TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/6 89/14/0256

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Veröffentlicht am 06.02.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §897;
AVG §56;
AVG §71;
BAO §308;
FinStrG §167;
VwGG §46;
VwRallg;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §21 Abs2;

Beachte

Besprechung in:ÖStZB 1990, 341;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte

Dr. Hnatek und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des S gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 5. September 1989, Zl. 854/4-2/Z-1989, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen die Höhe der Bestrafung wegen vorsätzlicher Verkürzung von Umsatz- und Gewerbesteuer sowie betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Laut Rückschein über eine Zustellung der Ausfertigung des Straferkenntnisses zu eigenen Handen an den Beschwerdeführer wurde dieser vom Postzusteller bei beiden Zustellversuchen nicht angetroffen; beim ersten Zustellversuch am 30. September 1988 wurde die Ankündigung für den 3. Oktober 1988 an der Abgabestelle zurückgelassen, beim zweiten Zustellversuch (3. Oktober 1988) die Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten eingeworfen und die Sendung am selben Tag beim Postamt hinterlegt (Beginn der Abholfrist noch am 3. Oktober 1988). Nach

Rücklangen der unbehobenen Sendung an die Finanzstrafbehörde erster Instanz wurde von dieser am 3. November 1988 die Zusendung an den Beschwerdeführer mit gewöhnlichem Kuvert verfügt. Der Beschwerdeführer erhob am 2. Dezember 1988 Berufung gegen das Strafausmaß. Er brachte zur Rechtzeitigkeit der Berufung vor, die Zustellung durch Hinterlegung habe nicht dem Gesetz entsprochen, die Aufforderung am 3. Oktober 1988 anwesend zu sein, sei ihm nicht zugegangen. An diesem Tag sei er von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr ortsabwesend gewesen. Er habe erst durch die formlose Zustellung am 4. November 1988 vom Straferkenntnis erfahren. Gleichzeitig beantragte er aus diesem Grund die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, falls die Behörde Verspätung der Berufung annehmen sollte.

Die Behörde erster Instanz wies die Berufung als verspätet zurück und den Antrag um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Er brachte vor, daß für seine Wohnung, die in einem Zweifamilienhaus liege, zu dem die Gartentür stets unversperrt sei, kein Briefkasten existiere. Es befinde sich nur neben der Gartentüre ein offenes Zeitungseinlegefach, das durch eine entsprechende Aufschrift ausschließlich für den zweiten Wohnungsinhaber bestimmt sei. Entgegen dem Inhalt des Rückscheines könne daher die Hinterlegungsanzeige nicht in den für seine Abgabestelle bestimmten Briefkasten eingeworfen worden sein. Auch sei die Ankündigung vom 30. September 1988 nicht an seiner Abgabestelle zurückgelassen worden. Zu den üblichen Zustellzeiten sei in seiner Wohnung niemand anwesend und die Wohnung sei versperrt. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familienangehörigen seien insbesondere am 30. September 1988 in der Wohnung anwesend gewesen. Die Wohnungstür habe weder einen Briefschlitz noch ein Brieffach. Die Verständigung könne daher nicht in die Wohnung gelangt sein. Außerdem wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen über seine Abwesenheit während des 3. Oktober 1988. Zum Nachweis der Richtigkeit seines Vorbringens berief er sich auf drei Zeugen, darunter auf das Zustellorgan der Post.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde ab. Sie stellte fest, daß die Zustellung ordnungsgemäß nach den Vorschriften des Zustellgesetzes vorgenommen worden sei. Am 30. September 1988 sei die Ankündigung durch Aushändigung an einen Familienangehörigen an der Abgabestelle zurückgelassen worden. Die Hinterlegungsanzeige sei am 3. Oktober 1988 in den Briefkasten eingelegt worden. An der Abgabestelle befinde sich ein an einer Steinsäule angebrachter privater, unbeschrifteter Briefkasten. Ein Zeitungseinlegefach für den anderen Wohnungsinhaber bestehe nicht. In dem erwähnten Briefkasten werde regelmäßig die Post für beide Familien des Hauses hinterlassen. Diese Feststellungen stützte die belangte Behörde auf eine Auskunft des Postamtes und auf eine des Postzustellers. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezeichnete sie als Schutzbehauptung. Die berufsbedingte Ortsabwesenheit tagsüber habe die Hinterlegung nicht gehindert. Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete die belangte Behörde damit, daß die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt sei und der Beschwerdeführer die mit dem Fehlen eines eigenen Briefkastens verbundene Unsicherheit selbst zu verantworten habe. Der unsichere Postempfang wäre für den Beschwerdeführer daher vorhersehbar und abwendbar gewesen. Ihn treffe deshalb auch ein Verschulden daran, daß er von der Zustellung nicht Kenntnis erlangt habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß seine Berufung nicht zurückgewiesen und sein Wiedereinsetzungsantrag nicht abgewiesen werde. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, die Wiederholung der Zustellung einer Bescheidausfertigung verletze den Grundsatz "ne bis in idem". Wurde bereits wirksam zugestellt, so ist die neuerliche Zustellung einer Ausfertigung derselben Entscheidung nämlich ohne rechtliche Wirkung. Ob die belangte Behörde das im "normalen Postwege" zugesandte Schriftstück ausdrücklich als "Erkenntnis" und nicht als "Ausfertigung des Erkenntnisses" bezeichnet hat, ist für die Beantwortung der Frage nach der erstmaligen wirksamen Zustellung der für den Beschwerdeführer bestimmten Ausfertigung des Straferkenntnisses an ihn ohne Bedeutung. Die Folgerungen des Beschwerdeführers aus der geschilderten Ausdrucksweise der belangten Behörde, es liege "hier ein Nichtbescheid vor", ist schlechthin unverständlich.

Der belangten Behörde ist auch darin beizupflichten, daß die berufliche Abwesenheit des Beschwerdeführers am 3. Oktober 1988 (zweiter Zustellversuch) tagsüber die Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung nicht hinderte. Die berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist nämlich für den Zusteller kein Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger nicht regelmäßig im Sinne des § 17 Abs. 1 ZustellG an der Abgabestelle aufhalte. Sie hinderte den Empfänger aber auch im Sinne des § 17 Abs. 3 ZustellG nicht daran, rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis zu erlangen.

Dem Beschwerdeführer ist allerdings darin beizupflichten, daß nach der Aktenlage die von der belangten Behörde angeführten Ermittlungsergebnisse die von ihr getroffenen Feststellungen nicht decken. Die Auskunft der Post- und Telegraphendirektion vom 17. Juli 1989 gibt eine Auskunft des Abgabepostamtes wieder, aus der klar hervorgeht, daß die Schilderung betreffend den Briefkasten nicht für die Monate September und Oktober 1988 gemacht werden kann, weil nicht bekannt ist, seit wann sich der Briefkasten dort befinde. Das von der belangten Behörde als Auskunft des Zustellers bezeichnete Schriftstück enthält jedoch keine Unterschrift. Es läßt sich daher nicht erkennen, von wem der Text stammt, der in den von der belangten Behörde zugestellten Fragebogen eingetragen worden ist. Wenn die belangte Behörde hiezu in der Gegenschrift ausführt, das Schreiben beruhe auf einem persönlichen Telefonat des Sachbearbeiters mit dem Zusteller, so ersetzt dies nachvollziehbare und aktenkundig gemachte Ermittlungsergebnisse während des Verwaltungsverfahrens, die auch dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen gewesen wären, nicht.

Zu Recht macht der Beschwerdeführer auch geltend, daß ihm die im angefochtenen Bescheid erwähnten Beweisergebnisse nie zur Kenntnis gebracht worden seien, sodaß er nicht in der Lage gewesen sei, hiezu Stellung zu nehmen.

Abgesehen davon, daß die belangte Behörde daher ihre Feststellungen nicht auf diese Ermittlungsergebnisse hätte stützen dürfen, hat sie auch keine Begründung dafür gegeben, warum sie von der Vernehmung der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde für sein Vorbringen angebotenen Zeugen Abstand nehmen durfte. Eine Rechtfertigung für diese Abstandnahme ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor, daß es sich um von vornherein aussichtslose Ermittlungen handeln könnte. Die belangte Behörde hat daher durch Unterlassung der Vernehmung der Zeugen die Beweiswürdigung unzulässigerweise vorweggenommen.

Die angebliche Auskunft des Zustellers ist schon in ihrem ersten Punkt nicht widerspruchsfrei, heißt es darin doch: "An wen sie (die Ankündigung) ausgehändigt worden ist, weiß ich nicht mehr, aber entweder an Frau S (das ist die Ehegattin des Beschwerdeführers) oder an einen Sohn". Es kann daher keine Rede davon sein, daß die Verläßlichkeit dieser Aussage nicht hätte in Zweifel gezogen werden können. Es hätte jedenfalls einer eingehenden Befragung des Postzustellers auch zu diesem Punkte bedurft; zum Vernehmungsergebnis wäre dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu gewähren gewesen.

Der Umstand, daß der Beschwerdeführer die Vorgangsweise beim ersten und zweiten Zustellversuch erst in der Beschwerde sachverhaltsbezogen als gesetzwidrig darstellte, ist, ohne daß die Ursachen für dieses späte Vorbringen erforscht wurden, kein den Denkgesetzen entsprechender Grund dafür, das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde rundweg als Schutzbehauptung abzutun und seine Überprüfung durch die Vernehmung angebotener Zeugen zu unterlassen.

Die Meinung der belangten Behörde, für die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung durch Hinterlegung spreche auch, "daß das Erkenntnis bei Zustellung im normalen Postwege sehr wohl seinen Adressaten erreicht hat, wobei angenommen werden muß, daß hiebei die Sendung in gleicher Weise zurückgelassen wurde, wie die Verständigung von der Hinterlegung", ist mit den Denkgesetzen unvereinbar. Eine Erklärung dafür, warum "angenommen werden muß", daß auch die Sendung im normalen Postweg in den angeblich für zwei Hausparteien vorgesehenen Briefkasten eingeworfen worden ist, ist die belangte Behörde schuldig geblieben. Es liegt nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, daß in diesem Fall nicht etwa ein dem Zusteller bekannter Angehöriger des Beschwerdeführers, der von der Regel abweichend anwesend war, oder der Beschwerdeführer selbst die Post persönlich übernommen hat. Wie aus dem Erfolg dieser Übersendung ein Schluß auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung durch Hinterlegung, also auf die Einhaltung sämtlicher Voraussetzungen für die Gesetzmäßigkeit der Zustellung und damit den Eintritt der Zustellfiktion möglich sein sollte, ist unerfindlich.

Alle diese Mängeln des Verfahrens müßten daher zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge wesentlicher Verletzung von Verfahrensvorschriften führen, würde dieser Aufhebungsgrund nicht durch die folgende inhaltliche Rechtswidrigkeit in den Hintergrund gedrängt:

Die Hinterlegung bewirkt nur dann die Zustellfiktion, wenn sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für sie verwirklicht waren. Es muß daher auch die Hinterlegungsanzeige gesetzmäßig erfolgen. Gemäß § 17 Abs. 2 ZustellG muß die Verständigung von der Hinterlegung in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten eingelegt worden sein. Von einem für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn der Briefkasten nur einer Abgabestelle und zwar der des Empfängers zugeordnet werden kann. Dies ergibt sich klar aus der Gleichstellung des Briefkastens mit dem Briefeinwurf und dem Hausbrieffach, weil auch diese nur für eine einzige Abgabestelle bestehen. Ein Briefkasten, der für mehrere Abgabestellen (hier: Wohnungen) bestimmt ist, ist daher kein Briefkasten im Sinne des § 17 Abs. 2 ZustellG. In ihn darf eine Verständigung über die Hinterlegung nicht eingelegt werden. Wenn es daher auch an einem Briefeinwurf oder einem Hausbrieffach fehlt, kommt nur das Zurücklassen an der Abgabestelle oder das Anbringen an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) in Betracht.

Daß im Beschwerdefall kein für die Abgabestelle des Beschwerdeführers bestimmter Briefkasten existierte, ergibt sich aus den Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und wird überdies von der belangten Behörde in der Gegenschrift mit den Worten außer Streit gestellt: "Wenn der Beschwerdeführer zu beweisen versucht, daß für seine Abgabestelle kein Briefkasten existiert, so wird dies gar nicht bestritten."

Ausgehend von diesem Sachverhalt hätte daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Hinterlegung am 3. Oktober 1988 die Zustellung nicht bewirkt hat, weil laut Rückschein der Zusteller die Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten eingelegt hatte, dieser Briefkasten jedoch, wie festgestellt worden war, kein solcher war, der (nur) für die Abgabestelle bestimmt war.

Die belangte Behörde hat somit ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht die Berufung zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen und dadurch den Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt in seinen Rechten verletzt. Der angefochtene Bescheid mußte insofern gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Was die Erledigung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anlangt, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zurückzuweisen wäre, wenn er sich nur auf die Behauptung der Rechtsunwirksamkeit der Zustellung stützte, weil in diesem Fall gar nicht von einer Fristversäumnis ausgegangen werden könnte. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist jedoch - was nicht als unzulässig anzusehen ist - nur für den Fall der Verspätung seiner Berufung, also eventualiter erhoben. Er hat ihn darauf gestützt, daß er von dem Straferkenntnis erst am 4. November 1988 durch die formlose Zusendung der Entscheidung Kenntnis erlangt habe, weil ihn weder die Ankündigung vom 30. September 1988, noch die Hinterlegungsanzeige vom 3. Oktober 1988 erreicht gehabt habe.

Die belangte Behörde ist in ihrer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag davon ausgegangen, daß die Zustellung durch Hinterlegung am 3. Oktober 1988 gesetzmäßig erfolgt sei. Sie durfte dies jedoch nicht, wie obigen Ausführungen zur Beschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung zu entnehmen ist. Der Eventualfall, der an eine innerprozessuale Bedingung geknüpft war und diese bedingte Prozeßhandlung daher nicht unzulässig machte (vgl. hiezu Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, Rz 1133 und 758 ff), lag daher nicht vor. Damit entschied die Behörde erster Instanz über einen Wiedereinsetzungsantrag, der für den Fall der Rechtzeitigkeit der Berufung nicht gestellt war. Die Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung in diesem Punkt durch die belangte Behörde ist daher ebenfalls inhaltlich rechtswidrig, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte.

Bei diesem Stand des Verfahrens erübrigte sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob die belangte Behörde von der Rechtsansicht ausgehen durfte, daß die Unterlassung der Anbringung eines für die Abgabestelle bestimmten Briefkastens im Falle der Zustellung durch Hinterlegung von vornherein die Wiedereinsetzung ausschließt, weil die Unkenntnis von der Zustellung vorhersehbar und abwendbar sei oder die Säumnis grob schuldhaft verursacht wurde. In diesem Zusammenhang ist nur noch darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde die anzuwendende Rechtslage nach § 167 Abs. 1 FinStrG unrichtig wiedergegeben hat, wenn es diesbezüglich im angefochtenen Bescheid heißt: "Eine schuldhafte Verletzung der die Partei treffende Diligenzpflicht ist schon bei leichter Fahrlässigkeit, also bei Voraussehbarkeit der möglichen Folgen anzunehmen." Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang die Änderung des Gesetzes durch Abschnitt XVII Z. 1 Zweites Abgabenänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 1987/312, übersehen.

Solange die Berufung gegen das Straferkenntnis durch die belangte Behörde einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt wurde, bleibt der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem für den Eventualfall geltend gemachten Recht auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist verletzt.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989140256.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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