TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/20 97/06/0034

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Veröffentlicht am 20.02.1997
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Index

L37168 Kanalabgabe Vorarlberg;
L82308 Abwasser Kanalisation Vorarlberg;

Norm

KanalisationsG Vlbg 1989 §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde 1. des Anton M und 2. des Jakob M, beide in B, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 5. Dezember 1996, Zl. I-2-5/1995, betreffend Ausnahme von der Kanalanschlußpflicht (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Betreffend die Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Zl. 95/06/0201-6, verwiesen. Zusammengefaßt ist daraus festzuhalten, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 19. Juli 1994 den Beschwerdeführern gemäß § 3 Kanalisationsgesetz, LGBl. Nr. 5/1989, i.V.m. § 4 Kanalordnung der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Oktober 1990 vorgeschrieben wurde, das Objekt Nr. 142 an die Abwasserbeseitigungsanlage der mitbeteiligten Partei anzuschließen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom 29. August 1994 stellten die Beschwerdeführer die Anträge, das Wohnhaus B Nr. 142 gemäß § 4 Abs. 2 Kanalisationsgesetz von der ausgesprochenen Schmutzwasseranschlußpflicht und gemäß § 4 Abs. 2 lit. a (gemeint offensichtlich Abs. 4) Kanalisationsgesetz, von der Regenwasseranschlußpflicht zu befreien.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 4. Mai 1995 wurde der Antrag auf Befreiung von der Schmutzwasseranschlußpflicht gemäß § 4 Abs. 2 Kanalisationsgesetz als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I), dem Antrag auf Befreiung für das Regenwasser nach § 4 Abs. 4 Kanalisationsgesetz wurde stattgegeben und der Anschlußbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei, soweit er sich auf die Regenwasseranschlußpflicht bezog, gemäß § 5 Abs. 8 Kanalisationsgesetz aufgehoben (Spruchpunkt II).

Der gegen Spruchpunkt I von den Beschwerdeführern eingebrachten Berufung wurde mit dem Bescheid der Gemeindevertretung vom 30. Juni 1995 keine Folge gegeben. Bei dem nach dem Ermittlungsverfahren sich ergebenden und unbestrittenen Verhältnis von 28,5 % häuslichen zu 71,5 % Stallabwässern könne nicht von einer "untergeordneten Menge" der häuslichen Schmutzwässer im Sinne des § 4 Abs. 2 Kanalisationsgesetz gesprochen werden, der dann eine Befreiung von der Anschlußpflicht ermögliche, wenn sämtliche anfallenden Schmutzwässer zu Düngezwecken in flüssigkeitsdichten Anlagen gesammelt würden.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. August 1995 abgewiesen. Gemäß § 5 Abs. 8 Kanalisationsgesetz könnten Anträge um Erteilung einer Ausnahme nur während der laufenden Berufungsfrist gegen einen Anschlußbescheid gestellt werden. Der Antrag der Beschwerdeführer sei daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen. Eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes sei nicht eingetreten.

Mit hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1976, Zl. 95/06/0201-6, wurde der Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 23. August 1995 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. § 5 Abs. 8 Kanalisationsgesetz bewirke keine Einschränkung der Antragstellung um eine Ausnahme von der Anschlußpflicht. Es sei daher den Beschwerdeführern zu Unrecht die Sachentscheidung über die Vorstellung verweigert worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Diese Entscheidung wird im wesentlichen damit begründet, daß die Ermittlungen ergeben hätten, daß von einem Anfall von Stallwässern von 394,8 m3 und einem Anteil der häuslichen Abwässer von 157,5 m3 im Winterhalbjahr auszugehen sei. Das Verhältnis Stallabwässer zu häuslichen Abwässern betrage daher 71,5 % zu 28,5 %. Dieses Ermittlungsergebnis sei von den Beschwerdeführern nicht bestritten worden. Im Gegenteil gingen die Berufung und die Vorstellung ausdrücklich von einer derartigen Relation aus. Die Beantwortung der Frage, ob bei einem Aufkommen von 28,5 % häuslichen Abwässern von einer untergeordneten Menge im Sinne des § 4 Abs. 2 Kanalisationsgesetz gesprochen werden könne, stelle keine Frage für den Sachverständigen, sondern eine Rechtsfrage dar. In bezug auf diesen unbestimmten Gesetzesbegriff habe die Behörde erster Instanz zutreffend auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1985, Zl. 85/06/0058-6, verwiesen. Auch in diesem Erkenntnis sei einzig und allein das Tatbestandsmerkmal strittig gewesen, ob häusliche Abwässer "nur in untergeordneten Mengen anfallen". Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich im Zusammenhang mit der Zweckbestimmung der in § 4 Abs. 2 leg. cit. genannten Bauwerke, daß sie nämlich ganz oder überwiegend der landwirtschaftlichen Nutzung dienen, "die klare Absicht des Gesetzgebers, Hausabwässer nur dann anzunehmen, wenn sie im Verhältnis zu Stallabwässern udgl. nicht ins Gewicht fallen, also nur in einem geringfügigen Ausmaß anfallen". In diesem Fall habe eine Relation von ca. 1/3 Haus- und 2/3 Stallabwässern bestanden. Die Bezugnahme der Behörde erster Instanz auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei durchaus vertretbar. Das verfahrensgegenständliche Objekt werde von insgesamt 9 Personen bewohnt, die einen beträchtlichen Abwasseranfall verursachten. Demnach könne bei dem errechneten Anfall häuslicher Abwässer von ca. 157,5 m3 im Winterhalbjahr, was annähernd 30 % des Gesamtanfalles entspreche, von einer untergeordneten, d.h. "verhältnismäßig geringfügigen" Menge keine Rede sein.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich u.a. im Recht auf Befreiung vom Kanalanschluß nach § 4 Kanalisationsgesetz verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 1 Vlbg. Kanalisationsgesetz, LGBl. Nr. 5/1989 (im folgenden: KanalG), hat die Gemeinde für die Errichtung und den Betrieb einer den hygienischen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen entsprechenden öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage Sorge zu tragen. Der Einzugsbereich des Sammelkanales ist gemäß § 3 Abs. 1 KanalG durch Verordnung der Gemeindevertretung unter Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Abwasserbeseitigungsanlage und auf die Gefällsverhältnisse so festzulegen, daß er eine Fläche innerhalb einer Entfernung von höchstens 100 m vom Sammelkanal umfaßt. Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. ist der Einzugsbereich in der Verordnung nach Abs. 1 zeichnerisch darzustellen. Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. die Eigentümer von Bauwerken oder befestigten Flächen, die ganz oder überwiegend im Einzugsbereich eines Sammelkanals liegen, verpflichtet und berechtigt, diese nach Maßgabe des Anschlußbescheides (§ 5) an den Sammelkanal anzuschließen und die Abwässer in die Abwasserbeseitigungsanlage einzuleiten (Anschlußpflicht). Die Anschlußpflicht gilt gemäß § 3 Abs. 4 leg. cit. nicht für Abwässer, deren Beseitigung gesetzlich zu regeln Bundessache ist. Auf diese Abwässer sind aber die Bestimmungen dieses Gesetzes dann anzuwenden, wenn ihre Einleitung in die Abwasserbeseitigungsanlage gemäß Abs. 5 ausnahmsweise gestattet wird. Soweit eine Anschlußpflicht besteht, hat die Behörde gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. auf Antrag den Anschluß an die Abwasserbeseitigungsanlage zu gestatten, wenn dies dem Interesse an einem planmäßigen Ausbau der Abwasserbeseitigungsanlage nicht widerspricht und der Leistungsfähigkeit der Abwasserbeseitigungsanlage angemessen ist. § 4 KanalG enthält Ausnahmen von der Kanalanschlußpflicht. Unter anderem sieht § 4 Abs. 2 leg. cit. für Bauwerke, die ganz oder überwiegend der landwirtschaftlichen Nutzung dienen und bei denen häusliche Schmutzwässer nur in untergeordneten Mengen anfallen, vor, daß sie auf Antrag von der Anschlußpflicht zu befreien sind, wenn sämtliche anfallenden Schmutzwässer zu Düngezwecken in flüssigkeitsdichten Anlagen gesammelt werden. Gemäß § 5 Abs. 1 KanalG hat die Behörde dem Eigentümer des Bauwerks oder der befestigten Fläche (Anschlußnehmer) den Anschluß an die Abwasserbeseitigungsanlage und die Einleitung der Abwässer mit Bescheid vorzuschreiben. § 5 Abs. 3 leg. cit. zählt jene Bestimmungen auf, die in den Anschlußbescheid aufzunehmen sind (wie der Zeitpunkt des Anschlusses, die Art der einzuleitenden Abwässer, die Führung des Anschlußkanals und die Anschlußstelle usw.).

Die Beschwerdeführer tragen insbesondere zur Auslegung des Begriffes untergeordnete Menge von Haushaltsabwässern im § 4 Abs. 2 Kanalisationsgesetz vor, daß dieser Begriff auch eine qualitative Komponente enthalte. Auch eine teleologische Betrachtung führe zu einem solchen Ergebnis. Außer Streit stehe, daß die Stallabwässer der Beschwerdeführer zu Düngezwecken wieder auf den Feldern ausgebracht werden sollten. Es müsse bei einer teleologischen Betrachtung daher vor allem darauf ankommen, daß diese Stallabwässer durch die Hausabwässer in ihrer Qualität nicht mehr als nur eine "untergeordnete Beeinträchtigung" erführen. Dabei käme es auf zwei Umstände an, einmal ob die Verdünnung der Stallabwässer an sich der Düngerqualität der Stallabwässer abträglich sei, zum anderen, ob die in den Haushaltsabwässern enthaltenen Schadstoffe die Qualität der Stallabwässer beeinträchtigten oder geeignet seien, bei Ausbringung auf den Feldern diese Felder durch Schadstoffe zu schädigen. Nach Auffassung der Beschwerdeführer hätten die vorliegenden Haushaltsabwässer, die mengenmäßig mit knapp mehr als 1/4 der Gesamtmenge anfallen, auf die Qualität der Stallabwässer keinen maßgeblichen Einfluß, seien daher also als untergeordnet zu qualifizieren.

Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer nicht im Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in dem hg. Erkenntnis vom 19. September 1985, Zl. 85/06/0058, mit dem Begriff der "untergeordneten Mengen" von häuslichen Schmutzwässern in § 4 Abs. 2 KanalG auseinandergesetzt und die Auffassung vertreten, daß sich im Zusammenhang mit der Zweckbestimmung der Bauwerke ("ganz oder überwiegend der landwirtschaftlichen Nutzung dienen") die klare Absicht des Gesetzgebers ergibt, Hausabwässer nur dann auszunehmen, wenn sie im Verhältnis zu Stallabwässern u.ä. nicht ins Gewicht fallen, also nur in einem geringfügigen Ausmaß anfallen. Auch bei einem Anfall von Hausabwässern im Ausmaß vom 28,5 % kann nicht von häuslichen Schmutzwässer "in untergeordneten Mengen" zu Stallabwässern gesprochen werden. Die belangte Behörde hat daher zutreffend das Vorliegen dieses Kriteriums verneint.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997060034.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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