TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/26 94/12/0017

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Veröffentlicht am 26.02.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/02 Bundeslehrer;

Norm

AVG §1;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §8;
BLVG 1965 §8 Abs2 idF 1992/873;
BLVG 1965 §8 Abs2 Z3 idF 1992/873;
BLVG 1965 §8 Abs2;
BLVG 1965 §8 idF 1992/873;
BLVGNov 1992;
JN §1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/12/0037

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Mag. M in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G,

Spruch

gegen den 1. Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 11. November 1993, Zl. 178.068/13-III/15/93, betreffend Lehrpflichtermäßigung (erstes Semester des Schuljahres 1993/94) und

2. Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 24. November 1993, Zl. 178.068/14-III/15/93, betreffend Lehrpflichtermäßigung (zweites Semester des Schuljahres 1993/94 und erstes Semester des Schuljahres 1994/95) - jeweils gestützt auf § 8 Abs. 2 Z. 3 BLVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 873/1992,

zu Recht erkannt:

Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, der zweitangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 25.540,-- (jeweils S 12.770,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Lehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist am Bundesgymnasium XY tätig.

Im Hinblick auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer und Obmann des Vereins "Kulturvermittlung Steiermark - Kunstpädagogisches Institut Graz" (im folgenden Verein) war ihm in den Jahren 1988 bis 1992 eine Lehrpflichtermäßigung nach dem Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz (BLVG) gewährt worden.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1992 ersuchte der Beschwerdeführer neuerlich um Verlängerung der Lehrpflichtermäßigung gegen Refundierung der Vertretungskosten auf zwei Wochenstunden für den Zeitraum vom 17. Februar 1993 bis 17. Februar 1994. Dem war eine von Funktionären des Vereins gezeichnete Erklärung angeschlossen, wonach der Verein - wie in den vorangegangenen Jahren - die Vertretungskosten, die sich aus der im öffentlichen Interesse gelegenen Lehrpflichtermäßigung für den Beschwerdeführer ergäben, übernehme.

Mit Bescheid vom 5. November 1992 gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Tätigkeit im Rahmen des obgenannten Vereins für die Dauer des zweiten Semesters des Schuljahres 1992/93 und des ersten Semesters des Schuljahres 1993/94 gemäß § 8 Abs. 2 und 3 BLVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 873/1992 (im folgenden BLVG aF) eine Lehrpflichtermäßigung auf 2,10 Werteinheiten der Lehrverpflichtung gegen anteilige Minderung seiner Bezüge, höchstens bis zum Ausmaß der Vertretungskosten. Im Hinblick darauf, daß der entsprechende Betrag "an den Personalaufwand" des Bundes entrichtet werde, ergebe sich jedoch tatsächlich keine Minderung der Bezüge.

Durch Art. VIII des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 873/1992, wurde § 8 BLVG (im folgenden BLVG nF) neu geregelt; die Neuregelung trat mit 1. September 1993 in Kraft.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 11. November 1993 änderte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 5. November 1992 dahingehend ab, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer des ersten Semesters des Schuljahres 1993/94 gemäß § 8 Abs. 2 Z. 3 sowie Abs. 7 Z. 1 und 2 BLVG nF eine Lehrpflichtermäßigung auf 2,10 Werteinheiten der Lehrverpflichtung gewährt werde. Nach Wiedergabe der zitierten Rechtsvorschrift führte sie in der Begründung des erstangefochtenen Bescheides an, im Hinblick auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers seien die Bestimmungen des § 8 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. maßgebend. Es sei daher im Hinblick auf die ab 1. September 1993 geänderte Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Gegen den erstangefochtenen Bescheid richtet sich die unter Zl. 94/12/0017 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Bereits vor Erlassung des erstangefochtenen Bescheides ersuchte der Beschwerdeführer neuerlich um Verlängerung seiner Lehrpflichtermäßigung gegen Refundierung der Vertretungskosten (§ 8 Abs. 2 und 3 BLVG idgF) für das zweite Semester im Schuljahr 1993/94 und das erste Semester im Schuljahr 1994/95 wegen seiner obgenannten Vereinstätigkeit. Auch diesem Antrag war eine von Funktionären des Vereins gezeichnete Erklärung angeschlossen, wonach der Verein - wie in den vorangegangenen Jahren - die Vertretungskosten, die sich aus der im öffentlichen Interesse gelegenen Lehrpflichtermäßigung für den Beschwerdeführer ergäben, übernehme.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 24. November 1993 gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 Z. 3 sowie Abs. 7 Z. 1 und 2 BLVG nF für den beantragten Zeitraum die Lehrpflichtermäßigung auf 2,10 Werteinheiten der Lehrverpflichtung unter anteiliger Minderung seiner Bezüge. Die Begründung stimmt mit der im erstangefochtenen Bescheid gewählten oben wiedergegebenen Begründung im wesentlichen überein.

Gegen den zweitangefochtenen Bescheid richtet sich die unter Zl. 94/12/0037 protokollierte Beschwerde, in der gleichfalls Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte zu beiden angefochtenen Bescheiden jeweils die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihren Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof, der die beiden Beschwerdefälle wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbunden hat, hat erwogen:

§ 8 Abs. 2 und 3 BLVG, BGBl. Nr. 244/1965 in der Fassung VOR der Novelle BGBl. Nr. 873/1992 (Kurzbezeichnung BLVG aF), lautete:

"(2) Die Lehrverpflichtung kann auf Ansuchen des Lehrers herabgesetzt werden (Lehrpflichtermäßigung). Eine Lehrpflichtermäßigung ist nur im öffentlichen Interesse - sofern dies unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Unterrichtes möglich ist - oder aus gesundheitlichen Gründen, die in der Person des Lehrers liegen, zulässig; im letzteren Falle darf die Ermäßigung nicht mehr als die Hälfte des Ausmaßes der Lehrverpflichtung betragen.

(3) Eine im öffentlichen Interesse gewährte Lehrpflichtermäßigung ist mit einer anteiligen Minderung der Bezüge höchstens bis zum Ausmaß der Vertretungskosten zu verbinden, wenn und soweit der Lehrer aus der Tätigkeit, die zur Lehrpflichtermäßigung Anlaß gab, Einkünfte bezieht; hievon kann vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen nur aus wichtigen öffentlichen Interessen abgegangen werden. Das Ausmaß der Vertretungskosten ist nach dem Entgelt eines Vertragslehrers der der Verwendungsgruppe des vertretenen Lehrers entsprechenden Entlohnungsgruppe des Entlohnungsschemas II L zu berechnen."

Die Lehrpflichtermäßigung erfuhr durch Art. VIII Z. 1 der Novelle BGBl. Nr. 873/1992 (im folgenden BLVG nF) eine völlige Neuregelung.

§ 8 Abs. 2 bis Abs. 7 BLVG nF lauten:

"(2) Die Lehrverpflichtung kann auf Ansuchen des Lehrers herabgesetzt werden (Lehrpflichtermäßigung). Eine Lehrpflichtermäßigung ist nur zulässig:

1.

aus gesundheitlichen Gründen, die in der Person des Lehrers liegen, oder

2.

im öffentlichen Interesse zur Ausübung von Tätigkeiten auf dem Unterrichtsgebiet des Lehrers, die pädagogische Praxis voraussetzen und mit der Gewinnung von Erfahrungen verbunden sind, die eine positive Rückwirkung auf die konkrete Unterrichtsarbeit des Lehrers erwarten lassen, oder

3.

zur Ausübung anderer der Aufgabe der österreichischen Schule gemäßen Tätigkeiten auf kulturellem, sozialem, religiösem, sportlichem oder wissenschaftlichem Gebiet, wenn dem Bund von der Einrichtung, für die der Lehrer tätig wird, Ersatz nach Abs. 7 geleistet wird.

(3) Eine Lehrpflichtermäßigung nach Abs. 2 Z. 2 oder 3 darf nur dann eingeräumt werden, wenn

1.

dies unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Unterrichtes möglich ist und

2.

die Ausübung der Tätigkeit, für die die Lehrpflichtermäßigung beantragt ist, nicht neben den lehramtlichen Pflichten ausgeübt werden kann.

(4) Das Ausmaß der Lehrpflichtermäßigung beträgt in den Fällen des Abs. 2 Z. 1 50 %. Lehrpflichtermäßigungen gemäß Abs. 2 Z. 2 und 3 dürfen nur bis zu jenem Ausmaß gewährt werden, das sicherstellt, daß mit der verbleibenden Unterrichtsverpflichtung eine dauernde Unterrichtserteilung in zumindest einem Unterrichtsgegenstand erfolgt.

(5) Lehrpflichtermäßigungen nach Abs. 2 Z. 2 sind nur im Gesamtausmaß von höchstens fünf Jahren, Lehrpflichtermäßigungen nach Abs. 2 Z. 3 nur im Gesamtausmaß von höchstens zehn Jahren zulässig. Lehrpflichtermäßigungen nach Abs. 2 Z. 2 und nach Abs. 2 Z. 3 dürfen zusammen ein Gesamtausmaß von zehn Jahren nicht übersteigen.

(6) Eine Lehrpflichtermäßigung nach Abs. 2 Z. 2 hat eine anteilige Minderung der Bezüge zur Folge. Davon kann der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen aus wichtigen öffentlichen Interessen abgehen. Die anteilige Minderung der Bezüge tritt nicht ein, wenn dem Bund die dem Ausmaß der Lehrpflichtermäßigung entsprechenden anteiligen Bezüge ersetzt werden.

(7) Der Ersatz gemäß Abs. 2 Z. 3 hat zu umfassen:

1.

den dem Ausmaß der Lehrpflichtermäßigung entsprechenden Aktivitätsaufwand für den Lehrer und

2.

einen Zuschlag im Ausmaß von 50 % der dem Ausmaß der Lehrpflichtermäßigung entsprechenden Bezüge, von denen der Lehrer einen Pensionsbeitrag gemäß § 22 des Gehaltsgesetzes 1956 oder gemäß § 3 des Nebengebührenzulagengesetzes, BGBl. Nr. 485/1971, zu leisten hat."

Gemäß § 14 Abs. 5 Z. 2 BLVG nF tritt unter anderem § 8 in der neuen Fassung mit 1. September 1993 in Kraft.

Zum erstangefochtenen Bescheid:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, daß ein ihn begünstigender rechtskräftiger Bescheid ohne Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nicht abgeändert werden dürfe und in seinem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG (Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides, aus dem niemand ein Recht erwachsen ist) sei ausgeschlossen, da er nämlich durch den Bescheid vom 5. November 1992 das Recht erworben habe, gemäß § 8 Abs. 2 und 3 BLVG aF im Hinblick auf seine im öffentlichen Interesse gelegene Tätigkeit von seiner Lehrpflicht teilweise befreit zu sein. Andererseits habe der Verein, für den er tätig sei, aus diesem Bescheid das Recht erlangt, nicht einen erhöhten Vertretungskostenersatz nach der neuen Rechtslage bezahlen zu müssen. Da auch die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 68 Abs. 3 AVG nicht vorlägen, sei eine Abänderung des rechtskräftigen Bescheides vom 5. November 1992 durch den angefochtenen Bescheid rechtswidrig.

Schon mit diesem Beschwerdevorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde unter der Geltung der alten Rechtslage mit ihrem rechtskräftigen Bescheid vom 5. November 1992 unter anderem auch für einen Zeitraum (nämlich bezüglich des ersten Semesters des Schuljahres 1993/94) eine Lehrpflichtermäßigung gewährt, die jedenfalls in zeitlicher Hinsicht von der später erlassenen, am 1. September 1993 in Kraft getretenen Novelle des § 8 BLVG erfaßt ist. Vorab ist daher zu klären, ob allein die Änderung der Rechtslage die belangte Behörde berechtigt und verpflichtet hat, in diesem Umfang neuerlich über die Lehrpflichtermäßigung des Beschwerdeführers zu entscheiden, dh der Bescheid vom 12. Oktober 1992 (in diesem Umfang) seiner Rechtskraftwirkung entkleidet wurde (so die Auffassung der belangten Behörde).

Dies ist aus nachstehenden Gründen zu verneinen: Eine diesbezügliche, die Konstellation des Beschwerdefalles betreffende "Übergangsbestimmung" enthält die Novelle BGBl. Nr. 873/1992 nicht. § 14 Abs. 5 Z. 2 BLVG nF bestimmt insofern nur, daß unter anderem § 8 leg. cit. mit 1. September 1993 in Kraft tritt. Das Inkrafttreten schließt aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (jedenfalls nicht zweifelsfrei) die Berechtigung und Verpflichtung der Dienstbehörde zur neuerlichen Prüfung der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 5. November 1992 bereits für den dort angeführten gesamten Zeitraum gewährten Lehrpflichtermäßigung ein. Dies hätte der Gesetzgeber vielmehr (etwa durch eine Übergangsbestimmung dieses Inhaltes oder durch die Normierung eines Wegfalles bereits erteilter Bewilligungen) ausdrücklich anordnen müssen (vgl. bei einer ähnlichen Rechtslage zu diesem Problem das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0128).

Es bleibt aber im Beschwerdefall noch zu prüfen, ob der erstangefochtene Bescheid - ungeachtet des Umstandes, daß dem Beschwerdeführer damit neuerlich für das erste Semester des Schuljahres 1993/94 die Lehrpflichtermäßigung im beantragten Ausmaß (diesmal nach § 8 Abs. 2 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 BLVG nF gewährt wurde) - in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers, die ihm in diesem Umfang durch den Bescheid vom 5. November 1992 erwachsen ist, zu seinem Nachteil eingegriffen hat. Dies ist entgegen der in der Gegenschrift von der belangten Behörde geäußerten Auffassung zu bejahen.

Zwar trifft es zu, daß im hoheitlichen (dienstrechtlichen) Verfahren betreffend die Lehrpflichtermäßigung nach § 8 Abs. 2 BLVG aF oder nF nur dem Lehrer Parteistellung zukommt, nicht aber der Einrichtung, die sich dem Bund gegenüber zur Zahlung der (je nach Rechtslage unterschiedlich hohen) Ersatz/Vertretungskosten dieses Lehrers verpflichtet (was nach der alten Rechtslage nicht ausgeschlossen war und im Beschwerdefall - siehe dazu den Abspruch im Bescheid vom 5. November 1992 über den Entfall der Minderung - auch zutraf). Nur der Lehrer, nicht aber auch die kostenersatzpflichtige Einrichtung konnte (kann) daher aus einem (dienstrechtlichen) Bescheid, mit dem dem Lehrer eine Lehrpflichtermäßigung über seinen Antrag gewährt wurde (wird), (jedenfalls bei gesetzeskonformer Vorgangsweise) subjektive Rechte erwerben. Anderes ergibt sich in dieser Beziehung auch nicht aus dem rechtskräftigen Bescheid vom 5. November 1992.

Mangels einer gesetzlichen Regelung, die eine hoheitliche Gestaltung der Rechtsbeziehung zwischen dem Bund und dem den Ersatz übernehmenden Dritten vorsieht, unterliegt dieses "Refinanzierungsverhältnis" dem Privatrecht; auch § 8 Abs.7 BLVG nF regelt lediglich die Höhe des zu leistenden Ersatzes, nicht aber die Rechtsform der Begründung einer derartigen Verpflichtung.

Beide Rechtsverhältnisse (Lehrpflichtermäßigung als Angelegenheit des Dienstverhältnisses zwischen dem Bund und dem Lehrer einerseits, Refinanzierungsverhältnis zwischen dem Bund und einem Dritten andererseits) sind streng auseinanderzuhalten. Nur dort, wo das Gesetz eine Verknüpfung herstellt, ist diese zu beachten.

Weder aus § 8 Abs. 2 BLVG aF noch aus dem rechtskräftigen Bescheid vom 5. November 1992 ergibt sich ein subjektives Recht des Beschwerdeführers, daß der Verein im Refinanzierungsverhältnis nur die (nach der angewandten alten Rechtslage niedrigeren) Ersatzkosten zu leisten hat. Darauf kann sich daher der Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer Gegenschrift hervorgehoben hat - nicht berufen.

Aus dem Bescheid vom 5. November 1992 hat der Beschwerdeführer aber das Recht erworben, daß im Falle des Wegfalles der Refinanzierung durch den Verein lediglich die Minderung der Bezüge (bei Aufrechterhaltung der Lehrpflichtermäßigung) eintreten kann, während dies beim erstangefochtenen Bescheid, der auf die neue Rechtslage gestützt ist, zur Aufhebung der Lehrpflichtermäßigung zu führen hat.

Letzteres ergibt sich auf Grund folgender Überlegungen:

Zwar enthält § 8 BLVG nF keine ausdrückliche Regelung, welche Auswirkungen der vorzeitige Wegfall der privatrechtlich begründeten Ersatzpflicht des Dritten oder eine Leistungsstörung in diesem "Refinanzierungsverhältnis" auf die dem Lehrer rechtskräftig erteilte Lehrpflichtermäßigung hat. Da das BLVG bei der Lehrpflichtermäßigung nach seinem § 8 Abs. 2 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 (nF) erkennbar auf den vollen Ersatz der anteiligen Bezüge einschließlich des Pensionsaufwandes abstellt, folgt daraus nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Dienstbehörde - jedenfalls bei vorzeitigem Wegfall der Ersatzpflicht des Dritten, aber auch bei einer nicht bloß vorübergehenden Leistungsstörung, bei der die Leistung des Vollersatzes ernsthaft gefährdet erscheint (wie z.B. bei Konkurs, Ausgleich oder massiven Zahlungsschwierigkeiten des Dritten) - berechtigt und nach Maßgabe der organisatorischen Möglichkeiten auch verpflichtet ist, die nach § 8 Abs. 2 Z. 3 BLVG nF gewährte Lehrpflichtermäßigung aufzuheben. Die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzung "Ersatzpflicht" nach § 8 Abs. 2 Z. 3 BLVG nF erschöpft sich auch nach ihrem Wortlaut nicht darin, daß sie im Zeitpunkt der Bewilligung der Lehrpflichtermäßigung rechtsverbindlich begründet sein muß: Auch ihre Erfüllung während der Dauer der Lehrpflichtermäßigung ist relevant. Mit anderen Worten: Die Anführung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nicht nur für das "Ob", sondern auch für das "Wie lange" der erteilten Lehrpflichtermäßigung rechtserheblich.

Aus den oben angeführten Gründen (keine Anwendbarkeit der Novelle BGBl. Nr. 873/1992 und Eingriff in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers, die ihm durch den rechtskräftigen Bescheid vom 5. November 1992 verschafft wurde) hat die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Zum zweitangefochtenen Bescheid:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den zweitangefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens und in seinem Recht, auf Grund der gegebenen Sachlage gemäß § 8 Abs. 2 Z. 2 BLVG nF und nicht gemäß Z. 3 leg. cit. eine Lehrpflichtermäßigung zu erhalten, verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt er vor, die belangte Behörde habe kein Ermittlungsverfahren zur Klärung der Frage durchgeführt, ob im Beschwerdefall Z. 2 oder Z. 3 des § 8 Abs. 2 BLVG nF anzuwenden sei. Es sei nicht von vornherein auszuschließen, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers im genannten Verein die Voraussetzungen nach Z. 2 erfülle. Tatsächlich liege seine Tätigkeit beim Verein unter anderem in der Betreuung und Weitergabe von bestehenden Wanderausstellungsprojekten in Schulen, Jugendzentren, öffentlichen Gebäuden usw. Weiters würden Projekte wie "Sport - Körper - Kunst", "Mensch - Natur - Landschaft", "Wortbilder gegen Krieg" und Beratungstätigkeiten für Schulen sowie die Fortführung der Betreuung des Projekts "KultRent" und weitere Tätigkeiten durchgeführt. Es liege auf der Hand, daß die im Zuge dieser Tätigkeiten vom Beschwerdeführer gewonnenen Erfahrungen einerseits direkt Schulen und andererseits dem Beschwerdeführer auf pädagogischem Gebiet selbst zugute komme und daher die Voraussetzungen für die Subsumtion unter § 8 Abs. 2 Z. 2 BLVG nF gegeben sei. Der Beschwerdeführer habe diese Umstände nicht der belangten Behörde darlegen können. Mit ihrer fehlerhaften Subsumtion habe er nicht rechnen können. Für den Verein bedeute die Unterstellung unter § 8 Abs. 2 Z. 3 BLVG nF eine Verdreifachung der zu ersetzenden Vertretungskosten. Da der Verein dazu nicht in der Lage sei, müsse der Beschwerdeführer seine Tätigkeit dort einstellen. Da bereits aus seinem Antrag klar erkennbar gewesen sei, daß eine Lehrpflichtermäßigung nach § 8 Abs. 2 Z. 2 BLVG nF zu erteilen gewesen wäre, sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig.

Auch mit diesem Beschwerdevorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Zwar geht der Vorwurf der inhaltlichen Rechtswidrigkeit schon deshalb ins Leere, weil der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Oktober 1993 keine Angaben zu seiner Vereinstätigkeit enthält.

Es trifft aber zu, daß die belangte Behörde (offenbar in Kenntnis der Tätigkeit des Beschwerdeführers auf Grund der bereits seit 1988 erteilten Lehrpflichtermäßigungen) kein weiteres Ermittlungsverfahren geführt und dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör gewährt hat. Die vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten waren bis zum Antrag vom 20. Oktober 1993 an § 8 Abs. 2 BLVG aF gemessen und (bei weiter Auslegung) als im öffentlichen Interesse im Sinne dieser Bestimmung gelegen angesehen worden. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Oktober 1993 war hingegen erstmals an der neuen Rechtsvorschrift zu messen, die im § 8 Abs. 2 Z. 2 und Z. 3 BLVG eine differenzierte Regelung mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen (vgl. z.B. § 8 Abs. 6 und 7, aber auch Abs. 5) getroffen hat. Wegen des Fehlens jeglicher Angabe, insbesondere über das Unterrichtsgebiet des Beschwerdeführers und die Art seiner Tätigkeit beim Verein, liegt eine wesentliche Mangelhaftigkeit der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides vor, wird doch der Beschwerdeführer dadurch nicht über die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen unterrichtet und an der Verfolgung seiner Rechte behindert und ist auch die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes durch den Verwaltungsgerichtshof unmöglich. Der Versuch der Nachholung der unterlassenen Begründung in der Gegenschrift kann diese dem zweitangefochtenen Bescheid anhaftende Mangelhaftigkeit nicht beheben. Auch kann aufgrund des Beschwerdevorbringens allein nicht von vornherein die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 Z. 2 BLVG nF mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

Der zweitangefochtene Bescheid erweist sich daher aus diesen Gründen als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für die entbehrliche Vorlage einer dritten Bescheidausfertigung in beiden Beschwerdefällen.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Verhältnis zu anderen Materien und Normen Zivilrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994120017.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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