TE Lvwg Erkenntnis 2021/7/27 LVwG-S-1298/001-2021

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Veröffentlicht am 27.07.2021
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Entscheidungsdatum

27.07.2021

Norm

Einstweilige Verfügungen Verwaltungsübertretungen 2013 §1 Abs1
EO §382
EO §382b
EO §382e
VStG 1991 §22
VStG 1991 §30 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Schnabl über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 04.05.2021, GZ. ***, betreffend Bestrafung nach dem Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), soweit sie sich gemäß Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt aufgehoben und bezogen auf diesen Spruchpunkt das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

2.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, insofern Folge gegeben, als die von der Behörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von jeweils 200,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 48 Stunden) auf den Betrag in der Höhe von jeweils 150,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Stunden) herabgesetzt wird.

3.   Der Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahren wird bezogen auf die Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit jeweils 15,-- Euro, insgesamt somit 30,-- Euro, neu festgesetzt.

4.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG die Strafbeträge von insgesamt 300,-- Euro zuzüglich der Kostenbeiträge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens von insgesamt 30,-- Euro, somit den Gesamtbetrag in der Höhe von 330,-- Euro, unter Berücksichtigung des angeschlossenen Beiblattes binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung einzubezahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 04.05.2021, GZ. ***, wurden dem Beschwerdeführer folgende Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt:

„Tatbeschreibung:

Punkt 1:

Am 11.03.2019 wurde vom Bezirksgericht ***, ***, eine einstweilige

Verfügung erlassen, wonach Ihnen im Punkt 2 gemäß § 382e Abs. 1 Z 2

Exekutionsordnung (EO) aufgetragen worden ist, das Zusammentreffen sowie die

persönliche Kontaktaufnahme – insbesondere durch Telefon, Brief und SMS – mit

den gefährdeten Parteien (Frau B und Frau C) zu vermeiden.

Am 01.08.2019 um 09:30 Uhr sind Sie beim D in ***,

***, Frau B begegnet und haben zu ihr „Hallo“

gesagt. Sie ist daraufhin sofort zu einer Angestellten in der Stoffabteilung

gegangen und versuchte Ihnen aus dem Weg zu gehen. Sie haben dann nochmals

mit ihr persönlichen Kontakt aufgenommen und gemeint: “Griaßen kenntast mi

scho“.

Punkt 2:

Am 11.03.2019 wurde vom Bezirksgericht ***, ***, eine einstweilige

Verfügung erlassen, wonach Ihnen im Punkt 1 gemäß § 382 Abs. 1 Z 1 EO der

Aufenthalt an nachfolgenden Orten und in unmittelbarer Umgebung im Umkreis von

50 Metern verboten worden ist, und zwar

a) im Haus in ***, ***

b) im Kindergarten in ***, ***, und

c) am BG/BRG *** in ***, ***

Am 11.08.2019 sind Sie von 08:17 bis 08:22 Uhr in der Bushaltestelle gegenüber

des Hauses in ***, *** gesessen, haben die

Zeitung gelesen und immer wieder zum Haus herübergeschaut.

Die Bushaltestelle befindet sich 43 Meter vom Grundstück entfernt (weitest

gemessene Distanz laut Google Maps). Sie haben somit den Schutzbereich von 50

Metern betreten.

Punkt 3:

Am 11.03.2019 wurde vom Bezirksgericht ***, ***, eine einstweilige

Verfügung erlassen, wonach Ihnen im Punkt 1 gemäß § 382 Abs. 1 Z 1 EO der

Aufenthalt an nachfolgenden Orten und in unmittelbarer Umgebung im Umkreis von

50 Metern verboten worden ist, und zwar

a) im Haus in ***, ***

b) im Kindergarten in ***, ***, und

c) am BG/BRG *** in ***, ***

Am 12.08.2019 sind Sie um 17:02 Uhr in der Bushaltestelle gegenüber des Hauses

in ***, *** gesessen. Dies wurde von den

einschreitenden Polizeibeamten wahrgenommen.

Die Bushaltestelle befindet sich 43 Meter vom Grundstück entfernt (weitest

gemessene Distanz laut Google Maps). Sie haben somit den Schutzbereich von 50

Metern betreten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu Punkt 1 bis 3:

§ 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige

Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die

Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden iVm § 382b EO iVm

Beschluss (Einstweilige Verfügung) des BG *** vom 11.03.2019, GZ: ***

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von        falls diese uneinbringlich ist,  Gemäß

                          Ersatzfreiheitsstrafen von

zu 1. € 200,00      48 Stunden                         § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit

                         dem Verstöße gegen bestimmte

                         einstweilige Verfügungen zum Schutz

                         vor Gewalt und zum Schutz vor

                         Eingriffen in die Privatsphäre zu

                         Verwaltungsübertretungen erklärt

                         werden

zu 2. € 200,00      48 Stunden                         § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit

                         dem Verstöße gegen bestimmte

                         einstweilige Verfügungen zum Schutz

                         vor Gewalt und zum Schutz vor

                         Eingriffen in die Privatsphäre zu

                         Verwaltungsübertretungen erklärt

                         werden

zu 3. € 200,00      48 Stunden                         § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit

                         dem Verstöße gegen bestimmte

                         einstweilige Verfügungen zum Schutz

                         vor Gewalt und zum Schutz vor

                         Eingriffen in die Privatsphäre zu

                         Verwaltungsübertretungen erklärt

                         werden

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                  € 60,00

Gesamtbetrag:                                                                           € 660,00“

Begründend führte dazu die Bezirkshauptmannschaft Tulln zusammengefasst aus, dass sich das Straferkenntnis auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, welches aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 12.08.2019 durchgeführt worden wäre, gründe.

Hinsichtlich des Punktes 1 und 2 habe der Beschwerdeführer ein Geständnis abgelegt. Hinsichtlich des Punktes 3 könne sich der Beschwerdeführer zum Tatvorwurf nicht mehr erinnern, der Beschwerdeführer habe jedoch auch diesen Tatvorwurf noch gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten zugestanden. Hinsichtlich der gerichtlichen Mahnung vom 21.08.2019 werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer eindringlich darauf hingewiesen worden sei, dass im Falle einer weiteren Missachtung des Verbots der Kontaktaufnahme mit Frau B während der Probezeit die bedingte Nachsicht der Strafe laut Urteil des Landesgerichtes *** vom 07.06.2019 widerrufen werde.

Mit Entscheidung des Oberlandesgerichtes *** vom 14.01.2021 sei der Beschwerdeführer für den Tatzeitraum 01.08.2019 bis 04.10.2019 hinsichtlich des Tatbestandes nach den §§ 15, 107a Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und 2 StGB gemäß

§ 259 Z 3 StPO freigesprochen worden, da der Vorsatz zur beharrlichen Verfolgung nicht mit hinreichender Sicherheit erwiesen worden sei.

Die Bestimmung des § 22 Abs. 1 VStG normiere den Grundsatz der Subsidiarität des Verwaltungsstrafrechtes gegenüber dem gerichtlichen Strafrecht, was bedeute, dass der Tatbestandsmäßigkeit einer Verwaltungsübertretung zu verneinen sei, wenn durch die jeweilige Handlung ein gerichtlich strafbarer Tatbestand erfüllt werde. Der Beschwerdeführer sei zwar vom Vorwurf der beharrlichen Verfolgung mangels Vorsatzes freigesprochen worden, jedoch habe er die angeführten Verwaltungsübertretungen, nämlich die Missachtung der einstweiligen Verfügung, begangen, was nicht dem Doppelbestrafungsverbot widerspreche. Es sei ihm daher die Tat objektiv vorwerfbar.

Zudem sei dem Beschwerdeführer nicht der Entlastungsbeweis nach § 5 Abs. 1 VStG gelungen.

Im Rahmen der Strafbemessung wurde erwogen, dass von einem Einkommen von 2.500,-- Euro netto pro Monat ausgegangen werde. Mildernd seien keine Umstände zu werten gewesen, erschwerend sei hingegen zu berücksichtigen gewesen, dass drei einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen vorliegen würden. Der Beschwerdeführer habe innerhalb kurzer Zeit die gegenständliche einstweilige Verfügung dreimal missachtet. Unter Berücksichtigung auch der sonstigen Grundsätze des § 19 VStG sei die verhängte Geldstrafe angemessen, sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner persönlich erhobenen Beschwerde vom 01.06.2021 beantragte der Beschwerdeführer die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens und demnach eindeutig erkennbar auch die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

Begründend führte dazu der Beschwerdeführer aus, dass eine Stellungnahme zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.10.2019 entfallen sei, weil die gegenständlichen Sachverhalte strafrechtlich überprüft worden seien und es leider zu einem Verfahren gekommen sei. Diese vorgeworfenen Sachverhalte der §§ 107a Abs. 1, 107a Abs. 2 Z 1 und § 107a Abs. 2 Z 2 StGB hätten in einem rechtskräftigen Freispruch laut Urteil des OLG *** vom 14.04.2021 gemündet.

Aus den dargelegten Gründen ersuche deshalb der Beschwerdeführer um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 07.06.2021 legte die Bezirkshauptmannschaft Tulln dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Verwaltungsstrafakt zur GZ. *** mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor, dies mit den Mitteilungen, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein Gebrauch gemacht und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen seitens der Bezirkshauptmannschaft Tulln vorgelegten Verwaltungsstrafakt.

4.   Feststellungen:

Mit rechtkräftiger einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes *** vom 11.03.2019, GZ. ***, wurde gegenüber dem Beschwerdeführer auf die Dauer von 12 Monaten angeordnet,

1.   dass gemäß § 382e Abs. 1 Z 1 EO sein Aufenthalt an nachfolgenden Orten und in unmittelbarer Umgebung im Umkreis von 50 m verboten wird, und zwar

a)   im Haus in ***, ***

b)   im Kindergarten, in ***, ***, und

c)   am BG/BRG *** in ***, *** und

2.   dass gemäß § 382e Abs. 1 Z 2 EO das Zusammentreffen sowie die persönliche Kontaktaufnahme – insbesondere durch Telefon, Brief und SMS – mit Frau B und Frau C zu vermeiden ist.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 04.05.2021 wurde im Spruchprunkt 1. dieses Straferkenntnisses dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, dass er am 01.08.2019 um 09:30 Uhr beim D in ***, ***, Frau B begegnet und zu ihr „Hallo!“ gesagt habe, die daraufhin sofort zu einer Angestellten in die Stoffabteilung gegangen sei und versucht habe, ihm aus dem Weg zu gehen, woraufhin der Beschwerdeführer dann nochmals mit ihr persönlichen Kontakt aufgenommen und gemeint habe: „Griaßen kenntast mi scho“.

Dem Beschwerdeführer wurde aufgrund dessen ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt wurden, bestraft.

In den Spruchpunkten 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer dahingegen zur Last gelegt, am 11.08.2019 und am 12.08.2019 jeweils den Schutzbereich von 50 m im Sinne der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichtes *** laut deren Spruchpunkt 1. betreten zu haben und dadurch jeweils der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, verletzt zu haben.

Tatsächlich saß der Beschwerdeführer jeweils am 11.08.2019 von 08:17 Uhr bis 08:22 Uhr und am 12.08.2019 um 17:02 Uhr in der Bushaltestelle gegenüber des Hauses in ***, ***, welche sich weniger als 50 m von eben dem Haus in ***, ***, befindet.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes *** vom 14.01.2021, GZ. ***, ***, wurde der Beschwerdeführer von der unter anderem gegen ihn erhobenen Anklage freigesprochen, er habe in *** und anderen Orten im Zeitraum 01.08.2019 bis 04.10.2019, sohin eine längere Zeit hindurch, seine ehemalige Lebensgefährtin B in einer Weise, die geeignet war, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er trotz der vom Landesgericht *** am 07.06.2019 zur Zl. ***“ erteilten Weisung des Kontaktverbots und der vom Bezirksgericht *** am 11.03.2019 zur Zl. *** für die Dauer von zwölf Monaten erlassenen einstweiligen Verfügung des Kontaktverbots und Betretungsverbots für die Wohnadresse des Opfers samt einen Umkreis von 50 m ihrer räumlichen Nähe aufsuchte und im Wege einer Telekomunikation bzw. über Dritte Kontakt zu ihr herstellte und zwar eben unter anderem am 01.08.2019 bei einem zufälligen Aufeinandertreffen auf sie zuging, sie ansprach und ihr danach trotz ihres Ausweichversuchs noch nachging und sie nochmals ansprach und am 11.08.2019 und am 12.08.2019 in ***, indem er in einem Wartehäuschen in einer Bushaltestelle 30 m entfernt von Wohnhaus des Opfers saß, freigesprochen.

Die Gründe des Freispruches lagen darin, dass unter anderem auch diese Vorkommnisse allesamt leichtere Fälle einer Verfolgung darstellen und somit bei einer Gesamtbetrachtung der Tatbestand der beharrlichen Verfolgung nach § 107a StGB in objektiver Weise noch nicht erfüllt ist und im Übrigen auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte, dass dem Beschwerdeführer zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen war.

5.   Beweiswürdigung:

Sämtliche dieser Festlegungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt des von der Verwaltungsbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes und ist der Sachverhalt auch insgesamt im festgestellten Umfang unbestritten.

Im Konkreten ist der Inhalt der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichtes *** unstrittig und ergeben sich sämtliche Feststellung im Zusammenhang mit dem angefochtenen Straferkenntnis aus eben diesem.

Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes *** ergeben sich wiederum aus eben diesem. Daraus war auch zu entnehmen, dass tatsächlich der Beschwerdeführer an sich die Tathandlungen im Sinne des auch nun im angefochtenen Straferkenntnis dargelegten Umfang gesetzt hat und blieb eben dies vom Beschwerdeführer nicht nur im abgeschlossenen Strafverfahren, sondern auch im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere zuletzt in seiner Beschwerde unbestritten. Vom Beschwerdeführer wurde einzig eingewendet, dass eine nunmehrige verwaltungsstrafrechtliche Bestrafung dem Doppelbestrafungs- bzw. Doppelverfolgungsverbot widersprechen würde, worauf im Rahmen der rechtlichen Beurteilung einzugehen ist.

6.   Rechtslage:

Folgende gesetzliche Bestimmungen sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 382e Exekutionsordnung (EO):

„(1) Eine einstweilige Verfügung zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen kann längstens für sechs Monate angeordnet werden.

(2) Eine einstweilige Verfügung zum allgemeinen Schutz vor Gewalt oder zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre kann längstens für ein Jahr angeordnet werden. Gleiches gilt für eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung nach Zuwiderhandeln durch den Antragsgegner.

(3) Das Gericht kann zusätzlich die Dauer der einstweiligen Verfügung mit dem rechtskräftigen Abschluss des anhängigen oder eines binnen der angeordneten Dauer einzuleitenden Verfahrens in der Hauptsache festsetzen.

(4) Verfahren in der Hauptsache im Sinn des § 391 Abs. 2 sind bei einstweiligen Verfügungen nach § 382b und bei einer mit dieser gemeinsam erlassenen einstweiligen Verfügung nach § 382c Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe, Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse und Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung.“

§ 1 Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz für Eingriff in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden:

„(1) Wer einer in einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b, 382c Z 1, Z 2 erster Fall und Z 3 und § 382d Z 1, 3 und 8 des Gesetzes vom 27. Mai 1896 über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung – EO), RGBl. Nr. 79/1896, oder in einer nach § 420 EO angeordneten Vollstreckung einer ausländischen Schutzmaßnahme getroffenen Anordnung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 500 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

(2) Von der Verhängung einer Strafe ist abzusehen, wenn auf Grund des Verstoßes gegen eine Anordnung im Sinne des Abs. 1 vom Exekutionsgericht anlässlich der Bewilligung einer Exekution gemäß § 355 EO bereits eine Strafe verhängt wurde.“

§ 107a Strafgesetzbuch (StGB):

„(1) Wer eine Person widerrechtlich beharrlich verfolgt (Abs. 2), ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Beharrlich verfolgt eine Person, wer in einer Weise, die geeignet ist, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt

1. ihre räumliche Nähe aufsucht,

2. im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels oder über Dritte Kontakt zu ihr herstellt,

3. unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Waren oder Dienstleistungen für sie bestellt,

4. unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Dritte veranlasst, mit ihr Kontakt aufzunehmen oder

5. Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches dieser Person ohne deren Zustimmung veröffentlicht.

(3) Übersteigt der Tatzeitraum nach Abs. 1 ein Jahr oder hat die Tat den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch der im Sinn des Abs. 2 verfolgten Person zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“

§ 22 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG):

„(1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.“

§ 30 Abs. 1 VStG:

„(1) Liegen einem Beschuldigten von verschiedenen Behörden zu ahndende Verwaltungsübertretungen oder eine Verwaltungsübertretung und eine andere von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zu ahndende strafbare Handlung zur Last, so sind die strafbaren Handlungen unabhängig voneinander zu verfolgen, und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind.“

7.   Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zunächst, dass gegenüber dem Beschwerdeführer am 11.03.2019 eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes *** erlassen wurde, aufgrund derer für die Dauer von zwölf Monaten dem Beschwerdeführer einerseits das Zusammentreffen und die persönliche Kontaktaufnahme mit B und C gemäß § 382e Abs. 1 Z 2 EO untersagt wurde, andererseits dem Beschwerdeführer der Aufenthalt an näher bezeichneten Orten und in unmittelbarer Umgebung im Umkreis von 50 m dieser Orte gemäß § 382e Abs. 1 Z 1 EO verboten wurde.

Aus dem angefochtenen Straferkenntnis und aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass dem Beschwerdeführer im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt wurde, entgegen dieser einstweiligen Verfügung mit B am 01.08.2019 um 09:30 Uhr Kontakt aufgenommen zu haben.

Mit BGBl. I 2013/152 wurde das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriff in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt wurden, erlassen. Gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einer in einer einstweiligen Verfügung nach § 382e Abs. 1 Z 1 und Z 2 erster Fall EO getroffenen Anordnung zuwiderhandelt.

Als erster Fall im Sinne des § 382e Abs. 1 Z 2 EO ist das Zusammentreffen anzusehen, während die Kontaktaufnahme als dessen zweiter Fall einzustufen ist. Eindeutiger Wille des Gesetzgebers war es sohin, lediglich den ersten Fall des § 1 Abs. 1 Z 2 des angesprochenen Bundesgesetzes, nämlich den Verstoß gegen ein untersagtes Zusammentreffen mit der gefährdeten Person, unter Strafe zu stellen, nicht aber den zweiten Fall des § 1 Abs. 1 Z 2 des § 382e EO, sohin eine mit einstweiliger Verfügung untersagte Kontaktaufnahme. Daran hat auch die Novelle BGBl. I 2019/105 nichts geändert.

Zumal mit dem verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis in dessen Spruchpunkt 1. dem Beschwerdeführer sohin vorgeworfen wurde, gegen die einstweilige Verfügung dahingehend verstoßen zu haben, mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin zur Tatzeit Kontakt aufgenommen zu haben, stellt dies keine Verwaltungsübertretung dar, sodass diesbezüglich das Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen war, ohne auf das Beschwerdevorbingen in diesem Punkt eingehen zu müssen.

Mit den Spruchpunkten 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Beschwerdeführer jedoch ein Verstoß gegen die einstweilige Verfügung gemäß § 382e Abs. 1 Z 1 EO zur Last gelegt. Eine derartige Übertretung stellt sehr wohl eine Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriff in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, dar.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich dazu auch, dass der Beschwerdeführer auch grundsätzlich die ihm zur Last gelegte Tathandlung sowohl am 11.08.2019 als auch am 12.08.2019 begangen hat, was vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt wurde.

Es war demnach zu diesen Spruchpunkten auf die Rechtsfrage einzugehen, ob entsprechend des Beschwerdevorbringens von einem Doppelverfolgungs- bzw. Doppelbestrafungsverbot auszugehen wäre.

Dazu ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichtes *** vom 14.01.2021 von der wider ihn erhobenen Anklage freigesprochen wurde, unter anderem am 11.08.2019 und am 12.08.2019 Frau B beharrlich verfolgt und dadurch § 107a Abs. 1 und 2 Z 1 und 2 StGB zuwidergehandelt zu haben.

Die im Verfassungsrang stehende Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK ordnet an, dass niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der dieser bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden darf (Grundsatz „ne bis in idem“). Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des Art. 4 des Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK ergibt sich somit nicht nur ein Doppelbestrafungsverbot, sondern auch ein Doppelverfolgungsverbot; ein weiteres Verfahren ist diesfalls insgesamt unzulässig (vgl. EGMR vom 03.10.2002, Zigarella gegen Italien, Nr. 48154/99; EGMR vom 10.02.2009, Zolotukhin gegen Russland, Nr. 14939/03; VfGH 29.06.2001, G 108/01).

Die Vorschriften der §§ 22 und 30 VStG widersprechen nun grundsätzlich deswegen diesem Verbot der Doppelbestrafung und Doppelverfolgung gemäß Art. 4 Abs.1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK nicht, weil § 22 VStG lediglich die Strafbemessung im Sinne des Kumulationsprinzips regelt, wenn jemand mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, und weil § 30 Abs. 1 VStG für diesen Fall die verwaltungsstrafverfahrensrechtliche Regel aufstellt, dass die strafbaren Handlungen unabhängig voneinander zu verfolgen sind (VfSlg.14696/1996). Ob bei Zusammentreffen mehrerer Delikte diese insgesamt zu verfolgen sind oder die Bestrafung nach einem Straftatbestand bei Bestrafung nach einem anderen ausschließt, ist den gesetzlichen Regelungen der materiellen Strafbestimmungen zu entnehmen, nicht jedoch den Bestimmungen der §§ 22 und 30 Abs. 1 VStG. Diese setzen vielmehr die gesetzliche Anordnung miteinander konkurrierender und daher nebeneinander zu ahndender Straftatbestände schon voraus und ordnen als Konsequenz die kumulative Verfolgung sowie die kumulative Bestrafung dieser mehreren Straftaten an. Die verfassungsrechtliche Grenze, die Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK vorsieht, kann nur darin liegen, dass eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung dann unzulässig ist, wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war. Dieselbe strafbare Handlung liegt dann vor, wenn zwei Straftatbestände in ihren wesentlichen Elementen identisch sind (vgl. EGMR 29.05.2001, Franz Fischer gegen Österreich, Zl. 37950/97; VfGH 02.07.2009, B 595/08).

Bei der Beurteilung der Frage, ob dieselbe Sache in diesem Sinne vorliegt, ist allein auf die Fakten abzustellen, und hat die rechtliche Qualifikation derselben außer Betracht zu bleiben. Unzulässig ist eine neuerliche Strafverfolgung dann, wenn diese sich auf denselben oder zumindest im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht (VwGH 23.05.2013, 2012/09/0082). Eine Bindungswirkung wird dabei nur hinsichtlich jener Fakten anzunehmen sein, welche auch den Ausgangspunkt des vorangegangenen Strafverfahrens gebildet haben (VwGH 29.05.2015, 2012/02/0238; VwGH 16.12.2019, Fe 2019/02/0001).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nun zwar im konkreten Fall, dass der Beschwerdeführer mit dem angesprochenen Urteil des Oberlandesgerichtes *** vom 14.01.2021 rechtskräftig von dem gegen ihn von der Staatsanwaltschaft *** ursprünglich erhobenen Strafantrag vom 27.11.2019 freigesprochen wurde, diesbezüglich somit eine res iudicata vorliegt. Zu prüfen war jedoch nunmehr, auf welcher inhaltlicher Basis und aufgrund welcher Prüfungstiefe diese Entscheidung ergangen ist, zumal nach höchstgerichtlicher Judikatur eine Sperrwirkung nur hinsichtlich jener Fakten anzunehmen sein wird, die im Strafverfahren herangezogen und geprüft wurden. Es ist somit maßgeblich, dass die jeweilige Entscheidung einen mit einem Sachurteil vergleichbaren Inhalt besitzt und der Beschuldigte in ähnlicher Intensität verfolgt wurde (vgl. VwGH 29.05.2015, 2012/02/0238).

Mit dem dem angesprochenen Urteil des Oberlandesgerichtes *** zugrundeliegenden Strafantrag wurde dem Beschwerdeführer nun zwar auch zur Last gelegt, gegen die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes *** vom 11.03.2019 zuwidergehandelt zu haben, indem er (unter anderem) am 11.08.2019 und 12.08.2019 sich in einem Bereich innerhalb von 50 m des Wohnhauses der gefährdeten Person aufgehalten hat. In dem rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren wurde auch tatsächlich festgestellt, dass diesbezüglich der Tatvorwurf auch zurecht erhoben wurde. Eine Verurteilung des Beschwerdeführers entsprechend des Strafantrages nach § 107a StGB erfolgte ausschließlich deshalb nicht, da von keiner beharrlichen Verfolgung im Sinne eines wesentlichen Tatbestandselementes des § 107a StGB auszugehen war und im Übrigen ein Vorsatz des Beschwerdeführers nicht nachweisbar war. Der Freispruch in diesem Strafverfahren erfolgte jedoch eben nicht aus dem Grund, dass an sich ein der einstweiligen Verfügung widerrechtliches Handeln des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden konnte.

Wenngleich somit zwar im Hinblick auf die Rechtskraft des Urteiles von einer endgültigen Entscheidung im Sinne des Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK auszugehen ist, kommt diesem Urteil des Oberlandesgerichtes *** für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren insofern keine Sperrwirkung zu, als es die festgestellten Tathandlungen an sich betrifft. Die vom Strafgericht rechtskräftig festgestellte Tathandlung, welche auch im gegenständlichen Verfahren festzustellen war, erfüllt sämtliche Tatbestandselemente der hier mit dem angefochtenen Straferkenntnis in den Spruchpunkten 2. und 3. vorgeworfenen Verwaltungsübertretung, sodass diesbezüglich nicht von einem Doppelverfolgungsverbot auszugehen war.

Zumal der Beschwerdeführer auch nicht der Entlastungsbeweis gemäß § 5 Abs. 1 VStG gelungen ist, war zudem von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen und hat somit der Beschwerdeführer sowohl das objektive als auch das subjektive Tatbild der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erfüllt.

8.   Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Schutzzweck der gegenständlichen vom Beschwerdeführer verletzten Norm liegt darin, zu gewährleisten, dass einstweilige Verfügungen, deren Zweck darin liegt, gefährdete Personen zu schützen, zur Wahrung der Rechtssicherheit eingehalten werden. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und Intensität der Beeinträchtigung durch die Taten ist somit jeweils hoch.

Zu berücksichtigen ist weiters, dass dem Beschwerdeführer fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.

Strafmildernd ist entgegen der Begründung des angefochtene Straferkenntnisses der lange zurückliegende Tatzeitraum zu berücksichtigen. Weitere Strafmilderungsgründe liegen nicht vor und werden solche vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Strafmildernd ist insbesondere auch nicht zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer sich im Wesentlichen tatsachengeständig zeigte, zumal nach ständiger Rechtsprechung nicht einmal ein ausdrückliches Geständnis bei Anhaltung auf frischer Tat Bedeutung zukommt, zumal selbst ein bei Betretenwerden auf frischer Tat abgegebenes reines Tatsachengeständnis nicht als Milderungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB zu werten ist (VwGH 27.03.2015, Ra 2015/02/0009).

Straferschwerend sind die einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zu berücksichtigen.

In spezialpräventiver Hinsicht gilt es nunmehr, dem Beschwerdeführer vor Augen zu führen, dass gerichtliche Entscheidungen jeglicher Art zu befolgen und zu beachten sind. In generalpräventiver Hinsicht gilt es, die Allgemeinheit von der Begehung derartiger Straftaten abzuschrecken.

Den von der Bezirkshauptmannschaft Tulln vorgenommenen Einschätzungen der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers wurde von ihm nicht entgegengetreten und geht auch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von nicht ungünstigen Verhältnissen des Beschwerdeführers aus.

Unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen, insbesondere der Berücksichtigung des zusätzlich nunmehr anzunehmenden Strafmilderungsgrundes, war mit einer Herabsetzung der beiden in den Spruchpunkten 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses festgesetzten Geldstrafen und der dazu als adäquat zu sehenden Ersatzfreiheitsstrafen vorzugehen, um eine tat-, täter- und schuldangemessene Bestrafung zu erreichen.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde schließlich von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens überhaupt abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Falle der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Anwendung dieser Bestimmung bzw. die Erteilung einer Ermahnung kam im gegenständlichen Fall jedoch nicht in Betracht, da weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat des Beschwerdeführers gering waren.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezughabende Gesetzesstelle. Unter Berücksichtigung der Herabsetzung der verhängten Geldstrafen war auch der jeweilige Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG neu festzusetzen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fallen schließlich dem Beschwerdeführer keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last, da in sämtlichen Spruchpunkten der Beschwerde zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, zumal der objektive Sachverhalt völlig unstrittig ist und die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der Entfall der Verhandlung widerspricht auch nicht dem Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Im Übrigen wurde auch von keiner der Parteien die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.

9.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es wird dazu insbesondere auf die umfangreich zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen und kommt der gegenständlichen Entscheidung auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Schlagworte

Schutz vor Gewalt; Privatsphäre; Einstweilige Verfügung; Doppelverfolgungsverbot; Schutzzweck;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.S.1298.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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