TE Bvwg Beschluss 2021/3/1 W221 2238764-1

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Veröffentlicht am 01.03.2021
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Entscheidungsdatum

01.03.2021

Norm

BDG 1979 §112
B-VG Art133 Abs4
GehG §13a
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W221 2238764-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Grass und Mag. Dorner, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Vorarlberg vom 21.10.2020, Zl. PAD/20/00859536/002/AA, den Beschluss:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Sachverhalt:

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Vorarlberg vom 21.10.2020, zugestellt am 04.12.2020, wurden die Monatsbezüge des Beschwerdeführers gemäß § 112 Abs. 5 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) vom 01.03.2019 bis 30.06.2019 auf 0 gekürzt, da der Beschwerdeführer im Zeitraum seiner Suspendierung einer unerlaubten Nebenbeschäftigung nachgegangen sei, aus der er Einkünfte erzielt habe, die ein Drittel seines Monatsbezuges überstiegen hätten. Somit ergebe sich ein Übergenuss in der Höhe von EUR 8.283,50, welcher von der belangten Behörde zurückgefordert werde. Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer vom 30.11.2018 bis zum Ende seines Dienstverhältnisses suspendiert gewesen sei. Am 14.06.2019 habe der Beschwerdeführer der belangten Behörde mitgeteilt, dass er seit Anfang März 2019 in der Schweiz einer Nebenbeschäftigung nachgehe. Eine diesbezügliche Meldung an die Dienstbehörde habe er jedoch unterlassen. Die Dienstbehörde habe die Tätigkeit des Beschwerdeführers als sonstige Tätigkeit im Kernbereich eines Sicherheitsgewerbes eingestuft, welche nach § 4 Abs. 1 Z 5 der Nebenbeschäftigungsverordnung – Inneres (BGBl. II 84/2016) unzulässig sei. Die Nebenbeschäftigung habe ein Drittel des damaligen Monatsbezuges des Beschwerdeführers ausgemacht, was eine Kürzung der verbleibenden zwei Drittel in der Höhe von EUR 1.947,36 auf 0 zur Folge habe. Der Beschwerdeführer habe die monatlichen Einkünfte aus der Nebenbeschäftigung mit EUR 4.000,00 beziffert, welche daher als Basis für die Berechnung herangezogen worden seien. Der entstandene Übergenuss in der Höhe von EUR 8.283,50 müsse daher zurückgefordert werden. Eine direkte Kürzung der Bezüge sei nicht möglich. Soweit der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens angegeben habe, dass der Betrag unbestimmt sei, werde auf eine im Bescheid angeführte Auflistung der Monatsbezüge (Gehaltsabrechnung aus dem SAP) verwiesen. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen zu Nebenbeschäftigungen während einer Suspendierung klar im BDG 1979 geregelt seien. Außerdem sei der Beschwerdeführer am 14.06.2019 auf die Bestimmung des § 112 Abs. 5 BDG hingewiesen worden. Der Übergenuss habe daher nicht gutgläubig verbraucht werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 10.12.2020 bei der belangten Behörde einlangte. Darin führt er aus, dass weder Spruch, noch Begründung des angefochtenen Bescheides nachvollziehbar seien. Es fehle die Grundlage für die errechnete Rückforderung in der Höhe von EUR 8.283,50. Dieser lasse sich aus dem Spruch des Bescheides nicht errechnen. Werde im angefochtenen Bescheid auf § 112 Abs. 4a BDG 1979 (nunmehr: § 112 Abs. 4 BDG 1979) verwiesen, so hätte zunächst festgestellt werden müssen, wie hoch der durch die Suspendierung auf 2/3 gekürzte Mindestbezug gewesen sei. Weiter hätte festgestellt werden müssen, wie hoch ein Drittel des Monatsbezuges sei. Diesbezügliche Feststellungen seien dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht zu entnehmen. Auch könnten die Überlegungen, wonach das vom Beschwerdeführer angegebene Einkommen aus der Nebenbeschäftigung ein Drittel des Monatsbezuges übersteige, was eine Kürzung der verbleibenden zwei Drittel von EUR 1.947,36 auf 0 zu Folge habe, nicht nachvollzogen werden. Es werde im angefochtenen Bescheid kein Versuch unternommen, darzulegen, wie der Betrag von EUR 8.283,50 errechnet worden sei. Dem angefochtenen Bescheid sei auch nicht zu entnehmen, ob es sich um einen Feststellungs- oder Leistungsbescheid handle und zudem sei dieser, da der Spruch unklar formuliert sei, nicht exekutierbar. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass sich die belangte Behörde zwar mit dem Argument des gutgläubigen Verbrauchs beschäftige, jedoch übersehe, dass dem Beschwerdeführer erst am 14.06.2019 mitgeteilt worden sei, dass es sich um eine unzulässige Nebenbeschäftigung handle.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 19.01.2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Mit der Beschwerdevorlage führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass der Beschwerdeführer ein Exekutivbediensteter der E2b in der Gehaltsstufe 19 gewesen sei. Das monatliche Grundgehalt in dieser Gehaltsstufe habe zum damaligen Zeitpunkt EUR 2.929,90 betragen, die monatliche Wachtdienstzulage EUR 97,20. Aufgrund der Suspendierung sei eine Kürzung auf 2/3 erfolgt und der Beschwerdeführer habe im Zeitraum vom 01.03.2019 bis zum 13.06.2019 Bruttobezüge in der Höhe von EUR 9012,11 erhalten, woraus sich ein Nettoüberschuss von EUR 8.283,50 ergebe. Vom 14.06.2019 bis zum 30.06.2016 habe der Beschwerdeführer Erholungsurlaub konsumiert, weshalb die für diesen Zeitraum bezogenen vollen Bezüge nicht zurückgefordert würden. Zwar enthalte der angefochtene Bescheid keine Leistungsfrist, jedoch trete diesfalls die Fälligkeit der Leistung ab Rechtskraft ein.

Mit Schreiben vom 29.01.2020 nahm der Beschwerdeführer dazu Stellung und führte aus, dass sich die belangte Behörde nicht mit dem gutgläubigen Erwerb befasst habe. Die Untersagung der Nebenbeschäftigung sei am 14.06.2019 erfolgt, weshalb der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt den angeblichen Übergenuss gutgläubig verbraucht habe.

Mit Schreiben vom 05.02.2021 legte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht eine Aufstellung über die im Zeitraum vom 01.03.2019 bis zum 30.06.2019 erhaltenen Bezüge vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 28.12.2018 wurde der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert und war somit vom 30.11.2018 bis zum 30.06.2019 suspendiert. Der Beschwerdeführer hat am 30.06.2019 seinen Austritt aus der Bundespolizei erklärt. Gemäß § 118 Abs. 2 BDG wurde das Disziplinarverfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt seiner Suspendierung ein Exekutivbediensteter der Verwendungsgruppe E2b in der Gehaltsstufe 19.

Der Beschwerdeführer ging im Zeitraum vom 01.03.2019 bis zum 30.06.2019 gemäß § 112 Abs. 5 BDG 1979 einer unzulässigen Nebenbeschäftigung nach. Diese Nebenbeschäftigung wurde dem Beschwerdeführer am 16.06.2019 untersagt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im BDG 1979 für den vorliegenden Fall keine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und der Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 28 VwGVG Anm. 11).

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

?        Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

?        Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

?        Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung“ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

§ 60 AVG erfordert daher in einem ersten Schritt die Darstellung jenes (in einem gemäß § 39 Abs. 2 AVG amtswegig geführten Ermittlungsverfahren erhobenen) Sachverhalts, welchen die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche sie im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse nach § 45 Abs. 2 AVG dazu bewogen hat, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnis zum Spruch des Bescheides geführt hat. Dabei ist zu beachten, dass die Begründung eines Bescheides die Bekanntgabe jenes konkreten Sachverhaltes, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht, sowie der Erwägungen verlangt, auf Grund derer die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Das Erfordernis, in der Bescheidbegründung Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und über ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen, bedeutet aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass sie etwa schlechthin in der Bescheidbegründung unabhängig davon in Einzelargumentationen auf jedes Parteienvorbringen im Verwaltungsverfahren einzugehen oder aber in Ansehung ihrer Abfolge bzw. ihres Umfangs den Darlegungen einer von der Partei geäußerten Rechtsansicht zu folgen hätte. Aus dem Abstellen auf das Rechtsschutzinteresse der Partei folge vielmehr, dass jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz in der Begründung des Bescheides ausreichend beantwortet werden soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 60 Rz 7 f. mwH).

Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht:

Die belangte Behörde stellt im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar fest, dass sich ein Übergenuss in der Höhe von EUR 8.283,50 ergibt, welcher von der LPD vom Beschwerdeführer zurückgefordert werde, legte in der Begründung jedoch nicht ausreichend nachvollziehbar dar, wie der festgestellte (Netto-)Betrag ermittelt wurde.

Betreffend die Berechnung der Höhe des Betrages wurde seitens der belangten Behörde lediglich auf die im Bescheid dargestellte Gehaltsabrechnung verwiesen, doch lässt sich dieser nicht entnehmen, welche Beträge dem Beschwerdeführer in welchen Zeiträumen tatsächlich ausbezahlt wurden bzw. woraus sich eine Kürzung auf 0 ergibt. So ergeben sich aus der vom Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 05.02.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Aufstellung über die tatsächlich erhaltenen Beträge im Zeitraum vom 01.03.2019 bis zum 30.06.2019 unterschiedliche Beträge (laut den Aufzeichnungen des Beschwerdeführers hat er mit netto EUR 8.767,46 sogar mehr erhalten als der von der Behörde angenommene Nettoübergenuss von EUR 8.283,50). Die Argumentation des Beschwerdeführers, er könne die Summe nicht nachvollziehen, ist somit begründet.

Auch wenn die belangte Behörde nicht ausdrücklich auf § 13a GehG 1956 Bezug nimmt, ist davon auszugehen, dass sie nach dieser Bestimmung einen Übergenuss feststellen wollte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich wiederholt festgestellt, dass eindeutig geklärt sein muss, wie die Behörde den von ihr als Übergenuss im Sinne des § 13a GehG 1956 angesprochenen Betrag ermittelt hat, bevor zu entscheiden ist, ob eine Leistung zu Unrecht empfangen wurde und ob dieser Empfang in gutem Glauben erfolgte oder nicht (vgl. VwGH 22.10.1990, 89/12/0110; VwGH 23.06.1993, 92/12/0143; VwGH 19.03.2003, 2002/12/0177).

Konkret hat der Verwaltungsgerichtshof dazu ausgesprochen, dass im Spruch zuerst festzustellen ist, „in welcher Höhe in welchen Zeiträumen die hier strittigen Geldleistungen gebührt haben bzw. welche Übergenüsse entstanden sind“. In einem zweiten Spruchteil ist festzustellen, „ob und inwieweit in Ansehung dieser Übergenüsse eine Rückersatzpflicht besteht“ (vgl. VwGH 04.09.2012, 2009/12/0145).

Diesen Anforderungen genügt der Bescheid der belangten Behörde schon alleine deshalb nicht, weil das Zustandekommen des im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Betrages im Bescheid nicht erläutert wurde.

Darüber hinaus hat es die belangte Behörde unterlassen sich eingehend mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten gutgläubigen Erwerb nach § 13a Abs. 1 GehG 1956 auseinanderzusetzen. Soweit die belangte Behörde darauf hinweist, dass der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 112 Abs. 5 GehG 1956 hingewiesen worden sei, ist auszuführen, dass für den gutgläubigen Erwerb nach der sogenannten Theorie der objektiven Erkennbarkeit nicht die subjektive Gesetzeskenntnis oder gar eine bestimmte Erwartungshaltung beim Beamten maßgebend ist; entscheidend ist vielmehr, ob er objektiv Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Anspruches auf den Bezug hätte haben müssen (vgl. VwGH 25.03.2002, 2000/12/0093).

Die Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren die gemäß der zuvor angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes notwenigen Feststellungen zu treffen und weiter Ausführungen zu einem eventuell gutgläubigen Erwerb der Übergenüsse durch den Beschwerdeführer zu tätigen haben. Dabei wird sie im Konkreten die Höhe des Monatsbezuges des Beschwerdeführers sowie den tatsächlichen Bezug aufgrund der Kürzung auf zwei Drittel gemäß § 112 Abs. 4 BDG festzustellen haben. In einem weiteren Schritt wird sie ein Drittel des regulären Monatsbezuges festzustellen haben und ermitteln müssen, wie hoch die Einnahmen des Beschwerdeführers aus seiner Nebenbeschäftigung waren, da sich gemäß § 112 Abs. 5 BDG die Kürzung des Monatsbezugs um jenen Teil erhöht, um den die Einkünfte des Beschwerdeführers aus dieser Nebenbeschäftigung ein Drittel seines Monatsbezugs übersteigen. Sollte der Beschwerdeführer bei diesen Ermittlungen nicht mitwirken und die genaue Höhe seines Einkommens nicht darlegen, so gilt der seiner besoldungsrechtlichen Stellung entsprechende Monatsbezug als monatliches Einkommen aus der Nebenbeschäftigung (vgl. § 112 Abs. 5 letzter Satz BDG).

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass mit der Schaffung eines Leistungstitels im Spruch des Bescheides auch eine Leistungsfrist und Kontodaten genannt werden sollten, da vor dem Hintergrund des Austritts des Beschwerdeführers aus dem öffentlichen Dienst eine Hereinbringung eines allfälligen Übergenusses durch Abzug gemäß § 13a Abs. 2 GehG 1956 nicht möglich ist, weshalb der Ersatzpflichtige zum Ersatz zu verhalten ist.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist nicht ersichtlich, zumal es sich bei der in Rede stehenden Frage um eine solche handelt, die verwaltungsinterne Vorgänge betrifft, bei der die belangte Behörde besonders „nahe am Beweis“ ist (vgl. VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid der Landespolizeidirektion Vorarlberg gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Berechnung Bescheidbegründung Ermittlungspflicht gutgläubiger Empfang Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Übergenuss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W221.2238764.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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