TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/18 96/05/0088

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Veröffentlicht am 18.02.1997
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/10 Grundrechte;

Norm

BauO Wr §17 Abs1;
BauO Wr §17 Abs5;
BauO Wr §17;
BauO Wr §57 Abs3;
BauO Wr §57 Abs4;
BauO Wr §58 Abs4;
StGG Art5;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/05/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerden der E-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Dezember 1995, Zl. MD-VfR - B XV - 7/95 (protokolliert zu Zl. 96/05/0088), und Zl. MD-VfR - B XV - 13/95 (protokolliert zu Zl. 96/05/0089), betreffend Entschädigung gemäß § 17 Abs. 1 und 5 Bauordnung für Wien bzw. Übernahme von Grundflächen in den physischen Besitz gemäß § 17 Abs. 1 Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Zum Verfahren betreffend Entschädigung gemäß § 17 Abs. 5 Bauordnung für Wien:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. Mai 1990 wurde die Abteilung des Grundstückes Nr. nn/1, inneliegend in EZ n1 des Grundbuches der KG S, nach den Teilungsplänen des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.Ing. R.F. vom 13. Februar 1990 auf den Bauplatz rot 1, bestehend aus dem provisorischen Grundstück (Nr. nn/1), weiters auf eine Verkehrsfläche, Grundstück rot Nr. nn/8, sowie auf eine vorbehaltene Verkehrsfläche, Grundstück rot Nr. nn/7, einschließlich der im Teilungsplan mit dieser Abteilung vorgesehenen Ab- und Zuschreibungen gemäß § 13 Abs. 2 lit. b Bauordnung für Wien genehmigt.

Diese Genehmigung der Grundabteilung erfolgte unter Vorschreibung folgender, im vorliegenden Beschwerdefall relevanter Anordnungen:

"1.

Das in den Teilungsplänen vorläufig mit rot .nn/8 bezeichnete Grundstück ist gemäß § 17 Abs. 1 der BO. für Wien gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Abteilung lastenfrei und gegen die nach § 17 Abs. 5 BO. für Wien gewährleistete Schadloshaltung in das öffentliche Gut zu übertragen und über Auftrag der Baubehörde in der bestehenden Höhenlage und von allen Baulichkeiten gemäß den Bestimmungen des § 129 Abs. 2 der BO. für Wien geräumt in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben.

2.

Das in den Teilungsplänen vorläufig mit rot .nn/7 bezeichnete Grundstück ist gemäß § 17 Abs. 2 der BO. für Wien über Auftrag der Baubehörde gegen die nach § 17 Abs. 5 der BO. für Wien zu gewährende Entschädigung gebühren- und lastenfrei in der bestehenden Höhenlage an die Gemeinde abzutreten und ihr zu übergeben.

3.

...

...

Die gemäß § 17 Abs. 5 der BO. für Wien zustehende Entschädigung wird erst nach grundbücherlicher Durchführung dieser Grundabteilung und physischer Übergabe auf Antrag des Entschädigungsberechtigten fällig."

Mit Eingabe vom 5. September 1994 hat die beschwerdeführende Gesellschaft beim Magistrat der Stadt Wien den Antrag gestellt, für die Grundstücke Nr. nn/8 Baufläche (in EZ n2 Grundbuch 0XY S) und Nr. nn/7 Baufläche (in EZ n1 Grundbuch 0XY S) die Höhe der durch die Stadt Wien zu leistenden Entschädigung festzusetzen und die Fälligkeit der Entschädigungszahlung festzustellen. Da über diesen Antrag nicht binnen sechs Monaten entschieden wurde, stellte die beschwerdeführende Gesellschaft mit Schriftsatz vom 20. März 1995 einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag vom 5. September 1994 als unbegründet abgewiesen. In dieser Entscheidung stellte die belangte Behörde u.a. fest, daß aufgrund des angeführten Abteilungsbescheides mit Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 28. Februar 1994 die lastenfreie Abschreibung des Grundstückes Nr. nn/8 Baufläche und dessen Zuschreibung zur EZ n2 in das öffentliche Gut der Stadt Wien sowie die Ersichtlichmachung der Verpflichtung zur Grundabtretung und Übergabe des Grundstückes Nr. nn/7 gemäß dem Inhalt der Auflage 2 des Abteilungsbescheides verfügt und grundbücherlich durchgeführt worden sei. Sie führte weiters aus, daß der vorliegende Devolutionsantrag zulässig sei. Die Berufungsbehörde habe über den vorliegenden Antrag, für den § 73 Abs. 1 AVG gelte, nicht binnen sechs Monaten entschieden. Daß die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, könne aus der vorliegenden Aktenlage nicht erkannt werden. Die Zuständigkeit der Entscheidung über die angeführten Anträge sei daher auf die belangte Behörde übergegangen. Nach der Erwähnung des Grundabteilungsbescheides vom 3. Mai 1990 und nach der Wiedergabe der in diesem enthaltenen Vorschreibungen wurde im angefochtenen Bescheid dargelegt, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nr. nn/8 und nn/7, KG S, bisher noch nicht von der Stadt Wien übernommen worden seien. Der dafür erforderliche Auftrag der Baubehörde, diese Grundstücke in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben, sei bisher nicht ergangen. Ein straßenmäßiger Ausbau mit Übernahme des Grundstückes Nr. nn/8 in den physischen Besitz der Stadt Wien sei derzeit auch nicht beabsichtigt. Ebenso bestehe für das Grundstück Nr. nn/7 derzeit keine Übernahmeabsicht. In der dazu ergangenen Äußerung der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 7. November 1994 werde nicht bestritten, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke bisher noch nicht in den physischen Besitz der Stadt Wien übernommen worden seien. Im Zuge des weiteren Verfahrens sei der beschwerdeführenden Gesellschaft vom Magistrat mit Stellungnahme vom 14. Juli 1995 neuerlich mitgeteilt worden, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke noch nicht straßenmäßig ausgebaut seien und daher nicht in den physischen Besitz der Gemeinde übernommen werden könnten. Die Stadt Wien übernehme solche Grundstücke erst dann, wenn das öffentliche Interesse für einen straßenmäßigen Ausbau gerechtfertigt sei und die erforderlichen Mittel zur Verfügung stünden. Es seien auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken auch keinerlei Herstellungen bzw. Einbauten vorgenommen worden. Die Beschwerdeführerin habe sich dazu nicht geäußert. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke seien daher von der Gemeinde Wien nicht in ihren physischen Besitz übernommen worden. Ein Auftrag der Baubehörde auf Übergabe dieser Grundstücke in den physischen Besitz der Gemeinde sei nicht erfolgt. Eine Übernahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke sei auch nicht durch konkludente Maßnahmen, wie die Durchführung von Herstellungen und Einbauten in diesen Grundstücken, erfolgt. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke befänden sich daher nicht im physischen Besitz der Gemeinde Wien. Dies werde auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Gemäß § 17 Abs. 5 Bauordnung für Wien seien bei der für die abzutretenden Grundflächen zu leistenden Entschädigung die Bestimmungen der §§ 57 und 58 Bauordnung für Wien anzuwenden. Gemäß § 58 Abs. 4 Bauordnung für Wien seien die von der Gemeinde zu leistenden Entschädigungen fällig, sobald die abzutretenden Verkehrsflächen übergeben worden seien bzw. mit Rechtskraft des Bescheides über die Festsetzung der Entschädigung, wenn keine Abtretungsverpflichtung bestehe. Da im vorliegenden Fall bisher eine Übergabe der antragsgegenständlichen Grundstücke in den physischen Besitz der Gemeinde nicht erfolgt sei, sei der Antrag auf Festsetzung der Höhe der Entschädigung und auf Feststellung der Fälligkeit der Entschädigungszahlung im Devolutionsweg gemäß § 58 Bauordnung für Wien abzuweisen.

2. Zum Verfahren betreffend den Antrag auf Übernahme der Grundflächen in den physischen Besitz der Stadt Wien:

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 1994, eingelangt bei der Behörde vom 18. Juli 1994, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Übernahme der Grundstücke Nr. nn/8 und Nr. nn/7 in den physischen Besitz der Stadt Wien, deren Verpflichtung zur Grundabtretung - wie im Antrag ausgeführt wird - bereits grundbücherlich durchgeführt worden war. Daraufhin teilte der Magistrat Wien mit Schriftsatz vom 18. August 1994 der Beschwerdeführerin mit, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke von der Stadt Wien noch nicht übernommen worden seien und ein straßenmäßiger Ausbau mit Übernahme dieser Grundstücke in den physischen Besitz der Stadt Wien derzeit nicht beabsichtigt sei. Ein diesbezüglicher Auftrag der Baubehörde könne daher nicht erfolgen. Die gegen dieses als Bescheid gedeutetes Schreiben erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. April 1995 mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

In der Folge stellte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20. März 1997 bei der belangten Behörde in bezug auf den Antrag vom 4. Juli 1994 auf Übernahme in den physischen Besitz einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß nach den Vorschreibungen in Punkt 1 und 2 des rechtskräftigen Grundabteilungsbescheides vom 3. Mai 1990 sowie gemäß den Bestimmungen des § 17 Abs. 1 und 2 Bauordnung für Wien die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nur über Auftrag der Baubehörde in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben seien und ein derartiger Auftrag der Behörde bisher nicht erfolgt sei, zumal nach den unbestritten gebliebenen Stellungnahmen des Magistrates vom 18. August 1994 und 14. Juli 1995 das öffentliche Interesse an einem straßenmäßigen Ausbau der verfahrensgegenständlichen Grundstücke derzeit nicht gegeben sei und aus diesem Grund auch die Übernahme der gegenständlichen Grundstücke in den physischen Besitz der Stadt Wien derzeit nicht beabsichtigt sei. Es könne daher dem Antrag auf Übernahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke in den physischen Besitz der Stadt Wien nicht entsprochen werden. Anzuführen sei auch noch, daß die Bestimmungen des § 17 Abs. 1 und 2 BO eine Übernahme der abzutretenden Grundstücke nur über Auftrag der Baubehörde und nicht auf Antrag des Abteilungswerbers vorsähen. Diese Bestimmungen räumten dem zur Abtretung Verpflichteten keinen Rechtsanspruch auf Übernahme in den physischen Besitz der Stadt Wien ein. Für einen derartigen Rechtsanspruch finde sich keine Rechtsgrundlage.

3. In den gegen die beiden angefochtenen Bescheide erhobenen Beschwerden wird jeweils die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich einerseits in dem ihr gemäß § 17 Abs. 5 Bauordnung für Wien gewährleisteten Recht, wonach für alle übrigen (in den Absätzen 1 bis 4 nicht angeführten) abzutretenden Grundflächen eine Entschädigung zu leisten ist, sowie auf Festsetzung und Auszahlung der Entschädigung, andererseits in dem ihr gemäß § 17 Abs. 1 i.V.m. §§ 57 und 58 Bauordnung für Wien gewährleisteten Recht auf Übernahme abgetretener Grundflächen in den physischen Besitz der Stadt Wien verletzt.

4. Die belangte Behörde hat in beiden Beschwerdeverfahren die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Gemäß § 17 Abs. 1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 12/1930 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976, sind bei Abteilung einer Grundfläche auf Bauplätze, Baulose oder Teile von solchen (§ 13 Abs. 2 lit. a und b) die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei beiderseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen aber nur bis zu 20 m, senkrecht zur Baulinie und von dieser aus gemessen, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung satz- und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen. Über Auftrag der Behörde ist gemäß dieser Gesetzesstelle der jeweilige Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden Bauplatzes oder Bauloses bzw. eines Teiles von solchen weiters verpflichtet, diese Grundflächen lastenfrei und geräumt der Stadt Wien zu übergeben; bis zur Übergabe steht dem jeweiligen Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden, mit der Übergabeverpflichtung belasteten Bauplatzes, Bauloses bzw. eines Teiles von solchen das Nutzungsrecht zu. Gemäß § 17 Abs. 5 BO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 7/1990 ist für alle übrigen abzutretenden Grundflächen (die nicht von Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 erfaßt sind) eine Entschädigung zu leisten. Hiebei finden die Bestimmungen der §§ 57 und 58 Anwendung. § 59 Abs. 8 gilt sinngemäß. Gemäß § 58 Abs. 4 dritter Satz BO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 ist die von der Gemeinde zu leistende Entschädigung fällig, sobald die abzutretenden Verkehrsflächen übergeben worden sind, bzw. mit Rechtskraft des Bescheides über die Festsetzung der Entschädigung, wenn keine Abtretungsverpflichtung besteht.

2. Zur Beschwerde betreffend den Antrag auf Entschädigung:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß ein Anwendungsfall des § 17 Abs. 1 und 5 BO vorliege. Gemäß § 17 Abs. 1 BO seien die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung in das öffentliche Gut zu übertragen. Im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung sei in Punkt 1. des Abteilungsbescheides vom 3. Mai 1990 vorgeschrieben worden, daß das Grundstück Nr. nn/8 "gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Abteilung lastenfrei und gegen die nach § 17 Abs. 5 BO gewährleistete Schadloshaltung in das öffentliche Gut zu übertragen" sei. Diese Vorschreibung könne nur dahin verstanden werden, daß die Beschwerdeführerin die Grundfläche nur gegen die gewährleistete Entschädigung ins öffentliche Gut abtreten müsse. Erst im zweiten Halbsatz dieses Punktes 1. werde die Übergabe in den physischen Besitz der Stadt Wien auf Antrag der Baubehörde geregelt. Die Übergabe eines Grundstückes in den physischen Besitz der Gemeinde Wien stelle keine Voraussetzung für die Fälligkeit der der Beschwerdeführerin zustehenden Entschädigungszahlung dar. Die in § 17 Abs. 1 leg. cit. geregelte Übergabeverpflichtung habe ihre Bedeutung allein im Zusammenhalt mit dem in § 17 Abs. 1 vorletzter Satz BO geregelten Nutzungsrecht des früheren Eigentümers an der jeweiligen (bereits abgetretenen) Grundfläche.

Der Beschwerdeführerin ist zwar Recht zu geben, daß der in Punkt 1. des Grundabteilungsbescheides verankerte Anspruch auf Entschädigung im Zusammenhang mit dem Grundstück Nr. nn/8 mit der grundbücherlichen Durchführung der Abteilung und der Übertragung der abzutretenden Grundfläche in das öffentliche Gut verknüpft ist. Diese Anordnung steht mit der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Fälligkeit der Leistung bei Entschädigung gemäß § 17 Abs. 5 erster Satz BO in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 7/1990 im Einklang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1987, Zl. 86/05/0157). Die im letzten Satz des Spruches des Grundabteilungsbescheides enthaltene Regelung über die Fälligkeit der Entschädigung stellt aber - wie die Fälligkeitsregelung in § 58 Abs. 4 dritter Satz BO i.d.F. des Landesgesetzes LGBl. Nr. 18/1976 - neben der Grundabtretung auch auf die physische Übergabe der betroffenen Grundstücke an die Stadt Wien ab.

Der zweite Teil der Vorschreibung in Punkt 1. enthält die Anordnung, daß die Grundfläche Nr. nn/8 "auf Auftrag der Baubehörde in der bestehenden Höhenlage und von Baulichkeiten ... geräumt in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben" ist. Diese Auflage steht im Einklang mit der Anordnung in § 17 Abs. 1 letzter Satz BO, wonach die jeweiligen Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden Bauplatzes, Bauloses bzw. Teiles von solchen verpflichtet sind, diese Grundflächen lastenfrei und geräumt der Stadt Wien zu übergeben. Daraus ergibt sich - wie dies die belangte Behörde zutreffend angenommen hat -, daß Voraussetzung für die Übergabe ein entsprechender Auftrag der Baubehörde ist. Im vorliegenden Fall erging unbestritten bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides kein solcher Auftrag der Baubehörde und erfolgte auch keine Übergabe der Grundfläche Nr. nn/8.

Die in der Vorschreibung in Punkt 2. des Grundabteilungsbescheides vorgesehene Anordnung sieht sowohl die Grundabtretung als auch die Übergabe betreffend die Grundfläche Nr. nn/7 über Auftrag der Baubehörde vor. Ein solcher Auftrag der Baubehörde ist unbestritten bis zum Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides nicht ergangen. Es kann dahingestellt bleiben, ob gemäß § 17 Abs. 5 BO in diesem Fall schon deshalb kein Anspruch auf Entschädigung in Betracht kommt, weil noch keine Enteignung der Beschwerdeführerin mittels grundbücherlicher Durchführung der Grundabtretung erfolgt ist. Auch in bezug auf diese Grundfläche besteht nämlich aufgrund der angeführten Anordnung in Pkt. 2. des Grundabteilungsbescheides und der Fälligkeitsregelung betreffend die Entschädigung in diesem der Anspruch auf Entschädigung erst mit der Übergabe der Grundfläche in den physischen Besitz der Stadt Wien. Eine solche Übergabe über Auftrag der Baubehörde hat bis zur Erlassung des erstangefochtenen Bescheides auch in bezug auf dieses Grundstück nicht stattgefunden.

Die belangte Behörde hat daher zutreffend den Antrag auf Entschädigung in bezug auf die beiden angeführten Grundflächen abgewiesen.

Zu den von der Beschwerdeführerin erhobenen Bedenken betreffend den Gleichheitssatz und das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentumes - insbesondere wird darauf verwiesen, daß es im Belieben der Baubehörde stehe, wann sie den für die Entschädigung maßgeblichen Auftrag auf Übergabe in den physischen Besitz der Stadt Wien gebe und daß die Auffassung der belangten Behörde, entschädigungslose Enteignungen ermögliche - ist folgendes auszuführen:

Zunächst ist anzumerken, daß im vorliegenden Fall für die Frage eines Anspruches auf Entschädigung die angeführten Vorschreibungen des RECHTSKRÄFTIGEN Grundabteilungsbescheides aus dem Jahr 1990 maßgeblich sind, dessen gesetzliche Grundlagen mittels Bekämpfung eines letztinstanzlich ergangenen Grundabteilungsbescheides beim Verfassungserichtshof hätten bekämpft werden können. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken vor allem deshalb nicht, weil den betroffenen Eigentümern gemäß § 17 Abs. 1 letzter Satz BO bis zur Übergabe an den enteigneten Grundflächen das Nutzungsrecht zusteht. Weiters ist auch in diesen Fällen auf die den jeweils betroffenen Eigentümern zukommenden Aufschließungsvorteile nach genehmigter Grundabteilung zu verweisen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1958, Slg. Nr. 3475, auch wenn sich dieses auf die entschädigungslos vorgesehenen Abtretungen gemäß § 17 BO bezog). Mitzuberücksichtigen ist auch, daß es sich im vorliegenden Fall - wie überhaupt bei Fällen gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. - um Grundflächen handelt, die jenseits der Baulinie liegen, die also von vorneherein in der Möglichkeit der Nutzung durch den Eigentümer eingeschränkt sind. Es ist überdies darauf hinzuweisen, daß die Höhe der Entschädigung nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Entschädigung zu bestimmen ist. Dies kann aus § 57 Abs. 3 BO im Zusammenhalt mit § 58 Abs. 4 vorletzter Satz BO abgeleitet werden, zumal gemäß § 57 Abs. 4 leg. cit. nur werterhöhende VERÄNDERUNGEN, die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens erfolgen, nicht zu berücksichtigen sind. Eine mittlerweile bis zum Zeitpunkt der Übergabe eingetretene Wertsteigerung der bereits seit längerem enteigneten Grundfläche kommt somit dem betroffenen Eigentümer zugute. Es ist auch davon auszugehen, daß für die für das Grundstück Nr. nn/8 bereits durchgeführte Enteignung ein unmittelbarer und konkreter Bedarf nach Verkehrsflächen im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1959, Slg. Nr. 3666, vorgelegen hat. Auch diese Frage wäre letztlich im Zusammenhang mit dem Grundabteilungsbescheid zu klären gewesen, der die entsprechenden Abtretungsverpflichtungen im Zusammenhalt mit Regelungen betreffend die Übergabe und die Entschädigung vorgesehen hat. Der Verfassungsgerichtshof hält es im Rahmen der Schaffung von öffentlichen Verkehrsflächen grundsätzlich verfassungsrechtlich für zulässig, wenn die Gemeinde im Rahmen des ihr zustehenden Planungsermessens Grundflächen für (auch noch nicht abgeschlossene) Planungen von Verkehrsflächen reserviert (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1988, Slg. Nr. 11.849). Wenn aber eine bestimmte Zeitdauer überschritten ist, ohne daß die geplante Verkehrsfläche realisiert wird, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß das öffentliche Interesse an der Errichtung einer Verkehrsfläche durch Zeitablauf weggefallen ist (vgl. das Erkenntnis vom 17. März 1994, Slg. Nr. 13.744). Für einen solchen Fall steht dem Enteigneten gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (siehe das Erkenntnis vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 8981) ein Anspruch auf Rückübereignung zu, der sich, sofern die Rückübereignung nicht einfachgesetzlich vorgesehen ist, unmittelbar aus Art. 5 StGG ergibt. Im Lichte dieser Erwägungen bestehen aber auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch Punkt 2. des Grundabteilungsbescheides betreffend die Grundfläche Nr. nn/7 angeordnete Eigentumsbeschränkung.

3. Zur Beschwerde betreffend den Antrag auf Übernahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke in den physischen Besitz der Stadt Wien:

Wie sich bereits aus den Ausführungen zu Pkt. II.2. ergibt ist auf Grund der maßgeblichen Vorschreibungen im Grundabteilungsbescheid im Zusammenhalt mit dem im Zeitpunkt der Erlassung des Grundabteilungsbescheides geltenden § 17 Abs. 1 BO davon auszugehen, daß die Übergabe abzutretender bzw. bereits abgetretener Grundflächen immer nur auf Grund eines Auftrages der Baubehörde zu erfolgen hat. Die angeführten Anordnungen im Grundabteilungsbescheid und auch die Regelung des § 17 Abs. 1 letzter Satz BO selbst können nicht so ausgelegt werden, daß sie nur den Fall der VERPFLICHTUNG des Enteigneten zur Übergabe der betroffenen Grundflächen regeln und § 17 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 58 Abs. 4 vorletzter Satz BO so auszulegen wäre, daß daneben eine Übergabe der betroffenen Grundflächen auch auf Antrag des Eigentümers abgetretener Grundstücke zulässig wäre, um auf diese Weise die an die Übergabe geknüpfte Entschädigung zu bekommen. In Erwiderung auf die auch in der Beschwerde zum zweitangefochtenen Bescheid vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken kann auf die Ausführungen unter Pkt. II.2. verwiesen werden. Aus den angeführten Vorschreibungen des Grundabteilungsbescheides im Zusammenhalt mit den erwähnten Gesetzesbestimmungen ist somit kein Anspruch der Eigentümer abzutretender bzw. abgetretener Grundflächen auf Übernahme dieser Grundflächen in den physischen Besitz der Stadt Wien ableitbar.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Antrag der Beschwerdeführerin auf physische Übernahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke zurückgewiesen.

4. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996050088.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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