TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/20 95/06/0025

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Veröffentlicht am 20.02.1997
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Tir 1989 §3 Abs4;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §7 Abs2;
BauO Tir 1989 §7 Abs6;
BauO Tir 1989 §7 Abs8;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §24 Abs2;
ROG Tir 1994 §114 Abs1;
ROG Tir 1994 §62 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde

1. der M und 2. der B, beide in I und beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 5. Dezember 1994, Zl. MD/Präs.Abt.II-6565/1994, betreffend die Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: P-GesmbH in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die mitbeteiligte Partei suchte um die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses und einer Garage sowie den Abbruch einer auf dem Grundstück bestehenden Garage auf dem Grundstück Nr. 1526/8 KG P an (gleichzeitig suchten die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur hg. Zahl 95/06/0024 um die Erteilung einer Baubewilligung für die Aufstockung des Wohnhauses auf dem Nachbargrundstück, Nr. 1526/13, A-Straße 79, an, welches bis zur Durchführung der mit Bescheid vom 10. Mai 1994 bewilligten Grundteilung mit dem Grundstück Gp. 1526/8 eine Einheit bildete; zu diesem Verfahren vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag unter der genannten Zahl; die beiden Gebäude sollen an der Grundgrenze aneinander gebaut werden und haben ähnliche Ausmaße, insbesondere weisen die Dachgeschoße entsprechend den vorgelegten Plänen die gleiche Breite auf und unterscheiden sich nur in einer verschiedenen Anordnung der Gaupenausbildungen für die in den Dachgeschoßen vorgesehenen Wohnungen). Die Beschwerdeführerinnen sind Eigentümerinnen der angrenzenden Grundstücke EZ 974, GstNr. 1526/6 und .612, KG P. Anläßlich der von der Behörde erster Instanz durchgeführten mündlichen Verhandlung am 13. April 1994, zu welcher die Beschwerdeführerinnen unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen geladen wurden, erhoben die Beschwerdeführerinnen Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Abgesehen davon, daß sich die Beschwerdeführerinnen gegen die schon zuvor bewilligte Grundteilung wendeten und vorbrachten, daß das Grundstück, für welches die Bewilligung beantragt wurde, noch nicht bestehe, machten sie die Verletzung des Rechts auf Seitenabstand und den Widerspruch zum bestehenden Bebauungsplan im Hinblick auf eine Überschreitung der zulässigen Anzahl an Vollgeschoßen geltend.

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wurde der mitbeteiligten Partei mitgeteilt, daß die vorgelegte Tektur der vorgeschriebenen Vollgeschoßzahl "nicht entspreche". Von der mitbeteiligten Partei wurden daraufhin am 25. Mai 1994 Austauschpläne vorgelegt. Mit Datum 25. Mai 1994 findet sich im Akt eine Stellungnahme der "Bauabteilung/Bereich Planung", welche lautet:

"Das Amt für Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung teilt mit, daß aufgrund der Einwendungen bei der Bauverhandlung eine Tektur (vom 19.05.1994) für das ggst. Dachgeschoß eingereicht (am 25.05.1994) wurde. Dieses Dachgeschoß stellt KEIN VOLLGESCHOß dar.

Bzgl. der Einhaltung der Grenzabstände siehe die Stellungnahme der BFP.

Das geplante Bauvorhaben steht nicht im Widerspruch zum § 115 Abs. 2 TROG 94."

Mit Bescheid vom 7. Juli 1994 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Bewilligung zur Errichtung des Wohnhauses und der Garage unter der aufschiebenden Bedingung der grundbücherlichen Durchführung der genehmigten Grundteilung und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen wurden teilweise zurück-, teilweise (insbesondere hinsichtlich der Einwendung betreffend die Anzahl der Vollgeschoße) gemäß § 30 Abs. 4 Tiroler Bauordnung abgewiesen. Nach dem Spruch des Bescheides wurde die Baubewilligung "nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne" bewilligt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß unter den im Akt erliegenden, mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen sich sowohl ein am 27. Dezember 1993 eingereichter Plan des 3. Obergeschoßes (das ist das Dachgeschoß), Plan 106, als auch der am 25. Mai 1994 vorgelegte Austauschplan (Plan 106 A) bezüglich des 3. Obergeschoßes befindet (sowie eine damit gemeinsam vorgelegte Vollgeschoßberechnung (es handelt sich dabei um die gleiche, beide Häuser betreffende, Darstellung, die auch im Verfahren, welches dem hg. Verfahren 95/06/0024 zugrunde liegt, vorgelegt wurde)). Auch hinsichtlich der Projektierung eines Fahrrad- und Kinderwagenraumes wurden verschiedene Pläne mit dem Genehmigungsvermerk versehen (siehe unten, 8.).

Aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerinnen erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abweist.

Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, daß das geplante Dachgeschoß nach der oben erwähnten Stellungnahme des Amtes für Flächenwidmung-Bebauungsplanung, Bauberatung vom 25. Mai 1994 - "aufbauend auf einer seitens des Bauwerbers beigebrachten Vollgeschoßberechnung" - kein Vollgeschoß darstelle, zumal die Nettofläche jener Grundfläche mit einem Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut von mehr als 2,70 m 53,7 m2 betrage und zugleich die Grundfläche des Gesamtdachgeschoßes ein Ausmaß von 107,7 m2 aufweise. Damit sei mehr als die Hälfte der Grundfläche in bezug auf Raumhöhe mit weniger als 2,70 m überdeckt, sodaß nach § 3 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung kein Vollgeschoß vorliege. Die dargestellte Berechnung werde von den Beschwerdeführerinnen zwar in Zweifel gezogen, sie hätten jedoch eine Fehlerhaftigkeit dieser Berechnung konkret nicht nachweisen können und es erschöpfe sich die Stellungnahme des Privatgutachters in der unbegründeten Behauptung, es liege laut Plan ein Vollgeschoß vor.

Ferner sei jener Bereich des Dachgeschoßes gemäß § 3 Abs. 4 erster Satz Tiroler Bauordnung (lichte Höhe mehr als 2,30 m) flächenmäßig kleiner als jener nach § 3 Abs. 4 zweiter Satz Tiroler Bauordnung (Abstand zur Dachaut mindestens 2,70 m), sodaß davon auszugehen sei, daß in beiden Fällen (lichte Höhe mindestens 2,30 m bzw. Raumhöhe vom Fußboden bis zur Dachhaut über 2,70 m) die Erfordernisse für die Vollgeschoßeigenschaft im Dachgeschoß nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist zu den bereits auf Verwaltungsebene und nunmehr in der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängeln im Zusammenhang mit der Vorlage neuer Pläne (es sei eine neuerliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen und es sei auch nicht mehr dieselbe Sache vorgelegen) darauf hinzuweisen, daß nach ständiger hg. Rechtsprechung Änderungen des Antrags, wie sie im vorliegenden Beschwerdeverfahren durch die Vorlage der Pläne am 25. Mai 1994 vorgenommen wurden, dann nicht dazu führen, daß eine andere Sache vorliegt, wenn dadurch das Wesen des Projekts nicht geändert wird und insbesondere die Änderung deshalb erfolgt, um einen Abweisungsgrund zu beseitigen. Die im Beschwerdefall vorgenommenen Änderungen hinsichtlich des Dachgeschoßes und der Ausgestaltung des Fahrradraumes (siehe 8.) sind jedenfalls nicht derart, daß nicht mehr von derselben Sache gesprochen werden könnte. Auch die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung ist nach einer derartigen Änderung nicht zwingend geboten, ungeachtet des Umstandes, daß aufgrund der Änderung den Nachbarn im Rahmen dieser Änderung die Möglichkeit offen steht, neue Einwendungen zu erheben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0020). Die behaupteten Verfahrensmängel liegen daher insoweit nicht vor.

2. In der Beschwerde wird unter "IV. Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG)" die Verletzung in den subjektiv-öffentlichen Rechten nach § 30 TBO durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides geltend gemacht, "obwohl die Abstandsbestimmung des § 7 TBO nicht eingehalten wurde, die höchstzulässige Geschoßflächendichte überschritten" worden sei, und "die Planunterlagen so unvollständig und widersprüchlich sind, daß eine verläßliche Beurteilung des Baunansuchens nicht möglich ist".

3. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerinnen im Verwaltungsverfahren keine Einwendungen hinsichtlich der Geschoßflächendichte (§ 61 TROG 1994) erhoben haben und auch in der Beschwerde keine näheren Ausführungen dazu enthalten sind, ist auf die Frage einer allfälligen Verletzung in diesem Recht nicht näher einzugehen, da die Beschwerdeführerinnen diesbezüglich jedenfalls als präkludiert anzusehen sind.

4. Einzugehen ist jedoch auf die Frage der Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der Planunterlagen, steht doch dem Nachbarn das Recht zu, daß die Pläne und Unterlagen ausreichen, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht (vgl. z.B. Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 288). Im Beschwerdefall ist diese Frage im Lichte der Ausführungen in der Beschwerde zur Frage der höchstzulässigen Zahl an Vollgeschoßen insbesondere im Hinblick darauf relevant, ob die vorgelegten Unterlagen ausreichten, die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung dieser Frage nachvollziehbar zu machen. Wie im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/06/0024, dargelegt, kommt den Beschwerdeführerinnen gemäß § 30 Abs. 4 TBO ein subjektives Recht auf Einhaltung der höchstzulässigen Anzahl an Vollgeschoßen zu, wenn die Gebäudehöhe im Bebauungsplan nur auf diese Weise festgelegt ist. Auch im vorliegenden Beschwerdefall kann nach der Aktenlage nicht ausgeschlossen werden, daß die Beschwerdeführerinnen in diesem Recht verletzt worden sind. Auf die Festlegungen des maßgebenden Bebauungsplanes ist auch im vorliegenden Beschwerdefall gemäß § 114 Abs. 1 TROG 1994 Bedacht zu nehmen (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/06/0024).

5. § 3 Abs. 4 TBO lautet:

"(4) Vollgeschosse sind Geschosse, die zur Gänze über dem anschließenden Gelände liegen und über mindestens der Hälfte ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Geschosse, in denen ausgebaute oder nicht ausgebaute Räume liegen, die das Dach berühren (Dachgeschosse), gelten auch dann als Vollgeschosse, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche dieses Geschosses der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt. Wurde die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Höhenlage vor dieser Veränderung auszugehen. Zur Berechnung der Bauhöhe sind auf die Anzahl der Vollgeschosse jedoch auch jene Geschosse anzurechnen, deren Deckenoberkante auch nur an einer Seite zum überwiegenden Teil mehr als 2 m über dem anschließenden Gelände liegt."

6. Hinsichtlich der Unklarheit der Pläne gilt auch im vorliegenden Beschwerdefall (bezogen auf das Gebäude A-Straße 79a) ähnliches wie im Verfahren, das dem Beschwerdefall zur Zahl 95/06/0024 (Gebäude A-Straße 79) zugrunde liegt. Auch im vorliegenden Verfahren bestehen Abweichungen zwischen dem Plan 111-A, Schnitt B-B, und der Schnittdarstellung bzw. der Draufsicht in der sogenannten Vollgeschoßberechnung. Da auch im vorliegenden Verfahren die Unterschreitung der zulässigen Fläche, über der der Abstand zur Dachhaut 2,70 m beträgt, unter Zugrundelegung der Angaben der mitbeteiligten Partei nur geringfügig ist, sind diese Ungereimtheiten auch im vorliegenden Verfahren wesentlich (auch ohne Berücksichtigung der Frage, ob bzw. wie das Stiegenhaus in die Berechnung einbezogen wurde, beträgt die relevante Fläche aufgrund der Berechnung der mitbeteiligten Partei, die von der belangten Behörde übernommen wurde, nur 0,15 m2 weniger als nach § 3 Abs. 4 zweiter Satz zulässig ist). Auch im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nicht klargestellt, in welcher Weise das Stiegenhaus in die Vollgeschoßberechnung Eingang gefunden hat. Die Darstellung in der Vollgeschoßberechnung legt aber die Vermutung nahe, daß die Fläche des Stiegenhauses zwar bei der Ermittlung der Gesamtfläche berücksichtigt wurde, nicht aber bei der Berechnung der Fläche im Sinne des § 3 Abs. 4 zweiter Satz TBO. Eine derartige Berechnung widerspräche aber dem Gesetz.

Die belangte Behörde hat sich auch im vorliegenden Verfahren auf gutachtliche Äußerungen des Amtes für Flächenwidmung - Bebauungsplanung, Bauberatung gestützt, die im wesentlichen nur in der Feststellung bestehen, daß kein Vollgeschoß vorliege. Eine nähere Darlegung der Berechnung ist nicht erfolgt. Hinzu kommt im Beschwerdefall überdies, daß - wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt - zwei verschiedene Pläne des Dachgeschoßes dem Bescheid vom 7. Juli 1994 zugrunde gelegt wurden (beide Pläne sind mit dem Vermerk versehen, dem Bescheid zugrunde zu liegen). Bei dieser Sachlage kann nicht davon die Rede sein, daß die vorliegenden Unterlagen eine Verfolgung der Rechte der Beschwerdeführerinnen ermöglichten.

7. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

8. Wenngleich bei dieser Sach- und Rechtslage auf das weitere Beschwerdevorbringen hinsichtlich des Seitenabstandes nicht mehr einzugehen wäre, erscheinen für das fortgesetzte Verfahren folgende Hinweise angezeigt:

Die Beschwerdeführerinnen wenden sich sowohl gegen die Situierung des Wohnhauses als auch gegen die Lage der Garage, die "der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen zugekehrt" sei.

Abgesehen davon, daß den vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig entnommen werden kann, ob der etwa auf Plan Nr. 104 vorgesehene Fahrrad- und Kinderwagenraum tatsächlich Gegenstand des Projekts sein sollte (auf Plan 106 A vom 19. Mai 1994 ist der Raum nicht dargestellt, auch in der Baubeschreibung des erstinstanzlichen Bescheides ist der Raum nicht erwähnt), ist nicht ersichtlich, ob die Beschwerdeführerinnen im Zuge des Verwaltungsverfahrens rechtzeitig Einwendungen auch hinsichtlich des Seitenabstandes der Garage bzw. des Fahrradraumes erhoben haben (die im Akt erliegende, mit "A" bezeichnete Stellungnahme der Beschwerdeführerinnen anläßlich der mündlichen Verhandlung bezieht sich auf das Objekt A-Straße 79; diese Stellungnahme ist somit offenbar nicht jene, auf die in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen wird; im Bescheid der Behörde erster Instanz ist eine derartige Einwendung nicht angeführt; in der Berufung der Beschwerdeführerinnen gegen den erstinstanzlichen Bescheid wird nur die Frage des Seitenabstandes des Wohnhauses angesprochen). Es wird daher im fortgesetzten Verfahren insbesondere zu prüfen sein, ob die Beschwerdeführerinnen hinsichtlich der Frage des Seitenabstandes der Garage bzw. des Fahrradraumes präkludiert sind. In rechtlicher Hinsicht wäre zwar grundsätzlich der Standpunkt der Beschwerdeführerinnen zutreffend, daß die Höhe eines Bauwerks - auch bei Bauwerken, die gemäß § 7 Abs. 6 in Verbindung mit § 7 Abs. 8 TBO im Seitenabstand errichtet werden dürfen - vom ursprünglichen Gelände zu messen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 94/06/0203); dabei wäre aber aufzuklären, mit welcher Höhe dieses ursprüngliche Gelände anzunehmen ist. Die Beschwerdeführerinnen sprechen von einem natürlichen Gelände im Gegensatz zum gewachsenen Gelände; die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen sind insoferne nicht verständlich, als die Beschwerdeführerinnen den von ihnen gebrauchten Begriff des "Urgeländes" einmal mit dem "natürlichen Gelände" gleichsetzen, im nächsten Satz aber von der "Einrechnung des gewachsenen Geländes" sprechen, also offenbar dieses als das Urgelände bezeichnen.

Des weiteren wird aber das fortgesetzte Verfahren zum Anlaß zu nehmen sein, die Beseitigung der aufgezeigten Ungereimtheiten in den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen zu veranlassen.

Hinsichtlich des Seitenabstandes des Wohnhauses machen die Beschwerdeführerinnen in der Beschwerde geltend, daß die belangte Behörde zu Unrecht das Stiegenhaus als untergeordneten Bauteil, der gemäß § 7 Abs. 2 TBO bei der Abstandsberechnung nicht einzubeziehen sei, angesehen habe.

Da die Höhe der Wand im Bereich des Stiegenhauses 8,81 m betrage, sei der Seitenabstand falsch berechnet worden.

§ 7 Abs. 2 TBO lautet:

"(2) Die Wandhöhe ist, wenn im Bebauungsplan die Höhenlage festgelegt ist, von dieser, wenn an die Außenwand eine Verkehrsfläche anschließt, von der endgültigen Höhe dieser Verkehrsfläche, sonst von der Oberfläche des an die Außenwand anschließenden Geländes bis zum Schnitt der äußeren Wandfläche mit der Dachhaut oder, falls dies eine größere Höhe ergibt, bis zur Oberkante der Außenwand zu messen. Wurde die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Höhenlage vor dieser Veränderung auszugehen. Schließt eine Außenwand nicht an das Gelände an, so ist die Wandhöhe von der Schnittlinie zwischen der lotrecht verlängerten äußeren Wandflucht dieser Wand und dem Gelände zu messen. Bei Gebäuden mit verschieden hohen Gebäudeteilen ist die Wandhöhe für jeden Gebäudeteil gesondert zu berechnen. Bei Wandhöhen über 20 Meter ist der 20 Meter übersteigende Teil nur zur Hälfte anzurechnen. Untergeordnete Bauteile, wie Aufzugsmaschinenräume, Stiegenhäuser und dergleichen, sind nicht zu berücksichtigen.

..."

Angesichts der projektierten Breite des in Rede stehenden Stiegenhauses von 2,60 m kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Stiegenhaus als einen untergeordneten Bauteil im Sinne der wiedergegebenen Bestimmung des § 7 Abs. 2 TBO qualifiziert hat (die Gesamtlänge der Fassade beträgt 12,70 m).

9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995060025.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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