TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 W164 2227714-1

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Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

ASVG §113 Abs1
ASVG §113 Abs2
ASVG §33
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W164 2227714-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , Beitragskontonummer XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom XXXX schrieb die Wiener Gebietskrankenkasse, nun Österreichische Gesundheitskasse, (im Folgenden: WGKK) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 iVm. § 113 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 300,- vor.

Begründend wurde angeführt, im Zuge einer am XXXX im Betrieb des BF erfolgten Überprüfung durch die Finanzpolizei sei festgestellt worden, dass der BF die Anmeldung zur Pflichtversicherung für die Dienstnehmerin XXXX , VN XXXX nicht vor Arbeitsantritt erstattet habe. Im Zuge der Kontrolle sei Frau XXXX beim Ausschenken von Getränken hinter der Theke angetroffen worden. Während der Amtshandlung habe sie weiterhin Gäste bedient und Belege erstellt. Sie habe angegeben, seit XXXX um 09:00 Uhr im Lokal als Kellnerin zu arbeiten. Der BF habe gleich zu Kontrollbeginn gestanden, dass er vergessen habe, Frau XXXX zur Sozialversicherung anzumelden. Der Tatbestand der Betretung sei daher zweifelsfrei erfüllt.

Da der BF somit seine Dienstnehmerin entgegen der Bestimmung des § 33 Abs. 1 ASVG nicht vor Arbeitsantritt angemeldet habe, sei ein Beitragszuschlag vorzuschreiben gewesen. Im gegenständlichen Fall liege eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, weshalb die WGKK von der Verhängung des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung absehe und den Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf EUR 300,- herabsetze.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er die Anmeldung nur um einige Stunden verpasst habe. Grund für die Versäumnis sei die Umsetzung des Tabakgesetzes gewesen. Es sei ihm aufgrund seines Alters (72 Jahre) nicht leicht, die neuen Umstellungen zu verstehen. Er wolle nicht wie viele seiner Kollegen alles hinschmeißen, sondern bis zum Schluss durchhalten.

3. Die WGKK legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Im Zuge einer Kontrolle durch Prüforgane der Finanzpolizei am XXXX wurde im Betrieb des BF XXXX , VN XXXX arbeitend angetroffen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle lag keine Anmeldung zur Pflichtversicherung für diese Dienstnehmerin des BF vor. Eine Anmeldung durch den BF erfolgte erst nach der Betretung am XXXX , rückwirkend mit XXXX . Es handelte sich um den ersten Meldeverstoß des BF.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Zusammenhalt mit der Beschwerde und ist, soweit entscheidungswesentlich, unbestritten. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erübrigt sich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Die vorliegende Angelegenheit ist nicht von § 414 Abs. 2 ASVG umfasst. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Beitragskontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen, den Tag der Beschäftigungsaufnahme (Z1) sowie das Vorliegen einer Voll- oder Teilversicherung und die noch fehlenden Angaben mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung für jenen Beitragszeitraum, in dem die Beschäftigung aufgenommen wurde (Z2).

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG können dem Dienstgeber Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 400 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 600 €.

Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf bis zu 300 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Zur Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Beitragszuschlages und dessen Höhe

Im gegenständlichen Fall wurde eine Dienstnehmerin des BF nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung gemeldet. Die Anmeldung zur Sozialversicherung war auch zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden. Es liegt daher unstrittig ein Meldeverstoß iSd § 113 Abs. 1 ASVG vor. Den BF hätte als Dienstgeber die Verpflichtung zur Meldung zur Sozialversicherung. gem. § 33 ASVG getroffen. Somit wurde zu Recht gegen ihn ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG verhängt.

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip"). Der Beitragszuschlag ist als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074). Die Frage des subjektiven Verschuldens des Meldepflichtigen ist dafür nicht relevant. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, § 113 ASVG, Rz 6 mwN).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs normiert § 113 Abs 3 ASVG gebundenes Ermessen (vgl VwGH 2010/08/0192 vom 02.05.2012, 2008/08/0218 vom 07.09.2011, zu der soweit hier wesentlich gleichgelagerten Vorgängerbestimmung § 113 Abs 2 id Fassung BGBl. I Nr.31/2007).

Voraussetzung für die zuschlagsmindernde Berücksichtigung des Umstandes, dass die Folgen des Meldeverstoßes unbedeutend geblieben sind, ist, dass ein von der Behörde festgestelltes und sanktioniertes erstmaliges Meldevergehen vorliegt (VwGH 18.11.2009, 2008/08/0246). Unbedeutende Folgen liegen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs etwa dann vor, wenn sie hinter dem typischen Bild eines Meldeverstoßes zurückbleiben, beispielsweise wenn die Anmeldung zwar verspätet erfolgte, im Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle aber bereits vollzogen gewesen ist (also entgegen dem typischen Regelfall feststeht, dass Schwarzarbeit nicht intendiert war) (vgl. VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228; 11.07.2012, 2010/08/0218). Bei verspäteter Anmeldung von mehr als zwei gleichzeitig beschäftigten Dienstnehmern ist nicht mehr von unbedeutenden Folgen auszugehen (vgl. VwGH 13.11.2013, 2011/08/0099).

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen. Die WGKK hat daher zu Recht von der Verhängung eines Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung abgesehen und den Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf EUR 300,- herabgesetzt.

Soweit der BF mit seiner Beschwerde implizit das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes iSd § 113 Abs 3, letzter Satz, ASVG geltend macht, ist dem folgendes entgegenzuhalten:

Ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn trotz des Vorliegens von organisatorischen Vorkehrungen, die grundsätzlich die Einhaltung der Meldeverpflichtung auch in Fällen gebotener Schnelligkeit sicherstellen, eine rechtzeitige Meldung nicht möglich war. (VwGH 2008/08/0246 vom 18.11.2009). Die Judikatur des VwGH stellt somit auf unvorhergesehene Ereignisse ab, die eine Anmeldung trotz geeigneter Vorkehrungen ausnahmsweise unmöglich gemacht haben.

Der BF hat in seiner Beschwerde sinngemäß vorgebracht, aufgrund seiner aus der Realisierung schwieriger gesetzlicher Vorgaben resultierende Belastung auf die Anmeldung seiner Dienstnehmerin - diese war bereits am Tag vor der verfahrensgegenständlichen Kontrolle beim BF beschäftigt- vergessen zu haben. Die so dargelegte Situation bildet keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund iSd § 113 Abs 3, letzter Satz ASVG.

Die WGKK hat den Beitragszuschlag in Höhe von EUR 300,- (Teilbetrag für den Prüfeinsatz) damit zu Recht verhängt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben angeführte Judikatur des VwGH); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragszuschlag Meldeverstoß Pflichtversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W164.2227714.1.00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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