TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/19 96/11/0256

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Veröffentlicht am 19.03.1997
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

WehrG 1978 §37 Abs2 litb;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des U in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. September 1996, Zl. 191.285/5-IV/10/96, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des (im Jahr 1968 geborenen) Beschwerdeführers vom 19. Juli 1996 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) ab.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, nach der mit Bescheid vom 13. Juni 1996 erfolgten Zuweisung des Beschwerdeführers zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes in der Zeit vom 1. Oktober 1996 bis 31. August 1997 habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Juli 1996 die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes beantragt und ausgeführt, er sei seit 3. April 1995 Angestellter einer näher bezeichneten GmbH und fungiere dort als Projektleiter in einer Schlüsselposition. Bei der Umsetzung eines bereits akquirierten Projektes mit einem Auftragsvolumen von 120 Millionen Schilling und der in der Folge damit verbundenen Möglichkeit zur Erschließung neuer Märkte sei er für seinen Arbeitgeber unabkömmlich. Nach dem Lehrabschluß als Betriebselektriker habe er mehr als fünf Jahre gearbeitet und 1992/93 mit dem Studium der Telematik an der Technischen Universität in Graz begonnen. Er setze dieses Studium aus familiären Gründen nun an der Fernuniversität Hagen (Deutschland) fort. Die bisher gewonnenen Erfahrungen machten ihn für seinen Dienstgeber unentbehrlich. Selbst für den Fall, daß wider Erwarten ein geeigneter Ersatz gefunden werden sollte, werde dieser nicht in der Lage sein, die vom Beschwerdeführer betreuten Projekte sofort zu übernehmen.

Zivildienstpflichtige seien ebenso wie Wehrpflichtige dazu verhalten, ihre wirtschaftlichen und beruflichen Angelegenheiten mit der sie treffenden Dienstleistungsverpflichtung zu harmonisieren. Dies gelte auch für jene Personen, die von der gesetzlichen Dienstleistungsverpflichtung betroffen seien, wie Eltern, betreute Angehörige und Dienstgeber. Die geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen müßten in der Person des Antragstellers gelegen sein. Dienstgeberinteressen stellten im gegenständlichen Verfahren Fremdinteressen dar, die einer antragsgemäßen Erledigung nicht zuführbar seien. Ergänzend sei zu bemerken, daß der Beschwerdeführer, der am 7. Oktober 1986 der Stellung unterzogen worden sei und aus Anlaß eines Hochschulstudiums den Aufschub seiner gesetzlichen Dienstleistungsverpflichtung in Anspruch genommen habe, während des gewährten Aufschubes eine Berufstätigkeit aufgenommen habe, aus der die nunmehr geltend gemachten Interessen abgeleitet würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern. Auf die gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 ZDG mögliche Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes aus öffentlichen Interessen besteht kein subjektives Recht des Zivildienstpflichtigen (siehe dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/01/0341, und vom 22. September 1995, Zl. 94/11/0151, jeweils mwN).

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag vom 19. Juli 1996 einleitend behauptet, daß die Zuweisung zum Zivildienst ihn und seinen Dienstgeber wirtschaftlich in besonders unerträglicher Weise treffe. In der Folge hat er der Sache nach im wesentlichen ausgeführt, daß er im Unternehmen aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten unersetzlich sei. Er hat damit wirtschaftliche Interessen des Dienstgebers an seiner Befreiung dargetan, hingegen keine eigenen wirtschaftlichen Interessen. Das Interesse von Zivildienstpflichtigen (Wehrpflichtigen) an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes während der Dienstleistung wird durch die §§ 4 ff Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geschützt. Nachteile des Dienstgebers aufgrund der durch die Leistung des Zivildienstes bedingten Abwesenheit von Arbeitnehmern stellen keine wirtschaftlichen Interessen des Zivildienstpflichtigen dar und können daher bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nicht berücksichtigt werden (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0399, mwN). Der Beschwerdeführer meint, aus der seinem Antrag beiliegenden eidesstättigen Erklärung seines Dienstgebers, nach der das Scheitern der vom Beschwerdeführer betreuten Projekte "zweifellos weitreichende Auswirkungen auf unser Unternehmen und damit zwangsläufig auf die in ihm beschäftigten Arbeitnehmer" habe, hätte die belangte Behörde erkennen müssen, daß der Beschwerdeführer auch "handfeste" eigene wirtschaftliche Interessen geltend gemacht habe.

Diese Ausführungen führen die Beschwerde nicht zum Erfolg. In seinem Antrag hat der Beschwerdeführer eigene wirtschaftliche Interessen nicht geltend gemacht. Die in der zitierten Beilage zu seinem Antrag enthaltenen Ausführungen seines Dienstgebers sind schon wegen ihrer Unbestimmtheit nicht geeignet, konkrete besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen des Beschwerdeführers darzutun.

Soweit in der vorliegenden Beschwerde geltend gemacht wird, besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen des Beschwerdeführers seien dadurch begründet, daß infolge der nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Unternehmen des Arbeitgebers auch der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers verloren gehe, ist zu erwidern, daß wirtschaftliche Schwierigkeiten, in die ein Unternehmen wegen der Zivildienstleistung (Präsenzdienstleistung) eines Arbeitnehmers zu geraten droht, wirtschaftliche Interessen auf seiten des Arbeitnehmers nicht zu begründen vermögen. Die Gefahr, seinen Arbeitsplatz wegen derartiger Schwierigkeiten zu verlieren, besteht für jeden Arbeitnehmer. Es ist Sache des Unternehmensinhabers, durch geeignete Vorkehrungen dem Eintritt solcher Schwierigkeiten entsprechend entgegenzuwirken (siehe die zu der mit § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG inhaltsgleichen Befreiungsbestimmung des § 37 Abs. 2 lit. b bzw. § 37 Abs. 3 lit. b Wehrgesetz 1978 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1990, Zl. 90/11/0046, und vom 30. April 1991, Zl. 90/11/0075). Schon aus diesem Grund liegen besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nicht vor, sodaß es dahinstehen kann, ob der Beschwerdeführer durch die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit vor der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes die ihn treffende Obliegenheit verletzt hat, seine beruflichen und wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, daß dadurch die Erfüllung der Zivildienstpflicht nicht erschwert oder unmöglich gemacht wird.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110256.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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