TE Lvwg Erkenntnis 2021/7/27 VGW-042/093/14457/2020

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Veröffentlicht am 27.07.2021
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Entscheidungsdatum

27.07.2021

Index

60/03 Kollektives Arbeitsrecht
72/15 Forschung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ArbVG §33
ArbVG §89
ArbVG §160 Abs1
ArbVG §160 Abs2
ArbIG 1993 §34
FOG 1981 §18 Abs2
FOG1981 §18a Abs3
FOG 1981 §19
FOG 1981 §22
FOG 1981 §23
VStG 1991 §9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr.in Oswald, LL.M. über die Beschwerde des Herrn Dr. A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 27.7.2020, Zl. MBA/..., betreffend eine Übertretung des § 89 Z 3 des Arbeitsverfassungsgesetzes – ArbVG, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 1.7.2021

zu Recht e r k a n n t:

I.     Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anstatt „Sona k Observatorium“ lautet: „Sonnblick Observatorium“ und dass die übertretene Rechtsvorschrift lautet wie folgt „§ 160 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 des Arbeitsverfassungsgesetzes – ArbVG, BGBl. Nr. 22/1974 idF BGBl. I Nr. 98/2001, iVm § 89 Z 3 ArbVG idF BGBl. Nr. 754/1996“.

II.    Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 42,– (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III.   Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 52 Abs. 3 VwGVG der Ersatz der dem Verwaltungsgericht Wien erwachsenen Barauslagen dem Grunde nach auferlegt.

IV.    Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zusätzlich für die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur ungeteilten Hand.

V.     Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Als erwiesen angenommene Tatsachen:

Der Beschwerdeführer war von Juni 2010 bis 30.6.2021 Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) mit Sitz in 1190 Wien, Hohe Warte 38.

Die ZAMG ist Betreiber der Klima- und Umweltforschungsstation „Observatorium Sonnblick“ in 5661 Rauris, Bergstation Sonnblick. Dort werden etwa Temperaturmessungen vorgenommen, andere meteorologische Elemente gemessen, die Luftqualität und Klimaveränderungen erforscht. Die ZAMG stellt die dort tätigen Arbeitskräfte zur Verfügung und stellt die Infrastruktur zur Verfügung.

Bei der ZAMG sind sowohl Vertragsbedienstete des Bundes als auch Angestellte der ZAMG tätig. In der ZAMG wurde ein Betriebsrat für die Privatangestellten eingerichtet.

Die Abteilung Kundenservice Salzburg der ZAMG hat eine untergeordnete Einheit, die Gruppe Observatorium Sonnblick. Die fachliche Leitung der Gruppe hat Frau Dr. X. inne, die anfangs ihrer Tätigkeit Privatangestellte war, nunmehr aber Vertragsbedienstete des Bundes ist. Am Observatorium waren im Jahr 2019 permanent vier Techniker (Herr N. C., Herr M. C., Herr D. und Herr E.) tätig, dabei handelt es sich um Vertragsbedienstete des Bundes. Die anderen Mitarbeiter der Gruppe Observatorium Sonnblick sind teilweise Vertragsbedienstete, teilweise Privatangestellte (etwa Herr F., MSc., Herr Dipl.-Ing. G. und Frau H.). Sie arbeiten von anderen Dienstorten aus, insbesondere in Salzburg, reisen aber in regelmäßigen Abständen zur Aufgabenerfüllung zum Observatorium. Dort arbeiten sie mehrmals im Monat tageweise mit Instrumenten der ZAMG. Ab und zu erfolgt auch eine Übernachtung auf dem Observatorium. Diese Arbeitseinsätze werden als Dienstreisen abgerechnet. Die im Jahr 2019 für das Observatorium zuständige Sicherheitsvertrauensperson, Herr G., ist Angestellter der ZAMG.

Das Observatorium bzw. der Verein Sonnblick hat keine eigenen Arbeitnehmer.

Die Diensteinteilung für die am Observatorium zu verrichtenden Arbeiten erfolgt durch die Arbeitnehmer in Absprache mit Frau Dr. X., je nach Arbeitsanfall und je nach Projekt.

Herr M. C., Herr N. C. und Herr I. D. sind und waren am 28.8.2019 Vertragsbediensteter des Bundes mit vertraglichem Dienstort „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik“. Herr J. K. ist Vertragsbediensteter des Bundes wurde 2015 dem BMWFW zur Dienstleistung zugeteilt; er wird in der ZAMG eingesetzt. Herr L. E. ist seit 1980 Vertragsbediensteter des Bundes mit vertraglichem Dienstort „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik“. Herr Dipl.-Ing. O. G. ist seit 2002 Angestellter der ZAMG mit vertraglichem Dienstort „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Regionalstelle für Salzburg und Oberösterreich, 5020 Salzburg“. Er arbeitet wie beschrieben zweitweise auch am Observatorium. Herr P. F., MSc. ist und war am 28.8.2019 Angestellter der ZAMG mit vertraglichem Dienstort „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, 5020 Salzburg, Freisaalweg 16“. Er arbeitet wie beschrieben zeitweise auch am Observatorium.

Am 28.8.2019 besuchte das Arbeitsinspektorat Salzburg das Sonnblick Observatorium. Der Betriebsrat wurde über diesen Besuch weder vorab informiert noch zur Teilnahme an der Besichtigung eingeladen.

Die Leiterin des Observatoriums, Frau Dr. X., wurde vom Arbeitsinspektorat vorab über die Besichtigung informiert und informierte wiederum alle Mitarbeiter der Gruppe Observatorium Sonnblick, darunter Herr F. und Herr G., sowie ihren direkten Dienstvorgesetzten, nicht jedoch den Beschwerdeführer.

Der Betriebsrat erfuhr am 11.9.2019 von dem Besuch und erhielt am 12.9.2019 den Bericht des Arbeitsinspektorats Salzburg. Am 25.9.2019 brachte der Betriebsrat bei der belangten Behörde aufgrund des beschriebenen Sachverhalts einen Privatanklageantrag ein.

Zur Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die eingeholten Dienstverträge, Dienstreiseabrechnungen, die Anstaltsordnung der ZAMG, die vorgelegte Beschreibung der Struktur und der Tätigkeitendes Sonnblick Observatoriums sowie die Erörterung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts in der mündlichen Verhandlung.

Die Beschäftigungsverhältnisse und der Einsatz der Arbeitnehmer am Observatorium Sonnblick ergeben sich aus den vorgelegten Dienstverträgen und Dienstreiseabrechnungen sowie der Befragung der Leiterin des Observatoriums Sonnblick, Frau Dr. X., zweier Angestellter der ZAMG (Herr Dipl.-Ing. G. und Herr F., MSc.) und eines Bundesbediensteten (Herr K.) als Zeugen. Aus den schriftlichen Dienstverträgen ergibt sich für keinen der Arbeitnehmer, dass er/sie ausschließlich am Observatorium Sonnblick eingesetzt werde. In der mündlichen Verhandlung gaben aber der Beschwerdeführer und der Vertreter des ZAMG glaubwürdig an, dass vier Vertragsbedienstete dort ihren permanenten und ausschließlichen Dienstort haben.

Aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen und den vorgelegten Unterlagen ergibt sich weiters, dass es eine fachliche Einheit (Gruppe) in der Abteilung Kundenservice Salzburg gibt, die von Frau Dr. X. geleitet wird und die Aufgaben des Observatoriums Sonnblick erfüllt. Aus den Zeugenaussagen und vorgelegten Unterlagen folgt weiters, dass dieser Gruppe auch Privatangestellte angehören und dass diese auch zeitweise für Arbeiten am Observatorium eingesetzt werden. Der Betriebsrat der Privatangestellten des ZAMG legte diesbezüglich auch einen Auszug aus der Website des Observatoriums vor, aus dem hervorgeht, dass etwa die Privatangestellten Herr Dipl.-Ing. G. und Herr F., MSc. als „Sonnblick Team“ auftreten. Dies erweckt jedenfalls den Anschein, dass diese Arbeitnehmer ebenso (permanent oder nicht permanent) am Observatorium eingesetzt werden wie die andere auf der Homepage genannten Arbeitnehmer. Im von der ZAMG vorgelegten Auszug eines „Managementberichtes“ betreffend das Observatorium werden zudem sowohl Vertragsbedienstete des Bundes als auch Angestellte des ZAMG (die Angestellten F., G. und H.) als „Ressourcen“ zum Betrieb des Observatoriums genannt. Das stimmt mit den Angaben in einem im Behördenakt inliegenden Organisationsdiagramm überein. Auch aus einer von Frau Dr. X. an mehrere Arbeitnehmer verfassten E-Mail vom 19.8.2019, die sowohl an Vertragsbedienstete als auch an Privatangestellte (z.B. an Herrn G. und Herrn F.) gerichtet war, ergibt sich, dass beide Arten von Beschäftigten zu dieser Fachgruppe gehören und immer wieder am Observatorium eingesetzt wurden. Angesprochen auf diese Information gab Frau Dr. X. in der Verhandlung an, dass es sich bei den E-Mailadressaten um Mitarbeiter ihrer Abteilung handelte.

Es ist kein Grund hervorgekommen, an der Richtigkeit der Angaben des Betriebsrates zum Zeitpunkt, zu dem er von der Besichtigung des Arbeitsinspektorats erfahren habe, zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer bestritt nicht, dass der Betriebsrat von der Besichtigung des Arbeitsinspektorats nicht informiert worden ist.

Zur rechtlichen Beurteilung einschließlich Strafbemessung:

1. Gemäß § 89 Z 3 ArbVG ist der Betriebsrat zu Betriebsbesichtigungen im Zuge behördlicher Verfahren, durch die Interessen der Arbeitnehmerschaft des Betriebes bzw. des Unternehmens berührt werden, sowie Betriebsbesichtigungen, die von den zur Überwachung der Arbeitnehmerschutzvorschriften berufenen Organen oder die mit deren Beteiligung durchgeführt werden beizuziehen. Der Betriebsinhaber hat nach dieser Bestimmung den Betriebsrat von der Ankunft eines behördlichen Organs in diesen Fällen unverzüglich zu verständigen.

Die Verpflichtungen nach § 89 ArbVG bestehen für Betriebe aller Art (§ 33 ArbVG).

Die ZAMG ist gemäß § 22 Abs. 1 FOG eine Einrichtung des Bundes und untersteht dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Gemäß § 23 Abs. 2 iVm § 18a FOG kommt der ZAMG Teilrechtsfähigkeit zu. Auf Arbeitsverhältnisse im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit ist gemäß § 23 Abs. 2 iVm § 18a Abs. 3 FOG das privatrechtlich jeweils erforderliche Gesetz, wie zum Beispiel das Angestelltengesetz, anzuwenden.

Dementsprechend sind in der ZAMG sowohl Bundesbedienstete als auch Angestellte der ZAMG beschäftigt.

Die Aufgaben der ZAMG sind in § 22 Abs. 2 FOG geregelt. Sie umfassen neben der Führung eines meteorologischen Dienstes (§ 22 Abs. 2 Z 1 FOG), der Führung eines geophysikalischen Dienstes (§ 22 Abs. 2 Z 2 FOG), der Behandlung einschlägiger meteorologischer und geophysikalischer Fragen des Umweltschutzes (§ 22 Abs. 2 Z 3 FOG) und Arbeiten zur klimatologischen und geophysikalischen Landesaufnahme Österreichs (§ 22 Abs. 2 Z 4 ZAMG) etwa auch die Forschung im gesamten Bereich der Meteorologie und Geophysik einschließlich ihrer Randgebiete (§ 22 Abs. 2 Z 5 FOG), Berater- und Gutachtertätigkeiten (§ 22 Abs. 2 Z 6 FOG), die Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Meteorologie und Geophysik mit anderen wissenschaftlichen Fachgebieten (§ 22 Abs. 2 Z 7 FOG) oder die Bereithaltung von Daten (§ 22 Abs. 2 Z 8 und 9 FOG). § 4 der gemäß § 23 Abs. 3 iVm § 19 FOG erlassenen Anstaltsordnung regelt die Aufgaben näher.

Eine der Aufgaben ist nach § 4 Z 2 der Anstaltsordnung der Betrieb des Sonnblick Observatoriums. Ob das Observatorium Sonnblick als eigenständiger Betrieb iSd § 34 ArbIG anzusehen ist oder dies angesichts seiner organisatorischen Unselbständigkeit (die Infrastruktur und das Personal werden nach den Feststellungen von der ZAMG zur Verfügung gestellt) zu verneinen ist, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Wäre der Betriebsbegriff für das Observatorium zu bejahen, wären die Verpflichtungen nach § 89 ArbVG in Bezug auf das Observatorium jedenfalls einzuhalten, unabhängig davon, welche Art von Arbeitnehmern dort eingesetzt wird (siehe VwSlg. 16.536 A/2005 zu Beamten; siehe auch VwSlg. 18.237 A/2011).

Der II. Teil des ArbVG ist aber im vorliegenden Fall auch anwendbar, wenn das Observatorium selbst keinen von der ZAMG unabhängigen Betrieb in diesem Sinne darstellt. Schon angesichts der Teilrechtsfähigkeit der ZAMG und vor dem Hintergrund ihrer gesetzlichen Aufgaben, die zumindest teilweise auch von privaten Forschungseinrichtungen erfüllt werden könnten (siehe zur Abgrenzung etwa VwSlg. 16.536 A/2005; vgl. etwa auch OGH 10.12.1993, 9 ObA 256/93), ist die ZAMG als solche nicht gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 ArbVG vom Anwendungsbereich des II. Teils des ArbVG ausgenommen.

Die Verpflichtungen nach § 89 ArbVG sind daher grundsätzlich auf die ZAMG und das Observatorium Sonnblick anwendbar. Der Betriebsbegriff des ArbVG stellt jedoch nicht darauf ab, welche Art von Dienstrechtsverhältnis die in einen Betrieb eingegliederten Arbeitnehmer haben (siehe wiederum VwSlg. 16.536 A/2005 und 18.237 A/2011). Folglich kommt es für die Anwendbarkeit des § 89 Z 3 ArBVG auch nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Besichtigung durch das Arbeitsinspektorat Vertragsbedienstete oder Privatangestellte permanent zur Dienstverrichtung am Observatorium eingeteilt waren. Fest steht im Übrigen, dass auch Privatangestellte immer wieder zu Tätigkeiten in der Arbeitsstätte Observatorium Sonnblick eingesetzt wurden.

2. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach am Observatorium Sonnblick lediglich Vertragsbedienstete des Bundes beschäftigt gewesen seien, sodass der Betriebsrat der Privatangestellten nicht beizuziehen gewesen sei, kommt keine Berechtigung zu.

Zunächst hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass am Observatorium Sonnblick nicht nur Vertragsbedienstete des Bundes eingesetzt werden und wurden, sondern – zumindest zeitweise – auch Angestellte der ZAMG. Folglich konnten durch die Besichtigung des Arbeitsinspektorats nicht von vorneherein keine Interessen von Privatangestellten berührt werden, wie dies der Beschwerdeführer vorbrachte. Darauf, ob die am Observatorium eingesetzten Arbeitnehmer des ZAMG dort permanent oder zeitweise zur Dienstleistung eingesetzt wurden, kommt es für die Frage, ob ihre Interessen iSd § 89 Z 3 ArbVG durch eine Besichtigung berührt werden können, nicht an.

Abgesehen davon besteht die Verpflichtung zur Information des Betriebsrates nach § 89 Z 3 ArbVG nicht nur dann, wenn durch die Besichtigung Interessen von Arbeitnehmern berührt werden können (diese Einschränkung besteht nur hinsichtlich Besichtigungen im Zuge behördlicher Verfahren). In Bezug auf Besichtigungen von den zur Überwachung der Arbeitnehmerschutzvorschriften berufenen Organen hat eine Informationspflicht nach dem Wortlaut der Bestimmung immer zu erfolgen. Bei solchen Besichtigungen ist auch immer davon auszugehen, dass Arbeitnehmerinteressen potentiell berührt werden können.

Am 28.8.2019 hat unstrittig eine Besichtigung des Arbeitsinspektorats am Observatorium Sonnblick stattgefunden. Der Wirkungsbereich des Arbeitsinspektorats bezieht sich gemäß § 1 Abs. 1 ArbIG auf Betriebsstätten und Arbeitsstellen aller Art. Ausgenommen vom Wirkungsbereich des ArbIG sind nur jene Bediensteten der Gebietskörperschaften, die nicht in Betrieben beschäftigt sind. Wie bereits ausgeführt wurde, ist angesichts der Aufgaben und Personalstruktur der ZAMG nicht davon auszugehen, dass diese kein Betrieb iSd ArbIG ist. Auch in Bezug auf die Zuständigkeit des Arbeitsinspektorats kommt es nicht darauf an, ob im Betrieb Angestellte oder öffentlich Bedienstete eingesetzt werden (siehe VwSlg. 18.237 A/2011).

Schon aufgrund des Umstandes, dass eine angekündigte Besichtigung des Arbeitsinspektorats stattfand, bestand sohin gemäß § 89 Z 3 ArbVG die Verpflichtung, den Betriebsrat darüber zu informieren und beizuziehen.

Da dies unterlassen wurde, ist der objektive Tatbestand des § 160 Abs. 1 iVm  89 Z 3 ArbVG erfüllt.

3. Als gemäß § 23 Abs. 2 iVm § 18 Abs. 2 und iVm § 19 FOG iVm § 15 der Anstaltsordnung der ZAMG zur Vertretung nach außen Berufener der ZAMG ist der Beschwerdeführer für diese Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

4. Bei einer Haftung nach § 9 VStG kann das Vorliegen eines effektiven Kontrollsystems zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften das Verschulden der gemäß § 9 VStG verantwortlichen Person zwar ausschließen, allerdings obliegt es dem Beschuldigten, dieses System im Einzelnen darzulegen (vgl. nur VwGH 29.1.2004, 2003/11/0289; 20.3.2018, Ra 2017/03/0092; 12.2.2020, Ra 2020/02/0005 uva). Ein solches Kontrollsystem vermochte der Beschwerdeführer mit dem bloßen Hinweis darauf, dass die Leiterin des Observatoriums den angekündigten Besuch nur ihrem direkten Vorgesetzten mitteilte, dieser die Information jedoch nicht weiterleitete, nicht aufzuzeigen. Ein effektives Kontrollsystem hätte im vorliegenden Fall gerade dazu führen müssen, dass die Information über die Besichtigung – von welcher Stelle der Weisungshierarchie auch immer – an den Betriebsrat weitergegeben wird. Auch das Verschulden ist daher zu bejahen.

5. Beim vorliegenden Delikt handelt es sich um ein Privatanklagedelikt, das gemäß § 160 Abs. 2 Z 2 ArbVG nur auf Antrag des Betriebsrates zu verfolgen ist. Der Strafantrag wurde innerhalb der Frist des § 160 Abs. 2 ArbVG bei der zuständigen Behörde eingebracht. Der Privatankläger ist von der Verfolgung nicht zurückgetreten.

6. Zur Strafbemessung:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 210,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Stunden verhängt. Damit liegt die verhängte Strafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 160 Abs. 1 ArbVG: Geldstrafe bis zu € 2.180,--).

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte das öffentliche Interesse an der Gewährleistung der Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen durch den Betriebsrat.

Das Ausmaß des Verschuldens ist im vorliegenden Fall in Anbetracht des Fehlens eines effektiven Kontrollsystems nicht als geringfügig einzuschätzen, wobei jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen ist.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sind als durchschnittlich zu bewerten.

Als Milderungsgrund ist die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe sind im Verfahren keine hervorgekommen.

Insgesamt ist die im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bemessene Strafe schuld- und tatangemessen.

7. Die Spruchkorrektur betrifft eine sprachliche Richtigstellung und die Angabe der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassungen der maßgeblichen Rechtsvorschriften (siehe etwa VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013 mwN).

H i n w e i s

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Gemäß § 50 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall der Verhängung einer Strafe überdies die als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten (Z 1), im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe (Z 2) zu enthalten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat am 1.7.2021 in der gegenständlichen Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.

Die in der mündlichen Verhandlung angefertigte Niederschrift, welcher eine Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG angeschlossen war, wurde dem Beschwerdeführervertreter, dem Vertreter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und dem Vertreter des Betriebsrates der Privatangestellten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik unmittelbar ausgefolgt bzw. der belangten Behörde am 9.7.2021 zugestellt. Somit wurde die Niederschrift sämtlichen zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen ausgefolgt oder zugestellt.

Keine zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof beziehungsweise Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimierte Partei und kein hierzu legitimiertes Organ hat innerhalb der gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG normierten Frist von zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift einen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt.

Deshalb konnte das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG gekürzt ausgefertigt werden. Gegen diese gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4a VwGG und/oder eine

Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 82 Abs. 3b VfGG nicht mehr zulässig.

Schlagworte

Arbeitnehmerschutz; Betriebsrat; Betriebsbesichtigung; Betriebsbegriff; Arbeitsstätte; Geologische Bundesanstalt; Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik; ZAMG; Teilrechtsfähigkeit; Anstaltsordnung; verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit; effektives Kontrollsystem

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.042.093.14457.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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