TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W118 2232520-1

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Veröffentlicht am 22.02.2021
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Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
UIG §2 Z3
UIG §3
UIG §4
UIG §5
UIG §6 Abs2
UIG §6 Abs4
UIG §7 Abs1
UIG §8 Abs1
UIG §8 Abs4
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W118 2232520-1/16E


IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gernot ECKHARDT über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Ernährungssicherheit (BAES) vom 13.03.2020, GZ. BAES-PSM-2020-0017, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 25.05.2020, GZ. BAES-PSM-2020-0023, betreffend Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass es sich bei folgenden Dokumenten um herausgabepflichtige Umweltinformationen handelt:

?        Zulassungsbescheid des BAES vom 20.12.2019, GZ. BAES-PSM-2019-12589697

?        Antrag auf Notfallzulassung des Pflanzenschutzmittels „ XXXX “ vom 08.11.2019

?        Begleitschreiben zum Antrag auf Notfallzulassung vom 08.11.2019

?        Dokument Beizmittelversuch 2019, doc 1

?        Dokument Beizmittelversuch 2019, doc 2

?        Schreiben vom 13. September 2018 (Begleitschreiben zum Antrag 2018)

?        Stellungnahmen der Ämter der Landesregierung

?        Zwischenbericht der AGES zum Bienenmonitoring

?        fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2020

?        fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2019

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit E-Mail vom 11.02.2020 begehrte die Beschwerdeführerin gemäß § 5 UIG

?        die Übermittlung des Bescheides über die Zulassung des Pflanzenschutzmittels „ XXXX “ mit dem Wirkstoff XXXX bzw. XXXX mit der Registernummer XXXX ,

?        im Fall der Verweigerung der Herausgabe des Bescheids selbst die Herausgabe aller im Bescheid enthaltenen Umweltinformationen sowie

?        die dem Bescheid zugrundeliegenden fachlichen Unterlagen und Gutachten, die der Behörde zur Zulassung des Mittels „ XXXX “ mit dem Wirkstoff XXXX bzw. XXXX mit der Registernummer XXXX vorlägen.

Sollten sich vertrauliche Daten gemäß § 6 Abs. 2 Z 3 UIG im Bescheid befinden, könnten diese geschwärzt werden; ebenso Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sofern an deren Geheimhaltung ein den Gesundheits- und Umweltschutz überwiegendes Interesse bestehe.

Sofern die Zustellung des Bescheides nicht erfolgen, möge darüber umgehend ein Bescheid erlassen werden.

2. Mit Schreiben vom 09.03.2020 teilte das BAES der Beschwerdeführerin im Wesentlichen mit:
„Im November 2019 ging beim BAES ein Antrag auf Zulassung des          Pflanzenschutzmittels ` XXXX ´ gem. Artikel 53 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009  ein. Auf Grundlage der fachlichen Bewertung durch die AGES, sowie des  Zwischenberichts des zweijährig von der AGES durchgeführten Bienenmonitorings,  wurde durch das BAES im Dezember 2019 ein Zulassungsbescheid erlassen. Im Zuge  des durchgeführten Bienenmonitorings, wurden ausgewählte Bienenstände  beobachtet und beprobt (mit Pollenfallen gesammelte Höschenpollen). Die  Analyseergebnisse zeigen keine Rückstände des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs   XXXX in den gesammelten Pollenproben.
Da die Kriterien des Artikel 53 der Verordnung (EG) 1107/2009 erfüllt sind, wurde das          ggstl. Pflanzenschutzmittel für die Dauer von maximal 120 Tagen (gemäß Art. 53 VO  (EG) 1107/2009) zugelassen. Die zugelassene Gesamtmenge des  Pflanzenschutzmittels ` XXXX ´, wurde mit einer maximalen Menge von XXXX Litern festgelegt; dies entspricht einer Aussaatfläche von maximal XXXX ha .
Mit Inkrafttreten der Notfallzulassung per 1.2.2020 (begrenzt bis 30.05.2020) wurden          die entsprechenden Auflagen und Aufwandmengen, sowie Anwendungs- und  Sicherheitsbestimmungen im Pflanzenschutzmittelregister des Bundesamtes für  Ernährungssicherheit veröffentlicht. Die im Pflanzenschutzmittelregister angeführten  risikominimierenden Maßnahmen, sowie Auflagen stellen das Resultat der fachlichen  Bewertung der Antragsunterlagen durch die Agentur für Gesundheit und  Ernährungssicherheit GmbH dar.“

Darüber hinaus verfüge das BAES über keine eigenen Daten zu den von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen. Sollte diese ihren Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 8 UIG aufrechterhalten, werde um entsprechende Mitteilung ersucht.

Ergänzend wurde auf die Eintragung im Pflanzenschutzmittelregister verwiesen.

3. Mit Datum vom 11.03.2020 begehrte die Beschwerdeführerin die Übermittlung des Zulassungsbescheides des BAES vom 20.12.2019, GZ. BAES-PSM-2019-12589697, sowie die dem Bescheid zugrundeliegenden fachlichen Unterlagen und Gutachten.

4. Mit Bescheid des BAES vom 13.03.2020 wies das BAES den Antrag der Beschwerdeführerin - insoweit die verlangten Umweltinformationen nicht im begehrten Umfang mitgeteilt worden seien - gemäß § 8 Abs. 1 UIG ab.

Begründend führte das BAES im Wesentlichen aus, der von der Beschwerdeführerin begehrte Bescheid beinhalte die dieser zur Verfügung gestellten Umweltinformationen, stelle aber per se keine Umweltinformation dar. Die enthaltenen Umweltinformationen setzten sich im Wesentlichen aus den im Zulassungsbescheid enthaltenen Auflagen und Anwendungsbestimmungen zusammen. Diese Auflagen und Anwendungsbestimmungen stellten das Ergebnis der fachlichen Bewertung der Antragsunterlagen durch die AGES GmbH dar. Auf Basis der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sei die Übermittlung der zur Verfügung gestellten Informationen ausreichend.

5. Mit Beschwerde vom 18.03.2020 führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, Bescheide seien als „Umweltmaßnahmen“ und somit Umweltinformationen prinzipiell herauszugeben. Die Herausgabe könne jedoch unterbleiben, wenn keine Umweltinformationen im Bescheid enthalten seien oder die Herausgabe der enthaltenen Umweltinformationen zweckmäßiger außerhalb der Bescheidübermittlung erfolge (mit Verweis auf VwGH Ra 2015/10/0104).

Im gegenständlichen Fall richte sich die Anfrage direkt auf die Übermittlung des Zulassungsbescheides über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels, welches seitens der Europäischen Union aufgrund gesundheitlicher und ökologischer Bedenken keine Zulassung mehr erhalten habe. Ob und in welchem Umfang eine solche Notfallzulassung überhaupt noch zulässig sei, sei daher fraglich, wenngleich selbst nicht gegenständlich. Es verdeutliche jedoch das Interesse an der Herausgabe der dem Verfahren zugrundeliegenden rechtlichen und sachlichen Unterlagen, wie eben der geforderte Bescheid und die geforderten Gutachten.

Wenn die belangte Behörde daher davon ausgehe, dass der angefragte Bescheid selbst nicht herauszugeben sei, sei das rechtlich nicht korrekt. Als verwaltungsrechtliche Maßnahme habe der Bescheid voraussichtlich und zumindest wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf Umweltbestandteile wie Wasser, Boden, Land, die Artenvielfalt und Organismen iSd § 2 Z 3 UIG. Darüber hinaus sei davon auszugeben, dass Neonicotinoide wie das im gegenständlichen Fall gemeinte Mittel „ XXXX “ krebserregend sein könnten (mit Verweis auf Studien der EFSA) und so betreffe der Gegenstand des Bescheides auch § 2 Z 6 UIG über die menschliche Gesundheit und Faktoren mit potentiellem Einfluss darauf.

Mit dem Schreiben vom 09.03.2020 seien zwar Auskünfte über den Verfahrensverlauf übermittelt worden, bei weitem jedoch nicht alle Informationen, die begehrt worden seien und die ausreichen würden, die Beurteilung der belangten Behörde über die Zulassung nachvollziehen zu können.

Während es also zulässig sei, nicht sofort jeden angefragten Bescheid herauszugeben, müsse jedoch eine vollständige Beantwortung aller Fragen sichergestellt sein. Das sei gegenständlich nicht der Fall. Auch die Aussage der belangten Behörde, es lägen ihr keine anderen sachlichen Grundlagen für ihre Entscheidung vor, sei nicht nachvollziehbar und die Beantwortung insofern mangelhaft.

Ohne Übermittlung des Genehmigungsbescheides sei keine Kontrolle der Tätigkeit bzw. Entscheidung der belangten Behörde durch Umweltschutzorganisationen in ihrer „Watchdog-Funktion" möglich. Diese als Kontrolle staatlichen Handelns sei jedoch eine der Hauptfunktionen von Umweltschutzorganisationen und Kernpunkt der Begründung für Rechte der Öffentlichkeit der dem UIG zugrundeliegenden Aarhus-Konvention. Gerade bei gesellschaftlichen bzw. gesundheitspolitischen Anliegen müsse diese gewahrt werden.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.05.2020 bestätigte das BAES seine Antragsabweisung und führte im Wesentlichen aus, im gegenständlichen Fall sei die aktive Kommunikation der begehrten Umweltinformationen über die im behördlichen Pflanzenschutzmittelregister des BAES angeführten Auflagen und Anwendungsbestimmungen der jeweiligen Pflanzenschutzmittelzulassung gewährleistet, wobei die vorgenannten Anwendungsbestimmungen und Auflagen sowie risikominimierende Maßnahmen das Ergebnis der fachlichen Bewertung im Zuge des Zulassungsverfahrens darstellten. Der Beschwerdeführerin seien alle verlangten Umweltinformationen im begehrtem Umfang mitgeteilt worden.

7. Mit Vorlageantrag vom 10.06.2020 führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, gerade auch die fachliche Bewertung im Rahmen des Notfallzulassungsverfahrens, festgehalten im Zulassungsbescheid und im diesem zugrundeliegenden Gutachten, stelle eine Umweltinformation dar, welche wohl am einfachsten über die Herausgabe der angefragten Dokumente mitzuteilen wäre.

8. Mit Schreiben vom 26.06.2020 erfolgte die Beschwerdevorlage.

9. Mit Schreiben vom 01.07.2020 ersuchte das BVwG das BAES um ergänzende Stellungnahme und Übermittlung des Bezug habenden Bescheids.

10. Mit Schreiben vom 06.08.2020 wiederholte das BAES im Wesentlichen die bereits vorgebrachten Argumente und stellte dem BVwG den angefochtenen Bescheid in Abschrift zur Verfügung.

11. Mit Schreiben vom 17.08.2020 ersuchte das BVwG neuerlich um Stellungnahme und um Übermittlung jener Unterlagen, auf die in der Begründung des Bescheids Bezug genommen wird.

12. Mit Schreiben vom 28.08.2020 wies das BAES im Wesentlichen darauf hin, dass es sich beim Verfahren betreffend Notfallzulassungen um ein Schnellverfahren handle. Nach einem Leitfaden des BMLRT handle es sich im vorliegenden Fall um ein Verfahren der höchsten Dringlichkeitskategorie. Dabei sei neben der grundsätzlichen Begründung der Notfallsituation durch den Antragsteller auch eine Bestätigung über die Notwendigkeit des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels durch die betroffenen Bundesländer erforderlich.

In der Beilage übermittelte das BAES Unterstützungsschreiben mehrerer Landeslandwirtschaftskammern zur Notwendigkeit der beantragten Notfallzulassung, entsprechende Bestätigungen der betroffenen Bundesländer, ein Dokument betreffend das Bienenmonitoring in Zuckerrüben-Anbaugebieten 2019 – 2020 sowie fachliche Stellungnahmen zu den Jahren 2019 und 2020.

13. Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 12.11.2020 wurden die Sach- und Rechtslage erörtert. Dabei wurden die für die Entscheidung des BAES relevanten Unterlagen isoliert, benannt und im Hinblick auf ihre Eigenschaft als Umweltinformationen diskutiert.

Im Rahmen der Verhandlung äußerte der Richter seine vorläufige Rechtsansicht, dass es sich bei den strittigen Dokumenten jeweils mehr oder weniger eindeutig um Umweltinformationen handle, die (in einer noch zu klärenden Form) herauszugeben seien. Befragt, welche Unterlagen von besonderem Interesse seien, gab die Beschwerdeführerin an: Zwischenbericht der AGES zum Bienenmonitoring sowie die fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2020. Es bestünde aber auch Interesse an den übrigen Dokumenten.

14. Mit E-Mail vom 26.11.2020 informierte das BAES das BVwG von – wie in der Verhandlung vom zuständigen Richter angeregt – Gesprächen zwischen BAES und Beschwerdeführerin betreffend eine allfällige „gütliche Einigung“.

15. Mit E-Mail vom 01.12.2020 setzte das BAES das BVwG davon in Kenntnis, dass seitens des BAES der Beschwerdeführerin der Zwischenbericht der AGES zum Bienenmonitoring sowie die fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2020 und die fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2019 übermittelt wurde. Darüber hinaus wurde dem BVwG mitgeteilt, dass seitens des BAES der Beschwerdeführerin ein Termin zur fachlichen Präsentation und Erläuterung des Berichts zum Bienenmonitoring angeboten wurde.

16. Mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 17.12.2020 bestätigte diese den Erhalt der angeführten Dokumente, begehrte aber weiterhin die Herausgabe der übrigen Dokumente (mit Ausnahme des Schreibens der Fa. XXXX ). Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass das vom Behördenvertreter in der mündlichen Verhandlung erwähnte Plant Protection Products Application Management System (PPPAMS) für Umweltschutzorganisationen nicht einsehbar sei.

17. Mit E-Mail vom 16.02.2021 setzte das BAES das BVwG in Kenntnis, dass die Beschwerdeführerin über die Veröffentlichung des Abschlussberichts des Bienenmonitorings auf der Webpage der AGES informiert worden sei. Nach Auskunft der Beschwerdeführerin sehe man sich nicht dazu in der Lage, dem angebotenen Termin zur Präsentation des Bienenmonitorings nachzukommen.

18. Mit Schreiben vom 16.02.2021 wurde dem BAES das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 17.12.2020 zur Kenntnis gebracht.

19. Mit Schreiben vom 19.02.2021 teilte das BAES mit, die an die Europäische Kommission gemeldeten Antragsdaten könnten unter der Internet-Adresse https://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/eu-pesticides-database/ppp/pppeas/screen/home abgerufen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Zulassungsbescheid vom 20.12.2019, GZ. BAES-PSM-2019-12589697, erteilte das BAES für das Pflanzenschutzmittel mit der Handelsbezeichnung „ XXXX “ eine befristete Notfallzulassung gemäß Art. 51 ff. VO (EG) 1107/2008 vom 01.02.2020 bis zum 30.05.2020.

Die im Pflanzenschutzmittelregister einsehbaren Informationen lauten wie folgt (vgl. XXXX , abgerufen am 01.07.2020):

Mit Datum vom 11.03.2020 begehrte die Beschwerdeführerin nach vorgängiger fruchtloser Aufforderung die Übermittlung des Zulassungsbescheides des BAES vom 20.12.2019, GZ. BAES-PSM-2019-12589697, sowie der dem Bescheid zugrundeliegenden fachlichen Unterlagen und Gutachten.

Mit Bescheid des BAES vom 13.03.2020 wies das BAES den Antrag der Beschwerdeführerin - insoweit die verlangten Umweltinformationen nicht bereits im begehrten Umfang mitgeteilt worden seien - gemäß § 8 Abs. 1 UIG ab.

Dem angefochtenen Bescheid lagen folgende Dokumente zu Grunde:

?        Antrag auf Notfallzulassung des Pflanzenschutzmittels „ XXXX “ vom 08.11.2019

?        Begleitschreiben zum Antrag auf Notfallzulassung vom 08.11.2019

?        Unterstützungsschreiben LWK NÖ vom 07.11.2019

?        Unterstützungsschreiben LWK OÖ vom 31.10.2019

?        Unterstützungsschreiben LWK Stmk vom 04.11.2019

?        Dokument Beizmittelversuch 2019, doc 1

?        Dokument Beizmittelversuch 2019, doc 2

?        Schreiben vom 13. September 2018 (Begleitschreiben zum Antrag 2018)

?        Schreiben der Firma XXXX vom 06.11.2019

?        Stellungnahmen der Ämter der Landesregierung

?        Zwischenbericht der AGES zum Bienenmonitoring

?        fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2020

?        fachliche Bewertung des Antrags durch die AGES 2019

Die „Leitlinien für Notfallsituationen im Pflanzenschutz“ lauten auszugsweise:

„Ablauf des Zulassungsverfahrens

?        Der Antragsteller reicht die erforderlichen Daten und Unterlagen beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) ein.

?        Die spezifische Notfallsituation muss durch den Antragsteller und/oder gesetzliche Interessensvertretungen oder die Bundesländer ausreichend begründet und belegt werden.

?        In bestimmten Fällen bestätigen die einzelnen Bundesländer die Notwendigkeit des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels in ihrem Bundesland.1

?        Das BAES prüft, ob die Zulassungsvoraussetzungen insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und der Umwelt gegeben sind.

?        Zulassungen werden vom Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) mittels Bescheid erlassen

?        Jede Notfallzulassung wird unverzüglich der Europäischen Kommission und den EU-Mitgliedstaaten gemeldet.“

„Allgemeine Erfordernisse (für alle Antragsstellungen)

?        Alle Unterlagen gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die zur Bewertung erforderlich sind und die noch nicht im Rahmen eines Zulassungsverfahrens vorgelegt wurden bzw. durch Extrapolation abgeleitet werden können, u.a.

- Detaillierte Zusammensetzung sowie aktuelle Sicherheitsdatenblätter der Formulierung und der Wirk- und Beistoffe

- Vorgesehene Anwendungsbestimmungen und allfällige risikomindernde Maßnahmen

- Angaben und Unterlagen zur Beurteilung der toxikologische Eigenschaften und des Umweltverhaltens gemäß den Bestimmungen der EU-VO 1107/2009, die zur Bewertung der Antrags erforderlich sind und die noch nicht vorgelegt wurden

- Daten zum Rückstandsverhalten bei rückstandsrelevanten Kulturen bzw. Informationen über  die Einhaltbarkeit der geltenden Rückstandhöchstgehalte

?        Angaben/Unterlagen über die Notwendigkeit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels für die beantragte Indikation

?        Informationen bezüglich der Wirksamkeit und Pflanzenverträglichkeit sofern vorhanden

?        Nachvollziehbare und plausible Daten und Unterlagen über die Wichtigkeit der Bekämpfung des Schadorganismus in der betreffenden Kultur (wirtschaftliche Bedeutung, Häufigkeit des Auftretens, Probleme bei der Bekämpfung, ökonomisches Schadensausmaß)

?        Angaben/Unterlagen über die Verfügbarkeit alternativer Bekämpfungsmethoden

?        Unter bestimmten Umständen (z.B. bei Streptomycin) kann die Zulassungsbehörde zusätzliche Anforderungen festlegen.“

„Kategorie 6: Pflanzenschutzmittel enthält einen oder mehrere Wirkstoffe der/die nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt sind

?        Bestätigung der jeweiligen Bundesländer über die Notwendigkeit des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels.

?        Angaben über die unbedingt notwendige Menge an Pflanzenschutzmittel (einzelbetrieblich erfasst)

?        Angaben/Unterlagen über die unbedingt zu behandelnde Fläche (einzelbetrieblich erfasst)

?        Ausführliche Informationen bezüglich der Wirksamkeit und Pflanzenverträglichkeit

?        Ausführliche Angaben zu Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit von Tier und Mensch sowohl von Wirkstoff als auch Pflanzenschutzmittel

?        Detaillierte Informationen über das Rückstandsverhalten

?        Angaben/Unterlagen über die speziellen Vorteile bzw. Nutzen der Verfügbarkeit des beantragten Pflanzenschutzmittels

?        Angaben/Unterlagen über die Verfügbarkeit anderer chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmitteln für die Bekämpfung des Schadorganismus (mit vergleichbarem

Bekämpfungserfolg)

?        Angaben/Unterlagen über die Verfügbarkeit (anderer) biologischer Pflanzenschutzmitteln für die Bekämpfung des Schadorganismus (mit vergleichbarem Bekämpfungserfolg)

?        Angaben/Unterlagen über die Verfügbarkeit und Praktikabilität anderer alternativer Bekämpfungsmethoden (Fruchtfolge, mechanische Maßnahmen, usw.) mit vergleichbarem Bekämpfungserfolg

?        Angaben/Unterlagen zum Resistenzmanagement für die beantragte Indikation

?        Vorschlag für risikomindernde Maßnahmen hinsichtlich der Gesundheit von Mensch und Tier und der Umwelt

?        Vorschlag für ein plausibles Ausstiegsszenario
- Stand zur Genehmigung des Wirkstoffes
- Nachweisliche Erarbeitung/Entwicklung/Erforschung von alternativen          Bekämpfungsmaßnahmen (andere chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel,  biologische Pflanzenschutzmittel, mechanische oder andere alternative Maßnahmen)  und deren Finanzierung
- Vorlage eines nachvollziehbaren, plausiblen Zeitplans.“

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt und hinsichtlich der angeführten Dokumente insbesondere aus dem vom BVwG durchgeführten Ermittlungsverfahren, hier insbesondere der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Die angeführten Leitlinien des BAES sind unter https://www.baes.gv.at/zulassung/pflanzenschutzmittel/ abrufbar (zuletzt am 19.02.2021).

Strittig ist in erster Linie die rechtliche Qualifikation der Unterlagen, weshalb im Übrigen auf die rechtliche Würdigung zu verweisen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Rechtliche Beurteilung:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung:

Art. 2 Z 1 Umweltinformations-RL lautet:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1. „Umweltinformationen“ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller,  akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über
a) den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser,          Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich  Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre  Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die  Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen,
b) Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich          radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von  Stoffen in die Umwelt, die sich auf die unter Buchstabe a) genannten  Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken,
c) Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie z. B. Politiken,          Gesetze, Pläne und Programme, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die  sich auf die unter den Buchstaben a) und b) genannten Umweltbestandteile  und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen  oder Tätigkeiten zum Schutz dieser Elemente,
d) Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts,
e) Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und          Annahmen, die im Rahmen der unter Buchstabe c) genannten Maßnahmen  und Tätigkeiten verwendet werden, und
f) den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit gegebenenfalls          einschließlich der Kontamination der Lebensmittelkette, Bedingungen für  menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in dem Maße, in dem  sie vom Zustand der unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile oder  — durch diese Bestandteile — von den unter den Buchstaben b) und c)  aufgeführten Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein  können;
(…).“

Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsgesetz - UIG), BGBl. Nr. 495/1993 idF BGBl. I Nr. 74/2018:

„Umweltinformationen

§ 2. Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser,  Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich  Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und  ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die  Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich  radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von  Stoffen oder Organismen in die Umwelt, die sich auf die in Z 1 genannten  Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken;

3. Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken,  Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und  Tätigkeiten, die sich auf die in den Z 1 und 2 genannten Umweltbestandteile  und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen  oder Tätigkeiten zu deren Schutz;

4.       Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts;

5.       Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und  Annahmen, die im Rahmen der in Z 3 genannten Maßnahmen und Tätigkeiten  verwendet werden;

6.       den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit einschließlich –  soweit diesbezüglich von Bedeutung – Kontamination der Lebensmittelkette,  Bedingungen für menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in  dem Maße, in dem sie vom Zustand der in Z 1 genannten Umweltbestandteile  oder – durch diese Bestandteile – von den in den Z 2 und 3 aufgeführten  Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein können.“

„Freier Zugang zu Umweltinformationen

§ 4. (1) Das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die bei den informationspflichtigen Stellen vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, wird jeder natürlichen oder juristischen Person ohne Nachweis eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährleistet. Umweltinformationen sind vorhanden, wenn sie sich im Besitz der informationspflichtigen Stelle befinden und von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind. Umweltinformationen werden bereitgehalten, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle aufbewahrt und diese Stelle darauf einen Übermittlungsanspruch hat.

(2) Dem freien Zugang unterliegen jedenfalls Informationen über

1.       den Zustand von Umweltbestandteilen wie Wasser, Luft und Atmosphäre,  Boden, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile einschließlich genetisch  veränderter Organismen und natürliche Lebensräume, sowie die  Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

2.       die Lärmbelastung oder Belastung durch Strahlen einschließlich der durch  radioaktiven Abfall verursachten;

3.       Emissionen gemäß § 2 Z 2 in die Umwelt in zeitlich aggregierter oder  statistisch dargestellter Form;

4.       eine Überschreitung von Emissionsgrenzwerten;

5.       den Verbrauch der natürlichen Ressourcen Wasser, Luft oder Boden in  aggregierter oder statistisch dargestellter Form.

Mitteilungspflicht

§ 5. (1) Das Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen kann schriftlich oder soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich gestellt werden. Dies kann in jeder technischen Form geschehen, die die informationspflichtige Stelle zu empfangen in der Lage ist. Geht aus einem angebrachten Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Mitteilung nicht ausreichend klar hervor, so ist dem/der Informationssuchenden innerhalb einer zwei Wochen nicht übersteigenden Frist eine schriftliche Präzisierung des Ansuchens aufzutragen. Der/Die Informationssuchende ist dabei zu unterstützen. Bei Entsprechung dieses Präzisierungsauftrags gilt das Begehren als an dem Tag des Einlangens des präzisierten Ansuchens bei der informationspflichtigen Stelle eingebracht.

(2) Wird das Begehren an eine informationspflichtige Stelle gerichtet, die nicht über die Umweltinformationen verfügt, so hat sie es – falls ihr bekannt ist, dass eine andere informationspflichtige Stelle über die Informationen verfügt – möglichst rasch an diese weiterzuleiten oder den/die Informationssuchende/n auf andere ihr bekannte informationspflichtige Stellen hinzuweisen, die über diese Informationen verfügen könnten, sofern dies sachlich geboten ist oder im Interesse des/der Informationssuchenden liegt. Der/Die Informationssuchende ist von der Weiterleitung seines/ihres Begehrens jedenfalls zu verständigen.

(3) Die informationspflichtigen Stellen haben Umweltinformationen unter Bedachtnahme auf die Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe (§ 6) sowie in möglichst aktueller, exakter, vergleichbarer und allgemein verständlicher Form mitzuteilen. Auf Antrag teilen die informationspflichtigen Stellen dem/der Informationssuchenden mit, wo – sofern verfügbar – Informationen über die zur Erhebung der Informationen bezüglich Anfragen gemäß § 2 Z 2 angewandten Messverfahren, einschließlich der Verfahren zur Analyse, Probenahme und Vorbehandlung der Proben, gefunden werden können oder weisen auf ein angewandtes standardisiertes Verfahren hin.

(4) Die begehrte Mitteilung ist in jener Form zu erteilen, die im Einzelfall vom/von der Informationssuchenden verlangt wird oder in einer anderen Form, wenn dies zweckmäßig ist, wobei der elektronischen Datenübermittlung, nach Maßgabe vorhandener Mittel, der Vorzug zu geben ist. Insbesondere kann der/die Informationssuchende auf andere, öffentlich verfügbare Informationen (§ 9), die in einer anderen Form oder einem anderen Format vorliegen, verwiesen werden, sofern diese dem Informationssuchenden leicht zugänglich sind und dadurch der freie Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen gewährleistet ist. Die Gründe für die Wahl eines anderen Formates oder einer anderen Form sind anzugeben und dem/der Informationssuchenden so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle mitzuteilen.

(5) Der Zugang zu öffentlichen Verzeichnissen oder Listen und die Einsichtnahme in die beantragten Umweltinformationen an Ort und Stelle sind unentgeltlich. Kaufpreise oder Schutzgebühren für Publikationen bleiben davon unberührt. Für die Bereitstellung von Umweltinformationen kann die Bundesregierung mit Verordnung Kostenersätze festlegen. Kaufpreise, Schutzgebühren und Kostenersätze für die Bereitstellung von Umweltinformationen dürfen jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten.

(6) Dem Begehren ist ohne unnötigen Aufschub unter Berücksichtigung etwaiger vom/von der Informationssuchenden angegebener Termine, spätestens aber innerhalb eines Monats zu entsprechen. Kann diese Frist auf Grund des Umfanges oder der Komplexität der begehrten Information nicht eingehalten werden, besteht die Möglichkeit, diese Frist auf bis zu zwei Monate zu erstrecken. In diesem Fall ist der/die Informationssuchende von der Verlängerung der Frist unter Angabe von Gründen so bald wie möglich, spätestens jedoch vor Ablauf der einmonatigen Frist zu verständigen.

Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe

§ 6. (1) Die Mitteilung von Umweltinformationen darf unterbleiben, wenn

1.       sich das Informationsbegehren auf die Übermittlung interner Mitteilungen  bezieht;

2.       das Informationsbegehren offenbar missbräuchlich gestellt wurde;

3.       das Informationsbegehren zu allgemein geblieben ist;

4.       das Informationsbegehren Material, das gerade vervollständigt wird, noch  nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten  betrifft.

(2) Andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen sind unbeschadet der Mitteilungsschranken des Abs. 1 mitzuteilen, sofern ihre Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen hätte auf:

1.       internationale Beziehungen, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit  oder die umfassende Landesverteidigung;

2.       den Schutz von Umweltbereichen, auf die sich die Informationen beziehen;

3.       die Vertraulichkeit personenbezogener Daten, sofern ein schutzwürdiges  Interesse an der Geheimhaltung im Sinne der Verordnung (EU) 2016/679 zum  Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten,  zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG  (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, sowie  des Datenschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 24/2018,  besteht;

4.       Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch innerstaatliches oder  gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche  Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der  Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu  schützen;

5.       Rechte an geistigem Eigentum;

6.       die Vertraulichkeit der Beratungen von informationspflichtigen Stellen, sofern  eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist;

7.       laufende Gerichtsverfahren, die Möglichkeit einer Person, ein faires Verfahren  zu erhalten, oder die Möglichkeiten einer Behörde, Untersuchungen strafrechtlicher oder disziplinarrechtlicher Art durchzuführen.

(3) Das Interesse einer Partei an der Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist nur schutzwürdig, wenn durch die Veröffentlichung von Umweltinformationen ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis unmittelbar oder mittelbar durch die Möglichkeit von Rückschlüssen offengelegt werden kann und dadurch ein nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil des Inhabers des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses eintreten kann. Besteht dieser wirtschaftliche Nachteil bloß auf Grund einer Minderung des Ansehens der Partei in der Öffentlichkeit infolge des Bekanntwerdens umweltbelastender Tätigkeiten, so besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung.

(4) Die in Abs. 1 und 2 genannten Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformationen zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall ist das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen. Öffentliches Interesse an der Bekanntgabe kann insbesondere im Schutz folgender Rechtsgüter liegen:

1.       Schutz der Gesundheit;

2.       Schutz vor nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastungen;

oder

3.       Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

Behandlung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen

§ 7. (1) Besteht Grund zu der Annahme, daß durch die Mitteilung der begehrten Information ein schutzwürdiges Geschäfts- und Betriebsgeheimnis im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 4 berührt sein könnte, haben die informationspflichtigen Stellen den/die Inhaber/in des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses vom Informationsbegehren zu verständigen und aufzufordern, innerhalb von zwei Wochen bekanntzugeben, ob Tatsachen, die der begehrten Mitteilung unterliegen können, geheimgehalten werden sollen. In diesem Fall hat der/die Inhaber/in des möglichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses das Interesse an der Geheimhaltung zu begründen.

(2) Hat sich der/die Betroffene gegen eine Mitteilung ausgesprochen und werden die begehrten Informationen nach Prüfung der Begründung des Geheimhaltungsinteresses und Vornahme der Interessensabwägung gemäß § 6 Abs. 2, 3 und 4 mitgeteilt, so ist der/die Betroffene von der Mitteilung an den/die Informationssuchende/n schriftlich zu verständigen.

Rechtsschutz

§ 8. (1) Werden die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt, so ist hierüber ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Informationsbegehrens, ein Bescheid zu erlassen. Zuständig zur Erlassung des Bescheides ist die informationspflichtige Stelle soweit sie behördliche Aufgaben besorgt. Über gleichgerichtete Anträge kann unter einem entschieden werden.

(2) Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), sofern nicht für die Sache, in der die Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.

(3) Eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1, die zur Erlassung von Bescheiden nicht befugt ist, hat Anträge im Sinne des Abs. 1 ohne unnötigen Aufschub an die für die Führung der sachlichen Aufsicht zuständige Stelle, in sonstigen Fällen an die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel die informationspflichtige Stelle ihren Sitz hat, weiterzuleiten oder den/die Informationssuchende/n an diese zu verweisen.

(4) Über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des Art. 131 Abs. 2 B-VG (unmittelbare Bundesverwaltung) erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes; über Beschwerden in Rechtssachen in den übrigen Angelegenheiten erkennen die Verwaltungsgerichte der Länder.

(5) Behauptet ein/eine Betroffene/r, durch die Mitteilung in seinen/ihren Rechten verletzt worden zu sein, so ist auf dessen/deren Antrag von der informationspflichtigen Stelle, soweit sie behördliche Aufgaben besorgt, hierüber ein Bescheid zu erlassen. Abs. 2 bis 4 sind sinngemäß anzuwenden.“

b) Rechtliche Beurteilung:

Ausgangslage:

Die belangte Behörde erteilte mit Bescheid vom 20.12.2019, GZ. BAES-PSM-2019-12589697, eine befristete Notfallzulassung für das Pflanzenschutzmittel „ XXXX “.

Gemäß Art. 28 VO (EG) dürfen Pflanzenschutzmittel grundsätzlich nur dann in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn sie in dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß der zitierten Verordnung zugelassen wurden. Die Zulassung setzt gemäß Art. 29 Abs. 1 VO (EG) 1107/2009 wiederum voraus, dass die im Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe genehmigt wurden; vgl. Art. 4 ff. VO (EG) 1107/2009. XXXX enthält die Wirkstoffe XXXX und XXXX .

Mit der DVO (EU) 2018/784 wurde die Anwendung des Wirkstoffs XXXX im Wesentlichen auf Gewächshäuser beschränkt.

Mit der DVO (EU) 2018/1262 wurde die Zulassung des Wirkstoffs XXXX bis 31.10.2019 befristet.

Abweichend von Art. 28 kann ein Mitgliedstaat gemäß Art. 53 VO (EG) 1107/2009 unter bestimmten Umständen für eine Dauer von höchstens 120 Tagen das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels für eine begrenzte und kontrollierte Verwendung zulassen, sofern sich eine solche Maßnahme angesichts einer anders nicht abzuwehrenden Gefahr als notwendig erweist.

Bei den angeführten Wirkstoffen handelt es sich um sog. Neonicotinoide. Zum Tauziehen um diese umstrittenen Pflanzenschutzmittel kann auf die Ausführungen im Sonderbericht des EuRH Nr. 15/2020 „Schutz wilder Bestäuber in der EU — Initiativen der Kommission haben keine Früchte getragen“, S. 39 f., verwiesen werden, die in der Folge auszugsweise wiedergegeben werden (Hervorhebungen durch das BVwG, Abbildungen und Fußnoten werden nicht wiedergegeben):
„57 Neonicotinoide sind eine Gruppe von Pestiziden, die das Nervensystem von          Insekten angreifen. Seit ihrer Einführung Anfang der 1990er-Jahre werden  Neonicotinoide häufig zum Schutz von Kulturpflanzen eingesetzt, vor allem zur  Behandlung von Saatgut vor der Anpflanzung. Neonicotinoide sind systemische  Pestizide, d. h., sie werden von der Pflanze aufgenommen und zirkulieren während  des gesamten Lebenszyklus der Pflanze in deren Gewebe. Seit 2005 hat die  Kommission fünf Neonicotinoide zur Verwendung in der EU genehmigt (siehe  Abbildung 12).
58 Im Jahr 2013 beschränkte die Kommission nach mehreren Berichten über massive          Verluste von Honigbienen aufgrund der Verwendung von Imidacloprid,  Thiamethoxam und XXXX die Verwendung der drei Neonicotinoide auf  Gewächshäuser, Wintergetreide und Kulturen, die als uninteressant für Bienen  gelten41. Im April 2018 weitete die Kommission das Verbot auf alle Anwendungen der  drei Stoffe im Freien aus42.
59 Gemäß der Pflanzenschutzmittelverordnung haben die Mitgliedstaaten die          Möglichkeit, unter Umgehung des herkömmlichen Verfahrens Notfallzulassungen für  Pflanzenschutzmittel zu erteilen, wenn Schädlinge eine Gefahr darstellen, die nicht  auf eine andere vertretbare Weise eingedämmt werden kann. Zwischen 2013 und  2019 erteilten die Mitgliedstaaten 206 Notfallzulassungen für die drei in der  Anwendung beschränkten Neonicotinoide (siehe Abbildung). Die Zahl der Länder, die  Zulassungen erteilen, stieg  wie auch die Zahl der erteilten Zulassungen bis 2017  kontinuierlich an. (…).“

In der Folge wird die Praxis der Vergabe von Notfallzulassungen vom EuRH kritisch bewertet.

Zum Begriff „Umweltinformation“:

Bei der belangten Behörde handelt es sich unbestritten um eine informationspflichtige Stelle iSd § 3 Abs. 1 Z 1 UIG. Als strittig erweist sich im Wesentlichen, inwiefern es sich bei den von der Beschwerdeführerin begehrten Informationen um herausgabepflichtige Umweltinformationen handelt.

Was unter „Umweltinformationen“ zu verstehen ist, ist in § 2 UIG geregelt, der weitestgehend dem Wortlaut des Art. 2 Z 1 der Umweltinformations-RL folgt. Das Gesetz geht ebenso wie die Umweltinformations-RL von einem weiten Begriffsverständnis aus; vgl. etwa VwGH 24.10.2013, 2013/07/0081; 08.04.2014, 2012/05/0061; oder jüngst VwGH 24.10.2019, Ra 2019/07/0021.

Insgesamt werden in § 2 UIG mehrere Kategorien von Umweltinformationen unterschieden:

Umweltzustandsdaten (Z 1) sind insbesondere Daten über den Zustand der Umwelt, der in Z 1 (demonstrativ) aufgezählten Umweltmedien sowie über die Wechselwirkungen zwischen diesen. Umweltzustandsdaten können sich nicht nur auf gegenwärtige, sondern auch auf vergangene bzw. zukünftige Zustände beziehen (vgl. Brünner/Schnedl, ÖJZ 1996, 655). Umweltzustandsdaten sind in erster Linie Immissionsdaten, die aufgrund von Diffusion nicht mehr einem einzelnen Emittenten zugeordnet werden können (Ennöckl/Maitz, Umweltinformationsgesetz2, 24).

Umweltfaktoren (Z 2) sind insbesondere Stoffe, Energie, Lärm, Strahlung, Abfall, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen oder Organismen in die Umwelt. Es handelt sich um jene Einflüsse, die sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (Ennöckl/Maitz, Umweltinformationsgesetz2, 24) negativ auf die Umwelt auswirken. Die bloße Möglichkeit einer Auswirkung genügt nicht.

Umweltmaßnahmen sind nach der (demonstrativen) Aufzählung des § 2 Z 3 UIG „zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den Z 1 und 2 genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz“. Als Beispiele anerkennt die Judikatur Verwaltungsakte wie etwa Betriebsanlagengenehmigungsbescheide (vgl. VwGH 12.7.2000, 2000/04/0064), behördliche Stellungnahmen im Rahmen eines UVP-Verfahrens (vgl. VwGH 24.10.2013, 2013/07/0081) oder den Akteninhalt eines Flächenwidmungsverfahrens (vgl. VwGH 08.04.2014, 2012/05/0061), nicht jedoch etwa Informationen über Zahl und Art von verhängten Verwaltungsstrafen (vgl. VwGH 28.9.2011, 2009/04/0205; EuGH 12.6.2003, Rs C-316/01 [Eva Glawischnig/Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen]; vgl. auch VwGH 12.07.2000, 2000/04/0064, wonach die Frage nach dem Zeitpunkt, in dem ein Ansuchen zur Errichtung von Parkplätzen für ein Möbelhaus gestellt wurde, mit „Umweltdaten“ nichts zu tun hat). Umwelttätigkeiten sind alle menschlichen Aktivitäten, welche die Umwelt beeinträchtigen (vgl. z.B. VwGH 24.5.2012, 2010/03/0035 betreffend einen Antrag auf Errichtung eines Hubschrauberlandeplatzes).

Daneben werden in § 2 UIG auch Umweltberichte (Z 4), umweltrelevante Wirtschafts-Analysen (Z 5) sowie umweltrelevante Gesundheitsdaten bzw. umweltrelevante Informationen über die „künstliche“ Umwelt (Z 6) genannt.

Unmittelbar einschlägig für die vorliegende Rechtssache erscheint das Urteil des EuGH vom 29.05.2009, C-266/09. In diesem Urteil führt der EuGH in den Rz. 37 ff. aus:
„38 Mit dem streitigen Bescheid wird die Bekanntgabe von Studien über Rückstände          und Protokollen von Feldversuchen verweigert, die in einem Verfahren zur  Ausdehnung der Zulassung eines in den Anwendungsbereich der Richtlinie 91/414  fallenden Mittels vorgelegt wurden. Beim Erlass dieser Richtlinie hat der Gesetzgeber  der Union, wie sich aus ihrem vierten Erwägungsgrund ergibt, u. a. festgestellt, dass  die Pflanzenschutzmittel nicht nur nützliche Auswirkungen auf die Pflanzenerzeugung  haben und dass sie auch Risiken und Gefahren für den Menschen, die Tiere und die  Umwelt mit sich bringen, insbesondere dann, wenn sie ungeprüft und ohne amtliche  Zulassung in den Verkehr gebracht und unsachgemäß angewandt werden.
39 Die im streitigen Bescheid enthaltenen Informationen über Rückstände eines          Pflanzenschutzmittels auf Lebensmitteln wurden somit unstreitig im Rahmen eines  Zulassungsverfahrens vorgelegt, bei dem es gerade darum geht, Risiken und Gefahren  für den Menschen, die Tiere und die Umwelt auszuschließen. Wie sich aus Art. 2 Nr. 1  Buchst. f der Richtlinie 2003/4 ergibt, können diese Informationen daher als solche  den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, gegebenenfalls  einschließlich der Kontamination der Lebensmittelkette, betreffen.
40 Gemäß Art. 2 Nr. 1 Buchst. f fallen derartige Informationen jedoch nur insoweit in          den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/4, als der Zustand der menschlichen  Gesundheit und Sicherheit sowie die Kontamination der Lebensmittelkette, auf die sie  sich beziehen, vom Zustand der in Art. 2 Nr. 1 Buchst. a genannten  Umweltbestandteile oder – durch diese Bestandteile – von den in Art. 2 Nr. 1 Buchst.  b und c aufgeführten Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein  können.
41 In Art. 2 Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/4 sind Umweltbestandteile wie Luft          und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume  einschließlich Feuchtgebiete, Küsten? und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre  Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die  Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen genannt. In Art. 2 Nr. 1 Buchst. b  sind Faktoren wie insbesondere Stoffe, Abfall, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges  Freisetzen von Stoffen in die Umwelt aufgeführt, die sich auf die in Art. 2 Nr. 1 Buchst.  a genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken.
42 Im vorliegenden Fall soll mit der Herausgabe von Informationen über das Vorliegen          von Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in oder auf Pflanzen, wie im  Ausgangsverfahren Salat, somit – da sie die Überprüfung der Höhe des festgelegten  RHG ermöglicht – das Risiko von Auswirkungen auf einen der Bestandteile der  Artenvielfalt sowie das Risiko der Verbreitung dieser Rückstände insbesondere auf  dem Boden oder im Grundwasser begrenzt werden. Solche Informationen betreffen,  auch wenn sie selbst nicht unmittelbar eine Beurteilung der Folgen dieser Rückstände  auf die menschliche Gesundheit enthalten, Umweltbestandteile, die sich bei  übermäßigem Vorliegen dieser Rückstände auf die menschliche Gesundheit  auswirken können, was anhand dieser Informationen gerade überprüft werden soll.
43 Unter diesen Umständen ist auf die erste Frage zu antworten, dass der Begriff          „Umweltinformationen“ in Art. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass  auch Informationen darunter fallen, die im Rahmen eines nationalen Verfahrens zur  (Ausdehnung der) Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Hinblick auf die  Festsetzung der in Ess- oder Trinkwaren zulässigen Höchstmenge eines  Schädlingsbekämpfungsmittels, eines Bestandteils hiervon oder von Abbauprodukten  übermittelt werden.“

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte der EuGH etwa in seinem Urteil vom 23.11.2016, C?442/14. Zur Rechtsprechung des EuGH vgl. auch die „Thematische Übersicht – Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen“, abrufbar unter https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-05/fiche_thematique_-_environnement_-_de.pdf.

Für den gegenständlichen Fall hervorzuheben ist ferner, dass – der allgemeinen Systematik bei Wirkstoffzulassungen folgend – der Antragsteller im Rahmen einer Notfallzulassung alle für die Beurteilung erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen hat (vgl. die oben auszugsweise abgedruckten Leitlinien des BAES). Das BAES prüft diese Angaben offensichtlich im Wesentlichen auf Plausibilität. Insofern kann der Argumentation des BAES, die Prüfung erfolge stets amtswegig, weshalb die beigebrachten Informationen für die Entscheidungsfindung nur bedingt von Bedeutung seien, grundsätzlich nicht gefolgt werden. Letztlich wird der knapp gehaltene Zulassungsbescheid auch nur in Zusammenhang mit dem Antrag und den mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar.

Zur Qualifikation der Dokumente im Einzelnen:

Zum Zulassungsbescheid:

Nach der Rechtsprechung des VwGH bezwecken die Bestimmungen des UIG nicht, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die „auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen“; vgl. etwa VwGH 30.03.2017, Ro 2017/07/0004 (Anerkennungsbescheide von Umweltorganisationen).

Informationen sind allerdings dann zugänglich zu machen, wenn sie - bezogen auf § 2 Z. 3 UIG - Tätigkeiten oder Maßnahmen betreffen, die sich auf die maßgeblichen Umweltgüter auswirken oder wahrscheinlich auswirken, also diesbezüglich „zumindest beeinträchtigend wirken können“; VwGH 30.03.2017, Ro 2017/07/0004.

Ein Bescheid betreffend die Notfallzulassung von Pflanzenschutzmitteln stellt unzweifelhaft eine „Verwaltungsmaßnahme“ iSd § 2 Z. 3 UIG dar, zumal sich sein Inhalt auf die in § 2 Z. 1 UIG genannten Umweltbestandteile bzw. die in § 2 Z. 2 UIG genannten Umweltfaktoren auswirken kann.

Seitens des BAES wurde darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des VwGH nicht geboten ist, immer das gesamte Dokument, das die Umweltinformationen enthält, zu übermitteln. Im vom BAES ins Treffen geführten Erkenntnis VwGH 25.05.2016, Ra 2015/10/0104, hat der VwGH allerdings auch festgehalten, dass ausschlaggebend für die Wahl der Form der Übermittlung Zweckmäßigkeitserwägungen sind, wobei die Gründe für die Wahl einer anderen Form dem Informationssuchenden mitzuteilen sind.

Seitens des BAES wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass zum einen die wesentlichen Eckdaten des Bescheids bekanntgegeben worden seien (Grund für die Zulassung, zugelassene Gesamtmenge, maximale Aussaatfläche) und dass sich zum anderen die fachliche Beurteilung aus den Anwendungsbestimmungen ergebe, die dem Pflanzenschutzmittelregister zu entnehmen seien.

Im vom VwGH zu behandelnden Anlassfall wurden allerdings konkrete Fragen gestellt, die durch Übermittlung der Verfahrensunterlagen beantwortet werden sollten. Die belangte Behörde beantwortete die Fragen, übermittelte aber nicht die Bezug habenden Unterlagen. Dies erschien dem VwGH zweckmäßig. Im vorliegenden Fall wird explizit die Übermittlung des Zulassungsbescheids begehrt. Weshalb es zweckmäßiger sein sollte, bloß die wesentlichen Eckpunkte des ohnedies knapp gehaltenen Bescheids bekanntzugeben, ist für das BVwG nicht nachvollziehbar, weshalb der gesamte Bescheid herauszugeben ist. Nur auf diese Weise erscheint gewährleistet, dass die Bezug habenden Unterlagen in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden können.

Zum Antrag auf Notfallzulassung des Pflanzenschutzmittels „ XXXX “ vom 08.11.2019:

Nach der Rechtsprechung des VwGH sind auch die den Inhalt eines Projekts näher umschreibenden Unterlagen (Anträge, Projektbeschreibungen, Pläne, Gutachten) als Umweltinformationen im Sinne eines weiten Begriffsverständnisses zu qualifizieren; vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2015/10/0113. Ohne Kenntnis des verfahrenseinleitenden Antrags kann z.B. der genaue Umfang einer Bewilligung oft nicht nachvollzogen werden kann; VwGH 25.05.2016, Ra 2015/10/0104.

Wie oben dargestellt, setzt die Erteilung einer Notfallzulassung im Wesentlichen die Bereitstellung aller relevanten Informationen voraus, die für die Genehmigung erforderlich sind.

Vor diesem Hintergrund ist auch der Antrag herauszugeben.

Zwar konnte das BVwG feststellen, dass das PPPAMS-System unter der vom BAES angegebenen Internet-Adresse tatsächlich für die Öffentlichkeit einsehbar ist. Die einsehbaren Daten ersetzen aber nicht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Herausgabe der Antragsunterlagen. Dies erhellt schon aus dem Antragsformular des BAES selbst, aus dem hervorgeht (vgl. Pkt. 11), dass die Antragserfassung zusätzlich zur regulären Antragstellung an das BAES durchzuführen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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