TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/6 W228 2239608-1

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Veröffentlicht am 06.04.2021
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Entscheidungsdatum

06.04.2021

Norm

ASVG §18b
ASVG §225
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W228 2239608-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 09.11.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Am 14.10.2020 beantragte XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen (ihres Ehegatten XXXX , geb. XXXX 1963) gemäß § 18b ASVG ab dem Jahr 2012.

Mit Bescheid vom 09.11.2020, Zl. XXXX , hat die Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien (im Folgenden: PVA), den Anspruch auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des nahen Angehörigen Herrn XXXX , geb. XXXX 1963, ab 01.10.2019 anerkannt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.09.2019 die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben ist. Für diese Zeit liege folgender Ablehnungs- bzw. Beendigungsgründe vor: Der nahe Angehörige habe keinen Anspruch auf Pflegegeld in Höhe der Stufe 3, 4, 5, 6 oder 7 gemäß § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder eines Landespflegegeldgesetzes. Beiträge zur Selbstversicherung könnten nur für Beitragszeiträume entrichtet werden, welche nicht mehr als zwölf Monate vor der Antragstellung liegen.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25.11.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte sie aus, dass ihr Mann seit 01.01.2018 Pflegegeld der Stufe 3 beziehe. Daher beantrage sie, ihren Anspruch auf Selbstversicherung zur Pflege ihres Mannes ab 01.01.2018 anzuerkennen.

Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.02.2021 vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 22.02.2021 der Beschwerdeführerin das Beschwerdevorlageschreiben der belangten Behörde vom 15.02.2021 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 14.10.2020 beantragte die Beschwerdeführerin die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehemannes XXXX , geb. XXXX 1963, ab dem Jahr 2012.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin bezieht seit 01.01.2018 ein Pflegegeld in der Höhe der Stufe 3.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem übermittelten Verwaltungsakt, insbesondere aus dem gegenständlichen Antrag vom 14.10.2020 sowie dem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 29.01.2018 über die Neubemessung des Pflegegeldes ab 01.01.2018, und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In Ermangelung einer entsprechenden Anordnung der Senatszuständigkeit im ASVG liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 18b Abs. 1 ASVG können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern.

Gemäß § 18b Abs. 2 ASVG beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

Gemäß § 18b Abs. 3 ASVG endet die Selbstversicherung mit dem Ende des Kalendermonats, in dem entweder die Pflegetätigkeit oder eine sonstige Voraussetzung nach Abs. 1 weggefallen ist oder in dem die pflegende Person den Austritt aus dieser Versicherung erklärt hat.

Gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG sind Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind, als Beitragszeiten anzusehen.

Da der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für den Zeitraum ab 01.10.2019 bereits durch die belangte Behörde anerkannt wurde, ist im vorliegenden Verfahren - unter Zugrundelegung des entsprechenden Beschwerdevorbringens - nur noch strittig, ob dieser Anspruch auch für den Zeitraum vor dem 01.10.2019 besteht.

Zur Frage der zeitlichen Begrenzung der rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, Folgendes ausgesprochen:

"Die Berechtigung einer Person, sich nach § 18b Abs. 1 und 2 ASVG für bestimmte Zeiten in der Pensionsversicherung selbst zu versichern, ist zwar nicht ident mit der Frage, ob die Zeit, die zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt hat bzw. hätte, als Beitragszeit im Sinne des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG anzusehen ist. Unter der Berechtigung, sich gemäß § 18b ASVG für bestimmte Zeiten selbst zu versichern, ist aber, wie sich sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung im Zusammenhalt mit § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG als auch aus ihrem daraus erhellenden Zweck ergibt, nichts anderes gemeint als die Berechtigung, für bestimmte, in § 18b ASVG genannte Zeiten durch Beitragsentrichtung wirksam Beitragszeiten in der Pensionsversicherung zu erwerben. Steht daher im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde fest, dass der (die) Antragsteller (Antragstellerin) für die von ihm (ihr) entsprechend § 18b ASVG gewählte oder danach begrenzte Zeit nach § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG Beitragszeiten nicht mehr wirksam erwerben kann, so ist seine (ihre) Berechtigung zur Selbstversicherung zu verneinen. Auch wenn der Versicherte als Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Versicherung auch einen bereits verstrichenen Zeitpunkt wählen kann, ergibt sich aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann" (Verweis auf VwGH 22. 11.1994, Zl. 93/08/0226, sowie 15. 05 2013, Zl. 2011/08/0012).

Auch in den Entscheidungen vom 07.04.2016, Ro 2014/08/0085 und Ro 2015/08/0001, hat der Verwaltungsgerichtshof jeweils die Anwendung des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG bejaht und die damit verbundene zeitliche Begrenzung einer rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten im Sinn der allgemeinen Regel auf zwölf Monate (frühestmöglicher Beginn war also jeweils der vor der Antragstellung liegende Monatserste des Vorjahres) klargestellt. Weiters wurde (implizit) auch zum Ausdruck gebracht, dass die im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG enthaltene Sonderregelung für die Fälle des § 18 bzw. § 18a iVm. § 669 Abs. 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG nicht anzuwenden ist.

Im Hinblick darauf ist auch im hier zu beurteilenden Fall die von der Beschwerdeführerin beantragte rückwirkende Anerkennung von Beitragszeiten lediglich im Umfang von zwölf Monaten zulässig. Für eine darüber hinausgehende Anerkennung von Beitragszeiten besteht keine Rechtsgrundlage.

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin ihren verfahrensgegenständlichen Antrag am 14.10.2020 gestellt. Dies bedeutet unter Zugrundelegung der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass der frühestmögliche Zeitpunkt für den Beginn der Selbstversicherung der 01.10.2019 ist. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Anspruch auf Selbstversicherung erst ab diesem Zeitpunkt anerkannt.

Ein vor dem 14.10.2020 eingebrachter Antrag auf Selbstversicherung ist weder aktenkundig noch wurde seitens der Beschwerdeführerin behauptet, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehemannes beantragt wurde.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

naher Angehöriger Pensionsversicherung Pflegegeld Selbstversicherung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2239608.1.00

Im RIS seit

01.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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