TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/18 W259 2225381-1

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Veröffentlicht am 18.03.2021
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Entscheidungsdatum

18.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2 Z2
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs2
StGB §127
StGB §128 Abs1
StGB §129
StGB §130
StGB §229
StGB §241e Abs1
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W259 2225381-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen die Spruchpunkte I. bis IV., VI. und VII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. und VI. als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird der Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass dieser zu lauten hat:

„VII. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Araber, reiste ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge kurz „BFA“ oder „belangte Behörde“) vom XXXX 2015, Zl. XXXX , wurde diesem Antrag stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

3. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX 2016, GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je € 5,--, insgesamt zu € 300,-- rechtskräftig verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2019, GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 2 und 3 (jeweils iVm 130 Abs. 1 erster Fall), 15 ; § 229 Abs. 1 und § 241e Abs. 1 erster Satz StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von dreieinhalb Jahren verurteilt. Der dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten und jener der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe wurde nicht Folge gegeben. Das Urteil wurde am 27.11.2019 rechtskräftig.

5. Am 07.03.2019 wurde ein Aberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet.

6. Mit Bescheid vom XXXX .2019 wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt. Weiters wurde festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien unzulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

7. Gegen die Spruchpunkte I. bis IV., VI. und VII dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. In der Beschwerdebegründung wurde insbesondere ausgeführt, dass sich die belangte Behörde mit den Fluchtgründen des Beschwerdeführers unzureichend befasst habe und der Beschwerdeführer in Syrien Verfolgungen ausgesetzt sei. Weiters habe die belangte Behörde mangelhafte Feststellungen unter anderem zu dem Umstand, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Allgemeinheit sei, sowie zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers getroffen (AS 583 ff).

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.12.2020 in Anwesenheit einer beeideten Dolmetscherin für die Sprache Arabisch und im Beisein des rechtskundigen Vertreters des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch, in welcher eine Zeugin einvernommen und der Beschwerdeführer ausführlich zu seiner Situation in Österreich und zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Aufgrund der der Entscheidung zugrundeliegenden Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Zeugeneinvernahme, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer besitzt die syrische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Er ist im erwerbsfähigen Alter. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch. Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Er nimmt Beruhigungstabletten gegen Depression und Panik.

Der Beschwerdeführer ist im Jahr XXXX in der Stadt XXXX in Syrien geboren und aufgewachsen.

Der Beschwerdeführer besuchte in Syrien elf Jahre die Schule und arbeitete danach als Schlosser.

Der Vater und der Bruder des Beschwerdeführers leben noch in Syrien, die Mutter wohnt im Libanon. Darüber hinaus hat er Tanten und Onkel in Syrien. Der Beschwerdeführer pflegt keinen Kontakt mehr zu seiner Familie in Syrien. Er ist seit 2017 nach islamischem Recht verheiratet und hat eine Tochter.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2015 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Mit Bescheid vom XXXX 2019 wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt. Zugleich wurde festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt und wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien unzulässig ist. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tage gewährt und gegen ihn wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.2. Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2019, GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 2 und 3 (jeweils iVm 130 Abs. 1 erster Fall), 15; § 229 Abs. 1 und § 241e Abs. 1 erster Satz StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von dreieinhalb Jahren verurteilt. Das Urteil wurde am 27.11.2019 rechtskräftig.

Der Beschwerdeführer wurde gemeinsam mit XXXX und XXXX für schuldig erkannt. Es haben in Vorarlberg

I)

der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter, XXXX als Beitragstäterin zu den Fakten 4), 5) und 6) durch Leistung von Aufpasserdiensten, sowie XXXX bei den Taten Faktum 8 und 9 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Beschwerdeführer als Mittäter und bei der Tat zu Faktum 7 als Beitragstäter durch Leisten von Aufpasserdiensten, anderen fremde bewegliche Sachen, deren Wert € 5.000,--, nicht jedoch € 300.000,--, überstieg, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, teils wegzunehmen versucht, wobei sie die Diebstähle (ausgenommen Fakten 35, 36, 37) begingen, indem sie zur Ausführung der Tat in Wohnstätten, zu Faktum 27 in ein Transportmittel, einbrachen, also gewaltsam eindrangen, oder einstiegen (bzw. dies versuchten), wobei der Beschwerdeführer jeweils gewerbsmäßig handelte, und zwar

1) am 19.10.2018 in XXXX

a) dem XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug zu dessen Wohnobjekt XXXX Bargeld, Schmuckstücke, diverse Elektrogeräte und Kleidungsstücke im Gesamtwert von € 1.931,94 (Faktum 1);

b) XXXX aus dessen Wohnobjekt XXXX nach versuchtem Aufbrechen der Balkontüre mit einem Flachwerkzeug, was misslang (Versuch; Faktum 2);

c) XXXX aus dessen Wohnhaus XXXX nach Durchklettern eines offenen Fensters diverse Schmuckstücke im Wert von € 3.750,-- (Faktum 3);

2) am 20.10.2018 in XXXX nach Aufhebeln eines Fensters zum Wohnobjekt XXXX mit einem Flachwerkzeug und Durchklettern des Fensters der XXXX eine Geldtasche samt Inhalt sowie 4 Schachteln Zigaretten im Gesamtwert von € 175,80 (Faktum 4);

3) am 22.10.2018 in XXXX

a) dem XXXX nach versuchtem Aufhebeln eines Fensters und anschließendem (erfolgreichen) Aufhebeln der Terrassentüre des Wohnobjektes XXXX mit einem Flachwerkzeug ein Tablet, Schmuck und andere Wertgegenstände im Gesamtwert von € 1.838,51 (Faktum 5),

b) der XXXX und dem XXXX nach Einschlagen eines Wohnungsfensters zum Objekt XXXX mit einem Stein, Öffnen des Fensters und Durchklettern desselben, Uhren, Schmuckstücke und einen Laptop im Gesamtwert von zumindest € 21.052,-- (Faktum 6);

4) am 25.10.2018 in XXXX

a) der XXXX nach Durchschlagen der Balkonverglasung, Öffnen der Türe und Eindringen in die Wohnung XXXX ein Tablet Marke Samsung im Wert von € 276,99 (Faktum 7),

b) der XXXX nach Aufhebeln der Balkontüre mit einem Flachwerkzeug und Eindringen in das Wohnobjekt XXXX Schmuckstücke, Uhren, Bargeld, Kopfhörer und anderes im Gesamtwert von ca. € 12.500,-- (Faktum 8),

c) der XXXX nach Aufhebeln eines Wohnungsfensters zum Objekt XXXX mit einem Flachwerkzeug und Durchklettern des Fensters Schmuckstücke sowie eine Handkasse mit € 50,--, Gesamtwert € 275,-- (Faktum 9);

5) am 27.10.2018 in XXXX dem XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre zu dessen Wohnung in der XXXX mit einem Flachwerkzeug und erfolglosem Durchsuchen der Wohnung (Versuch; Faktum 10);

6) am 31.10.2018 in XXXX

a) der XXXX aus deren Wohnung In der XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug Bargeld, Gutscheine und zwei Golddukaten im Gesamtwert von € 444,-- (Faktum 11),

b) XXXX aus dem Einfamilienhaus XXXX nach Aufhebeln eines Fensters mit einem Flachwerkzeug und Durchsteigen desselben diverse Gegenstände im Wert von etwa € 3.250,30 (Faktum 12),

c) XXXX aus dessen Wohnung XXXX nach Aufhebeln des Wohnungsfensters mit einem Flachwerkzeug und Durchklettern desselben Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von € 1.525,-- (Faktum 13),

d) der XXXX aus deren Wohnung XXXX nach Erklettern des Wohnungsbalkons und Eindringen in die Wohnung über die Terrassentüre und erfolglosem Durchsuchen der Wohnung (Versuch; Faktum 14);

7) am 01.11.2018 in XXXX

a) dem XXXX und der XXXX aus deren Reihenhaus XXXX nach Aufhebeln eines Fensters mit einem Flachwerkzeug und Durchsteigen des Fensters Elektronikartikel, Schmuck und Uhren im Gesamtwert von ca. € 22.000,-- (Faktum 15),

b) der XXXX aus deren Haus XXXX nach Aufhebeln eines Fensters mit einem Flachwerkzeug, wobei es beim Versuch blieb, da die Hausbewohner die Tat bemerkten (Versuch; Faktum 16),

c) dem XXXX und der Martina XXXX aus deren Einfamilienhaus XXXX nach Aufhebeln eines Fensters mit einem Flachwerkzeug und Durchsteigen des Fensters € 1.751,--, sfr 85,00 sowie diverse Schmuckstücke im Gesamtwert von ca. € 20.000,-- (Faktum 17),

d) dem XXXX aus dessen Einfamilienhaus XXXX nach Durchklettern eines Fensters im ersten Obergeschoss Schmuckstücke und eine Geldtasche mit ca.
€ 30,--, Gesamtwert ca. € 500,-- (Faktum 18);

8) am 02.11.2018 in XXXX

a) der XXXX aus deren Haus XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug 2 Goldringe im Wert von € 1.500,-- (Faktum 19),

b) dem XXXX und XXXX aus deren Wohnung XXXX nach Aufhebeln der Balkontüre mit einem Flachwerkzeug Bargeld und Wertgegenstände im Gesamtwert von € 1.890,95 (Faktum 20),

c) dem XXXX aus dessen Wohnung XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug Schmuck, Bargeld, ein Tablet und anders im Gesamtwert von ca. € 10.553,-- (Faktum 21),

d) der XXXX aus deren Wohnhaus XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug ein Smartphone im Wert von ca. € 400,-- (Faktum 22);

9) am 03.11.2018 in XXXX

a) XXXX und XXXX aus dem Reihenhaus XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug diverse Schmuckstücke, Bargeld und Schuhe im Gesamtwert von ca. € 735,-- (Faktum 23),

b) XXXX und XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre bzw. einer Schiebetüre zum Wohnobjekt XXXX mit einem Flachwerkzeug, wobei er betreten wurde und flüchtete (Versuch; Faktum 24),

c) der XXXX aus deren Wohnung XXXX nach Aufhebeln einer Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug diverse Schmuckstücke im Wert von € 100,-- (Faktum 25);

10) am 04.10.2018 in XXXX dem XXXX und der XXXX aus deren Wohnung XXXX nach Aufhebeln der Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug Bargeld und Schmuck im Gesamtwert von ca. € 20.000,-- (Faktum 26);

11) am 14.09.2018 in XXXX dem XXXX aus dessen PKW nach Einschlagen der Seitenscheibe mit einem Stein Bargeld, einen Laptop, ein Mobiltelefon und anderes im Gesamtwert von € 2.200,-- (Faktum 27);

12) am 19.10.2018 in XXXX dem XXXX aus dessen Wohnung XXXX in XXXX nach Erklettern des Wohnungsbalkons und Aufhebeln der Balkontüre mit einem Flachwerkzeug und erfolglosem Durchsuchen der Wohnung (Versuch; Faktum 28);

13) am 25.09.2018 in XXXX dem XXXX aus dessen 2- Familienhaus XXXX nach Aufhebeln eines Fensters sowie einer Terrassentüre mit einem Flachwerkzeug, was beides misslang, weshalb die Tat beim Versuch blieb (Versuch; Faktum 29);

14) am 16.09.2018 in XXXX der XXXX aus dem Wohnhaus XXXX nach Durchklettern eines Fensters Bargeld und ein Mobiltelefon im Gesamtwert von € 450,-- (Faktum 30);

15) am 14.10.2018 in XXXX jeweils aus einem unversperrten PKW

a) der XXXX bzw. XXXX ein Mobiltelefon im Wert von € 400,-- und einen schwarzen Stoffsack samt € 70,-- (Faktum 35),

b) der XXXX € 148,--, sfr 25,00, Ohrringe im Wert von ca. € 150,--, Sodexo-Gutscheine im Wert von € 71,50 und ein Parfum im Wert von € 70,-- (Faktum 36),

c) XXXX Schmuckstücke im Wert von € 51,99 und eine Prada-Brille im Wert von € 580,-- (Faktum 37);

II)

der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter, XXXX als Beitragstäterin betreffend Fakten 4) und 5), Urkunden, über die sie nicht oder nicht allein verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, nämlich zum Nachweis der Identität bzw. Lenkberechtigung der jeweils aus dem Dokument berechtigten Person, indem der Beschwerdeführer die Dokumente besaß bzw. XXXX ihn bei der In-Besitz-Nahme durch Aufpasserdienste unterstützte, und zwar

1) ab 19.10.2018 die Reisepässe des XXXX und der XXXX (Faktum 1),

2) ab 20.10.2018 den Reisepass der XXXX (Faktum 4),

3) ab 22.10.2018 die Reisepässe und den Militärausweis des XXXX bzw. dessen Gattin (Faktum 5),

4) ab 01.11.2018 den Reisepass des XXXX (Faktum 17),

5) ab 16.09.2018 den Führerschein der XXXX (Faktum 30),

6) ab Oktober 2018 den Identitätsausweis des XXXX (Faktum 31),

7) ab September 2018 den Reisepass des XXXX (Faktum 32),

8) ab Mitte September 2018 den Führerschein der XXXX (Faktum 33),

9) ab Anfang Oktober 2018 die Reisepässe des XXXX , der XXXX , XXXX und des XXXX sowie deren Aufenthaltstitel (ausgenommen jenen des XXXX (Faktum 34),

10) ab Oktober 2018 den Reisepass des XXXX (Faktum 38),

11) ab September 2018 den Reisepass und Aufenthaltstitel des XXXX (Faktum 39);

III)

der Beschwerdeführer hat sich unbare Zahlungsmittel, über die er nicht oder nicht allein verfügen durfte, mit dem Vorsatz verschafft, dass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, und zwar

1) ab 02.11.2018 die Bankomatkarte der XXXX (Faktum 22),

2) ab 16.09.2018 die Bankomatkarte der XXXX (Faktum 30);

3) am 31.10.2018 die Bankomatkarte der XXXX (Faktum 11).

Der Beschwerdeführer hat hierdurch

zu I) das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Diebstahles teils durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 2 und 3 (jeweils iVm 130 Abs. 1 erster Fall), 15 StGB,

zu II) die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und

zu III) die Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 erster Satz StGB begangen.

Das Landesgericht XXXX stellte als erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen, die führende Rolle des Beschwerdeführers bei den Wohnstätteneinbruchsdiebstählen, die Tatwiederholungen, die teilweise Tatbegehung in Gesellschaft eines weiteren Täters, den Umstand, dass der Beschwerdeführer teilweise trotz eingeschaltetem Licht in der Wohnstätte nicht von der Tatbegehung zurückschreckte sowie das Übersteigen der Wertqualifikation von € 5.000,-- um ein Vielfaches fest. Als mildernd wurden die geständige Verantwortung, die teilweise verminderte Zurechnungsfähigkeit, der Umstand, dass die Wohnstätteneinbruchsdiebstähle teilweise beim Versuch geblieben sind und die weggenommenen Sachen teilweise sichergestellt werden konnten, gewertet.

Der dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten und jener der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX 2019, GZ XXXX , nicht Folge gegeben.

Im Berufungsverfahren führte das Oberlandesgericht XXXX in seinem Urteil aus, dass die Strafzumessungsgründe des Ersturteils auf der erschwerenden Seite nur geringfügig durch die mehrfache Qualifikation der Einbruchsdiebstähle zu ergänzen seien. Dass der Angeklagte bei den Einbrüchen in Wohnstätten die Anwesenheit von Personen im Tatobjekt in Kauf genommen habe, stelle zwar keinen besonderen Erschwerungsgrund dar, wirke sich aber im Sinne der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 StGB zweifellos schuldaggravierend aus, weil das Eindringen in die Wohnstätte für das Opfer ein noch belastenderes Erlebnis sei, wenn es unmittelbar wahrgenommen werde, was naturgemäß überdies mit massiven Angstzuständen verbunden sei.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund der Schwere seiner Straftat und seines Persönlichkeitsbildes als Gefahr für die Gemeinschaft einzuschätzen.

1.3. Zum Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer wurde im November 2018 in die Justizanstalt eingeliefert und hat seine Strafe am XXXX 2019 angetreten.

Abgesehen von der unter Pkt. 1.2. angeführten Verurteilung wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX , GZ XXXX , wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je € 5,--, insgesamt zu € 300,-- rechtskräftig verurteilt.

In Österreich ging der Beschwerdeführer nach islamischem Recht eine Ehe mit XXXX , geb. XXXX , ein und er hat mit dieser eine Tochter namens XXXX , geb. XXXX . XXXX ist griechische Staatsangehörige und lebt gemeinsam mit ihrer Tochter in Österreich. Außerdem hat der Beschwerdeführer in Österreich einen Cousin väterlicherseits.

Der Beschwerdeführer lebte zumindest seit 2017 mit seiner in Österreich lebenden Lebensgefährtin und seiner minderjährigen Tochter nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer wurde von seiner Lebensgefährtin und Tochter im Zeitraum Jänner bis November 2020 sieben Mal in der Justizanstalt besucht. Der Cousin, welcher in Österreich lebt, besucht ihn nicht. Der Beschwerdeführer hat viele Freunde, darunter auch österreichische Freunde. Er pflegt aber kein besonderes Abhängigkeits- oder Naheverhältnis in Österreich. Beim Beschwerdeführer finden sich insbesondere keine besonderen Merkmale der Abhängigkeit zu seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter. Nach der Inhaftierung des Beschwerdeführers hat seine Lebensgefährtin gearbeitet und danach Sozialhilfe erhalten. Derzeit arbeitet seine Lebensgefährtin nicht. Sie besucht einen Deutschkurs und bekommt Unterstützung vom AMS.

Der Beschwerdeführer ging unmittelbar vor seiner Strafhaft keiner Beschäftigung nach und hatte kein Einkommen. Zuvor hatte er bei der Leasingfirma XXXX in XXXX gearbeitet und andere Arbeiten übernommen. Auch hat er in Österreich ungefähr sechs Monate lang die Bundeshandelsakademie und Berufshandelsschule in XXXX besucht.

Der Beschwerdeführer besuchte in Haft einen Deutschkurs, aber er verfügt über kein Deutschzertifikat. Er ist in der Lage, alltägliche, einfache Gespräche auf Deutsch zu führen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich illegale Suchtmittel konsumiert und im Jahr 2020 suchtpsychologische Gespräche in Anspruch genommen hat. Er wird vom Verein XXXX und dem Verein XXXX betreut.

1.4. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 17.10.2019:

Politische Lage:

Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 13.3.2019). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2018).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Baath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 10.8.2016).

Es gibt weiterhin Landesteile, in denen die syrische Regierung effektiv keine Kontrolle ausübt. Diese werden entweder durch Teile der Opposition, kurdische Einheiten, ausländische Staaten oder auch durch terroristische Gruppierungen kontrolliert (AA 13.11.2018; vgl. MPG 2018).

Am 13.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016; vgl. France24 17.4.2017). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der „Nationalen Einheit“ 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als „Farce“. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France24 17.4.2016).

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Seit der Machtergreifung Assads haben weder Vater noch Sohn politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017). 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 13.3.2019), wodurch dieser für weitere 7 Jahre im Amt bestätigt wurde (WKO 11.2018). Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten. Sie wurde von der EU und den USA als undemokratisch kritisiert, die syrische Opposition sprach von einer „Farce“ (Haaretz 4.6.2014).

Mitte September 2018 wurden in den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten zum ersten Mal seit 2011 wieder Kommunalwahlen abgehalten (IFK 10.2018; vgl. WKO 11.2018). Der Sieg von Assads Baath Partei galt als wenig überraschend. Geflohene und IDPs waren von der Wahl ausgeschlossen (WKO 11.2018).

Mit russischer und iranischer Unterstützung hat die syrische Regierung mittlerweile wieder große Landesteile von bewaffneten oppositionellen Gruppierungen zurückerobert. Trotz der großen Gebietsgewinne durch das Regime besteht die Fragmentierung des Landes in Gebiete, in denen die territoriale Kontrolle von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt wird, weiter fort (AA 13.11.2018).

Die Provinz Idlib im Norden Syriens an der Grenze zur Türkei wird derzeit noch von diversen Rebellengruppierungen kontrolliert (MPG 2018). Im Norden bzw. Nordosten Syriens gibt es Gebiete, welche unter kurdischer Kontrolle stehen (SWP 7.2018). Die Partei der Demokratischen Union (PYD) ist die politisch und militärisch stärkste Kraft der syrischen Kurden. Sie gilt als syrischer Ableger der verbotenen türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) (KAS 4.12.2018b). 2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine „zweite Front” in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Baath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von PYD und YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (BFA 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter dem Namen „Rojava“ bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vgl. KAS 4.12.2018b). Afrin im Nordwesten Syriens ist territorial nicht mit den beiden anderen Kantonen Jazira und Kobane verbunden und steht seit März 2018 unter türkischer Besatzung (KAS 4.12.2018b; vgl. MPG 2018).

Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das nicht von islamistischen, sondern von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär. Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syrien (KAS 4.12.2018a). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Baath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des von den USA unterstützten Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Diese schwierige Situation führt auch dazu, dass die Kurden wieder vermehrt das Gespräch mit der syrischen Zentralregierung suchen (KAS 4.12.2018b).

Die syrische Regierung erkennt die kurdische Enklave oder Wahlen, die in diesem Gebiet durchgeführt werden, nicht an (USDOS 13.3.2019). Die zwischen der Kurdischen Selbstverwaltung (dominiert von der PYD) und Vertretern der syrischen Regierung im Sommer 2018 und Anfang 2019 geführten Gespräche brachten auf Grund unvereinbarer Positionen betreffend die Einräumung einer (verfassungsgemäß festzuschreibenden) Autonomie, insbesondere für die kurdisch kontrollierten Gebiete sowie hinsichtlich der Eingliederung/Kontrolle der SDF, keine Ergebnisse (ÖB 7.2019). Im Zuge einer türkischen Militäroffensive, die im Oktober 2019 gestartet wurde, kam es jedoch zu einer Einigung zwischen beiden Seiten, da die kurdischen Sicherheitskräfte die syrische Zentralregierung um Unterstützung in der Verteidigung der kurdisch kontrollierten Gebiete baten. Die syrische Regierung ist daraufhin in mehrere Grenzstädte eingerückt (DS 15.10.2019).

Sicherheitslage:

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention des Iran in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018a). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der „wichtigsten“ Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt (Reuters 13.4.2016).

Am Beginn des Jahres 2019 sind noch drei größere Gebiete außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung: die Provinz Idlib und angrenzende Gebiete im Westen der Provinz Aleppo und Norden der Provinz Hama; die Gebiete im Norden und Osten Syriens, die unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF) stehen; außerdem die Konfliktschutzzone (de-confliction zone) bei Tanf in Homs bzw. in der Nähe des Rukban Flüchtlingslagers (UNHRC 31.1.2019).

Trotz weitreichender militärischer Erfolge des syrischen Regimes und seiner Unterstützer sind Teile Syriens noch immer von Kampfhandlungen betroffen, allen voran die Provinzen Idlib, Teile Aleppos, Raqqas und Deir ez-Zours (AA 13.11.2018).

Laut UNMAS (United Nations Mine Action Service) sind 43% der besiedelten Gebiete Syriens mit Mienen und Fundmunition kontaminiert (AA 13.11.2018). Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen mit derartigen Hinterlassenschaften des bewaffneten Konfliktes zum Beispiel im Osten der Stadt Aleppo, Ost-Ghouta und im Osten Hamas (DIS/DRC 2.2019).

Der sogenannte Islamische Staat (IS) kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghuz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen „Syrian Democratic Forces“ erobert. Der IS ist zwar zerschlagen, verfügt aber noch immer über militärische Einheiten, die sich in den Wüstengebieten Syriens und des Irak versteckt halten (DZO 24.3.2019). Schläferzellen des IS sind sowohl im Irak als auch in Syrien weiterhin aktiv (FAZ 10.3.2019). Gegenwärtig sollen im Untergrund mehr als 20.000 IS-Kämpfer auf eine Gelegenheit zur Rückkehr warten (FAZ 22.3.2019).

US-Präsident Donald Trump kündigte im Dezember 2018 an, alle 2.000 US-Soldaten aus Syrien abziehen zu wollen (Qantara 28.2.2019). Nachdem Trump Anfang Oktober 2019 erneut ankündigte, die US-amerikanischen Truppen aus der syrisch-türkischen Grenzregion abzuziehen, startete die Türkei am 9. Oktober 2019 eine Luft- und Bodenoffensive im Nordosten Syriens (CNN 11.10.2019). Durch den Abzug der US-Streitkräfte aus Nordsyrien und die türkische Offensive und damit einhergehende Schwächung der kurdischen Sicherheitskräfte wird ein Wiedererstarken des IS befürchtet (DS 13.10.2019, DS 17.10.2019).

Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen, für die einzelnen Monate des Jahres 2018 finden sich deren Daten in der unten befindlichen Grafik. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von „Massakern“, bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind (SNHR 1.1.2019).

Für Januar 2019 erfasste SNHR zumindest 197 getötete Zivilisten, für Februar 2019 246, für März 2019 334, für April 2019 324, für Mai 2019 416, für Juni 2019 347, für Juli 2019 433 und für August 2019 267 (SNHR 1.9.2019).

Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien

Seit Mai 2018 hat sich die allgemeine Sicherheitslage in den von der Regierung kontrollierten Gebieten Syriens, darunter finden sich auch die wichtigsten Städte wie Lattakia, Homs, Hama, Tartous und Damaskus, deutlich verbessert. Im Allgemeinen kam es im Vergleich mit den Zahlen vor Juli 2018 zu einem signifikanten Rückgang der militärischen Auseinandersetzungen und der sicherheitsrelevanten Vorfälle in von der Regierung kontrollierten Gebieten. Die Situation bleibt in einigen Gegenden jedoch angespannt, wie im Osten der Provinz Lattakia, im Westen der Provinz Aleppo und im Norden der Provinz Hama. In Bezug auf die Art der sicherheitsrelevanten Vorfälle gibt es Berichte von Beschuss, bewaffneten Zusammenstößen, Entführungen sowie Explosionen von Kampfmittelresten (DIS/DRC 2.2019).

Die Küstenregion wurde im Großen und Ganzen vom militärischen Konflikt verschont. Der Norden sieht sich gleichwohl mit einem gelegentlichen „Spillover“ von Idlib aus konfrontiert. So gibt es aktuell im ländlichen Lattakia Auseinandersetzungen zwischen syrischer Armee und Rebellen. In den größeren Städten und deren Einzugsgebieten wie Damaskus und Homs stellt sich die Sicherheitslage als relativ stabil dar, auch wenn es immer wieder zu gezielten Anschlägen zumeist auf regierungsnahe Personen kommt (ÖB 7.2019).

Die Regierung besitzt nicht die nötigen Kapazitäten, um alle von ihr gehaltenen Gebiete auch tatsächlich zu kontrollieren. Daher greift die Regierung auf unterschiedliche Milizen zurück, um manche Gegenden und Checkpoints in Aleppo, Lattakia, Tartous, Hama, Homs und Deir ez-Zour zu kontrollieren. Es gibt auch Berichte, wonach es in einigen Gebieten zu Zusammenstößen sowohl zwischen den unterschiedlichen Pro-Regierungs-Milizen als auch zwischen diesen und Regierungstruppen gekommen ist (DIS/DRC 2.2019).

In den ersten Monaten des Jahres 2018 erlebte Ost-Ghouta, nahe der Hauptstadt Damaskus, die heftigste Angriffswelle der Regierung seit Beginn des Bürgerkrieges (Presse 1.4.2018). Mitte April 2018 wurde die Militäroffensive der syrischen Armee auf die Rebellenenklave von Seiten der russischen Behörden und der syrischen Streitkräfte für beendet erklärt (DS 15.4.2018; vgl. SD 12.4.2018). Ende Mai 2018 zogen sich die letzten Rebellen aus dem Großraum Damaskus zurück, wodurch die Hauptstadt und ihre Umgebung erstmals wieder in ihrer Gesamtheit unter der Kontrolle der Regierung standen (DSO 21.5.2018; vgl. ISW 1.6.2018). Seitdem hat sich die Sicherheitslage in Damaskus und Damaskus-Umland (Rif Dimashq) deutlich verbessert (DIS/DRC 2.2019). Im Januar kam es zu zwei Bombenanschlägen in Damaskus Stadt. Einem in der Nähe eines Büros des Militärischen Nachrichtendienstes im Süden mit mehreren Todesopfern, und einem mittels einer Autobombe in der Nähe der russischen Botschaft mit Verletzten (DIS/DRC 2.2019; vgl. TN 20.1.2019). Einer internationalen humanitären Organisation zufolge ist es weniger wahrscheinlich, dass Angriffe dieser Art in Damaskus (im Gegensatz zu anderen großen Städten) passieren, weil die Hauptstadt durch Sicherheitskräfte schwer bewacht ist (DIS/DRC 2.2019).

Seit 2012 führte Israel dutzende Luftschläge auf syrischem Staatsgebiet durch, hauptsächlich auf Orte oder Konvois in der Nähe der libanesischen Grenze, die mit Waffenlieferungen an die Hizbollah in Verbindung stehen (CRS 2.1.2019), bzw. generell auf iranische Ziele und Ziele mit dem Iran verbündeter Milizen (AJ 5.2.2019). Es soll etwa ein bis zweimal im Monat zu Angriffen der israelischen Luftwaffe auf Ziele in der Provinz Damaskus kommen (Jane‘s 14.1.2019). Bis Ende Januar 2019 äußerte sich die israelische Armee nicht oder nur selten und erst nach einiger Zeit über Spekulationen zu Luftangriffen auf syrischem Staatsgebiet, für die die israelische Armee verantwortlich sein soll. Ende Januar berichteten die israelischen Streitkräfte beinahe zeitgleich über einen Angriff auf iranische Ziele in Syrien (DS 21.1.2019). Laut dem pensionierten Generalstabsschef der israelischen Streitkräfte Gadi Eisenkot hätte Israel sogar tausende Luftangriffe durchgeführt. Seit 2017 soll es nahezu täglich zu israelischen Angriffen kommen. Im Jahr 2018 wurden demnach 2.000 Bomben abgeworfen (TNYT 11.1.2019). Syrischen Staatsmedien zufolge wurden Anfang Juli 2019, bei israelischen Luftangriffen nahe der Hauptstadt Damaskus und in der Provinz Homs, vier Zivilisten getötet und 21 Personen verletzt (DS 1.7.2019).

Sicherheitsbehörden und regierungstreue Milizen

Die Regierung hat zwar die effektive Kontrolle über die uniformierten Polizei-, Militär- und Staatssicherheitskräfte, nicht jedoch über ausländische und einheimische militärische oder paramilitärische Einheiten, z.B. russische Streitkräfte, Hisbollah, Islamische Revolutionsgarden und nicht uniformierte Milizen wie die National Defense Forces (NDF) (USDOS 13.3.2019). Der Präsident stützt seine Herrschaft auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Geheimdienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von Verwandten oder engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen (AA 13.11.2018). Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weit verbreitetes Problem. Das Generalkommando der Armee und der Streitkräfte kann im Fall von Verbrechen von Militäroffizieren, Mitgliedern der internen Sicherheitskräfte oder Zollpolizeioffizieren im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten, einen Haftbefehl ausstellen. Solche Fälle müssen vor einem Militärgericht verhandelt werden. In der Praxis sind keine Fälle von Strafverfolgung oder Verurteilung von Polizei- und Sicherheitskräften hinsichtlich Misshandlung und Korruption bekannt. Die Sicherheitskräfte operieren unabhängig und im Allgemeinen außerhalb der Kontrolle des Justizwesens. Es gibt auch keine Berichte von Maßnahmen der Regierung, um die Einhaltung der Menschenrechte durch die Sicherheitskräfte zu verbessern (USDOS 13.3.2019).

Russland, Iran, die libanesische Hizbollah und Einheiten mit irakischen Kämpfern unterstützen die syrische Regierung, unter anderem mit Einsätzen an der Seite der syrischen Streitkräfte (KAS 4.12.2018a).

Es ist schwierig Informationen über die Aktivitäten von spezifischen Regierungs- oder regierungstreuen Einheiten zu spezifischen Zeiten oder an spezifischen Orten zu finden, weil die Einheiten seit dem Beginn des Bürgerkrieges oft nach Einsätzen organisiert („task-organized“) sind oder aufgeteilt oder für spezielle Einsätze mit anderen Einheiten zusammengelegt werden. Berichte sprechen oft von einer speziellen Militäreinheit an einem bestimmten Einsatzort (z.B. einer Brigade) wobei die genannte Einheit aus Teilen mehrerer verschiedener Einheiten nur für diesen speziellen Einsatz oder eine gewisse Zeit zusammengesetzt wurde (Kozak 28.12.2017).

Folter, Haftbedingungen und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen, wobei das Strafgesetzbuch eine Strafe von maximal drei Jahren Gefängnis für Täter vorsieht. Nichtsdestotrotz wenden die Sicherheitskräfte in Tausenden Fällen solche Praktiken an (USDOS 13.3.2019). Willkürliche Festnahmen, Misshandlung, Folter und Verschwindenlassen sind in Syrien weit verbreitet (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018, USDOS 13.3.2019, AA 13.11.2018). Sie richten sich von Seiten der Regierung insbesondere gegen Oppositionelle oder Menschen, die vom Regime als oppositionell wahrgenommen werden (AA 13.11.2018).

NGOs berichten glaubhaft, dass die syrische Regierung und mit ihr verbündete Milizen physische Misshandlung, Bestrafung und Folter an oppositionellen Kämpfern und Zivilisten begehen (USDOS 13.3.2019; vgl. TWP 23.12.2018). Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und Minderjährigen sind weit verbreitet. Die Regierung soll hierbei auch auf Personen abzielen, denen Verbindungen zur Opposition vorgeworfen werden (USDOS 13.3.2019). Es sind zahllose Fälle dokumentiert, bei denen Familienmitglieder wegen der als regierungsfeindlich wahrgenommenen Tätigkeit von Verwandten inhaftiert und gefoltert wurden, auch wenn die als regierungsfeindlich wahrgenommenen Personen ins Ausland geflüchtet waren (AA 13.11.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. Die Gefängnisse sind stark überfüllt, es mangelt an Nahrung, Trinkwasser, Hygiene und Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Diese Bedingungen waren so durchgängig, dass die UN Commission of Inquiry zu dem Schluss kam, diese seien Regierungspolitik. Laut Berichten von NGOs gibt es zahlreiche informelle Hafteinrichtungen in umgebauten Militärbasen, Schulen, Stadien und anderen unbekannten Lokalitäten. So sollen inhaftierte Demonstranten in leerstehenden Fabriken und Lagerhäusern ohne angemessene sanitäre Einrichtungen festhalten werden. Die Regierung hält weiterhin Tausende Personen ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt („incommunicado“) an unbekannten Orten fest (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 13.11.2018, SHRC 24.1.2019). Von Familien von Häftlingen wird Geld verlangt, dafür dass die Gefangenen Nahrung erhalten und nicht mehr gefoltert werden, was dann jedoch nicht eingehalten wird. Große Summen werden gezahlt, um die Freilassung von Gefangenen zu erwirken (MOFANL 7.2019).

In jedem Dorf und jeder Stadt gibt es Haft- bzw. Verhörzentren für die ersten Befragungen und Untersuchungen nach einer Verhaftung. Diese werden von den Sicherheits- und Nachrichtendiensten oder auch regierungstreuen Milizen kontrolliert. Meist werden Festgenommene in ein größeres Untersuchungszentrum in der Provinz oder nach Damaskus und schließlich in ein Militär- oder ziviles Gefängnis gebracht. Im Zuge dieses Prozesses kommt es zu Folter und Todesfällen. Selten wird ein Häftling freigelassen. Unschuldige bleiben oft in Haft, um Geldsummen für ihre Freilassung zu erpressen oder um sie im Zuge eines „Freilassungsabkommens“ auszutauschen (SHRC 24.1.2019).

Seit Sommer 2018 werden von den Regierungsbehörden Sterberegister veröffentlicht, wodurch erstmals offiziell der Tod von 7.953 Menschen in Regierungsgewahrsam bestätigt wurde, wenn auch unter Angabe wenig glaubwürdiger amtlich festgestellter natürlicher Todesursachen (Herzinfarkt, etc.). Berichte von ehemaligen Insassen sowie Menschenrechtsorganisationen benennen als häufigste Todesursachen Folter, Krankheit als Folge mangelnder Ernährung und Hygiene in den Einrichtungen und außergerichtliche Tötung (AA 13.11.2018; vgl. SHRC 24.1.2019). Die syrische Regierung übergibt die Überreste der Verstorbenen nicht an die Familien (HRW 17.1.2019).

Mit Stand Dezember 2018 ist der Verbleib von 100.000 syrischen Gefangenen noch immer unbekannt. Laut Menschenrechtsgruppen und den Vereinten Nationen sind wahrscheinlich Tausende, wenn nicht Zehntausende davon umgekommen (TWP 23.12.2018).

Die Methoden der Folter, des Verschwindenlassens und der schlechten Bedingungen in den Haftanstalten sind jedoch keine Neuerung der Jahre seit Ausbruch des Konfliktes, sondern waren bereits zuvor gängige Praxis der unterschiedlichen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden in Syrien (SHRC 24.1.2019).

Russland, der Iran und die Türkei haben im Zusammenhang mit den Astana-Verhandlungen wiederholt zugesagt, sich um die Missstände bezüglich willkürlicher Verhaftungen und Verschwindenlassen zu kümmern. Im Dezember 2017 gründeten sie eine Arbeitsgruppe zu Inhaftierungen und Entführungen im syrischen Konflikt, es waren bisher jedoch nur geringe Fortschritte zu verzeichnen (HRW 17.1.2019).

Auch die Rebellengruppierungen werden außergerichtlicher Tötungen und der Folter von Inhaftierten beschuldigt (FH 1.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Opfer sind vor allem (vermutete) regierungstreue Personen und Mitglieder von Milizen oder rivalisierenden bewaffneten Gruppen. Zu den Bedingungen in den Hafteinrichtungen der verschiedenen regierungsfeindlichen Gruppen ist wenig bekannt, NGOs berichten von willkürlichen Verhaftungen, Folter und unmenschlicher Behandlung. Der IS bestrafte häufig Opfer in der Öffentlichkeit und zwang Bewohner, darunter auch Kinder, Hinrichtungen und Amputationen mitanzusehen. Es gibt Berichte zu Steinigungen und Misshandlungen von Frauen. Dem sogenannten Islamischen Staat (IS) werden systematische Misshandlungen von Gefangenen der Freien Syrischen Armee (FSA) und der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) vorgeworfen. Berichtet werden auch Folter und Tötungen von Gefangenen durch den IS (USDOS 13.3.2019).

Allgemeine Menschenrechtslage

Schätzungen besagen, dass etwa eine halbe Million Menschen im syrischen Bürgerkrieg getötet wurden (BS 2018).

Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat. Ein Dekret von 2011 erlaubt die Bildung anderer politischer Parteien, jedoch nicht auf Basis von Religion, Stammeszugehörigkeit oder regionalen Interessen. Die Regierung erlaubt nur regierungsnahen Gruppen offizielle Parteien zu gründen und zeigt wenig Toleranz gegenüber anderen politischen Parteien, auch jenen, die mit ihr verbündet sind. Parteien wie das Communist Union Movement, die Communist Action Party und die Arab Social Union werden schikaniert. Gesetze, welche die Mitgliedschaft in illegalen Organisationen verbieten, wurden auch verwendet um Hunderte Mitglieder von Menschenrechts- und Studentenorganisationen zu verhaften. Es gibt auch zahlreiche Berichte zu anderen Formen der Belästigung von Menschenrechtsaktivisten, Oppositionellen oder Personen, die als oppositionell wahrgenommen werden, von Reiseverboten, Enteignung und Überwachung bis hin zu willkürlichen Festnahmen, „Verschwindenlassen“ und Folter (USDOS 13.3.2019).

Es sind zahllose Fälle bekannt, bei denen Personen für als regierungsfeindlich angesehene Tätigkeiten ihrer Verwandten inhaftiert und gefoltert werden, darunter sollen auch Fälle sein, bei denen die gesuchten Personen ins Ausland geflüchtet sind (AA 13.11.2018). Frauen mit familiären Verbindungen zu Oppositionskämpfern werden z.B. als Vergeltung oder zur Informationsgewinnung festgenommen. Außerdem werden Personen festgenommen, die Kontakte zu Verwandten oder Freunden unterhalten, die in oppositionell kontrollierten Gebieten leben (UNHRC 31.1.2019).

Die Methoden der Folter, des Verschwindenlassens und der schlechten Bedingungen in den Haftanstalten sind keine Neuerung der letzten Jahre seit Ausbruch des Konfliktes, sondern waren bereits zuvor gängige Praxis der unterschiedlichen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden in Syrien (SHRC 24.1.2019).

Russland, der Iran und die Türkei haben im Zusammenhang mit den Astana-Verhandlungen wiederholt zugesagt, sich um die Missstände bezüglich willkürlicher Verhaftungen und Verschwindenlassen zu kümmern. Im Dezember 2017 gründeten sie eine Arbeitsgruppe zu Inhaftierungen und Entführungen im syrischen Konflikt, es waren bisher jedoch nur geringe Fortschritte zu verzeichnen (HRW 17.1.2019).

Weitere schwere Menschenrechtsverletzungen, derer das Regime und seine Verbündeten beschuldigt werden, sind willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten, darunter auch der Einsatz von chemischen Waffen; Massaker und Vergewaltigungen als Kriegstaktik; Einsatz von Kindersoldaten sowie übermäßige Einschränkungen der Bewegungs-, Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit, inklusive Zensur. Die Regierung überwacht die Kommunikation im Internet, inklusive E-Mails, greift in Internet- und Telefondienste ein und blockiert diese. Die Regierung setzt ausgereifte Technologien und Hunderte von Computerspezialisten für Überwachungszwecke ein (USDOS 13.3.2019).

Orte, die im Laufe der vergangenen Jahre wieder unter die Kontrolle der Regierung gelangt sind, erlebten organisierte und systematische Plünderungen durch die bewaffneten Einheiten der Regierung (SHRC 24.1.2019). Berichten zufolge sind Personen in Gebieten, die erst vor kurzer Zeit durch die Regierung wiedererobert wurden, aus Angst vor Repressalien oft zurückhaltend über die Situation in diesen Gebieten zu berichten (USDOS 13.3.2019).

Bewaffnete terroristische Gruppierungen, wie die mit al-Qaida in Verbindung stehende Gruppe Hay‘at Tahrir al-Sham (HTS), sind für weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen wie Massaker, Beschuss, Entführung, unrechtmäßige Inhaftierung, Folter, Tötung und Zwangsvertreibung auf Basis der Konfession Betroffener, verantwortlich. Der sogenannte Islamische Staat (IS) agiert(e) mit Brutalität gegenüber Bewohnern des von ihm kontrollierten Territoriums. Ihm werden u.a. vorgeworfen: außergerichtliche Hinrichtungen und Verhaftungen, Haft unter unmenschlichen Bedingungen, Folter, Verschwindenlassen und Anwendung von Körperstrafen. Frauen erleb(t)en in vom IS gehaltenen Gebieten willkürliche und schwere Bestrafungen, inklusive Hinrichtung durch Steinigung (USDOS 13.3.2019). Sexuelle Versklavung und Zwangsverheiratung sind zentrale Elemente der Ideologie des IS. Mädchen und Frauen wurden zur Heirat mit Kämpfern gezwungen. Frauen und Mädchen, die Minderheiten angehören, wurden sexuell versklavt, zwangsverheiratet und anderen Formen sexueller Gewalt ausgesetzt (USDOS 20.6.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Im Bezug auf Kampfhandlungen wird dem IS der Einsatz von Kindersoldaten sowie von Zivilisten als menschliche Schutzschilde vorgeworfen. Außerhalb der (ehemals) kontrollierten Gebiete verübte der IS Entführungen und Anschläge (USDOS 13.3.2019).

Auch die oppositionellen bewaffneten Gruppen der Syrian Democratic Forces (SDF) werden für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht, darunter die kurdischen Volksverteidigungskräfte (YPG). Es gibt Berichte über Verschwindenlassen von Gegnern der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und deren Familien, unrechtmäßige Verhaftungen, Folter von politischen Gegnern, sowie vereinzelte Berichte über Festnahmen von Journalisten, Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsparteien und Personen, die sich weigerten mit den kurdischen Gruppen zu kooperieren (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 10.9.2018). Familienmitglieder von gesuchten Aktivisten, darunter auch Verwandte von Mitgliedern des IS, sollen von den SDF in den von ihnen kontrollierten Gebieten gefangen genommen worden sein, um Informationen zu erhalten oder um Druck auszuüben. Weiters gibt es Berichte über vermehrte Verhaftungen von Männern für versuchte Wehrdienstverweigerung und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in den befreiten Gebieten (USDOS 13.3.2019).

Berichten zufolge kam es 2017 auch zur Vertreibung von arabischen Bewohnern aus Gegenden, die durch kurdische Einheiten vom IS befreit worden waren (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 13.11.2018).

Die YPG gehört seit 2014 zu den vom VN-Generalsekretär gelisteten Konfliktparteien, die Kindersoldaten einsetzen und Kinderrechte verletzen (AA 13.11.2018). Nach Berichten zu Rekrutierungen von Kindern, auch unter Zwang, durch die SDF, verabschiedeten diese ein Verbot der Rekrutierung und Verwendung von Personen unter 18 Jahren zum Kampf. Verboten sind, unter Androhung von Strafen für die Befehlshaber, auch Hilfsdienste wie Ausspähen, Wach- und Versorgungsdienste. Die kurdischen Gruppen erklärten ihre volle Unterstützung der Anordnung. Im Dezember 2018 wurden 56 Unter-18-Jährige ihren Eltern übergeben (USDOS 13.3.2019).

Die menschenrechtliche Situation in den kurdisch kontrollierten Gebieten stellt sich insgesamt deutlich weniger gravierend dar, als in den Gebieten, die sich unter Kontrolle des syrischen Regimes oder islamistischer bis jihadistischer Gruppen befinden (AA 13.11.2018).

Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als „regierungsfreundlich“ oder „regierungsfeindlich“ gilt (UNHCR 11.2015).

Todesstrafe

Die syrische Strafgesetzgebung sieht für Mord, schwere Drogendelikte, Terrorismus, Hochverrat, und weitere Delikte die Todesstrafe vor. Vor allem die durch das Regime betriebene unterschiedslose Diffamierung von politischen Gegnern, bewaffneten Rebellen und selbst den syrischen „Weißhelmen“ als „Terroristen“, oder die sehr weite Fassung des Begriffs Hochverrat, ermöglicht den Missbrauch der Todesstrafe zu politischen Zwecken. Verurteilungen wegen Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft, worauf ebenfalls die Todesstrafe steht, werden seit einigen Jahren in der Regel in zwölfjährige Freiheitsstrafen umgewandelt. Im Jahr 2010 wurden siebzehn Hinrichtungen bekannt. Seit Beginn des bewaffneten Konflikts liegen jedoch keine offiziellen Zahlen mehr vor. Im Rahmen der Kampfhandlungen seit 2011 kam es zu einer Vielzahl von außergerichtlichen Tötungen und Hinrichtungen, über die keine belastbaren Zahlen vorliegen. Nach Aussagen von freigelassenen Häftlingen gegenüber Amnesty International finden regelmäßig Exekutionen in Gefängnissen statt (AA 13.11.2018). Zwischen 2011 und 2015 wurden etwa 13.000 Gefangene, überwiegend Zivilpersonen, die als Regierungskritiker angesehen wurden, Opfer massenhafter außergerichtlicher Hinrichtungen. Die Gerichtsverfahren vor einem militärischen Feldgericht hätten die internationalen Mindeststandards für faire Gerichtsverfahren bei weitem nicht erfüllt (AI 22.2.2018). Im Verlauf des Jahres 2018 wurde eine steigende Zahl von Todesurteilen, unter anderem vor Feldgerichten in Damaskus ausgesprochen, um die Zahl der politischen Gegner zu verringern (TWP 23.12.2018). Die Unabhängige Untersuchungskommission der Vereinten Nationen (VN) für Syrien berichtete ebenfalls von außergerichtlichen Hinrichtungen in Gebieten unter Regierungskontrolle. Menschenrechtsorganisationen berichteten von summarischen Hinrichtungen mutmaßlicher Deserteure. Im Laufe des bewaffneten Konflikts kam es ebenfalls zu Hinrichtungen von gefangengenommenen Angehörigen der syrischen Sicherheitskräfte durch zumeist radikalislamische bewaffnete Oppositionsgruppen (AA 13.11.2018). Der sogenannte Islamische Staat (IS) exekutiert Personen, die sich nicht an seine strengen islamischen Regeln halten (USDOS 13.3.2019).

Religionsfreiheit

In Syrien gibt es keine offizielle Staatsreligion, wobei die Verfassung jedoch vorsieht, dass der syrische Präsident Muslim sein muss, und dass die islamische Rechtsprechung eine Hauptquelle des Gesetzes darstellt. In Angelegenheiten des Personenstandsrechtes fallen alle Bürger unter die Gesetzgebung ihrer jeweiligen religiösen Gruppe (Christentum, Islam oder Judentum). Zur Klärung von Fragen des Familienstandes verlangt die Regierung daher von ihren Bürgern, ihre Glaubenszugehörigkeit zu einer dieser drei Religionen registrieren zu lassen. Die Religionszugehörigkeit, abgesehen von der jüdischen Religionszugehörigkeit, wird nicht im Pass und auf der Identitätskarte vermerkt, sondern auf der Geburtsurkunde und auf Dokumenten, die zur Eheschließung und für Pilgerreisen notwendig sind (USDOS 21.6.2019). Es ist nicht möglich, „keine Religion“ zu registrieren (Eijk 2013). Das Gesetz schränkt Missionierung und Konversionen ein. Es verbietet die Konversion vom Islam zu anderen Religionen, erkennt die Konversion zum Islam jedoch an. Das Strafgesetz verbietet „das Verursachen von Spannungen zwischen religiösen Gemeinschaften“ (USDOS 21.6.2019).

Ein neues Gesetz vom Oktober 2018 verleiht dem syrischen Ministerium für Religiöse Stiftungen („Ministry of Awqaf“) zusätzliche Befugnisse. So beinhaltet das Gesetz die Einrichtung eines „Rechtswissenschaftlichen und Gelehrten Rates“ mit der Entscheidungshoheit über die Definition, welche Inhalte im religiösen Diskurs angemessen sind. Der Minister wird mit der Kompetenz ausgestattet religiöse Persönlichkeiten zu bestrafen, wenn diese „extremistische“ oder auch „abweichende“ religiöse Lehre verbreiten, indem ihnen ihre Lizenz entzogen oder gegen sie ein Gerichtsverfahren eingeleitet wird (CEIP 14.11.2018).

Der Rat soll außerdem jede Fatwa, die in Syrien veröffentlicht wird, überwachen, um die Verbreitung wahhabitischen oder mit der Muslimbruderschaft in Verbindung stehenden Gedankenguts zu verhindern. Das Gesetz beinhaltet außerdem die Einrichtung eines Zentralrats mit der Befugnis in allen Gemeinde- und Verwaltungszentren des Landes Außenstellen zu eröffnen, um religiöse Rituale und Feiern zu beaufsichtigen und die Umsetzung der Pläne des Ministeriums zu beurteilen (CEIP 14.11.2018). Einem syrischen Anwalt zufolge kann der Minister durch diese Gesetzesänderung auch in Bereichen, die nicht direkt mit der Verwaltung dieses Ministeriums in Zusammenhang stehen, Einfluss ausüben, so z.B. auf religiöse Literatur (France24 14.10.2018).

Das syrische Eherecht kennt das Ehehindernis der Religionsverschiedenheit. So ist die Ehe einer muslimischen Frau mit einem nichtmuslimischen Mann nichtig (MPG 2018). Sie wäre laut Gesetz nicht-existent, selbst wenn sie bereits vollzogen wurde (Eijk 2013). Nach dem Konsens der islamischen Juristen ist eine Ehe zwischen einem Muslim und einer nichtmuslimischen Frau wirksam, sofern die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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