TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/16 W260 2218370-2

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Veröffentlicht am 16.07.2021
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Entscheidungsdatum

16.07.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15
ZustG §17

Spruch


W260 2218370-2/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die fachkundige Laienrichterin Mag. Melanie HAYDEN und den fachkundigen Laienrichter Alexander WIRTH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Dr. Ingo RIß, Rechtsanwalt in 1040 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schloßhofer Straße vom 10.05.2019, GZ: 2018-0566-9-003424, betreffend Zurückweisung des Vorlageantrages vom 28.03.2019 als verspätet, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.04.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden „Beschwerdeführer“) bezog seit 10.01.2017 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Seit 10.08.2017 stand er in Bezug von Notstandshilfe.

2. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schloßhofer Straße (im Folgenden „AMS“ oder „belangte Behörde“) vom 19.11.2018 wurde die Notstandshilfe für den Zeitraum vom 23.10.2018 bis 03.12.2018 aberkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme der regionalen Geschäftsstelle zur Teilnahme an einer Nach-/Umschulung bzw. zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt beim Institut " XXXX " am 23.10.2018 vorzeitig beendet habe. Dadurch sei ein Erfolg vereitelt worden. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen.

3. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 21.11.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben.

4. Die belangte Behörde erließ im Verfahren über die Beschwerde vom 21.11.2018 am 08.01.2019 gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen und Nachsicht nicht gewährt wurde.

5. Die Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2019 wurde an die aktuelle Wohnadresse des Beschwerdeführers mittels Rsb-Brief geschickt. Der persönliche Versuch der Zustellung erfolgte am 11.01.2019, laut Rückschein der Post AG wurde eine Benachrichtigung der Hinterlegung in der Abgabestelle des Beschwerdeführers hinterlassen. Das Schriftstück lag ab dem 14.01.2019 zur Abholung bereit.

6. Am 31.01.2019 langte das nicht behobene Schreiben, die Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2019, bei der belangten Behörde mit dem Vermerk „nicht behoben“ ein.

7. Am 15.03.2019 sprach der Beschwerdeführer persönlich bei der belangten Behörde vor. Dabei gab er niederschriftlich an, dass er erkläre, heute am 15.03.2019 den Bescheid vom 08.01.2019, welcher laut Post nicht behoben worden sei, persönlich erhalten habe. Die Beschwerde vom 13.03.2019 möchte er allerdings aufrechterhalten.

8. In der Folge wurde vom Beschwerdeführer am 28.03.2019 ein Vorlageantrag eingebracht.

9. Mit Bescheid vom 10.05.2019 hat die belangte Behörde den Vorlageantrag des Beschwerdeführers vom 28.03.2019 gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

10. Mit Schriftsatz vom 07.06.2019 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt habe und erhob Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.05.2019, mit welchem der Vorlageantrag des Beschwerdeführers vom 28.03.2019 als verspätet zurückgewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer argumentierte, dass ihm die Beschwerdevorentscheidung erstmals anlässlich einer Vorsprache bei der belangten Behörde am 15.03.2019 durch Aushändigung zugekommen wäre. Zuvor hätte er niemals Kenntnis von einer Zustellung bzw. Hinterlegung der Beschwerdevorentscheidung gehabt. Er bestreite, dass die Hinterlegungsanzeige – wie von der belangten Behörde behauptet – in dem zur Abgabestelle gehörigen Postfach eingelegt worden sei. Die Zustellung wäre daher nicht wirksam erfolgt. Im gegenständlichen Fall wäre nämlich ein Fehler bzw. Irrtum im Zustellvorgang bzw. bei der Hinterlassung der Hinterlegungsanzeige in hohem Maße wahrscheinlich. Dies im Wesentlichen aufgrund der baulichen Beschaffenheit der Wohnanlage, aufgrund von Bauarbeiten im verfahrensrelevanten Zeitraum, wegen mangelhaft beschrifteter Briefkästen und einer schwachen Sozialbindung in seiner Anlage. Andere Bewohner hätten schon mehrfach Postsendungen in ihren Postfächern vorgefunden, die für andere Hausparteien bestimmt gewesen wären. Er mache daher den Zeugen XXXX namhaft, der dies bestätigen könne. Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut an Beweismitteln vor und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

11. Mit E-Mail an den Kundenservice der Österreichischen Post AG vom 07.06.2019 erkundigte sich die belangte Behörde über etwaige, der Post im gegenständlichen Fall bekannte Zustellprobleme. Mit E-Mail vom 13.06.2019 gab der Kundenservice der Österreichischen Post AG bekannt, dass im konkreten Fall die Hinterlegung vom Stammzusteller ordnungsgemäß in den Briefkasten eingelegt worden wäre. Der Stammzusteller wäre zu diesem Zeitpunkt in Einsatz gewesen. Im Haus des Beschwerdeführers wäre weder ein defekter Briefkasten gemeldet worden, noch wäre es zu Schwierigkeiten bei der Zustellung gekommen. Es wären keine Zustellprobleme bei der Post gemeldet worden und auch keine Zustellprobleme an dieser Anschrift bekannt.

12. Der Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 14.06.2019 elektronisch übermittelt.

13. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.03.2021 wurde eine mündliche Beschwerdeverhandlung am 15.04.2021 anberaumt und die Parteien des Verfahrens sowie der namhaft gemachte Zeuge, XXXX , geladen.

14. Mit Schreiben vom 10.03.2021 gab der Zeuge bekannt, dass er den Beschwerdeführer nicht kennen würde. Er wäre seit 40 Jahren nicht mehr beim AMS gewesen und wäre Pensionist. Der Zeuge wurde am 11.03.2021 vom Bundesverwaltungsgericht telefonisch darüber informiert, dass seine Zeugeneinvernahme nicht das AMS-Verfahren des Beschwerdeführers, sondern die Zustellung von Poststücken in der Wohnhausanlage betreffe. Der Zeuge gab bekannt, an der Verhandlung teilzunehmen.

15. Mit Schreiben vom 22.03.2021 gab der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt bekannt, dass er mittlerweile in Deutschland leben würde. Deshalb, und in Anbetracht der derzeit herrschenden Covid-Pandemie, beantrage er daher seine Einvernahme über ein Rechtshilfeersuchen vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht in Deutschland oder per Einrichtung einer Videoschaltung über das örtlich zuständige Amtsgericht.

16. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes an die Verfahrensparteien vom 26.03.2021 wurde aufgrund der zeitnah bereits anberaumten Verhandlung der Vorschlag gemacht, den Beschwerdeführer, sofern er über die technischen Hilfsmittel verfüge, von Zuhause aus einzuvernehmen.

17. Mit Schreiben seines Rechtsanwaltes vom 30.03.2021 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er für ein Zoom-Meeting technisch eingerichtet sei.

18. Die belangte Behörde stimmte mit Stellungnahme vom 08.04.2021 einer Einvernahme des Beschwerdeführers per Videokonferenz zu.

19. Hinsichtlich der Einvernahme des Beschwerdeführers mittels Videokonferenz erging am 09.04.2021 eine Verfahrensanordnung des Bundesverwaltungsgerichtes.

20. Der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers gab mit Schriftsatz vom 12.04.2021 die E-Mailadresse sowie die Telefonnummer des Beschwerdeführers bekannt.

21. Der Zeuge gab dem Bundesverwaltungsgericht am 14.04.2021 telefonisch bekannt, dass „er sich das Kreuz verrissen habe“ und nicht an der Beschwerdeverhandlung teilnehmen könne. Er wurde aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht ein entsprechendes Attest vorzulegen.

22. Am 15.04.2021 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers via Videokonferenz, seines Rechtsanwaltes und eines bevollmächtigten Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Beschwerdeverhandlung abgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schloßhofer Straße vom 19.11.2018 wurde die Notstandshilfe für den Zeitraum vom 23.10.2018 bis 03.12.2018 aberkannt.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer am 21.11.2018 fristgerecht Beschwerde eingebracht, woraufhin die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 08.01.2019 abgewiesen und Nachsicht nicht gewährt wurde.

Die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 08.01.2019, welche eine Rechtsmittelbelehrung beinhaltet, wonach die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags zwei Wochen ab Zustellung beträgt, wurde an die zum damaligen Zeitpunkt aktuelle Wohnadresse des Beschwerdeführers, XXXX mittels Rsb-Brief geschickt.

Der persönliche Versuch der Zustellung erfolgte am 11.01.2019. Der Beschwerdeführer konnte nicht persönlich angetroffen werden. Der Stammbriefträger hinterließ eine Benachrichtigung der Hinterlegung in der Abgabestelle des Beschwerdeführers.

Das Schriftstück lag ab dem 14.01.2019 zur Abholung bereit.

Am 31.01.2019 langte das nicht behobene Schreiben, die Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2019, wieder bei der belangten Behörde mit dem Vermerk „nicht behoben“ ein.

Der Beschwerdeführer brachte am 28.03.2019 einen Vorlageantrag ein.

Der Vorlageantrag ist verspätet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts sowie aus den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Verfahrensgegenstand bzw. strittig ist, ob der Beschwerdeführer betreffend die Beschwerdevorentscheidung eine Benachrichtigung der Hinterlegung in seiner Abgabestelle erhalten hat oder nicht und daher in weiterer Folge der Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung rechtzeitig oder verspätet erhoben wurde.

Der erkennende Senat erachtet das diesbezügliche Vorbringen – in Übereinstimmung mit der belangten Behörde – als nicht glaubhaft und sieht das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach dieser eine Verständigung über die Hinterlegung nicht in seinem Hausbrieffach vorgefunden habe, als unbeachtliche Schutzbehauptung an.

Im gegenständlichen Fall liegt festgestelltermaßen ein Zustellnachweis bzw. eine Hinterlegungsanzeige vor.

Konkret hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2019 an die zum damaligen Zeitpunkt aktuelle Wohnadresse des Beschwerdeführers, XXXX mittels Rsb-Brief geschickt. Das Schreiben wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 11.01.2019 hinterlegt und als Beginn der Abholfrist der 14.01.2019 vermerkt. Am 31.01.2019 langte das nicht behobene Schreiben, die Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2019, wieder bei der belangten Behörde mit dem Vermerk „nicht behoben“ ein. Dies ergibt sich aus den unbestrittenen Verfahrensunterlagen, insbesondere aus dem im Akt liegenden RSb-Brief und dem Rückschein (vgl. Nr. 11 bis 13 Inhaltsverzeichnis der belangten Behörde).

Für den Beschwerdeführer spricht (lediglich) – wie in der Beschwerdeschrift vom 07.06.2019 behauptet – dass er gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19.11.2018 rechtzeitig ein Rechtmittel ergriffen hat und daher „sein Anliegen verfolgt, dass das Bundesverwaltungsgericht über sein Vorbringen abspricht“. Es wäre logische Folge, dass er auch im weiteren Verfahren an der Erhebung von Rechtsmitteln interessiert sei und er bei Zugang einer Hinterlegungsanzeige das Schriftstück behoben hätte. Das Auffinden der Hinterlegungsanzeige bestreite er aber. In seiner Beschwerdeschrift monierte der Beschwerdeführer, dass die Hinterlegungsanzeige nicht in dem zur Abgabestelle gehörigen Postfach eingelegt worden sei. Die Zustellung wäre daher nicht wirksam erfolgt. Er könne dies beweisen. Im gegenständlichen Fall wäre nämlich ein Fehler bzw. Irrtum im Zustellvorgang bzw. bei der Hinterlassung der Hinterlegungsanzeige in hohem Maße wahrscheinlich. Seine Wohnung liege in einer großen Wohnhausanlage mit mehreren baulich nahezu gleichen Wohnhäusern. Jedes Wohnhaus hätte zudem mehrere nahezu gleichgestaltete Stiegen. Die Postfächer wären in jeder Stiege sehr ähnlich. Zum Zeitpunkt des gegenständlichen Zustellversuches am 11.01.2019 hätten in der Wohnhausanlage zudem umfängliche Bauarbeiten stattgefunden, wobei Hausnummern der Häuser und Bezeichnungen der Stiegen entfernt worden wären.

Dieses Vorbringen hielt der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung am 15.04.2021 aufrecht und legte diverse Fotos (Beilagen ./A bis ./M zum Verhandlungsprotokoll vom 15.04.2021) vor, welche die Anordnung seiner Wohnhausanlage und die baulichen Maßnahmen dokumentieren sollen.

Dazu ist aus beweiswürdigender Sicht auszuführen, dass nicht angezweifelt wird, dass die Wohnung des Beschwerdeführers in einer großen Anlage mit vielen, gleichgestalteten Stiegen und ähnlichen Postfächern liegt. Auch die Baumaßnahmen werden nicht in Frage gestellt. Dass die Hinterlegungsanzeige aufgrund der baulichen Struktur der Anlage bzw. der Bauarbeiten in einen falschen Briefkasten gelangt ist bzw. ansonsten verschwunden ist, ist aber aus Sicht des erkennenden Senates nicht in hohem Maße wahrscheinlich.

Wie aus der E-Mail vom 13.06.2019 des Kundenservice der Österreichischen Post AG an die belangte Behörde hervorgeht, wurde im konkreten Fall die Hinterlegung vom Stammzusteller ordnungsgemäß in den Briefkasten eingelegt.

Der Stammzusteller wäre zu diesem Zeitpunkt in Einsatz gewesen. Im Haus des Beschwerdeführers wäre weder ein defekter Briefkasten gemeldet worden, noch wäre es zu Schwierigkeiten bei der Zustellung gekommen. Es wären keine Zustellprobleme bei der Post gemeldet worden und auch keine Zustellprobleme an dieser Anschrift bekannt.

Auch der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass z.B. ein anderer Briefträger, z.B. eine Ferienaushilfe, zuständig gewesen wäre und es daher zu Verwechslungen usw. gekommen sein könnte.

Es ist daher davon auszugehen, dass sich ein Stammzusteller in der Wohnhausanlage auskennt, selbst dann, wenn die Wohnhausanlage groß ist, aus vielen Stiegen besteht und die Hausnummern bzw. Stiegennummern usw. im Zuge der Bauarbeiten vorübergehend entfernt wurden.

Es besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass ein routinierter Briefträger in der Lage ist, die Post auch in großen Wohnanlagen, wie es sie in Wien häufig gibt, und auch in Anbetracht von Bauarbeiten, ordnungsgemäß zuzustellen.

In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich gesagt hat, dass er im Jahr 2019 normale Post, die an ihn adressiert gewesen sei, erhalten hat. Er hat seiner Aussage zufolge grundsätzlich an ihn adressierte Schriftstücke im Jänner 2019 erhalten, sogar Post von seinem Vormieter (vgl. S. 8 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021).

Dies macht deutlich, dass der zuständige Briefträger sich sehr wohl in der Wohnanlage zurechtgefunden hat und auch gewusst hat, welcher Briefkasten dem Beschwerdeführer gehört. Dies selbst in Anbetracht der noch zu schildernden, vorgebrachten schlechten Beschriftung des Briefkastens. Es wäre daher nicht davon auszugehen, dass gerade der gegenständliche RSb-Brief bzw. die Hinterlegungsanzeige nicht in den Briefkasten des Beschwerdeführers gelangt sind.

Der Beschwerdeführer behauptete in der Beschwerdeschrift auch, dass die Briefkästen in seiner Stiege unvollständig, mangelhaft und zum Teil schlecht lesbar beschriftet gewesen wären. Es wäre daher – in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers – leicht möglich, dass der Brief in ein falsches Postfach gelangt sei.

In der Beschwerdeverhandlung legte er Fotos und Pläne vor, welche die Anlage, die Bauarbeiten und die Briefkästen auf der Stiege des Beschwerdeführers zeigen sollen (vgl. Beilagen ./A bis ./M zum Verhandlungsprotokoll vom 15.04.2021). Das Foto Beilage ./G zeigt die Briefkästen, wobei weder der Vorsitzende Richter, der Behördenvertreter, noch der Vertreter des Beschwerdeführers den Namen des Beschwerdeführers auf den Briefkästen erkennen konnten (vgl. S 4 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Dies liegt aber auch daran, dass das Foto unscharf und leicht verschwommen ist. Aus dem vorgelegten Foto ergibt sich aber, dass es sich um 10 Briefkästen handelt, die ungeraden Zahlen auf der linken, die geraden Zahlen auf der rechten Seite sind und dass oben links mit Türnummer 1 begonnen wird. Die Zahlen 3, 4, 6, 7 und 9 sind relativ gut erkennbar. Der Briefkasten des Beschwerdeführers (Nummer 8) ist daher der zweite von unten auf der rechten Seite. Dass der Briefkasten auf der rechten Seite war, bestätigt der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung (vgl. S 4 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Der Beschwerdeführer gab aber an, dass er seinen Briefkasten nicht mehr erkenne (vgl. S 9 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Er schilderte, dass bei seinem Einzug in die Wohnung das Plastikstück, wo die Beschriftung erfolgt, gefehlt habe. Er habe daher einen Zettel zurechtgeschnitten und mit Kugelschreiber seinen Namen darauf geschrieben (vgl. S 6 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Wenn er das Papier länger geschnitten hätte, hätte man die Zahl besser erkennen können (vgl. S 9 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021).

Folgt man diesen Angaben, dann bestätigt sich, dass es sich beim Briefkasten des Beschwerdeführers um den – wie bereits erwähnt – zweiten von unten auf der rechten Seite handelt, da auf dem Foto Beilage ./G bei diesem Briefkasten ein zu kurzes Papierstück erkennbar ist.

Insgesamt kann gesagt werden, dass bereits aus der Anordnung der Briefkästen und dem Umstand, dass es sich nur um 10 Parteien handelt, für den Briefträger leicht erkennbar war, welcher Briefkasten zur Wohnung Nr. 8 gehört.

Nichtsdestotrotz ist die Frage offen, ob der Name des Beschwerdeführers auf dem Briefkasten erkennbar war. Dies geht aus den vorgelegten Fotos nicht eindeutig hervor. Dem Beschwerdeführer ist vorzuhalten, dass er dafür Sorge hätte tragen müssen, dass sein Name am Briefkasten deutlich erkennbar ist. Wie sich aus seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung ergibt, hat ihn dies aber nicht sonderlich interessiert. Er hat – wie bereits erwähnt – bei seinem Einzug einen Zettel zurechtgeschnitten und mit Kugelschreiber seinen Namen darauf geschrieben und den Zettel auf dem Briefkasten angebracht. Der Beschwerdeführer sagte aber auch, dass es sein könnte, dass die Schrift mit der Zeit verblasst sei. Befragt, ob ihm konkret im Dezember oder Jänner 2019 aufgefallen sei, dass sein Name nicht mehr lesbar bzw. nicht mehr vorhanden gewesen sei, sagte der Beschwerdeführer, darauf hätte er nicht mehr geachtet. Er hätte ganz automatisch seinen Briefkasten geöffnet (vgl. S 6 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters gab der Beschwerdeführer an, dass es ihm im gegenständlichen Zeitraum nicht wichtig gewesen wäre, dass sein Name und die Türnummer auf seinem Postfach deutlich erkennbar war (vgl. S 9 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021).

Dieser sorglose Umgang mit der Beschriftung des Briefkastens legt den Schluss nah, dass es dem Beschwerdeführer nicht wichtig war, seine Post ordnungsgemäß zu erhalten und auf wichtige Schreiben von Behörden zu reagieren. Aus diesen Aussagen ist ein sorgfaltswidriges Verhalten des Beschwerdeführers erkennbar und zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass der Beschwerdeführer den „Verlust“ der Hinterlegungsanzeige verschuldet hat, als dass der Briefträger die Hinterlegungsanzeige nicht oder in den falschen Briefkasten geworfen hat.

Dafür, dass der Beschwerdeführer die gegenständliche Hinterlegungsanzeige sehr wohl in seinem Briefkasten gehabt hat, spricht auch der Umstand, dass es im Zeitraum Jänner 2019 keine sonstigen Beschädigungen an den Briefkästen (außer, dass die Plastikeinrichtung für das Namensschild nicht vorhanden war) gegeben hat. Der Beschwerdeführer sagte, dass es in seiner Stiege keine Beschädigungen gegeben habe. Es wäre nichts aufgebrochen oder aufgerissen worden (vgl. S 9 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 14.05.2021).

Der Beschwerdeführer argumentierte in der Beschwerdeschrift, dass in seiner Wohnanlage eine schwache Sozialbindung bestehen würde und es daher sehr wahrscheinlich wäre, dass eine fehlerhaft zugestellte Hinterlegungsanzeige entsorgt werde. Unmittelbar neben den Postfächern wären auch Papierkörbe aufgestellt. Der Beschwerdeführer und auch andere Bewohner hätten schon mehrfach Postsendungen in ihren Postfächern vorgefunden, die für andere Hausparteien bestimmt gewesen wären. Er mache daher den Zeugen XXXX namhaft, der dies bestätigen könne. Dazu ist auszuführen, dass der genannten Zeuge entschuldigt nicht zur Beschwerdeverhandlung erschienen ist. Der Beschwerdeführer sagte, er hätte einmal mit dem Zeugen gesprochen und dieser hätte ihm geschildert, dass er auch schon mal Post vermisst hätte bzw. fremde Post bei sich vorgefunden hätte (vgl. S 9 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Da der Zeuge dazu nicht befragt werden konnte, wird das diesbezügliche Vorbringen weder für noch gegen den Beschwerdeführer gewertet. Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung gefragt, ob er selbst sonst in dieser Zeit, Jänner 2019, davor oder danach Zustellprobleme mit behördlichen Schriftstücken gehabt hätte. Er antwortete, dass dies auf jeden Fall schon vorgekommen wäre (vgl. S. 5 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Eine nähere Erklärung bzw. Beweise für dieses Vorbringen lieferte der Beschwerdeführer aber nicht und konnte aus beweiswürdigender Sicht der erhebliche Sachverhalt auch ohne weitere mündliche Beschwerdeverhandlung und Einvernahme des Zeugen geklärt werden.

Der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter legten in der Beschwerdeverhandlung Fotos von Poststücken des Beschwerdeführers vor, welche einfach auf den Stufen in der Wohnhausanlage platziert worden wären (vgl. Beilage ./II. zum Verhandlungsprotokoll vom 15.04.2021). Der Rechtsvertreter schilderte, dass diese Bilder im Laufe der E-Mail-Korrespondenz mit seinem Mandanten am 19.06.2019 an ihn übermittelt worden wären. Das wäre erst nach Einbringung der Beschwerde gewesen (vgl. S 5 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Da aus den Fotos weder hervorgeht, wer die Poststücke dort deponiert hat, noch ein zeitlicher Zusammenhang zu den verfahrensgegenständlichen Vorfällen nachweisbar ist, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, einen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Zustellungsvorganges aufkommen zu lassen.

In der Beschwerdeverhandlung führte der Rechtsvertreter aus, dass ein Postfehlbericht hätte ergehen müssen und nicht die Zustellfiktion greifen hätte können, wenn der Name des Beschwerdeführers auf dem Briefkasten nicht erkenntlich war (vgl. S 10 Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 15.04.2021). Dass der Name nicht erkennbar war, konnte vom Beschwerdeführer aber eben nicht glaubhaft gemacht werden. Vielmehr hat das Beweisverfahren ergeben, dass der zuständige Briefträger sehr wohl gewusst haben muss, welcher Briefkasten dem Beschwerdeführer gehört hat und ein Verschulden seitens des Zustellorganes daher nicht glaubhaft gemacht werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Entscheidung in der Sache:

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG) lauten:

Hinterlegung

§ 17.
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Zustellnachweis

§ 22.
(1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) (…)

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lauten:

5. Abschnitt: Fristen

§ 32.
(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

§ 33.
(1) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.

(4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

3.2. Die Zustellung durch Hinterlegung setzt voraus, dass das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann, Grund zur Annahme besteht, dass sich der Empfänger bzw. der Vertreter iSd § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält und keine Sonderregelungen bestehen (Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely (Hrsg), Österreichisches Zustellrecht2 (2011) zu § 17 ZustG Rz 2).

Die ordnungsgemäße schriftliche Verständigung (Hinterlegungsanzeige) ist unabdingbare Voraussetzung der Zustellung durch Hinterlegung. Unterbleibt sie völlig, ist sie fehlerhaft (entspricht sie daher nicht den Anforderungen des Abs. 2 letzter Satz; zB Angabe eines falschen Hinterlegungsortes, Fehlen des Hinweises auf die Rechtsfolgen; Fehlen des Beginns der Abholfrist - VwGH 23.5.1989, 85/07/0161; 19.5.2004, 2004/18/0106; 20.9.2005, 2005/05/0016; 18.5.2010, 2009/09/0127) oder entspricht die Form der Zurücklassung nicht dem Gesetz (selbst wenn dies zwischen dem Zustellorgan und dem Empfänger vereinbart worden wäre; VwGH 16.10.1990, 87/05/0063), bleibt die Hinterlegung ohne Wirkung (VwGH 30.6.1994, 91/06/0056; eine Heilung [§ 7] ist jedoch möglich).

Die Verständigung ist grundsätzlich in die (ausschließlich; VwGH 6.2.1990, 89/14/0256; 28.10.2003, 2003/11/0161; 18.5.2010, 2009/09/0127) für die (in der Zustellverfügung genannte; OGH 8.9.1993, 9 ObA 224/93) Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach, Briefeinwurf, aber auch Abgabebriefkasten; vgl Walter/Thienel, VerwVerfG I2 1982) einzulegen. Ob die Abgabeeinrichtung für die Abgabestelle bestimmt ist, ist anhand objektiver Kriterien (Lage, Aufschrift; VwGH 6.2.1990, 89/14/0256) zu beurteilen, die den Schluss zulassen, der Adressat wolle auf diese Weise schriftliche Mitteilungen entgegennehmen (vgl VwGH 14.2.1973, 1587/72; 27.10.1976, 1242/76; MietSlg 29.602; vgl auch EvBl 1980/1249), (Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely (Hrsg), Österreichisches Zustellrecht2 (2011) zu § 17 ZustG Rz 6).

Das Risiko der Beschädigung bzw. Entfernung der an der in der Zustellverfügung genannten Abgabestelle ordnungsgemäß hinterlassenen bzw. angebrachten Verständigung trägt der Empfänger (OGH 8.9.1993, 9 ObA 224/93; VwSlg 12.240 A/1986; VwGH 13.12.1990,90/09/0126, 0127) - die Zustellung bleibt gleichwohl wirksam (Abs. 4). Demnach vermag auch alleine die Behauptung, die Hinterlegungsanzeige nicht erhalten zu haben, für sich keine behördlichen Ermittlungspflichten dahingehend auszulösen, ob (wie auf dem Rückschein vermerkt) eine Verständigung erfolgte. Vielmehr liegt es am Empfänger, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen (VwGH 30.6.1994, 91/06/0056 - Hinweis, dass es im gesamten Gebiet nachweislich zu Zustellproblemen gekommen sei; vgl. Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely (Hrsg), Österreichisches Zustellrecht2 (2011) zu § 17 ZustG Rz 6).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der vom Zusteller erstellte Zustellnachweis (Rückschein) eine öffentliche Urkunde, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist; doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig.

Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptungen auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (VwGH 3.9.2002, Zl. 2002/03/0156). Jedenfalls ist es Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (VwGH 13.11.1992, Zl. 91/17/0047).

Beim physischen Zustellnachweis handelt es sich um eine vom Zustellorgan zu errichtende öffentliche Urkunde, die dem Nachweis des Zustellvorganges bzw. der näheren Umstände desselben dient (die Möglichkeit, diesen Nachweis auf andere Art zu führen, bleibt unberührt - VwGH 25.4.2002, 2002/07/0009; 17.11.2004, 2000/14/0142). Beim physischen Zustellnachweis handelt es sich um eine vom Zustellorgan zu errichtende öffentliche Urkunde für die - Unbedenklichkeit vorausgesetzt - die Vermutung der Echtheit und Richtigkeit streitet, sodass die Behörde zunächst von einer vorschriftsmäßigen Zustellung ausgehen darf. Der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit bleibt zulässig (VwSlg 8858 A/1975; SZ 66/68), doch sind entsprechende Behauptungen zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen. Diese Beweise sind von der Behörde aufzunehmen (vgl zB VwGH 17.9.1986, 86/03/0100; 13.3.1991, 87/13/0196; 13.11.1992, 91/17/0047; 21.7.1994, 94/18/0209; 11.7.1996, 96/18/0035; 1.11.2004, 2002/08/0282; 27.1.2005, 2004/16/0197; 27.7.2007, 2006/10/0040; 23.10.2008, 2006/16/0068; 28.10.2008, 2007/05/0205; OGH RZ1970, 221; OGH RZ 1977, 57; vgl. Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely (Hrsg), Österreichisches Zustellrecht2 (2011) zu § 22 ZustG Rz 3).

Im gegenständlichen Fall behauptet der Beschwerdeführer einen Zustellmangel insofern, als er angibt, die Hinterlegungsanzeige in seinem Hausbrieffach nicht erhalten zu haben.

Da der im Akt befindliche Zustellnachweis (Rückschein) einen Zustellversuch am 11.01.2019 und das Einlegen der Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung dokumentiert, ist im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung der Beweis dafür erbracht, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Dennoch ist der Gegenbeweis zulässig.

3.3. Wie beweiswürdigend dargelegt, konnte der Beschwerdeführer den Gegenbeweis aber nicht erbringen.

Er konnte insbesondere nicht glaubhaft machen, dass das Hausbrieffach in einem desolaten Zustand und damit allgemein zugänglich ist, so dass die Zurücklassung einer Hinterlegungsanzeige im Hausbrieffach rechtswidrig gewesen wäre (vgl. VwGH 30.3.2010, 2008/19/0686; vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 17, Rz E54; Stand 1.1.2018, rdb.at). Auch dass das Hausbrieffach massiv beschädigt gewesen wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 17, Rz E55; Stand 1.1.2018, rdb.at).

Durch die bloße Behauptung, es bestehe die „Möglichkeit“, dass der Zusteller die Hausbrieffächer verwechselt, wird keine Ermittlungspflicht der Behörde ausgelöst; für eine solche kommt es darauf an, ob ein konkreter Anhaltspunkt gegeben ist. (VwGH 27.9.1989, 89/02/0112; vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 17, Rz E169; Stand 1.1.2018, rdb.at).

Mit dem Vorbringen, dass der Briefträger „öfters einige Briefe oder Post“ in falsche Hausbrieffächer verteilt habe, zeigt der Adressat konkrete Umstände auf, die berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen lassen. Diesfalls wird eine Ermittlungspflicht der Behörde dahingehend ausgelöst, in einem Beweisverfahren unter Beiziehung des Briefträgers zu prüfen, ob der Adressat von der Hinterlegungsanzeige verständigt worden war oder nicht (VwGH 26.5.1997, 96/17/0063; vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 17, Rz E168; Stand 1.1.2018, rdb.at).

Dieser Ermittlungspflicht kam die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren insofern nach, als dass sie sich per E-Mail vom 07.06.2019 beim Kundenservice der Österreichischen Post AG über etwaige, der Post im gegenständlichen Fall bekannte, Zustellprobleme erkundigt hat. Der Kundenservice der Österreichischen Post AG hat – wie beweiswürdigend dargelegt – mit E-Mail vom 13.06.2019 geantwortet und bekannt gegeben, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Stammzusteller im Einsatz gewesen wäre und keine Zustellprobleme bekannt gewesen wären.

3.4. Die Beschwerdevorentscheidung wurde daher rechtswirksam zugestellt und lag, wie auf dem Rückschein angeben, ab dem 14.01.2019 zur Abholung bereit.

Die Frist zur Erhebung eines Vorlageantrages beträgt – wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides (der Beschwerdevorentscheidung) richtig ausgeführt – zwei Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Erhebung eines Vorlageantrages daher am 14.01.2019 zu laufen und endete in Anwendung von § 32 Abs. 2 und § 33 Abs. 2 AVG am 28.01.2019. Der Vorlageantrag wurde jedoch erst am 28.03.2019 – und sohin verspätet – bei der belangten Behörde eingebracht.

Die belangte Behörde hat daher mit Bescheid vom 10.05.2019 den am 28.03.2019 eingebrachten Vorlageantrag zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.05.2019 war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde bzw. Vorlageantrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Wie unter Punkt II.3. dargelegt, ergeht die Entscheidung in Anlehnung an die dort zitierte ständige einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 17 ZustellG.

Schlagworte

Hinterlegung Rechtsmittelfrist rechtswirksame Zustellung Verspätung Vorlageantrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W260.2218370.2.00

Im RIS seit

02.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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