TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/25 2000/12/0093

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Veröffentlicht am 25.03.2002
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Index

63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

GehG 1956 §13a Abs1 idF 1966/109;
GehG 1956 §6 Abs1;
GehG 1956 §6 Abs2;
GehG 1956 §7 Abs1 idF 1975/396;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch sowie Senatspräsident Dr. Germ und Hofrat Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Mag. W in B, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Burggasse 12/IV, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 7. März 2000, Zl. 5327.010748/4-III/D/16a/99, betreffend Übergenuss, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner mit Bescheid der Disziplinaroberkommission vom 1. April 1998, ihm zugestellt am 27. Mai 1998, rechtskräftig ausgesprochenen Entlassung als Lehrer an einer Mittelschule in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung und auch zu seiner disziplinarrechtlichen Entlassung führten, seit 1992 vom Dienst suspendiert.

Der (- deshalb gekürzte -) Bezug des Beschwerdeführers wurde für Juni 1998 bereits am 13. Mai 1998 angewiesen und langte - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers - am 18. Mai 1998 auf seinem Gehaltekonto ein.

Das Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission vom 1. April 1998, dem Beschwerdeführer nachweislich zugestellt am 27. Mai 1998, bestätigte die bereits erstinstanzlich ausgesprochene Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung und wies die vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung ab.

Mit Schreiben der Dienstbehörde erster Instanz vom 8. Juni 1998 wurde dem Beschwerdeführer unter anderem mitgeteilt, dass mit dieser Zustellung des Disziplinarerkenntnisses die mit Bescheid vom 2. Jänner 1992 verfügte Suspendierung gemäß § 112 Abs. 5 BDG 1979 und mit 31. Mai 1998 sein Anspruch auf Monatsbezug gemäß § 6 Abs. 2 GG 1956 geendet habe. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass der entstandene Übergenuss gesondert bekannt gegeben werde.

Nach weiterem Schriftwechsel mit dem Beschwerdeführer in der Frage des Übergenusses sprach die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 16. März 1999 wie folgt ab:

"Der durch Auszahlung des Bezuges für Juni 1998 entstandene Übergenuss in der Höhe von S 32.349,70 (in Worten: Schilling zweiunddreißigtausenddreihundertneunundvierzig 70/100) ist gemäß § 13a GG 1956, BG vom 29.2.1956, BGBl. Nr. 54, in der derzeit geltenden Fassung, zur Gänze zurückzuzahlen."

In der dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Auffassung, dass mit der Zustellung seiner Entlassung noch nichts über ein Ende seines Anspruches auf Bezüge ausgesagt worden sei. Erst mit Schreiben der Dienstbehörde vom 8. Juni 1998 sei festgestellt worden, dass sein Anspruch mit 31. Mai 1998 (- also rückwirkend -) geendet habe. Mangels bisheriger Erfahrungen seinerseits mit Suspendierungen bzw. Entlassungen habe er auch nicht wissen können, dass mit dem Ende der Suspendierung kein Gehaltsanspruch mehr bestehe. Er habe auch im Vertrauen auf eine gerechte Rechtsprechung überhaupt nicht mit seiner Entlassung gerechnet.

Nach Befassung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Höhe des Übergenusses entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid, dass die Berufung gemäß § 13a Abs. 1 GG 1956 abgewiesen wird und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des durch Auszahlung des Bezuges für den Monat Juni 1998 entstandenen Übergenusses in Höhe von "Netto ÖS 45.567,70 (Brutto ÖS 51.559,30)" verpflichtet werde.

Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Berufung im Wesentlichen weiter ausgeführt, die mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 2. Jänner 1992 verfügte Suspendierung gemäß § 112 Abs. 5 BDG 1979 sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens aufrecht gewesen. Da dem Beschwerdeführer das Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission vom 1. April 1998 am 27. Mai 1998 nachweislich zugestellt worden und mit diesem Datum das Disziplinarverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden sei, habe gleichzeitig die über den Beschwerdeführer verhängte Suspendierung geendet. Daraus folge, dass dem Beschwerdeführer das Ende seines Anspruches auf Bezüge mit 31. Mai 1998 sehr wohl habe bewusst sein müssen. Gemäß § 6 Abs. 2 GG 1956 ende der Anspruch auf Monatsbezug nämlich mit Ablauf des Monats, in dem der Beamte aus dem Dienststand ausscheide.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege ein Übergenuss dann vor, wenn für die Empfangnahme einer Geldleistung kein gültiger Titel (Gesetz, Bescheid) vorhanden sei. Mit der Übernahme des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinaroberkommission am 27. Mai 1998 sei die Entlassung des Beschwerdeführers bestätigt worden. Es habe ab diesem Zeitpunkt kein Dienstverhältnis mehr bestanden und sei daher auch kein gültiger Titel für die Empfangnahme der Bezugszahlung für den Monat Juni 1998 gegeben gewesen. Der dem Beschwerdeführer bereits mit Bezugszettel vom 13. Mai 1998 angewiesene Bezug für den Monat Juni 1998 stelle somit einen Übergenuss gemäß § 13a GG 1956 dar, der - soweit er nicht im guten Glauben empfangen worden sei - dem Bund zu ersetzen sei.

Auf Grund des dargelegten Sachverhaltes werde dem Beschwerdeführer der gute Glaube beim Empfang der fraglichen Geldleistungen nicht zugebilligt.

Was die Höhe des Übergenusses betreffe, ergebe sich Folgendes:

Laut Bezugszettel vom 12. Juni 1998 habe der Brutto-Übergenuss (Bezug Juni 1998 inkl. Sonderzahlung, Kinderzulage und Bildungszulage) ÖS 51.559,30 betragen. Darauf sei ein Pensionsbeitrag von ÖS 5.991,60 entfallen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein entstandener Brutto-Übergenuss lediglich um den Pensionsbeitrag zu kürzen. Der so ermittelte Betrag stelle den Netto-Übergenuss dar. Eine weitere Kürzung dieses Betrages um die Lohnsteuer habe nicht zu erfolgen. Die Lohnsteuer, die auf einen zu Unrecht angewiesenen Bezugsteil entfalle, stelle zwar für die Berechnung des an den Beamten auszuzahlenden Bezuges eine Abzugspost dar, sie mindere aber nicht die Höhe der zu Unrecht empfangenen Leistung, weil die Abfuhr der Lohnsteuer, die der Arbeitgeber an die Abgabenbehörde vorzunehmen habe, für Rechnung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmers erfolge. Am Charakter einer zu Unrecht empfangenen Leistung könne daher der Umstand, dass der Arbeitgeber kraft gesetzlicher Vorschrift oder behördlicher Verfügung (z.B. Gehaltspfändung) für Rechnung des Arbeitnehmers die Auszahlung an einen Dritten vorzunehmen habe, nichts ändern. Der steuerliche Ausgleich habe gemäß § 16 Abs. 2 EStG durch steuermindernde Berücksichtigung der Rückzahlung des Übergenusses zu erfolgen.

Der einforderbare "Netto-Übergenuss" betrage daher ÖS 45.567,70. Im Zuge des Parteiengehörs sei dem Beschwerdeführer die Höhe des nunmehrigen Übergenusses mit Erlass der belangten Behörde vom 23. Juni 1999 mitgeteilt und von ihm auch zur Kenntnis genommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er sei zum Zeitpunkt der Auszahlung des nunmehr strittigen Betrages im guten Glauben gewesen. Daran habe auch die nachträgliche Zustellung des Bescheides der Disziplinaroberkommission nichts ändern können, weil auf den Zeitpunkt des Empfanges der Leistung abzustellen sei.

Nach § 7 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, idF BGBl. Nr. 396/1975, der bis 1. August 1999 (= Inkrafttreten der Dienstrechtsnovelle 1999) in Geltung war, ist der Monatsbezug am

1. jedes Monates oder, wenn der Monatserste kein Arbeitstag ist, am vorhergehenden Arbeitstag im Vorhinein auszuzahlen; eine vorzeitige Auszahlung ist zulässig, wenn sie aus organisatorischen Gründen, die mit der Durchführung der Auszahlung im Zusammenhang stehen, notwendig ist und überdies das Bundesministerium für Finanzen zugestimmt hat.

Nach § 13 a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, im Wesentlichen in der Fassung der 15. GG-Novelle, BGBl. Nr. 109/1966, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Empfang im guten Glauben nicht nach der subjektiven Gesetzeskenntnis des Bediensteten, sondern nach der objektiven Erkennbarkeit zu beurteilen. Die Gutgläubigkeit wird demnach nicht nur durch das Erkennen des Übergenusses bzw. des Irrtums der auszahlenden Stelle oder durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen. Gutgläubigkeit ist vielmehr schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistung auch nur Zweifel hätte haben müssen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1989, Slg. N. F. Nr. 12.904/A). Dies gilt sogar für den Fall, dass im Zeitpunkt der Empfangnahme der einzelnen Leistungen zwar ein gültiger Titel bestand, der Beamte aber am Weiterbestand dieses Titels ernstlich zweifelte oder zweifeln hätte müssen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/12/0303, mwH).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zur vergleichbaren Rechtslage der Wiener Besoldungsordnung 1994 ergangenen Erkenntnis vom 14. Mai 1998, Zl. 98/12/0094, ausgeführt, dass ein gutgläubiger Empfang eines vor dem Monatsersten ausbezahlten Monatsbezuges zu verneinen ist, weil der Beamte angesichts des im damaligen Verfahren schwebenden Kündigungsverfahrens mit der Möglichkeit der Beendigung seines Dienstverhältnisses noch im laufenden Monat rechnen musste. Die vorzeitige Zahlung bei aufrechtem Dienstverhältnis begründet die Zuständigkeit der Dienstbehörde zur Entscheidung über den Rückforderungsanspruch (mit weiteren Hinweisen).

Die im Beschwerdefall allein strittige Frage ist, ob der Beschwerdeführer dem ihm nach § 7 Abs. 1 GG 1956 vorzeitig ausbezahlten Bezug für Juni 1998 im Hinblick auf die vor dem 1. Juni 1998 erfolgte rechtskräftige Entlassung auch im guten Glauben im Sinne des § 13a GG 1956 empfangen hat oder nicht.

Im Beschwerdefall ist rechtlich davon auszugehen, dass der Anspruch des Beamten auf Monatsbezug nach § 6 Abs. 1 GG 1956 mit dem Monatsersten entsteht und nach § 6 Abs. 2 GG 1956 mit Ablauf des Monats endet, in dem der Beamte aus dem Dienststand ausscheidet. Ungeachtet der vorzeitigen Anweisung des Monatsbezuges für Juni 1998 ist daher rechtlich der Verfügungsanspruch des Beschwerdeführers erst mit 1. Juni 1998 entstanden.

Bei der Sachlage im Beschwerdefall besteht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kein Zweifel, dass ein rückforderbarer Übergenuss nach § 13a GG 1956 vorliegt, weil der Beschwerdeführer angesichts des schwebenden Disziplinarverfahrens jederzeit damit rechnen musste, dass die bereits erstinstanzlich ausgesprochene Entlassung im Berufungsverfahren bestätigt wird und schon deshalb ein ihm im Vorhinein angewiesener Monatsbezug mangels Rechtsanspruches seinerseits von ihm zurückzuzahlen sein wird. Nach der sogenannten Theorie der objektiven Erkennbarkeit ist nicht - wie der Beschwerdeführer meint - die subjektive Gesetzeskenntnis oder gar eine bestimmte Erwartungshaltung bei ihm maßgebend; entscheidend ist vielmehr, ob der Beschwerdeführer objektiv Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Anspruches auf Junibezug hätte haben müssen. Dies ist bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage von der Behörde zu Recht bejaht worden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000120093.X00

Im RIS seit

10.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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