TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/8 W209 2231591-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2021
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Entscheidungsdatum

08.04.2021

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §33
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W209 2231591-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Robert IGALI-IGALFFY, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen den Bescheid der der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Niederösterreich, vom 18.02.2020, GZ: VA/ED-FP-0008/2020, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in Höhe von € 2.200,00 wegen unterlassener Anmeldung der Dienstnehmer XXXX , VSNR XXXX , XXXX , VSNR XXXX , XXXX , VSNR XXXX , und XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung nach Beschwerdevorentscheidung vom 12.05.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 18.02.2020 schrieb die belangte Behörde (im Folgenden: ÖGK) dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 2.200,00 vor, weil er es unterlassen habe, die im Spruch genannten Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung zu melden. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer am 10.10.2019 auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei festgestellt worden sei, dass für die oben angeführten Dienstnehmer die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Der vorgeschriebene Beitragszuschlag setze sich aus dem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von € 1.600,00 und dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von € 600,00 zusammen.

2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die damit begründet wurde, dass der bekämpfte Bescheid erlassen worden sei, ohne den maßgebenden Sachverhalt zu klären und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Äußerung einzuräumen. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs stelle jedenfalls eine grobe Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Der Beschwerdeführer sei seit 20 Jahren handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH. In all den Jahren sei es nie zu einem Verstoß gegen das ASVG gekommen und sei er niemals damit konfrontiert worden, zu spät oder unrichtig beschäftigte Personen vor Arbeitsantritt gemeldet zu haben. Der Beschwerdeführer sei knapp vor dem Einzug in sein neues Einfamilienhaus gestanden. Aufgrund seiner starken privaten und geschäftlichen Belastung habe er einfach vergessen, die vier am 10.10.2019 betretenen Arbeitnehmer zu melden. Der Umzug ins neue Haus habe am 12.10.2019 stattgefunden. Bei Erhebung dieses Sachverhaltes durch die belangte Behörde wäre es zu einer anderslautenden Entscheidung gekommen.

Dem Verwaltungsakt sei zu entnehmen, dass die bei der Kontrolle betretenen Arbeitnehmer nachträglich rückwirkend mit Dienstbeginn am 10.10.2019 angemeldet worden seien. Die Folgen der erstmaligen verspäteten Anmeldung seien daher unbedeutend und sehe der Gesetzgeber gemäß § 113 Abs. 3 ASVG für diesen Fall vor, dass auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen könne. Diese Bestimmung sei im Sinne des Gesetzgebers auszulegen, wonach Beitragszuschläge nicht zwingend vorgeschrieben werden müssen, sondern habe der Gesetzgeber hier ausdrücklich nur eine Möglichkeit der Vorschreibung definiert.

In Anbetracht obiger Umstände werde daher begehrt, der Beschwerde Folge zu geben und den Beitragszuschlag zur Gänze zu beheben oder allenfalls erheblich zu reduzieren.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.05.2020 wurde die Beschwerde abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass unstrittig feststehe, dass die vier am 10.10.2019 Betretenen in einem Dienstverhältnis zum Beschwerdeführer gestanden seien und die erforderlichen Anmeldungen erst am 11.10.2019, somit nach Arbeitsantritt, erstattet worden seien. Damit stehe fest, dass der Beschwerdeführer es als Dienstgeber unterlassen habe, die Beschäftigten gemäß § 33 ASVG vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Selbst wenn seitens der Kasse den in der Beschwerde vorgebrachten Ausführungen gefolgt werde, wonach der Beschwerdeführer seit 20 Jahren handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH sei, es in all den Jahren nie zu einem Verstoß gegen das ASVG gekommen sei und er zum Zeitpunkt der Betretung einer starken privaten und geschäftlichen Belastung ausgesetzt gewesen sei, hätte dies nicht zu einer anderslautenden Entscheidung der Kasse geführt.

Zweck des Beitragszuschlages sei es, den durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung auszugleichen (vgl. RV 77 BlgNR 23. GP 5), sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat („Verursacherprinzip“). Der Beitragszuschlag sei demnach „ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung“ (VwGH 19.01.2011, 2010/08/0255) und stelle keine Verwaltungsstrafe dar.

Daher sei es nach der Rechtsprechung auch unerheblich, ob auf Seiten des Verpflichteten Verschulden vorliegt – es komme bei der Vorschreibung eines Beitragszuschlages lediglich auf die objektive Tatsache der nicht oder zu spät erfolgten Meldung sozialversicherungsrechtlich relevanter Umstände an (VwGH 26.01.2005, 2004/08/0141).

Zum Beschwerdevorbringen, dass es sich verfahrensgegenständlich um die erstmalige verspätete Anmeldung handle, deren Folgen unbedeutend seien, sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend angesehen werden könnten, wenn sich der Meldeverstoß auf vier Arbeiter gleichzeitig ausgewirkt habe und im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei noch andauere (VwGH 18.11.2009, 2008/08/0246).

4. Auf Grund des vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages, in welchem das Beschwerdevorbringen wiederholt wurde, legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 05.06.2020 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Im Zuge einer am 10.10.2019 von Organen der Finanzpolizei an der Adresse des Beschwerdeführers durchgeführten Kontrolle wurden die im Spruch genannten Personen bei Pflasterungsarbeiten angetroffen, ohne vorher zur Pflichtversicherung gemeldet worden zu sein.

Die Liegenschaft, auf der sich die Baustelle befand, steht im Eigentum des Beschwerdeführers.

Die Genannten waren seit 08.10.2019, 12:00 Uhr, auf der Baustelle tätig und erhielten dafür vom Beschwerdeführer 10,00 € pro Stunde als Entlohnung. Auch die Arbeitsanweisungen erhielten sie vom Beschwerdeführer.

Am 11.10.2019 meldete der Beschwerdeführer die Betretenen per 08.10.2019 (bis 11.10.2019) rückwirkend zur Sozialversicherung.

Dem Beschwerdeführer wurde bislang noch kein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 414 Abs. 2 ASVG sieht in den in § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG aufgezählten Angelegenheiten die Entscheidung durch einen Senat unter Laienrichterbeteiligung vor, wenn dies von einer Partei beantragt wird; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründen würde. Mangels eines solchen Antrages liegt jedoch Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Nach § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).

Für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a ASVG).

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Nach § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 400 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 600.

Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Im vorliegenden Fall ist zunächst als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 Abs. 1 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Den Feststellungen folgend wurden die Betretenen am Grundstück des Beschwerdeführers tätig.

Als Dienstgeber im Sinne des ASVG gilt gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.

Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer Eigentümer der Liegenschaft ist, auf der die hier in Rede stehenden Arbeiten durchgeführt wurden, begründet zwar keinen Betrieb (vgl. VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024). Das Fehlen einer maßgeblichen betrieblichen Struktur steht der Dienstgebereigenschaft des Beschwerdeführers aber nicht entgegen (vgl. VwGH 14.02.2013, 2011/08/0115).

Da der Beschwerdeführer nicht als Inhaber eines Betriebes zu qualifizieren ist, in dem die betretenen Personen integriert gewesen wären, ist für die Dienstgebereigenschaft iSd § 35 Abs. 1 ASVG entscheidend, ob die Baustelle auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers geführt worden ist (vgl. VwGH 07.09.2011, 2008/08/0165).

Zur Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb (die Tätigkeit) geführt wird, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass dies jene Person ist, die nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird. Es kommt darauf an, wen das Risiko des Betriebs im Gesamten unmittelbar trifft; dieser Person muss im Fall der Betriebsführung durch Dritte zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung (durch Weisung, Kontrolle etc. vor allem in Bezug auf das im Blick stehende Beschäftigungsverhältnis) zustehen (vgl. zuletzt 27.08.2019, Ra 2016/08/0074 mHa VwGH VwGH 28.09.2018, Ra 2015/08/0080; eingehend auch Julcher in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg.), Der SV-Komm (179. Lfg.), § 35 ASVG Rz 11 ff; mwN).

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wurden die Betretenen auf Basis eines Stundenlohns von € 10,00 für den Beschwerdeführer tätig. Somit traf jedenfalls den Beschwerdeführer das Risiko einer potenziell längeren Dauer der Arbeiten. Schließlich hätten Verzögerungen zu Mehrkosten seinerseits geführt, indem er die Betretenen für die zusätzliche Arbeit bezahlen hätte müssen.

Dass der Beschwerdeführer in rechtlicher Hinsicht Einfluss auf die Arbeiten nehmen konnte, ist in seiner Eigenschaft als Eigentümer der Liegenschaft als gegeben anzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist der Beschwerdeführer daher als Dienstgeber anzusehen.

Bei den verrichteten Arbeiten handelte es sich um manuelle Tätigkeiten, die ihrer Art nach keine höhere Qualifikation erforderten. Die Betretenen brachten im Wesentlichen nur ihre eigene Arbeitskraft ein und verfügten über keine eigene Betriebsorganisation. Aus solchen Erwerbstätigen werden auch dann keine selbständigen Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (vgl. VwGH 24.04.2014, 2013/08/0258, mwN). Eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages lag daher nicht vor.

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, 2003/08/0182).

Fallgegenständlich liegen keine atypischen Umstände vor, die der Qualifikation von Dienstverhältnissen im üblichen Sinne entgegenstehen. In Ermangelung eines Betriebes des Beschäftigers, in den die Beschäftigten integriert gewesen sind, reicht das bloße Vorliegen einfacher manueller Arbeiten im Allgemeinen aber nicht aus, um (schon deshalb) vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ausgehen zu können (vgl. etwa VwGH 13.11.2013, 2013/08/0146; 20.3.2014, 2012/08/0024; sowie VwGH 31.7.2014, 2012/08/0253; 28.9.2018, Ra 2015/08/0080). Allein die Tatsache, dass die verrichtete Tätigkeit keine besondere Qualifikation erfordert, lässt nämlich – ohne Hinzutreten weiterer Umstände – noch keine Vermutung zu, die im Sinn der genannten Rechtsprechung die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht berechtigen könnte, ohne weitere Erhebungen von einem Dienstverhältnis auszugehen. Ist eine Vermutung der genannten Art, die die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht berechtigen könnte, von einem Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen, nicht zu bejahen, so ist anhand näherer Umstände des Falles zu klären, ob bei der Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist (vgl. VwGH 31.07.2014, 2012/08/0253; 13.11.2013, 2013/08/0146).

Zwar unterliegt die Beschäftigung auch dann der Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG, wenn persönliche Abhängigkeit verneint wird. Zu beachten ist allerdings, dass eine Pflichtversicherung als (persönlich unabhängiger) freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 Z 1 ASVG die Erbringung von Dienstleistungen für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.) voraussetzt. Die Erbringung von Dienstleistungen im privaten Bereich ist daher von der Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG ausgeschlossen (vgl. VwGH 13.11.2013, 2013/08/0146, mwN; sowie VwGH 17.11.2004, 2002/08/0211).

Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt – im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares – davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) – nur beschränkt ist (vgl. VwGH [verstärkter Senat] 10.12.1986, 83/08/0200, VwSlg. 12.325/A). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 20.02.2020, Ra 2019/08/0171, mwN).

Vorliegend stellt der Arbeitsort kein unterscheidungskräftiges Kriterium dar, da im Falle von Arbeiten an einem Einfamilienhaus eine Bindung daran auch bei einem selbständig Erwerbstätigen gegeben wäre. Was die Gebundenheit in Bezug auf die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten anlangt, ist jedoch festzuhalten, dass es sich den Feststellungen zufolge um stundenweise entlohnte Arbeiten handelte, bei denen der Ausführende über keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum verfügte. Auch die Arbeitsanweisungen erteilte der Beschwerdeführer. Damit war die Bestimmungsfreiheit der Betretenen weitgehend ausgeschaltet und nicht nur beschränkt, was im Lichte der oben angeführten Judikatur für die Annahme persönlicher Abhängigkeit spricht.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (vgl. VwGH 19.03.1984, 81/08/0061).

Demensprechend ist davon ausgehen, dass die Betretenen als (persönlich und wirtschaftlich abhängige) Dienstnehmer für den Beschwerdeführer tätig waren. Die belangte Behörde ging somit im Ergebnis zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer die Betretenen entgegen § 33 Abs. 1 ASVG nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet hat.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass den Beschwerdeführer kein oder nur ein geringes Verschulden an der nicht rechtzeitigen Meldung treffe, ist darauf hinzuweisen, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einem Beitragszuschlag um keine Bestrafung handelt, sondern bloß um eine – wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwands in der Verwaltung – sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit um ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung. Für die Vorschreibung ist daher nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2016/08/0032, mwN).

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die Voraussetzungen für den Entfall des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung und die Herabsetzung des Teilbetrags für den Prüfeinsatz vorlägen, ist ihm zwar zuzugestehen, dass es sich um einen erstmaligen Meldeverstoß gehandelt hat. Die Anmeldung der Dienstnehmer war jedoch zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (vgl. VwGH 11.07.2012, 2012/08/0137, mwN). Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend erkannt hat.

Der Beschwerdeführer hat auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufgezeigt, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig im Sinn des vierten Satzes des § 113 Abs. 2 ASVG erscheinen lassen könnten. Damit erfolgte die Vorschreibung auch der Höhe nach zu Recht.

Demensprechend war die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete jedoch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, weil der maßgebliche Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist.

Da somit auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragszuschlag Dienstgebereigenschaft Dienstnehmereigenschaft Meldeverstoß persönliche Abhängigkeit Rechnung und Gefahr Sozialversicherung wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2231591.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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