungserklärung für Freiberufler“ sowie „Fragen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bei Stipendien und Forschungsbeihilfen“ entsprechend den Vorgaben der Mitarbeiter der belangten Behörde ausgefüllt und sei ihm erklärt worden, dass die Zahlungen aus dem Heisenbergstipendium keinesfalls sozialversicherungsrechtlich relevante Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit darstellen würden. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.11.2016 sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass es aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen zu keiner Pflichtversicherung nach dem GSVG komme. Mit diesem Schreiben habe die belangte Behörde in verbindlicher Weise erklärt, dass die vom Beschwerdeführer auf Basis des Heisenbergstipendiums erhaltenen Beträge unabhängig von ihrer Höhe keine Pflichtversicherung zur Folge hätten.

3. Am 15.01.2021 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 10.10.2016 legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde ein Schreiben der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 16.12.2015 vor, welchem zu entnehmen ist, dass dem Beschwerdeführer ein Heisenbergstipendium für 36 Monate bewilligt wurde. Das Stipendium setzt sich laut diesem Schreiben vom 16.12.2015 aus einem monatlichen Grundbetrag in Höhe von € 4.450,00 und einem monatlichen Sachkostenzuschuss in Höhe von € 250,00 zusammen; für den Auslandsaufenthalt von 36 Monaten steht dem Beschwerdeführer ein entsprechender Auslandszuschlag zu. Für die beabsichtigte Buchpublikation werden dem Beschwerdeführer laut diesem Schreiben zusätzliche Mittel in Höhe von € 10.000,00 bewilligt.

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen eines Beratungsgespräches bei der belangten Behörde am 07.11.2016 sowohl eine „Versicherungserklärung für Freiberufler nach
§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG“, als auch die „Fragen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach
§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bei Stipendien und Forschungsbeihilfen“ ausgefüllt. In der Versicherungserklärung gab er an, dass seine Einkünfte aus der Tätigkeit „Bearbeitung eigener Forschungsvorhaben, gefördert durch die Deutschen Forschungsgemeinschaft“ zusammen mit Einkünften aus anderen nach dem GSVG versicherungspflichtigen Tätigkeiten die Versicherungsgrenze voraussichtlich nicht überschreiten werden. In dem „Fragenbogen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bei Stipendien und Forschungsbeihilfen“ hat der Beschwerdeführer die Frage, ob er Einkünfte aus selbständiger Arbeit von mindestens € 4.988,64 erzielen würde, mit „nein“ beantwortet.

Aufgrund dieser am 07.11.2016 vom Beschwerdeführer getätigten Angaben hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 10.11.2016 den Beschwerdeführer darüber informiert, dass es aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen (Stipendium) zu keiner Pflichtversicherung nach dem GSVG kommt.

Aufgrund des automatischen Datenaustausches gemäß § 229a GSVG wurden der SVS durch das zuständige Finanzamt die Einkommenssteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2016, 2017 und 2018 übermittelt.

Der Einkommenssteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2016 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 15.373,00 aus.

Der Einkommenssteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2017 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 67.080,34 aus.

Der Einkommenssteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2018 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 67.755,40 aus.

2. Beweiswürdigung:

Das Schreiben der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 16.12.2015 liegt im Akt ein.

Die vom Beschwerdeführer am 07.11.2016 ausgefüllte „Versicherungserklärung für Freiberufler nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG“ sowie der ebenfalls am 07.11.2016 ausgefüllte „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bei Stipendien und Forschungsbeihilfen“ liegen ebenfalls im Akt ein.

Die Höhe des Einkommens aus selbständiger Arbeit, welche in den Einkommenssteuerbescheiden 2016, 2017 und 2018 ausgewiesen ist, wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Der Sachverhalt ist in den wesentlichen Punkten unstrittig. Vorliegend handelt es sich um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 194 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG. Gemäß
§ 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Nach
§ 194 Z 5 GSVG sind die Abs. 2 und 3 des § 414 ASVG, welche die Entscheidung eines Senates auf Antrag einer Partei in Angelegenheiten des § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG vorsehen, in Verfahren zur Durchführung des GSVG jedoch nicht anzuwenden. Da die Entscheidung durch einen Senat auch sonst nicht vorgesehen ist, liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.

Da der Beschwerdeführer in der Versicherungserklärung vom 07.11.2016 angab, dass seine Einkünfte aus der Tätigkeit „Bearbeitung eigener Forschungsvorhaben, gefördert durch die Deutschen Forschungsgemeinschaft“ zusammen mit Einkünften aus anderen nach dem GSVG versicherungspflichtigen Tätigkeiten die Versicherungsgrenze voraussichtlich nicht überschreiten werden, wurde seitens der belangten Behörde zunächst die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nicht festgestellt.

In seinem Erkenntnis vom 26.11.2008, Zl.2005/08/0139, stellt der Verwaltungsgerichtshof klar, dass mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände der Gesetzgeber zudem keinen Raum dafür lässt, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen. Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich daher - soweit es um die Art der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit geht - nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenzen übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung besteht, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz - etwa im Fall des § 4 ASVG - eingetreten ist.

Aus dem zitierten Erkenntnis ergibt sich, dass die mit rechtskräftigem Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 somit auch für die Sozialversicherungsanstalt bindend ist. Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist dem Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht mehr zu prüfen (vgl. VwGH vom 24.01.2006, Zl. 2003/08/0231). Somit wird eine Bindung der Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG an das Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheides, der Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die über der jeweiligen Versicherungsgrenze liegen, normiert (vgl. VwGH vom 21.12.2011, Zl 2009/08/0292; vom 19.12.2012, Zl. 2011/08/0051; vom 19.10.2011, Zl. 2011/08/0108; vom 25.05.2011, Zl. 2010/08/0219, vom 30.06.2009, Zl. 2008/08/0217).

Im gegenständlichen Fall sollte das Heisenbergstipendium dem Beschwerdeführer ermöglichen, seine Arbeitskraft auf seine Forschungsarbeit zu konzentrieren und stellt wirtschaftlich einen Einkommensersatz dar. Die mit dem Stipendium geförderte Forschungstätigkeit ist als erwerbswirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, führt daher zu Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988 und liegt daher eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vor.

Im vorliegenden Fall liegen die rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2016, 2017 und 2018 vor, welche Einkünfte aus selbständiger Arbeit aufweisen. Die Einkünfte überschreiten jeweils die gegenständliche maßgebende Versicherungsgrenze gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG, sodass Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorgelegen hat.

Gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 GSVG beginnt die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs.1 Z 4 GSVG mit dem Tag der Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit; hat jedoch der Versicherte die Meldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit Beginn des Kalenderjahres, in dem die Einkünfte die Grenzen des § 25 Abs. 4 übersteigen, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, dass er die betriebliche Tätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt begonnen hat.

Der Beschwerdeführer hat in der „Versicherungserklärung für Freiberufler nach
§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG“ vom 07.11.2016 angegeben, dass er seine betriebliche Tätigkeit, nämlich die Bearbeitung eigener Forschungsvorhaben, seit 01.10.2016 ausübt.

Das Ende der Pflichtversicherung mit 31.12.2018 ergibt sich aus dem Schreiben der belangten Behörde an die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 24.11.2020 in Zusammenschau mit dem Bescheidantrag der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 03.12.2020, woraus sich ergibt, dass verfahrensgegenständlich lediglich über den Zeitraum bis 31.12.2018 abgesprochen wurde.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für den Zeitraum 01.10.2016 bis 31.12.2018 festgestellt.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.11.2016 mitgeteilt worden sei, dass es aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen zu keiner Pflichtversicherung nach dem GSVG komme und die belangte Behörde dadurch in verbindlicher Weise erklärt habe, dass die vom Beschwerdeführer auf Basis des Heisenbergstipendiums erhaltenen Beträge unabhängig von ihrer Höhe keine Pflichtversicherung zur Folge hätten, ist entgegenzuhalten, dass dem Schreiben der belangten Behörde vom 10.11.2016 keine Rechtsverbindlichkeit zukommt. Dieses Schreiben wurde weder als „Bescheid“ gekennzeichnet, noch handelt es sich um ein Schreiben mit Bescheidcharakter. Insbesondere der Gebrauch der Höflichkeitsklausel „Sehr geehrter Herr XXXX “ lässt darauf schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt (vgl. VwGH 31.05.1996, 96/12/0094, Rechtssatz 1). Auch die einschränkende Formulierung „aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen“ schließt die Verbindlichkeit des Schreibens aus und gibt zu erkennen, dass, sollten weitere, die Sachlage ändernde Unterlagen bekannt werden (wie nunmehr die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide, welche Einkünfte aus selbständiger Arbeit über der Versicherungsgrenze ausweisen), sich auch die Rechtslage ändert. Die belangte Behörde hat mit ihrem Schreiben vom 10.11.2016 somit keineswegs rechtsverbindlich festgestellt, dass keine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bestehen würde.

Das System der Pflichtversicherung in Österreich ist ein System der Ex- lege- Versicherung: Die betroffenen Personen werden aufgrund des Gesetzes bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (Eintreten eines bestimmten Sachverhaltes, Verwirklichung eines im Gesetz festgelegten Tatbestandes) in die Pflichtversicherung einbezogen – unabhängig von ihrem Wissen und Willen, unabhängig von der Anmeldung (Scheiber/ Taudes in Sonntag, Hrsg., GSVG/SVSG, 2021, § 2 RZ 2a).

Der Beschwerdeführer unterlag daher im Zeitraum 01.10.2016 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG unterliegen alle selbständigen Erwerbstätigen, die in der Kranken- oder Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sind, der Unfallversicherung nach dem ASVG. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung gemäß
§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG für den Zeitraum 01.10.2016 bis 31.12.2018 festgestellt.

Die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung der Höhe der rückständigen Beiträge zur Sozialversicherung wurde seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten und ist gesetzeskonform.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

betriebliche Tätigkeit Einkommenssteuerbescheid Pflichtversicherung Stipendium Unfallversicherung Versicherungsgrenze Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W198.2238701.1.00

Im RIS seit

24.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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