TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/14 W178 2226650-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.07.2021
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Entscheidungsdatum

14.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §14a
GSVG §14b
GSVG §2 Abs1 Z3
GSVG §25
GSVG §40

Spruch


W178 2226650-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, SVS) vom 22.10.2019 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass er lautet:

„Sie unterliegen von 01.07.2010 bis 30.09.2016 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b GSVG, weiters von 01.10.2016 bis laufend ex lege der Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14a GSVG und von 01.07.2010 bis 30.09.2016 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG.“

Hinsichtlich der übrigen Beschwerdepunkte wird die Beschwerde abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 22.10.2019 sprach die SVS aus, dass der Beschwerdeführer von 01.07.2010 bis 30.09.2016 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b GSVG, von 01.10.2016 bis laufend der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14a GSVG und von 01.07.2010 bis 30.09.2016 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterliege (Spruchpunkt 1.). Er sei verpflichtet zum 05.10.2019 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 18.849,91 (inkl. Verzugszinsen in Höhe von EUR 344,84 und Nebengebühren in Höhe von EUR 257,81) zu bezahlen (Spruchpunkt 2.). Ab dem 06.10.2019 seien Verzugszinsen in Höhe von 3,38% aus einem Kapital von EUR 18.257,25 zu bezahlen (Spruchpunkt 3.).

Begründend führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seit 1998 bis laufend als Rechtsanwalt tätig sei und von 1998 bis Juni 2016 gemäß § 16 ASVG selbstversichert gewesen sei. Einer Gruppenkrankenversicherung sei er seit seiner Eintragung in die Liste der aktiven Rechtsanwälte zu keinem Zeitpunkt beigetreten. Im Zeitraum von 01.07.2010 bis 13.09.2016 sei er geschäftsführender Gesellschafter (100%) der „ XXXX “ (im Folgenden: T GmbH) gewesen. Betreffend den Verfahrensgang hielt die SVS fest, dass der Beschwerdeführer am 05.12.2016 einen Antrag auf Weiterversicherung in der Krankenversicherung gestellt habe und daraufhin (irrtümlich) von der SVS informiert worden sei, dass er ab 01.10.2016 weiterversichert sei. Aufgrund seines Antrages auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage sei er mit Schreiben vom 01.08.2017 darüber informiert worden, dass eine nochmalige Prüfung der Aktenlage vorgenommen worden sei und er aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Krankenversicherung der Pflichtversicherung unterliege. Der SVS wurden mittels Datenaustausch die Höhe der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit des Beschwerdeführers in den Jahren 2010 bis 2016 übermittelt. Diese Einkünfte würden ausschließlich aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt stammen. Betreffend Spruchpunkt 1. führte die SVS rechtlich aus, dass der Beschwerdeführer als geschäftsführender Gesellschafter der T GmbH gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert gewesen sei. Dabei komme es nicht auf ein Tätigwerden bzw. eine entgeltliche Tätigkeit an, sondern lediglich auf die Kammerzugehörigkeit der Gesellschaft. Die T GmbH sei ab 01.07.2010 im Besitz einer Gewerbeberechtigung gewesen und der Beschwerdeführer ab 04.11.2008 bis 13.09.2016 als geschäftsführender Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen gewesen. Damit beginne die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers gemäß GSVG mit 01.07.2010 und ende mit 30.09.2016. Da er seine Selbstversicherung gemäß § 16 ASVG mit Juni 2010 beendet habe und keiner Gruppenkrankenversicherung beigetreten sei, unterliege er seit 01.07.2016 der Pflichtversicherung gemäß § 14a bzw. § 14b GSVG. Zur Höhe der Beiträge führte die SVS aus, dass der Beschwerdeführer betreffend seine Tätigkeit als Rechtsanwalt gemäß § 14a und § 14b GSVG von der Pensionsversicherung ausgenommen sei und die Beiträge zur Pensionsversicherung aufgrund der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG anhand der Mindestbeitragsgrundlage festzustellen sei. Die Beitragsgrundlage für die Beiträge zur Krankenversicherung sei für die Jahre 2010 und 2011 die Neuzugangsbeitragsgrundlage in Höhe von EUR 537,78. Für die Jahre 2012 bis 2016 seien für die Bildung der Beitragsgrundlage die jeweiligen Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid heranzuziehen und für die Jahre 2017 bis 2019 sei eine vorläufige Beitragsgrundlage gebildet worden. Festgehalten wurde zudem, dass aufgrund der quartalsweisen Vorschreibung der Beiträge für die Jahre 2010 bis 2019 keine Verjährung eingetreten sei. Dem Bescheid sind die Jahreskonten angeschlossen, aus denen ersichtlich sei, welche Beiträge in welchem Quartal in welcher Höhe vorgeschrieben worden seien, sowie die jeweilige Beitragsgrundlage und die Prozentsätze.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er mit Schreiben vom 01.08.2017 – entgegen der Darstellung der Behörde – nicht darauf hingewiesen worden sei, dass eine nochmalige Überprüfung der Aktenlage vorgenommen werde. Vielmehr sei festgehalten worden, dass eine Klärung der GSVG-Pflichtversicherung vorgenommen und eine GSVG-Krankenversicherung gemäß § 14b GSVG durchgehend ab 01.01.2012 festgestellt worden sei. Dass eine Weiterversicherung in der Krankenversicherung nicht erfolgen könne, sei mit keinem Wort erwähnt worden. Auch der diesem Schreiben angeschlossenen Bestätigung für die Rechtanwaltskammer über die Versicherung nach §§ 14a und 14b GSVG sei kein Hinweis zu entnehmen, dass es sich um eine Pflichtversicherung und keine Weiterversicherung handeln würde. Betreffend die Verjährung der Beiträge habe die Behörde lediglich auf die Jahreskonten verwiesen und es unterlassen zu konkretisieren, inwieweit und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich Maßnahmen zum Zwecke der Feststellung getroffen worden seien, durch die er als Zahlungspflichtiger in Kenntnis gesetzt worden sei. Beispielsweise sei offen, weshalb Positionen vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 erst am 28.02.2018 fällig geworden seien. Zudem seien umfangreiche Beitragsvorschreibungen für den Zeitraum 01.01.2012 bis 30.09.2016 mit Fälligkeitsdatum 31.08.2017 in der Saldenliste angeführt. Dieses Fälligkeitsdatum sei aber im Hinblick auf das Datum der jeweiligen Einkommensteuerbescheide unzutreffend. Zudem liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, wenn die Behörde feststelle, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von 01.10.2016 bis laufend gemäß § 14a GSVG der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliege. Es sei auch nicht zutreffend, dass er im Zeitraum 01.07.2010 bis 30.09.2016 geschäftsführender Gesellschafter der T GmbH gewesen sei, vielmehr sei die entsprechende Eintragung beim Firmenbuch bereits am 04.11.2008 erfolgt. Die Einsetzung in die Funktion als geschäftsführender Gesellschafter sei aber keineswegs für eine Pflichtversicherung nach § 14b GSVG maßgeblich. Nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG komme es vielmehr darauf an, ob die GmbH Mitglied der Wirtschaftskammer sei und deshalb die geschäftsführenden Gesellschafter der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung unterliegen würden. Es sei daher von ihm nicht in Frage gestellt worden, dass für den Zeitraum der Ausübung der Funktion des geschäftsführenden Gesellschafters eine Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG bestanden habe, die mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft am 13.09.2016 längstens am 30.09.2016 geendet habe. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach ab dem 01.10.2016 eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bestehe, sei unzutreffend, da in § 14a GSVG klargestellt werde, dass eine Selbstversicherung für Personen, die aufgrund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen seien, möglich sei. Wesentlich sei, dass sie sich auf Antrag selbst versichern lassen könnten. Der Beitritt zur Selbstversicherung nach § 14a Abs. 1 Z 1 GSVG sei für die oben angeführten Personen nur dann möglich, wenn sie keine andere krankenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausüben würden. Wesentlich sei dabei das Antragsprinzip, da die Pflichtversicherung nach § 14b GSVG mit 30.09.2016 geendet habe. Betreffend die Verjährung von Beiträgen wies der Beschwerdeführer auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung hin, wonach in dem Fall, dass die Vorschreibung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen werde, die Fälligkeit nach Maßgabe jenes Zeitpunktes eintrete, in der der Versicherungsanstalt aufgrund der Verfügbarkeit der Daten des Einkommensteuerbescheides eine Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage möglich gewesen wäre. Die Behörde habe zu einem weit vor dem 01.08.2017 liegenden Zeitpunkt Kenntnis von seinen Einkünften aus selbstständiger Arbeit als Rechtsanwalt gehabt. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 sei bereits vom 02.06.2014 und es sei davon auszugehen, dass dieser der Behörde im Rahmen des Datenaustausches auch zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden sei. Sie habe es aber unterlassen in diesem Zeitraum von mehr als 3 Jahren Beiträge vorzuschreiben, sodass zwingend Verjährung anzunehmen sei.

Der Beschwerdeführer beantragte, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Entscheidung in der Sache durch einen Senat und die Stattgebung seiner Beschwerde, dass Spruchpunkt 1. dahingehend abgeändert werde, dass er ab 01.10.2016 bis laufend in der Krankenversicherung gemäß § 14a GSVG weiterversichert sei und Spruchpunkt 2. dahingehend abgeändert werde, dass die Beitragsvorschreibungen für das Jahr 2012 verjährt seien. In eventu beantragte er, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3. Die SVS legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2019 vor und führte in der angeschlossenen Stellungnahme aus, dass der Beschwerdeführer zwar bereits seit 2008 geschäftsführender Gesellschafter der T GmbH gewesen sei, diese aber erst mit 01.07.2010 über eine die Kammerzugehörigkeit begründende Gewerbeberechtigung verfügt habe. Mit diesem Zeitpunkt habe daher die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG begonnen und gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 3 GSVG mit dem 30.09.2016 geendet, da der Beschwerdeführer bis zum 13.09.2016 geschäftsführender Gesellschafter gewesen sei. Da er zudem als Rechtsanwalt tätig sei und keiner Gruppenkrankenversicherung beigetreten ist, unterliege er gemäß § 14b Abs. 1 Z 1 GSVG in der Krankenversicherung der Pflichtversicherung. Mit dem Wegfall der Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter sei für die bestehenbleibende Erwerbstätigkeit als Rechtsanwalt ab 01.10.2016 die Pflichtversicherung nach § 14a GSVG festzustellen gewesen. Die Beiträge für die Jahre 2010 bis 2019 seien quartalsweise vorgeschrieben worden, sodass keine Verjährung eingetreten sei. Vierteljährliche Kontoauszüge würden auch laut Rechtsprechung die Verjährung unterbrechende Maßnahmen darstellen.

4. Mit Schreiben vom 12.11.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die SVS um eine Stellungnahme betreffend die Verjährung der vorgeschriebenen Beiträge, sowie um Übermittlung sämtlicher zur Beurteilung der Verjährung maßgeblicher Unterlagen und des Schreibens der SVS vom 01.08.2017.

5. In ihrer Stellungnahme vom 25.11.2020 führte die SVS aus, dass die Beiträge der Jahre 2010 bis 2019 quartalsweise vorgeschrieben worden seien. Diese vierteljährlichen Kontoauszüge würden laut Judikatur des VwGH verjährungsunterbrechende Maßnahmen darstellen. Hinsichtlich der Beiträge aus dem Jahr 2012 wies die SVS darauf hin, dass ihr der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 erst nach Eintritt der Rechtskraft am 31.07.2014 übermittelt worden sei. Mit 25.10.2014 sei zwar zunächst eine Beitragsgrundlage von EUR 0,00 berechnet worden, da der Beschwerdeführer erklärte lediglich Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt zu erzielen. Erst 2017 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer nicht der Gruppen-Krankenversicherung beigetreten sei. Mit Schreiben vom 01.08.2017 sei er dahingehend informiert worden, seit 01.01.2012 der Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG zu unterliegen. Aus diesem Grund seien ihm mit Schreiben vom 22.07.2017 und somit innerhalb der dreijährigen Frist seit Fälligkeit Beiträge in der Krankenversicherung vorgeschrieben worden. Da die Vorschreibung von Beiträgen mit Ende des ersten Kalendermonats eines Kalendervierteljahres erfolge, seien die Beiträge frühestens mit 30.11.2014 fällig geworden. Darüber hinaus sei eine Verjährungsfrist von fünf Jahren anzuwenden, da es der Beschwerdeführer unterlassen habe, dem Sozialversicherungsträger das Fehlen eines gleichwertigen Versicherungsschutzes mitzuteilen. Bezüglich der Beitragsjahre 2010 und 2011 sei dem Beschwerdeführer zwar eine Erklärung betreffend endgültiger Beitragsgrundlage übermittelt worden, es sei jedoch zu keiner Nachbelastung gekommen.

6. Dem Beschwerdeführer wurde diese Stellungnahme der SVS zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom 06.05.2021 erstattete der Beschwerdeführer diesbezüglich eine Äußerung. Betreffend die Verjährung brachte er vor, dass die SVS darauf verweise, dass die Beiträge der Jahre 2010 bis 2019 quartalsweise vorgeschrieben worden seien und das Übermitteln der Kontoauszüge eine verjährungsunterbrechende Maßnahme darstellen würde. Dies widerstreite jedoch dem Standpunkt der belangten Behörde, zumal sie in diesem Zusammenhang klarstelle, dass darin auch die entsprechende Beitragsschuld ausgewiesen werden müsse. Die Behörde habe aufgrund des Datenaustausches nach § 229a GSVG über seine Einkommensteuerbescheide verfügt, die seine Einkünfte als Rechtsanwalt offenlegen würden. Die SVS sei daher über seine Einkommenssituation vollständig informiert gewesen. Dessen ungeachtet sei bis September 2016 lediglich der Mindestbeitrag für die Kranken- und Pensionsversicherung vorgeschrieben worden. Betreffend seine Einkünfte als Rechtsanwalt seien keine Vorschreibungen erfolgt. Der Hinweis der belangten Behörde, dass er es unterlassen habe sie über das Fehlen eines gleichwertigen Versicherungsschutzes zu informieren, sei nicht nachvollziehbar, da er ja als Geschäftsführer ab Juli 2010 umfassenden Versicherungsschutz im Rahmen der Krankenversicherung genossen habe. Er sei erstmals mit Schreiben vom 17.05.2018 persönlich aufgefordert worden, seine Einkünfte als Rechtsanwalt bzw. jene aus gewerblicher Tätigkeit offen zu legen. Die Behörde habe über sämtliche Daten verfügt, die für eine zutreffende Beurteilung der Beiträge maßgeblich gewesen seien. Es bleibe vollkommen offen, weshalb die Behörde davon ausgegangen sei, dass er in der Gruppenkrankenversicherung versichert sei. Die Behörde habe erstmals im Kontoauszug vom 22.07.2017 Krankenversicherungsbeiträge für das Jahr 2012 angeführt. Die Vorschreibung der Nachforderung für einen Zeitraum von fünf Jahren führe im Hinblick auf seine regelmäßige Einkommenssituation zu einer außergewöhnlichen Belastung. Da für die Beitragsjahre 2010 und 2011 aufgrund der gesetzlichen Regelungen keine Beiträge im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt vorzuschreiben gewesen wären, habe keine Verpflichtung bestanden, der Behörde das Fehlen eines gleichwertigen Versicherungsschutzes mitzuteilen. Weiters bestritt der Beschwerdeführer, dass der Einkommensteuerbescheid 2012 der belangten Behörde erst am 31.07.2014 übermittelt worden sei, da er bereits am 02.06.2014 ausgestellt worden und mit 02.07.2014 rechtskräftig gewesen sei. Zudem habe auch keine Beschwer vorgelegen. Es sei davon auszugehen, dass die Behörde bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt von diesem Bescheid Kenntnis erlangt habe. Der Beschwerdeführer beantragte die Offenlegung von Aufzeichnungen über die Datenübertragung des Einkommensteuerbescheides und brachte vor, dass die Vorschreibungen für das Jahr 2012 außerhalb der offenen Verjährungsfrist erfolgt seien.

7. In ihrer Stellungnahme vom 19.05.2021 gab die SVS über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts bekannt, dass ihr bereits seit 2003 bekannt gewesen sei, dass der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt tätig sei. Hinsichtlich des Bestehens/Fehlens der Gruppenkrankenversicherung sei nichts vermerkt worden, jedoch sei der Ausnahmegrund „AG 23“ („keine Versicherungspflicht“) vermerkt worden. Nach Feststellung der Pflichtversicherung mit 01.07.2010 sei ein Beitritt zur Gruppenkrankenversicherung weder behauptet noch bestritten worden und scheine auch – wie dies üblich ist – nicht in der Zentralen Speicherung von Versicherungsdaten auf. Bei der beantragten Weiterversicherung im Jahr 2016 sei erstmals erhoben worden, ob ein Beitritt zur Gruppenkrankenversicherung erfolgt sei und am 30.05.2017 festgestellt worden, dass kein Beitritt erfolgt sei. Die Beitragsgrundlage für die Jahre 2010 und 2011 sei nicht erhöht worden und ab 2012 sei keine Verjährung eingetreten. Die Übermittlung von Einkommenssteuerbescheiden erfolge üblicherweise rund 8 Wochen nach der erfolgten Ausstellung. Im Anhang übermittelte die SVS einen Ausdruck der entsprechenden Übermittlung, wonach der Bescheid am 31.07.2014 bei der SVS eingelangt sei. Der Kontoauszug des 3. Quartals 2014 sei mit 26.07.2014 erstellt und versandt worden. Die Vorschreibung der Beiträge wäre damit erst im 4. Quartal 2014 möglich gewesen und Fälligkeit trete damit frühestens mit 30.11.2014 ein. Da die Vorschreibung mit Schreiben vom 22.07.2017 erfolgt sei, sei keinesfalls Verjährung eingetreten. Es werde zugestanden, dass die Behörde bereits früher Erhebungen betreffend den Beitritt zur Gruppenkrankenversicherung hätte veranlassen können. In diesem Fall wären bereits ab 01.07.2010 Beiträge vorzuschreiben gewesen. Da dies aber unterlassen worden sei, seien nur betreffend jene Zeiträume, für die keine Verjährung eingetreten sei, rückwirkend Beiträge vorgeschrieben worden.

8. Der Beschwerdeführer wies in seiner Stellungnahme vom 28.06.2021 noch einmal darauf hin, dass es sich bei der Versicherung nach § 14a Abs. 3 GSVG nicht um eine Pflichtversicherung handle, sondern um eine Selbst- bzw. Weiterversicherung, die im Anschluss an eine Pflichtversicherung nach § 14b GSVG gesetzlich angeordnet sei. Der Spruch des angefochtenen Bescheides sei daher entsprechend zu berichtigen. Die Ansicht der Behörde, dass er verpflichtet gewesen sei, das Fehlen eines gleichwertigen Versicherungsschutzes mitzuteilen sei nicht nachvollziehbar und könne sich nur auf den Zeitraum ab 2016 beziehen, da ab diesem Zeitraum die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b GSVG nicht mehr bestanden habe. Es bleibe offen, weshalb die Information der Behörde, wonach er ab 01.10.2016 weiterversichert sei, auf einem Irrtum beruhe. Er sei nämlich sehr wohl berechtigt gewesen die Weiterversicherung in der Krankenversicherung zu beantragen. Dass die Vorschreibung der Beiträge für das Jahr 2012 mit Schreiben vom 22.07.2017 erfolgt sei, sei unrichtig. Er sei erstmals mit Schreiben vom 01.08.2017 darauf hingewiesen worden, dass Beiträge für den Zeitraum Jänner 2012 bis September 2016 im dritten Quartal 2017 vorgeschrieben werden würden. Diesem Schreiben sei der Kontoauszug vom 22.07.2017 angeschlossen gewesen und es sei ihm erst nach dem 10.08.2017 zugegangen. Damit seien die Beiträge für das Jahr 2012 außerhalb der Verjährungsfrist vorgeschrieben worden. Zum Vorbringen der Behörde, dass nur für nicht verjährte Zeiträume Beiträge rückwirkend vorgeschrieben worden seien, gab der Beschwerdeführer an, dass die Vorschreibung höherer Beiträge ungeachtet seines Einkommens als Rechtsanwalt schon durch die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben ausgeschlossen gewesen sei. Es sei auffällig, dass die belangte Behörde es trotz Übermittlung des Einkommensteuerbescheides am 31.07.2014 im Folgezeitraum unterlassen habe, seine Einkünfte als Rechtsanwalt bei der Beitragsvorschreibung zu berücksichtigen. Die Behauptung, dass es der Behörde erst im 4. Quartal 2014 möglich gewesen sei, die Beiträge vorzuschreiben, sei seines Erachtens nach nicht richtig. Eine Vorschreibung zum 31.08.2017 führe sohin dazu, dass die Vorschreibung für 2012 außerhalb offener Verjährungsfrist erfolgt sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist seit 1998 bis laufend als Rechtsanwalt tätig. Seit seiner Eintragung in die Liste der aktiven Rechtsanwälte ist er zu keinem Zeitpunkt der Gruppenkrankenversicherung der Rechtsanwaltskammer beigetreten.

Dass der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt tätig ist war der belangten Behörde bereits seit 2003 bekannt. Dass der Beschwerdeführer keiner Gruppenkrankenversicherung beigetreten ist, wurde von der SVS erst im Jahr 2017 ermittelt. Der Beschwerdeführer informierte die belangte Behörde nicht darüber, dass er keiner Gruppenkrankenversicherung beigetreten ist.

Im Zeitraum von 04.11.2008 bis 13.09.2016 war er geschäftsführender Gesellschafter der T GmbH mit einer Beteiligung von 100%. Die T GmbH verfügte von 10.11.2010 bis 01.12.2018 über die Gewerbeberechtigung „Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 10 Kraftfahrzeugen“ und von 01.07.2010 bis 30.10.2017 über die Gewerbeberechtigung „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen“.

Am 05.12.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Weiterversicherung in der Krankenversicherung.

Die Höhe der Einkünfte des Beschwerdeführers aus selbstständiger Arbeit in den verfahrensgegenständlichen Jahren wird in der folgenden Übersichtstabelle angeführt. Außerdem wird angeführt, wann der jeweilige Einkommensteuerbescheid erlassen wurde („Bescheiddatum“) und wann die Daten jeweils gemäß § 229a GSVG der SVS übermittelt wurden („übermittelt am“). Sämtliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit stammen ausschließlich aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt.

Jahr

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Bescheiddatum

Übermittelt am

2010

EUR 45.232,01

09.05.2012

06.07.2012

2011

EUR 58.271,55

03.12.2012

30.01.2013

2012

EUR 74.124,44

02.06.2014

31.07.2014

2013

EUR 56.489,18

13.01.2015

12.03.2015

2014

EUR 50.362,36

01.04.2016

01.06.2016

2015

EUR 58.507,43

26.05.2017

25.07.2017

2016

EUR 64.502,34

01.02.2018

03.04.2018

Mit Kontoauszug vom 22.07.2017 wurden dem Beschwerdeführer Beiträge für den Zeitraum Jänner 2012 bis September 2016 Beiträge zur Krankenversicherung nach dem GSVG unter Berücksichtigung seiner Einkünfte als Rechtsanwalt vorgeschrieben. Dem Beschwerdeführer wurde dieser Kontoauszug gemeinsam mit Schreiben vom 01.08.2017 übermittelt und spätestens Anfang September 2017 zugestellt. Die Beiträge für den Zeitraum ab Oktober 2016 wurden erstmals mit Kontoauszug vom 21.10.2017 vorgeschrieben. In weiterer Folge wurden die Beiträge mit Kontoauszügen quartalsweise vorgeschrieben.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften Inhalt des Verfahrensaktes der SVS, sowie den im Laufe des Beschwerdeverfahrens nachgereichten Unterlagen bzw. den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides.

Der Beschwerdeführer erhob Einwendungen gegen die Feststellung, dass der SVS die Daten des Einkommensteuerbescheides 2012 (erst) am 31.07.2014 übermittelt wurden. Die SVS trat diesem Vorbringen entgegen und legte diesbezüglich einen Screenshot aus dem behördeninternen EDV-Programm vor, aus dem der 31.07.2014 als Übermittlungsdatum hervorgeht. Weiters führte die SVS aus, dass die Übermittlung üblicherweise erst mit Rechtskraft des Bescheides erfolge. Diese Vorgehensweise entspricht auch § 4 der Verordnung betreffend die Durchführung der Übermittlung von Einkommensteuerdaten an die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (BGBl. II Nr. 107/1998 idF BGBl. II Nr. 38/2020). Der Beschwerdeführer bringt demgegenüber vor, dass dieser Bescheid am 02.06.2014 erlassen worden sei und damit bereits am 02.07.2014 Rechtskraft eingetreten sei bzw. ohnehin keine Beschwer vorgelegen habe. Dem ist insoweit zuzustimmen als die Beschwerdefrist laut § 245 Abs. 1 BAO tatsächlich ein Monat beträgt. Allerdings übersieht der Beschwerdeführer, dass die Beschwerdefrist erst ab Zustellung des Bescheides zu laufen beginnt und bei postalisch eingebrachten Beschwerden der Postlauf (§ 33 Abs. 3 AVG) nicht einzurechnen ist. Die Feststellung der Rechtskraft kann durch die Finanzbehörden daher erst mit einer gewissen Verzögerung festgestellt werden. Dass die Übermittlung – wie von der SVS angeführt – üblicherweise 8 Wochen nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides erfolgt erscheint vor diesem Hintergrund plausibel und entspricht zudem den diesbezüglichen Erfahrungswerten des erkennenden Gerichts, sowie den glaubhaften Unterlagen der SVS.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer der Kontoauszug vom 22.07.2017 jedenfalls bis Anfang September 2017 zugestellt wurde, basiert auf der Zusammenschau der Angaben der belangten Behörde und des Beschwerdeführers. Die SVS gab in ihren Stellungnahmen an, dass die Vorschreibung mit Schreiben vom 22.07.2017 erfolgt sei und damit innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist. Demgegenüber brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm dieser Kontoauszug erst gemeinsam mit einem Schreiben vom 01.08.2017 zugestellt worden sei und zwar nach dem 10.08.2017. Ein genaues Zustelldatum wurde seitens des Beschwerdeführers nicht angegeben. Er bestritt jedoch niemals diesen Kontoauszug erhalten zu haben und da er selbst angab, dass er ihm gemeinsam mit dem Schreiben vom 01.08.2017 zugestellt wurde, ist davon auszugehen, dass diese Zustellung – auch im Falle eines längeren Postwegs – spätestens Anfang September 2017 erfolgte. Zudem beantragte der Beschwerdeführer eben aufgrund dieses Kontoauszuges mit Schreiben vom 07.09.2017 die Ausstellung eines entsprechenden Bescheides, sodass seine Kenntnis dieses Kontoauszuges mit Anfang September belegt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zum Antrag auf Entscheidung durch einen Senat

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Im vorliegenden Fall beantragte der Beschwerdeführer eine Entscheidung in der Sache durch einen Senat.

Gemäß § 194 Z 5 GSVG ist jedoch § 414 Abs. 2 ASVG, der eine Senatszuständigkeit im Fall eines entsprechenden Antrages vorsieht, bei der Durchführung des GSVG nicht anzuwenden.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A) Teilweise Stattgabe

3.2. Rechtsgrundlagen (in den jeweils zeitraumbezogen anzuwendenden Fassungen)

Gemäß § 14b Abs. 1 Z 1 GSVG unterliegen Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung nach § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind, dann auf Grund ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit in der Krankenversicherung der Pflichtversicherung, wenn sie eine andere Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, ausüben.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert, die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist […].

Gemäß § 14a Abs. 3 GSVG sind Personen, die nach § 14b Abs. 1 Z 1 oder Z 3 pflichtversichert waren, nunmehr noch eine Erwerbstätigkeit ausüben, bei deren Ausübung sie auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung nach § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind, und die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Erwerbstätigkeit aufgegeben haben oder bei denen der die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Leistungsbezug weggefallen ist, in der Krankenversicherung selbstversichert, wenn sie nicht einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung beigetreten sind.

Werden die Beiträge durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben, so sind diese Beiträge gemäß § 35 Abs. 2 GSVG mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt.

Gemäß § 40 Abs. 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird.

3.3. Daraus folgt für die gegenständliche Beschwerde

Eingangs ist festzuhalten, dass die Pflichtversicherung gemäß § 14b Abs. 1 Z 1 GSVG bzw. § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG im Zeitraum 01.07.2010 bis 30.09.2016 unstrittig feststeht. Ab 04.11.2008 bis 13.09.2016 war der Beschwerdeführer geschäftsführender Gesellschafter der T GmbH, die ab dem 01.07.2010 über eine Gewerbeberechtigung verfügte. Gleichzeitig war der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt tätig. Diese Teile des Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Das Beschwerdebegehren betreffend Spruchpunkt 1. richtet sich gegen die Feststellung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14a Abs. 3 GSVG für den Zeitraum ab 01.10.2016 bis laufend. Der Beschwerdeführer vertritt diesbezüglich den Standpunkt, dass in diesem Zeitraum eine freiwillige Weiterversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14a GSVG aufgrund eines Antrags bestanden habe, jedoch keine Pflichtversicherung.

3.3.1. Zum Vorliegen der Versicherung gemäß § 14a GSVG

§ 14a Abs. 3 GSVG betrifft Personen, deren Pflichtversicherung nach § 14b endet (insbesondere weil die diese Versicherung begründende Erwerbstätigkeit […] weggefallen ist), die aber weiterhin eine freiberufliche Erwerbstätigkeit ausüben, für die keine Pflichtversicherung besteht. […] Diese Regelung soll also die Einhaltung der Versicherungspflicht jener Freiberufler/innen, deren Berufsgruppe von der Ausnahmemöglichkeit nach § 5 GSVG Gebrauch gemacht hat, verbessern. (vgl. Glowacka in Sonntag (Hrsg.) GSVG/SVSG10 § 14a GSVG Rz 7)

Es steht unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer bis 30.09.2016 aufgrund seiner freiberuflichen Erwerbstätigkeit als Rechtsanwalt der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b Abs. 1 Z 1 GSVG und als geschäftsführender Gesellschafter der Pflichtversicherung in der Kranken- Pensionsversicherung unterlag. Diese Pflichtversicherungen endeten, da der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der T GmbH mit 13.09.2016 aufgegeben hat.

Er ist jedoch weiterhin als Rechtsanwalt tätig und als solcher ein Mitglied der Rechtsanwaltskammer. Da die Rechtsanwaltskammer von der Möglichkeit des „Opting-Out“ gemäß § 5 GSVG Gebrauch gemacht hat und ihre Mitglieder somit von der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung ausgenommen sind, ist auch diese Voraussetzung des § 14a Abs. 3 GSVG erfüllt.

Aufgrund der Erhebungen der SVS stellte sich im Jahr 2017 heraus, dass der Beschwerdeführer nicht der Gruppenkrankenversicherung der Rechtsanwaltskammer beigetreten ist. Damit ist der Beschwerdeführer jedenfalls nach § 14a Abs. 3 GSVG in der Krankenversicherung selbstversichert.

Betreffend die Formulierung des Spruchpunkt I. angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Versicherung nach § 14a GSVG keine Pflichtversicherung darstelle, sondern eine Selbstversicherung. Diesem Vorbringen ist insofern zuzustimmen als die Überschrift des § 14a GSVG „Selbstversicherung in der Krankenversicherung“ lautet und es sich auch bei dem Tatbestand des § 14a Abs. 3 GSVG dem Wortlaut nach um keine Pflichtversicherung handelt, sondern um eine Selbstversicherung, die „ex lege“ (vgl. Glowacka in Sonntag (Hrsg.) GSVG/SVSG10 § 14a GSVG Rz 7) bzw. „zwingend“ (Sedlacek/Koch in Neumann, GSVG für Steuerberater2 § 14a, Stand 1.1.2018, Rz 7) eintritt.

Wenn der Beschwerdeführer darüber hinaus darlegt, dass die Selbstversicherung nach § 14a GSVG eines Antrages bedürfe, ist darauf hinzuweisen, dass die Tatbestände des Abs. 1 und 2 tatsächlich einen entsprechenden Antrag voraussetzen („auf Grund eines Antrages“). Im Gegensatz zu den Abs. 1 und 2 ist jedoch für die Selbstversicherung nach Abs. 3 kein Antrag erforderlich, sondern die Versicherung tritt ex lege ein und damit unabhängig davon, ob ein Antrag gestellt wurde oder nicht.

Da der Tatbestand des § 14a Abs. 3 GSVG mit 01.10.2016 erfüllt ist, ist es insofern unbeachtlich, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus am 05.12.2016 auch selbst einen Antrag auf Weiterversicherung gestellt hat.

Der Beschwerde war daher (teilweise) stattzugeben und die Formulierung des Spruchpunkt 1. entsprechend abzuändern.

3.3.2. Zur Beitragspflicht gemäß § 25 GSVG

Bezüglich der vorgeschriebenen Beiträge brachte der Beschwerdeführer einerseits die Verjährung des Rechts auf Feststellung der Beiträge (s. dazu unten Punkt 3.3.3.) vor und führte außerdem aus, dass ihm die belangte Behörde jahrelang keine Beiträge betreffend seine Tätigkeit als Rechtsanwalt vorgeschrieben habe, obwohl sie über seine Einkommenssituation informiert gewesen sei. Da der Beschwerdeführer also primär die rückwirkende Vorschreibung bzw. Verjährung der Beiträge moniert, ist nur kursorisch auf die Ermittlung der Beitragsgrundlagen und die daraus resultierende Höhe der Beiträge einzugehen.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt von Pensionsversicherung ausgenommen ist, sodass mit dem angefochtenen Bescheid nur für Zeitraum 2010 bis September 2016 Beiträge zur Pensionsversicherung vorgeschrieben wurden und diese auf Basis der Mindestbeitragsgrundlage, da er keine Einkünfte aus Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter erzielt hat.

Betreffend die Beiträge zur Krankenversicherung war für die Jahre 2010 und 2011 die Neuzugangsbeitragsgrundlage gemäß § 25a Abs. 4 GSVG anzuwenden. Es erfolgte daher keine Nachberechnung anhand der Einkünfte aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt.

Für die Jahre ab 2012 war die Beitragsgrundlage jedoch aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nun auch mit seinem Einkommen als Rechtsanwalt der Versicherung nach dem GSVG unterliegt, neu zu berechnen und erhöhte sich entsprechend. Betreffend die Jahre 2012 bis 2016 wurden der Neuberechnung die in den jeweiligen rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte zugrunde gelegt. Im Jahr 2016 erfolgte die Vorschreibung von der Höchstbeitragsgrundlage, da diese überschritten wurde. Für die Jahre 2017 bis 2019 wurde eine vorläufige Beitragsgrundlage gemäß § 25a GSVG gebildet.

Da der Beschwerdeführer keine Einwände gegen die konkrete Berechnung der Beitragsgrundlage und der Beiträge erhoben hat und sich auch seitens des Gerichts keine Zweifel diesbezüglich ergaben, ist festzuhalten, dass die Höhe der Beiträge für die Jahre 2010 bis 2019 von der Behörde korrekt festgesetzt wurde.

3.3.3. Zur Verjährung der vorgeschriebenen Beiträge

Der Beschwerdeführer beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass die Beitragsvorschreibungen für das Jahr 2012 verjährt seien und brachte zunächst vor, dass der betreffende Einkommensteuerbescheid der belangten Behörde nicht erst am 31.07.2014 übermittelt worden sei, sondern bereits früher. Diesbezüglich ist auf den festgestellten Sachverhalt und die entsprechenden Ausführungen in der Beweiswürdigung zu verweisen. Demnach steht fest, dass der Behörde die Daten des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2012 am 31.07.2014 übermittelt wurden.

Gemäß § 40 Abs. 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Es ist daher zu klären, zu welchem Zeitpunkt die Beiträge für das Jahr 2012 fällig wurden.

Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie gemäß § 35 Abs. 2 zweiter Satz GSVG mit dem Letzten des zweiten Monats des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt. Wird die Vorschreibung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen, so tritt die Fälligkeit schon nach Maßgabe jenes (früheren) Zeitpunkts ein, in welchem der Sozialversicherungsanstalt auf Grund der Verfügbarkeit der Daten des Einkommensteuerbescheides eine Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage möglich gewesen wäre, wobei die Vorschreibung nicht vor Beginn des auf das Vorliegen des rechtskräftigen Bescheides nächstfolgenden Quartals erfolgen muss. (vgl. VwGH 02.05.2019, Ra 2019/08/0070, mwN)

Da im vorliegenden Fall die Beiträge erst nachträglich vorgeschrieben wurden, kann die Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage also erst bei Vorliegen der rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide erfolgen. Die Daten des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2012 vom 02.06.2014 waren für die SVS jedoch erst mit der Meldung gemäß § 229a GSVG am 31.07.2014 verfügbar, sodass die Beiträge im 4. Quartal 2014 vorzuschreiben waren. Die Fälligkeit der Beiträge war somit ab dem 30.11.2014 gegeben.

Da die dreijährige Verjährungsfrist des § 40 Abs. 1 GSVG damit erst am 30.11.2017 abgelaufen wäre, erfolgte die Vorschreibung mit Kontoauszug vom 22.07.2017, die dem Beschwerdeführer spätestens Anfang September 2017 zugestellt wurde, rechtzeitig und stellt verjährungsunterbrechende Maßnahme dar.

Damit ist zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides am 22.10.2019 keine Feststellungsverjährung eingetreten.

Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob allenfalls die längere Verjährungsfrist von fünf Jahren anzuwenden ist, und auch eine Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer seinen Meldepflichten betreffend den nicht erfolgten Beitritt zur Gruppenkrankenversicherung nachgekommen ist, erübrigte sich.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die von der Behörde angenommenen Fälligkeitsdaten auch für die übrigen Beitragsjahre nicht zutreffen würden, ist anzuführen, dass sich auch für die Beitragsjahre ab 2013 keine Hinweise darauf ergeben haben, dass das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides verjährt wäre. Die maßgeblichen Einkommensteuerbescheide wurden vielmehr erst nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 erlassen und die Beiträge bis September 2016 ebenfalls mit dem Kontoauszug vom 22.07.2017 vorgeschrieben. Die Beiträge ab Oktober 2016 wurden mit dem darauffolgenden Kontoauszug vom 21.10.2017 vorgeschrieben. Außerdem wies die SVS ab diesem Zeitpunkt bis zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides die quartalsweise Vorschreibung der Beiträge nach, sodass in regelmäßigen Abständen verjährungsunterbrechende Maßnahmen gesetzt wurden.

Die Beschwerde war daher – abgesehen von der Änderung des Spruchpunkt 1. – abzuweisen.

3.4. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer beantragt. Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt aber bereits aus der Aktenlage in Zusammenschau mit der Beschwerde ergibt bzw. mithilfe der eingeholten schriftlichen Stellungnahmen hinreichend geklärt werden konnte, ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich zudem auf eine klare Rechtslage stützen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Beitragspflicht Geschäftsführer Krankenversicherung Pensionsversicherung Pflichtversicherung Rechtsanwälte selbstständig Erwerbstätiger Selbstversicherung Teilstattgebung Verjährungsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W178.2226650.1.00

Im RIS seit

02.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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