TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/28 96/13/0032

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
22/02 Zivilprozessordnung;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §47;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs4 idF 1995/471;
BAO §167 Abs2;
BAO §168;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
UStG 1972 §6 Abs1 Z1;
UStG 1972 §7 Abs3 Z3;
UStG 1972 §7 Abs5;
UStG 1994 §6 Abs1 Z1;
UStG 1994 §7 Abs4;
UStG 1994 §7 Abs7;
ZPO §292;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde

1. des C in J, 2. der R in B, und 3. des G in B, alle vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 21. Juli 1995, Zlen. 68/02/95.001/3, E 68/02/95.002/3, E 68/02/95.003/3, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit einem Schriftsatz vom 10. April 1995 erhob der Erstbeschwerdeführer eine Maßnahmenbeschwerde i.S.d. § 67a Abs. 1 "Z. 1" AVG, wobei er angab, er habe am 27. Februar 1995 in Graz ein Fernsehgerät gekauft. Am selben Tag sei er in Begleitung seiner Schwester V beim Zollamt Heiligenkreuz ausgereist. Von Organen dieses Zollamtes sei die Ausfuhr des angeführten Gerätes zollamtlich bestätigt worden. Der Erstbeschwerdeführer habe die Ausfuhrbescheinigung in der Folge seiner Schwester V übergeben. Bei der (darauffolgenden neuerlichen) Einreise der Schwester nach Österreich sei von Organen des Zollamtes Heiligenkreuz die Ausfuhrbescheinigung mit dem Stempel "ungültig" versehen worden. Durch diese rechtswidrige Maßnahme sei eine "Rückvergütung der Umsatzsteuer" unmöglich. Die Abstempelung der Bescheinigung mit dem Vermerk "ungültig" stelle eine rechtswidrige Maßnahme dar.

Die Zweitbeschwerdeführerin erhob ebenfalls mit Schriftsatz vom 10. April 1995 eine Maßnahmenbeschwerde. Sie gab an, sie habe am 27. Februar 1995 in G Automaterial gekauft. Sie sei in Begleitung des Drittbeschwerdeführers noch am selben Tag beim Zollamt Heiligenkreuz ausgereist, wobei die Ausfuhr des Automaterials von Organen dieses Zollamtes bestätigt worden sei. Bei der Rückreise der Zweitbeschwerdeführerin nach Österreich sei die Ausfuhrbescheinigung mit dem Stempel "ungültig" versehen worden. Die Zweitbeschwerdeführerin machte ebenfalls geltend, daß die Abstempelung der Ausfuhrbescheinigung mit dem Vermerk "ungültig" eine rechtswidrige Maßnahme darstelle.

Der Drittbeschwerdeführer gab in seiner Maßnahmenbeschwerde ebenfalls vom 10. April 1995 an, er habe am 27. Februar 1995 ein Fernsehgerät gekauft und dieses am selben Tag über das Zollamt Heiligenkreuz ins Ausland verbracht. Die - wie im Falle des Erstbeschwerdeführers - der Schwester V (zur Geltendmachung der Umsatzbefreiung) übergebene Ausfuhrbescheinigung sei bei deren Rückkehr nach Österreich von Organen des Zollamtes Heiligenkreuz mit dem Stempel "ungültig" versehen worden, sodaß eine "Rückvergütung" der Umsatzsteuer nicht mehr möglich sei. Die Abstempelung stelle eine rechtswidrige Maßnahme dar.

Einer als Stellungnahme der drei Beschwerdeführer bezeichneten Eingabe vom 14. Juli 1995 war die Ablichtung einer auf den Namen von V ausgestellten Ausfuhrbescheinigung angeschlossen, wobei der ausgeführte Gegenstand als Goldkette und als goldenes Kreuz bezeichnet wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Beschwerden "gemäß § 67c Abs. 3 AVG" als unzulässig zurückgewiesen. Hinsichtlich des Drittbeschwerdeführers wurde dabei in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dessen Beschwerde sei schon deshalb unzulässig gewesen, weil "die Ungültigerklärung einer von ihm als Abnehmer vorgelegten Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke betreffend einen Farbfernseher nicht erwiesen" sei. Von der behaupteten Maßnahme habe nicht er, sondern allenfalls seine Schwester hinsichtlich des Goldschmuckes betroffen sein können.

Die Beschwerden seien nach Meinung der belangten Behörde unter anderem auch deswegen unzulässig, weil die "Ungültigstempelung" keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- oder Zwangsgewalt sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. November 1995, B 2782/95-5, abgelehnt wurde, werden vor dem Verwaltungsgerichtshof Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich in erster Linie in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG bzw. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Nach § 67c Abs. 4 AVG ist - auf Grund einer solchen Beschwerde nach § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG - der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist.

Eine - rechtzeitig eingebrachte - Beschwerde ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn die Prozeßvoraussetzungen nicht vorliegen. Insbesondere ist mit einer Zurückweisung der Beschwerde vorzugehen, wenn die Legitimation des Einschreiters nicht gegeben ist.

Soweit im angefochtenen Bescheid zunächst die Maßnahmenbeschwerde des Drittbeschwerdeführers als unzulässig angesehen wird, so verkennt dabei die belangte Behörde, daß die Frage der Feststellung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes keinesfalls die Prozeßvoraussetzungen, sondern vielmehr die meritorische Entscheidung betrifft. Die Feststellung, die Ungültigerklärung einer den Drittbeschwerdeführer als "Abnehmer" eines Fernsehgerätes betreffenden Ausfuhrbescheinigung sei nicht erwiesen, findet in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten keine Deckung:

aus den Akten ist vielmehr lediglich ersichtlich, daß dem von allen drei Beschwerdeführern gemeinsam eingebrachten Schriftsatz eine Ausfuhrbescheinigung der V - die keine Beschwerde eingebracht hat - angeschlossen war. Die Folgerung der belangten Behörde, daß (wegen dieser Beilage) gerade der Drittbeschwerdeführer zur Erhebung der Maßnahmenbeschwerde nicht legitimiert sein sollte, ist in keiner Weise nachvollziehbar.

Hingegen war die belangte Behörde im Recht, wenn sie die Zulässigkeit der Maßnahmenbeschwerde mangels Vorliegens der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verneint hat. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist es, daß sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung gerichtet ist. Es wird daher insoweit die Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch gefordert (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1988, Slg. Nr. 11.935, sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1993, Zl. 92/17/0284, und vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0284).

Die zollamtlich bestätigte Ausfuhrbescheinigung stellt eine öffentliche Urkunde dar. Eine öffentliche Urkunde kann von der Behörde für unrichtig erklärt werden, wenn sich ihre Unrichtigkeit herausstellt (vgl. das Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, 92/13/0206, 0307). Ein solches, einen Beurkundungsvorgang darstellendes Anbringen eines Stempels in der von der Zollbehörde ausgestellten öffentlichen Urkunde stellt keine Anwendung physischen Zwanges dar (vgl. das zum Anbringen eines Stempels in einem Reisepaß ergangene Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, 96/02/0284). Das Anbringen eines Stempels mit der Aufschrift "ungültig" stellte daher für eine Maßnahmenbeschwerde keinen tauglichen Beschwerdegegenstand dar. Daraus folgt aber, daß der angefochtene Bescheid im Ergebnis dem Gesetz entspricht. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Ein Kostenzuspruch hatte mangels eines entsprechenden Antrages der belangten Behörde zu unterbleiben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996130032.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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