TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/19 95/21/0279

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Veröffentlicht am 19.02.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992;
AVG §38;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
FrG 1993 §89 Abs2;
MRK Art8;
PaßG 1969 §23 Abs1;
PaßG 1969;
StGB §223 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 8. August 1994, Zl. Fr-5853/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 8. August 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer, der nach Inhalt des bestätigten Bescheides erster Instanz im Mai 1992 als Tourist "verbotenerweise zu dem Zweck eingereist sei, Arbeit aufzunehmen und zunächst im Pinzgau eine solche als Abwäscher gefunden" sowie in der Folge Sichtvermerke bis 30. Mai 1993 erhalten habe, wegen der Übertretung maßgeblicher fremdenrechtlicher Vorschriften bestraft worden sei. Am 26. November 1992 sei er gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz 1969, am 8. September 1993 und 16. Mai 1994 jeweils wegen der Übertretung des § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG rechtskräftig bestraft worden. Der Beschwerdeführer sei überdies vom Landesgericht Salzburg am 20. September 1993 rechtskräftig wegen des Gebrauches einer gefälschten Urkunde (nach Inhalt der Akten wegen seines gefälschten jugoslawischen Führerscheins) rechtskräftig verurteilt worden. Der Beschwerdeführer halte sich seit 31. Mai 1993 illegal im Bundesgebiet auf. Aufgrund seines Verhaltens sei somit die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes greife stark in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein, weil er (nach dem Akteninhalt seit 8. Februar 1994 mit einer seit Juni 1990 in Österreich aufhältigen Fremden) verheiratet sei und seine Ehefrau im Dezember 1994 ein gemeinsames Kind erwarte. Der Beschwerdeführer habe allerdings keine beruflichen Bindungen und halte sich erst seit ca. zwei Jahren im Bundesgebiet auf. Im Hinblick auf diese Umstände, insbesondere bei Bedachtnahme auf den hohen Stellenwert der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen im Interesse der Gewährleistung eines geordneten Fremdenwesens, komme die belangte Behörde im Rahmen ihrer Interessenabwägung zu dem Ergebnis, daß die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers überwögen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher im Grunde der §§ 19 und 20 FrG zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

In einer fristgerecht erstatteten Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen:

Die Beschwerde bestreitet nicht, daß der Beschwerdeführer dreimal wegen der Übertretung maßgeblicher fremdenrechtlicher Bestimmungen (die Übertretung der fremdenbezogenen Bestimmungen des Paßgesetzes 1969 ist einer Übertretung des Fremdengesetzes gleichzuhalten; vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 95/21/0153) rechtskräftig bestraft sowie wegen des Deliktes des § 223 Abs. 2 StGB gerichtlich verurteilt wurde. Den Beschwerdeausführungen, dem Beschwerdeführer könne hinsichtlich des der gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Tatbestandes der Verwendung eines gefälschten Führerscheins "nur" Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, steht die Rechtskraft und die damit gegebene Bindungswirkung dieser Verurteilung wegen eines Vorsatzdeliktes entgegen.

Gegen den aus diesem maßgeblichen Sachverhalt gezogenen rechtlichen Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG hegt der Gerichtshof ebensowenig Bedenken (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/21/0596) wie gegen die Ansicht der belangten Behörde, aufgrund des Gesamt-Fehlverhaltens des Beschwerdeführers sei die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt. In Anbetracht des gewichtigen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen lassen schon die drei Übertretungen von maßgeblichen fremdenrechtlichen Bestimmungen sowie der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer ungeachtet der dreimaligen Bestrafung seit 31. Mai 1993 (nach den Berufungsausführungen habe der Beschwerdeführer weiterhin in Österreich seinen Wohnsitz) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme als gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) als dringend geboten, somit im Grunde des § 19 FrG als zulässig erscheinen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0163). Daß die gerichtliche Verurteilung wegen des Gebrauches eines verfälschten Führerscheines die von ihm ausgehende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen verstärkt und solcherart die Notwendigkeit des Aufenthaltsverbotes unterstreicht, liegt auf der Hand. Der Gerichtshof kann entgegen der Beschwerdebehauptung nicht finden, daß die belangte Behörde die private und familiäre Situation des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die belangte Behörde hat zutreffend aufgezeigt, daß sich der Beschwerdeführer erst seit ca. zwei Jahren (davon berechtigt lediglich vom 6. August 1992 bis 30. Mai 1993) in Österreich aufhält und keine maßgeblichen beruflichen Bindungen aufweisen kann. Das Gewicht der angesprochenen familiären Interessen des Beschwerdeführers wird maßgeblich dadurch gemindert, daß die Eheschließung des Beschwerdeführers (am 8. Februar 1994) während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich erfolgte und er somit nicht ohne weiteres mit seinem Verbleib im Bundesgebiet rechnen durfte. Wenn daher die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dem Hinweis des Beschwerdeführers, bei seiner Abschiebung nach Bosnien müsse er aufgrund des dortigen kriegerischen Konfliktes um sein Leben fürchten, kommt im vorliegenden Zusammenhang keine Relevanz zu, weil mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht ausgesprochen wird, in welches Land der Beschwerdeführer auszureisen hat oder (allenfalls) abgeschoben wird.

Dem Einwand des Beschwerdeführers, er habe am 25. August 1993 einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt und gegen den seinen Antrag abweisenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 12. April 1994 rechtzeitig eine Berufung erhoben, weshalb die belangte Behörde das Verfahren betreffend das Aufenthaltsverbot gemäß § 38 AVG hätte aussetzen müssen, ist einerseits entgegenzuhalten, daß dieser Antrag auf Bewilligung des Aufenthaltes dem Beschwerdeführer noch keine Aufenthaltsberechtigung verschaffen konnte, andererseits die belangte Behörde an die rechtskräftig ausgesprochenen Bestrafungen nach dem Paßgesetz bzw. Fremdengesetz gebunden war, somit eine von der für die Vollziehung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörde zu beurteilende präjudizielle Vorfrage für das fremdenpolizeiliche Verfahren betreffend das Aufenthaltsverbot schon aus diesem Grunde nicht zu erwarten war.

Da somit der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995210279.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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