TE Bvwg Beschluss 2021/5/31 W247 2214433-1

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Veröffentlicht am 31.05.2021
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Entscheidungsdatum

31.05.2021

Norm

ABGB §21
AsylG 2005 §55
AVG §10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §2
ZustG §5
ZustG §7

Spruch


W247 2214433-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. HOFER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Thailand, vertreten durch die XXXX , gegen die Erledigung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2019, Zl. XXXX :

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei (BF) reiste am 19.07.2017 mit einem thailändischen Reisepass, Nr. XXXX , gültig vom 28.06.2017 bis zum 27.06.2022 und einem Visum D vom 17.07.2017, gültig vom 19.07.2017 bis zum 14.01.2018, in das Bundesgebiet ein. Aufgrund einer Privateinladung bzw. Verpflichtungserklärung ihres Schwagers XXXX geb. XXXX , und der Schwester der BF, XXXX , geb. XXXX , wurde der BF das Visum D bis zum 14.01.2018 ausgestellt.

2. Die BF stellte am 19.09.2018 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG.

3. Am 07.11.2018 wurde der BF die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt und aufgefordert binnen zwei Woche eine Stellungnahme abzugeben. Auf Nachfrage wurde von der belangten Behörde eine Fristerstreckung bis zum 07.12.2018 erteilt. Mit Schriftsatz vom 07.12.2018 wurde eine beschwerdeseitige Stellungnahme abgegeben.

4. Mit der angefochtenen, als Bescheid bezeichneten Erledigung der belangten Behörde (BFA) vom 09.01.2019 wurden der Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 19.09.2018 gemäß die § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß 46 FPG nach Thailand zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit Verfahrensanordnung vom 09.01.2019 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Mit am 07.02.2019 eingebrachten Schriftsatz vom 07.02.2019, wurde durch ihren gewillkürten Rechtsvertreter für die BF Beschwerde gegen die gegenständliche Erledigung des BFA, in vollem Umfang wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben.

7. Die Beschwerdevorlage vom 11.02.2019 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 13.02.2019 ein.

II. Feststellungen:

Mit Beschwerdeschriftsatz vom 07.02.2019 gab der gewillkürte Rechtsvertreter der BF bekannt, dass in casu die Vollmacht erteilt ist.

Mit der angefochtenen, als Bescheid bezeichneten Erledigung der belangten Behörde (BFA) vom 09.01.2019 wurden der Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 19.09.2018 gemäß die § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Thailand zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Die Beschwerdeführerin war zu den Zeitpunkten sowohl der Entscheidung, als auch der postalischen Zustellung der angefochtenen, als Bescheid bezeichneten, Erledigung des BFA vom 09.01.2019 minderjährig und befand sich in dieser Zeit unter der Obsorge ihrer Schwester XXXX und deren Ehegatten XXXX .

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verfügte die postalische Zustellung dieser Erledigung direkt an die minderjährige Beschwerdeführerin mittels RSa-Sendung. Diese wurden, nach einem erfolglosen Versuch einer persönlichen Aushändigung am 11.01.2019 in der Abgabeeinrichtung abgelegt, mit Beginn der Abholfrist am 14.01.2019.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Inhalt des vorliegenden Verfahrensaktes.

Die Feststellung zum Vorliegen der Minderjährigkeit der BF in den Zeitpunkten, sowohl der Entscheidung, als auch der postalischen Zustellung der angefochtenen, als Bescheid bezeichneten, Erledigung des BFA vom 09.01.2019 fußt auf den im erstbehördlichen Verfahren und in der Beschwerdeschrift getätigten beschwerdeseitigen Angaben zum Alter der BF, wie auch auf dem beschwerdeseitig in Vorlage gebrachten Reisepass der BF, aus welchem das Geburtsdatum der BF, XXXX , zweifelsfrei hervorgeht und somit feststeht, dass die BF im Jänner 2019 etwas mehr als 16 Jahre alt war.

Die Feststellung, dass die BF in den Zeitpunkten, sowohl der Entscheidung, als auch der postalischen Zustellung der angefochtenen, als Bescheid bezeichneten, Erledigung des BFA vom 09.01.2019 unter der Obsorge ihrer Schwester als auch ihres Schwagers gestanden ist, ergibt sich aus den im erstbehördlichen Verfahren vorgelegen Einwilligungsschreiben der Mutter der BF samt Beilagen (AS 49-53 und AS 55 bis 57): Im erstbehördlichen Verfahren wurde beschwerdeseitig eine Einwilligungsbestätigung der Mutter der BF vom 05.07.2017 im Original, samt beglaubigter Übersetzung, vorgelegt, aus welcher im Wesentlichen hervorgeht, dass die Mutter ihrer minderjährige Tochter, der BF, Reisen ins Ausland gestattet und die Schwester der BF in dieser Zeit die Kindsobsorge für die BF übertragen bekommt. Weiters wurde beschwerdeseitig eine Einwilligungserklärung der Mutter der BF für die Obsorge der BF im Ausland vom 15.09.2017 im Original, samt beglaubigter Übersetzung, in Vorlage gebracht, aus welcher im Wesentlichen hervorgeht, dass die Mutter der BF einerseits ihre Einwilligung erteilt, dass die BF ins Ausland reisen darf um dort ihre Ausbildung fortzusetzen und andererseits wurden die Schwester der BF, XXXX , und deren Ehemann, XXXX , von der Mutter der BF bevollmächtigt in dieser Zeit u.a. vertragliche Vereinbarungen für die BF zu treffen und an Stelle der Mutter die Erziehungsberechtigung für die BF während des Auslandsaufenthaltes bis zur gesetzlichen Volljährigkeit der BF auszuüben. Dieser Einwilligungserklärung liegt eine notarielle Beglaubigung der eigenen Unterschriftsleistung der Mutter unter diese Einwilligungserklärung im Original bei. Der festgestellte Zustellvorgang hinsichtlich der als Bescheid vom 09.01.2019 bezeichneten Erledigung ergibt sich unzweifelhaft aus der Zustellverfügung des Bundesamts vom 09.01.2019, sowie dem ebenso im Akt aufliegenden, ausgefüllten Rückschein aus welchem die Beschwerdeführerin als Empfängerin der RSa-Sendung zweifelsfrei hervorgeht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das BvWG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgt die Entscheidung und Anordnungen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss.

3.5. Zu A)

3.5.1. Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

§ 21 ABGB regelt die Volljährigkeit durch die Definition ihres Gegenteils; nach § 21 Abs. 2 ABGB idF des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 BGBl. I 135/2000 (KindRÄG 2001) sind Minderjährige Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Gemäß § 21 AVG und § 1 Zustellgesetz (ZustG) sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen.

Gemäß § 5 ZustG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

Gemäß § 2 Z 1 ZustG ist Empfänger die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Bezeichnet die Behörde eine falsche Person als "Empfänger", so ist dies daher ein Mangel, der nicht nach § 7 ZustG etwa dadurch heilen kann, dass das Dokument (Schriftstück) jener Person zukommt, die als Empfänger zu bezeichnen gewesen wäre (vgl. zB VwGH vom 18.5.1994, 93/09/0115; vom 27.6.1995, 94/04/0206; vom 22.3.2001, 97/03/0201; vom 19.3.2009, 2006/01/0453, jeweils mwN, ebenso - mwN - OGH 21.9.2006, 8 Ob 96/06k).

Bezeichnet also die Behörde fälschlich nicht den gesetzlichen Vertreter einer handlungs- und prozessunfähigen Person, sondern diese Person selbst als Empfänger eines Schriftstücks (Dokuments), so liegt ein Mangel des Zustellvorgangs vor, der nicht geheilt werden kann.

3.5.1.1. Die BF hatte zum Zeitpunkt als ihr die angefochtene, als Bescheid bezeichnete, Erledigung der belangten Behörde vom 09.01.2019 zugestellt worden ist, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Von diesem Umstand musste auch die belangte Behörde in Kenntnis gewesen sein, da dies aus den im erstbehördlichen Verfahren beschwerdeseitig vorgelegten und der angefochtenen Erledigung vom 09.01.2019 zu Grunde gelegten Unterlagen klar ersichtlich ist. Damit war die BF zu diesem Zeitpunkt gemäß § 21 Abs. 2 ABGB als minderjährige Person zu behandeln.

Mit der Obsorge und der gesetzlichen Vertretung eines Minderjährigen sind nach österreichischem Zivilrecht von Gesetzes wegen die Eltern eines Kindes betraut.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich gesetzliche Vertreter von eigenberechtigten Personen, juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragenen Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Dies gilt auch bei einem Aufenthalt außerhalb des österreichischen Bundesgebietes. Die gesetzliche Vertretung durch den Jugendwohlfahrtsträger (JWT) nach § 10 Abs. 3 bis 6 BFA-VG tritt hinter die gesetzliche Vertretung durch die Eltern und somit auch hinter eine durch die Eltern begründete gewillkürte Vertretung zurück. Erteil also ein (nicht in Österreich anwesender) Elternteil einer von § 10 Abs. 1 AVG erfassten „Person“, […] Vertretungsvollmacht, so kommt es zu keiner Vertretung durch den JWT (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 10 BFA-VG, K7).

3.5.1.2. Die belangte Behörde hat die postalische Zustellung der angefochtenen als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 09.01.2019 mit Verfügung vom selben Tag an die minderjährige Beschwerdeführerin persönlich vorgenommen.

Gemäß § 21 AVG und § 1 Zustellgesetz (im Folgenden: ZustG) sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen. Gemäß § 5 ZustG hat die Behörde in geeigneter Form den Empfänger und dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen. "Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll (§ 2 Z 1 ZustG). Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Bezeichnet die Behörde hingegen eine falsche Person als "Empfänger", so ist dies ein Mangel, der nicht nach § 7 ZustG etwa dadurch heilen kann, dass das Dokument (Schriftstück) jener Person zukommt, die als Empfänger zu bezeichnen gewesen wäre (vgl. zB VwGH vom 18.05.1994, 93/09/0115; vom 27.06.1995, 94/04/0206; vom 22.03.2001, 97/03/0201; vom 24.03.2015, 2014/05/0013).

Bezeichnet also die Behörde fälschlich nicht den gesetzlichen Vertreter einer minderjährigen Verfahrenspartei, sondern die minderjährige Partei selbst als Empfänger eines Schriftstücks (Dokuments), so liegt ein Mangel des Zustellvorgangs vor, der keiner Heilung zugänglich ist. Auf ein Verschulden der belangten Behörde kommt es dabei nicht an.

3.5.1.3. Im vorliegenden Fall sahen die Zustellverfügungen vom 09.01.2019 nur die minderjährige BF, als Empfänger der bekämpften Entscheidung vor. Es folgte daher eine fehlerhafte Zustellung, die auch nicht dadurch zu heilen vermochte, dass die Erledigung der Behörde zu einem späteren Zeitpunkt der gesetzlichen Vertretung der Beschwerdeführerin zugegangen sein mag. Die Entscheidung des BFA ist daher nie erlassen worden und damit rechtlich nicht zustande gekommen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann sich eine Beschwerde nur gegen einen Bescheid richten. Damit ein Bescheid rechtlich zu Stande kommt, muss er erlassen werden. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (vgl. VwGH vom 18.5.1994, 93/09/0115). Ist der erstbehördliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde und daher gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG auch dem Verwaltungsgericht verwehrt, meritorisch über die Beschwerde abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I² [1998] E13, 18 zu § 63 AVG; weiters VwGH vom 11.11.2009, 2008/23/0764, vom 09.03.1982, 81/07/0212; vom 30.05.2006, 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten.

3.5.1.4. Mangels Erlassung des (als solcher lediglich bezeichneten) Bescheides vom 09.01.2019 ist die Beschwerde dagegen also zurückzuweisen.

3.5.1.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Beschwerden wegen (noch) nicht erlassenen Bescheiden zurückzuweisen sind.

Schlagworte

gesetzlicher Vertreter Minderjährigkeit Nichtbescheid Zurückweisung Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W247.2214433.1.00

Im RIS seit

05.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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