TE Bvwg Beschluss 2021/6/21 W195 2243594-1

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Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art131
B-VG Art132 Abs2
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9

Spruch


W195 2243594-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs.2 B-VG gestützte Beschwerde von XXXX , wegen der Verletzung in Rechten durch mehrmaliges Betreten eines Grundstückes gegen die Bürgermeisterin der XXXX und Mitarbeiter sowie öffentlicher Sicherheitsorgane, XXXX , als belangte Behörde beschlossen:

A)

I. Die Maßnahmenbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Am 21.06.2021 langte ein mit 14.06.2021 datierter Schriftsatz des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer, BF) beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

Im Rahmen einer Maßnahmenbeschwerde wird geltend gemacht, dass die Bürgermeisterin von XXXX und ein Mitarbeiter sowie zwei PolizistInnen am XXXX auf das dem BF gehörende Grundstück eingedrungen seien, ohne den Besitzer zuvor zu verständigen bzw. ihm den Grund dieser Besitzstörung bekannt zu geben.

Das unangemeldete und zwangsweise Betreten des Grundstückes habe nicht mit einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu tun.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem (unbedenklichen) Inhalt der beim BVwG eingebrachten Beschwerde. In Anbetracht der übermittelten Fotografien wird von der Richtigkeit des vorgebrachten Sachverhaltes ausgegangen und im Rahmen der freien Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Zurückweisung der Beschwerde:

3.1.    Allgemeines zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte u.a. über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3).

Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann jeder gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Erhebung einer solchen Maßnahmenbeschwerde ist dann zulässig, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. VwGH vom 26.04.2010, 2009/10/0240; VwGH vom 21.10.2010, 2008/01/0028; VwGH vom 31.05.2012, 2010/06/0203). Eine Maßnahmenbeschwerde kann sich demnach nur gegen die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden oder durch Organe in ihrem Dienste richten (vgl. VwGH vom 14.12.1990, 90/18/0234).

Nach der Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt im Wesentlichen ein Verwaltungshandeln, das von einem Verwaltungsorgan in der Hoheitsverwaltung durch Ausübung unmittelbaren Zwanges (Gewalt) oder Erteilung eines Befehls (mit unverzüglichem Befolgungsanspruch) gegen einen individuellen Adressaten gesetzt wird (VfSlg. 7346/1974, 11.935/1988; VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0032). Voraussetzung für das Vorliegen eines derartigen Aktes ist, dass einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird (vgl. VwGH vom 19.09.2006, 2005/06/0018). Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (VfSlg. 12.791/1991; VwGH vom 23.01.2007, 2005/06/0254). Werden objektiv keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, handelt es sich um keine Ausübung verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt (VwGH vom 24.06.1998, 97/01/0239; VwGH vom 16.11.2000, 98/01/0452 oder VwGH vom 06.07.2004, 2003/11/0175).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das BVwG – soweit sich aus Art. 131 Abs. 3 B-VG nichts anderes ergibt – gemäß Abs. 2 B-VG nur über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (worunter auch die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde fällt) erkennt, sofern es sich dabei um Rechtssachen handelt, in denen die Vollziehung des Bundes unmittelbar von Bundesbehörden besorgt wird.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung hat die Entscheidung gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zu ergehen.

3.2. Aus den übermitteltem Beschwerdevorbringen ist nicht erkennbar, dass eine unmittelbare Bundesbehörde tätig geworden ist. Die Bürgermeisterin als auch ihr Mitarbeiter sind keine unmittelbaren Bundesbehörden und ist deren Aufgabenbereich nicht die Vollziehung unmittelbarer bundesbehördlicher Verwaltungsagenden.

3.3. Soweit sich die Beschwerde auch auf Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bezieht wird festgehalten, dass die Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung in § 2 SPG taxativ aufgezählt sind (vgl. VwGH vom 25.06.2019, Ra 2017/19/0261). Im Hinblick auf die Zuständigkeit betreffend Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung ist auf die Rechtsprechung des VwGH (siehe hierzu zB VwGH vom 25.06.2019, Ra 2017/19/0261) hinzuweisen, wonach „ausweislich der Gesetzesmaterialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP 15) […] die ‚Sicherheitsverwaltung‘ nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der VwG der Lände [fällt], weil sie weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird (vgl. VfSlg. 19.986/2015). Die in Art. 78a B-VG verankerte Behördenorganisation ist ein Vollzugsmodell, das eine Mischform darstellt und außerhalb des Art. 102 B-VG steht. Darauf nehmen auch die erwähnten Gesetzesmaterialien Bezug. Art. 78a B-VG kombiniert Bundes- und Landesbehörden in einer Weise, die weder der mittelbaren noch der unmittelbaren Bundesverwaltung eindeutig zuzuordnen sind. Es handelt sich um eine Mischform, bei der auf unterer Ebene die Elemente der mittelbaren Bundesverwaltung dominieren, während sie auf mittlerer Ebene der unmittelbaren Bundesverwaltung nachgebildet ist. Aus diesem Grund gelangt die Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG zur Anwendung, was die grundsätzliche Zuständigkeit der VwG der Länder in diesen Angelegenheiten zur Folge hat (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP 15).“

Weiters hielt der VwGH in einer Entscheidung vom 24.10.2018, Ra 2018/03/0114, fest, dass für die von den Sicherheitsbehörden besorgte Sicherheitsverwaltung nicht das BVwG, sondern die Landesverwaltungsgerichte zuständig sind (vgl. hierzu auch VwGH vom 19.06.2018, Ra 2018/03/0021).

3.4. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich somit, dass im vorliegenden Fall keine Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung vorliegt. Aus diesen Erwägungen ergibt sich weiters, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall somit nicht an das BVwG, sondern gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel an das (örtlich zuständige) LVwG zu gehen hat, so ferne es sich überhaupt um eine Verwaltungsangelegenheit handelt.

Aus diesem Grund war die an das Bundesverwaltungsgericht herangetragene Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

3.4.    Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da die vorliegende Beschwerde mittel Beschluss zurückzuweisen war und aus einer mündlichen Erörterung ohnedies eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 24 VwGVG, Anm. 7 und 13, mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch waren keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage bzw. in Entsprechung der bisherigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. hierzu insbesondere die näher zitierte Rechtsprechung des VwGH unter Punkt 3.3.). Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Maßnahmenbeschwerde Sicherheitsverwaltung unmittelbare Bundesverwaltung Unzuständigkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2243594.1.00

Im RIS seit

09.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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