TE OGH 2021/5/26 8Ob66/21w

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Veröffentlicht am 26.05.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann-Prentner, Mag. Korn, Dr. Stefula und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Wijnkamp Advocatuur-Advokatur GmbH in Imst, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Dr.Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 7.107,22 EUR sA und Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 10.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. März 2021, GZ 2 R 1/21w-71, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 26. November 2020, GZ 15 Cg 35/17z-67, teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1]       Die Klägerin wurde am 3. 2. 2014 bei einem Schiunfall, an dem den Beklagten das alleinige Verschulden trifft, verletzt.

[2]            Sie begehrte zuletzt Zahlung von 7.107,22 EUR sA sowie die Feststellung, dass der Beklagte ihr für sämtliche Spät- und Folgeschäden aus dem Schiunfall zu haften habe. Der Beklagte bestritt.

[3]            Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren im Umfang von 3.020,97 EUR statt und bejahte auch das Feststellungsbegehren, das Zahlungsmehrbegehren wies es ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil hinsichtlich des Zahlungsbegehrens, wies dagegen das Feststellungsbegehren ab. Soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz führte es rechtlich aus, dass die Klägerin erstmals 2020, sechs Jahre nach dem Unfall, ihr Feststellungsbegehen nicht nur auf – nach den Feststellungen zu verneinende – Spät- und Dauerfolgen aus der Verletzung gestützt habe, sondern auch auf eine behauptete Einkommenssteuerverpflichtung in den Niederlanden für Schmerzengeldzahlung. Zu diesem Zeitpunkt sei aber bereits Verjährung eingetreten.

[4]            Die Revision wurde vom Berufungsgericht nachträglich zugelassen, weil eine Verjährungsverzichtserklärung des Beklagten so verstanden werden könnte, dass der Anspruch der Klägerin nicht verjährt sei.

[5]            Gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens durch das Berufungsgericht richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass der Klage hinsichtlich des Feststellungsbegehens stattgegeben wird, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[6]            Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

[7]       Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

[8]            Die Klägerin macht in ihrer Revision ausschließlich geltend, dass aufgrund eines Verjährungsverzichts entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Anspruch nicht verjährt sei.

[9]            1. Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Strittig ist nur noch das Feststellungsbegehren der Klägerin. Dieses wird in der Revision nur darauf gestützt, dass eine Schmerzengeldzahlung in den Niederlanden zu versteuern wäre.

Rechtliche Beurteilung

[10]           2. Feststellungsklagen sind subsidiär zu Leistungsklagen (RIS-Justiz RS0038849 [T15] uva). Kann der Kläger seinen Anspruch bereits zur Gänze mit Leistungsklage geltend machen, ist die Feststellungsklage unzulässig (RS0038817). Die Behauptungs- und Beweislast für das Feststellungsinteresse trifft, soweit es nicht offenkundig ist, die klagende Partei (RS0039058 [T2]).

[11]           3. Ein Entschädigungsbetrag ist global auszumessen. Eine Unterscheidung zwischen einem „Nettoschaden“ und einem aus der Steuerbelastung resultierenden „weiteren“ Schaden widerspricht diesem im gesamten Schadenersatzrecht vertretenen Grundsatz (RS0109818). Bei der Berechnung des Schadenersatzbetrags ist vom Nettoschaden auszugehen; Steuern und Abgaben, die durch die Schadenersatzleistung selbst entstehen, sind erneut zu berücksichtigen; dann ist die Schadenersatzleistung so zu bemessen, dass sie unter Berücksichtigung der durch sie wieder entstandenen Abgänge an Steuern und sonstigen etwaigen gesetzlichen Abzugsposten dem Nettoschaden entspricht (RS0031017). Die vom Anspruchsberechtigten zu zahlenden Steuern stellen einen erstattungspflichtigen Teil des zu leistenden Schadenersatzes dar, die Fälligkeit dieser Steuern ist nicht Voraussetzung ihrer Berücksichtigung bei der Bemessung des Schadenersatzanspruchs (RS0031017 [T7, T8]).

[12]           4. Daraus folgt, dass der Anspruch auf Ersatz jener Steuerbelastung, die nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz zu erwarten ist, unabhängig davon, ob diese aus Verdienstentgang oder Schmerzengeld resultiert, mit dem jeweils zugrundeliegenden Nettoanspruch fällig wurde.

[13]           5. Die Klägerin hätte daher eine allfällige Steuerbelastung zugleich mit dem Schmerzengeldanspruch im Rahmen ihres Leistungsbegehrens geltend zu machen gehabt. Dass eine solche Berechnung zukünftig zu erwartenden Steuerbelastung der Klägerin bis zuletzt (RS0039085) nicht möglich gewesen wäre, ist nicht zu erkennen (vgl das klägerische Vorbringen ON 58). Da mangels konkreten Vorbringens davon auszugehen ist, dass bereits eine Leistungsklage möglich gewesen wäre, kann ein Feststellungsbegehren, gerichtet auf den Ersatz zukünftiger Schäden, auf diesen Anspruch nicht gegründet werden. Auf den Umfang des Verjährungsverzichts der Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

[14]     6. Die Revision der Klägerin ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[15]     7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E132013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00066.21W.0526.000

Im RIS seit

29.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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