TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/4 W124 2179929-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2021
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Entscheidungsdatum

04.02.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W124 2179929-1/36E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am XXXX gab er im Zuge seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seiner Person an, er gehöre der Volksgruppe der Jat sowie der Religionsgemeinschaft der Sikhs an und stamme aus dem indischen Bundesstaat Punjab. Seine Erstsprache sei Punjabi. Er habe acht Jahre die Grundschule besucht und habe als Landwirt sowie als Taxifahrer gearbeitet. Seine Eltern sowie sein Bruder und seine Schwester würden nach wie vor im Herkunftsstaat leben. Den Entschluss zur Ausreise habe er im XXXX gefasst. Von seinem Wohnort aus sei er nach Neu Delhi gefahren, von wo aus er am XXXX nach Moskau geflogen sei und seine Reise nach Österreich fortgesetzt habe. Am XXXX sei er in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

Zu seinen Fluchtgründen führte er an, er habe in seiner Freizeit für die Akali Dal Partei gearbeitet. Ferner habe er in seinem Dorf sowie in einem Nachbardorf seine Religion verbreitet. Aus diesem Grund habe er Probleme mit der Regierung und der Polizei gehabt. Er sei zweimal angezeigt und mehrmals festgenommen worden. Zuletzt sei er für die Dauer von sechs Monaten in einem Gefängnis gewesen. Er habe die Polizei bestochen, um frei zu kommen. In Indien sei sein Leben in Gefahr. Er fürchte, von der Polizei ermordet zu werden.

2. Mit Schreiben vom XXXX ersuchte das Magistrat XXXX , um Mitteilung, ob die Identität des BF geprüft worden sei und legte eine Geburtsurkunde des BF (in Kopie) vor, in welcher der Name „ XXXX “ sowie das Geburtsdatum XXXX angeführt wird, ausgestellt am XXXX unter der XXXX .

3. Mit Schreiben XXXX ersuchte ferner die Marktgemeinde XXXX um Mitteilung, ob die Identität des BF geprüft worden sei, da dieser beabsichtige, zu heiraten. Dem Schreiben wurden unter anderem folgende Unterlagen in Kopie beigelegt:

?        Geburtsurkunde (samt Apostille), in welcher der Name „ XXXX “ angeführt wird, ausgestellt am XXXX unter der Nr. XXXX .

?        Ehefähigkeitszeugnis (samt deutscher Übersetzung), wonach der Vater des BF unter anderem bestätige, dass der BF, XXXX , sein Sohn sei und über einen indischen Reisepass verfüge.

4. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt).

Zu seinem Gesundheitszustand gab der BF an, es gehe ihm gut und er befinde sich weder in medikamentöser noch in ärztlicher Behandlung. Zu seiner Person führte er an, er sei in einem Dorf im indischen Bundesstaat Punjab geboren und aufgewachsen. Insgesamt habe er 10 Jahre die Grundschule besucht. Anschließend habe er sich religiös gebildet. Beruflich habe er nebenbei in der Landwirtschaft seines Vaters mitgeholfen. Bis zu seiner Ausreise habe er nicht gearbeitet. Seine Eltern sowie seine Geschwister würden im indischen Bundesstaat Punjab leben. Sein Vater sei als Landwirt tätig, seine Mutter sei Hausfrau. Sein Bruder und seine Schwester seien beide verheiratet und hätten jeweils zwei Kinder. Im Herkunftsstaat habe er noch vier Onkel und eine Tante. Seine Angehörigen würden derselben Religion angehören wie der BF. Die Familie des BF zähle zur Mittelschicht.

Der BF habe zu Beginn des Jahres XXXX das erste Mal an eine Ausreise gedacht, habe jedoch erst im August XXXX den endgültigen Entschluss gefasst. Tatsächlich ausgereist sei er am XXXX . Befragt, warum er nach seiner Einreise in Österreich am XXXX noch bis zum XXXX mit der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes zugewartet habe, führte er aus, er habe nicht gewusst, dass er hier einen Asylantrag stellen könne. Er habe in einem Tempel in Wien gelebt. Dort habe er gratis schlafen können und habe Essen erhalten.

Der BF sei im Dorf XXXX geboren. In den letzten 12 Jahren habe er im Dorf XXXX im Bezirk XXXX gewohnt. Er habe in einer kleinen Wohnung gelebt, welche einem Freund gehöre. In XXXX habe er in den letzten zwei bis drei Jahren vor der Ausreise als Taxifahrer gearbeitet. Zuvor sei er mit seinem religiösen Studium beschäftigt gewesen und habe von Spenden gelebt.

Im Herkunftsstaat habe er Probleme mit den Behörden. Gegen ihn würden jedoch keine staatlichen Fahndungsmaßnahmen bestehen. Der BF sei in Indien politisch tätig gewesen. Konkret sei er Mitglied der Saroni Akalidal Partei (SAP) gewesen. Er sei auch vor Gericht gestanden und habe Probleme wegen seiner Religionszugehörigkeit gehabt.

Dezidiert zu den Fluchtgründen befragt, führte er aus, er habe in seinem Herkunftsstaat versucht, seine Mitbürger von seiner Religion zu überzeugen, damit sein Glaube weiterverbreitet werde. Im Jahr XXXX habe ihn die Polizei verhaftet und man habe ihm gesagt, er solle mit seiner Tätigkeit aufhören. Konkret habe man ihm vorgeworfen, dass er nicht nur seine Religion verbreite, sondern auch „den politischen Teil seiner Gruppierung“. Er sei aber nicht Teil einer politischen Gruppierung, sondern eine religiöse Person. Er habe lediglich versucht, seine Religion zu verbreiten. Anschließend habe eine Verhandlung stattgefunden und er sei sechs Monate im Gefängnis gewesen. Nach seiner Entlassung sei er unter Beobachtung gestanden. Nach weiteren fünf Monaten sei er wieder festgenommen worden. Dies sei im Jahr XXXX gewesen. Nach weiteren zwei Tagen sei er freigelassen worden, die Dorfältesten hätten sich für ihn eingesetzt. Allerdings sei er neuerlich angezeigt worden. In der Folge habe er viele Gerichtstermine gehabt. Er sei ständig unter der Beobachtung der Polizei gestanden. Dadurch habe er sich nicht frei gefühlt. Er habe sich auch versteckt. Oft sei er von der Polizei angehalten worden. Aufgrund der Bezahlung von Schmiergeld sei ihm nichts passiert. Deshalb habe er sich dazu entschlossen, den Herkunftsstaat zu verlassen.

Auf Nachfrage führte er aus, es habe auch eine zweite Verhandlung gegeben, das Verfahren sei noch am Laufen. Befragt, was passiert wäre, wenn er das Ende der Verhandlung abgewartet hätte, führte er an, er habe Angst, dass die Polizei jugendliche Sikhs festnehme und ermorde. Im Verfahren habe er einen Pflichtverteidiger gehabt.

In der Folge führte er an, er gehöre keiner Partei an. auf Vorhalt seiner Angaben, wonach er Mitglied der Saroni Akalidal Partei sei, brachte er vor, er sei Mitglied des religiösen Vereins Saroni Akalidal Partei. Die Frage, ob es eine offizielle Partei sei, verneinte er und gab an, er sei Mitglied der Shiromani Akali Dal, auch Simranjit Singh Mann oder „SAD (Amritsar), genannt. Er habe Probleme, da er wie ein Priester sei und versuche, den Glauben zu verbreiten. Warum er verhaftet worden sei, wisse er nicht. Er glaube, man wolle sich rächen. Der gegen ihn erlassene Haftbefehl sei veröffentlicht worden. Er wisse aber nicht, was genau darinstehe. Es sei aber so, dass die Mitbürger bei seiner Festnahme helfen sollten. Es stehe nicht darauf, dass sie ihn tot sehen wollten, wenn er aber festgenommen werde, könnten sie ihn umbringen.

Auf Nachfrage führte er an, seine Familie sei nicht bedroht, sie würden nur befragt werden. Der BF habe versucht in der Stadt Agra zu leben. Er sei zwei Jahre dort gewesen und habe in verschiedenen Tempeln gelebt. Dies sei im Jahr XXXX gewesen. Auf Vorhalt, dass dies lange vor seinen Problemen mit der Polizei gewesen sei, erklärte er, er sei im Punjab nicht sicher gewesen und hätte daher in den anderen Teilen Indiens überhaupt nicht leben können. Einen eigenen Rechtsanwalt habe er sich nicht leisten können.

Befragt, ob er bis zur Ausreise als Priester gearbeitet habe, antwortete er: „Ja, das ist mein Beruf“. Seit XXXX sei er Mitglied der Glaubensgemeinschaft. Er sei als Priester tätig gewesen. Der Führer der SAP heiße Simranjit Singh Mann.

Andere Fluchtgründe habe er nicht. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen führte er an, er habe Angst um sein Leben.

Im Rahmen der Einvernahme brachte der BF unter anderem folgende Unterlagen (in Kopie) in Vorlage:

?        Schreiben mit dem Titel „In the Court of XXXX : Chief Judicial Magistrate: XXXX “, in welchem „ XXXX “ als zweiter Beschuldigter angeführt wird. Ferner enthält das Schreiben den Hinweis „FIR no. 19 dated XXXX “. Der Name „ XXXX “ im Titel wurde durchgestrichen und stattdessen handschriftlich „ XXXX “ angeführt. Zudem findet sich der handschriftliche Hinweis „Copy of Order all XXXX “;

?        Schreiben vom XXXX von XXXX , mit dem Titel „State vs. XXXX & others.“, in welchem angeführt wird, dass XXXX abwesend und XXXX bereits verurteilt worden sei. Sinngemäß wird darin angeführt, der BF sei verpflichtet gewesen, innerhalb von 30 Tagen ab Verkündigung („proclamation“) zu erscheinen. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen, weshalb er nunmehr zum „proclaimed offender“ erklärt werde.

5. Am XXXX erfolgte eine zeugenschaftliche Einvernahme von XXXX , geboren am XXXX betreffend ihre Beziehung zum BF.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstatt Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

7. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde der verfahrensgegenständliche Bescheid vollinhaltlich angefochten. In Bezug auf das erlassene Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass der BF strafrechtlich unbescholten sei. Die Behörde habe nicht festgestellt, dass er eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wäre. Ebenfalls sei es unterlassen worden, sein Verhalten einer Gefährdungsprognose zu unterziehen. Die Verhängung des Einreiseverbots sei daher rechtswidrig. Zum Fluchtgrund wurde ausgeführt, der BF habe im Jahr XXXX das Dorf XXXX verlassen und sei nach XXXX gegangen, wo er im Tempel gewohnt habe und eine Ausbildung als Priester absolviert habe, die er im Jahr XXXX beendet habe. Er sei in sein Dorf zurückgekehrt und sei von Stadt zu Stadt gegangen, um seine Religion zu predigen. Von 2005 bis 2007 sei er nach XXXX gezogen und habe dem Priester XXXX assistiert. Unterwegs seien sie von der Polizei aufgehalten und schikaniert worden. Der BF sei täglich verfolgt und bedroht worden. Auch der Priester habe dann nicht mehr gewollt, dass er ihm assistiere, da er mit der Polizei nicht in Konflikt geraten habe wollen. Aufgrund dieser Probleme sei er von XXXX bis XXXX nach Agra gegangen und habe sich um die Tempel vor Ort gekümmert. Nach zwei Jahren sei er nach XXXX zurückgekehrt und habe sich um den Dorftempel gekümmert. Als er wieder begonnen habe zu predigen, sei er neuerlich von der Polizei schikaniert worden. Er habe der Partei Shiromani Akali Dal seine Situation geschildert. Die Mitglieder hätten gemeint, er habe das Richtige gemacht und habe nichts zu befürchten. Im September XXXX sei er nach XXXX gegangen, um dort zu predigen. Er habe bei einem Freund übernachtet. Am darauffolgenden Tag seien mehrere Personen gekommen, welche ihn nach seinem Namen gefragt hätten und ihn anschließend mit Elektroschocker und Messer außer Gefecht gesetzt hätten. Daraufhin sei er verschleppt und in einem Raum eingesperrt worden. Die Personen hätten ihm mitgeteilt, sie seien von der Central Intelligence Agency (CIA) des Ortes XXXX . Der BF sei dort gefoltert worden und er habe ein umfassendes Geständnis abgelegt. Konkret habe er gestehen müssen, dass er für Khalistan stehe und mit einer Gruppe ein Attentat verüben wolle. Ferner habe er gestehen sollen, dass er eine illegale Waffe bei sich habe. Ihm seien Fotos von Personen gezeigt worden und er sei gezwungen worden zu sagen, dass er die Personen kenne. In der Folge habe er sich ausziehen und in die Mitte des Raums stellen müssen. Sie hätten ihm Stromschläge gegeben und mit kaltem Wasser abgespritzt. Ferner hätten sie ihn nicht schlafen lassen und hätten ihm nichts zu essen oder zu trinken gegeben. Zudem hätten sie Messer und Waffen eingesetzt, um ihm Angst einzujagen. Dies habe fünf Tage und Nächte gedauert.

Der BF habe nichts zugegeben und sei bei seinen Aussagen geblieben. In der Folge sei er in das Gericht Sub Devisional Judicial Magistrate in XXXX gebracht worden. Er habe kaum auf eigenen Beinen stehen können und sei dann ohne Beweise beschuldigt worden, sich für Khalistan einzusetzen und Menschen zu motivieren, gegen den Staat Punjab vorzugehen. Die CIA habe vorgebracht, sie würden in seinem Haus etwas finden, wenn sie es durchsuchen dürften. Der BF habe einer Hausdurchsuchung zugestimmt. Es sei nichts gefunden worden. Seine Familie sei genötigt worden, alles zuzugeben. Dann sei er weiterhin festgenommen und gefoltert worden, dies jedoch ohne Erfolg. Es sei danach ohne jegliche Beweise gegen ihn Anzeige erstattet und ein Polizeibericht erstellt worden. Daraufhin sei er in das Gefängnis Maximum Security Jail in XXXX gebracht worden. Nach einem Monat sei er von der Polizei XXXX zu Befragungen mitgenommen worden. Drei Tage sei er festgenommen und gefoltert worden. Am linken Oberarm sei er mit dem Messer verletzt worden., habe Stromschläge erhalten und ihm sei das rechte Bein gebrochen worden. In der Folge sei er in das Gefängnis zurückgeschickt worden. Der BF habe sich einen Anwalt gesucht und versucht, dass er auf Kaution freikomme. Seine Anträge seien immer abgewiesen worden. Danach hätten sie beim Gericht XXXX den Freigang auf Kaution beantragt. Dieser sei ebenso abgewiesen worden. Nach circa einem halben Jahr sei er auf Kaution freigekommen.

Während seiner Anhaltung habe die Polizei öfter in seinem Heimatdorf ermittelt. Sein Haus sei fast täglich durchsucht worden. Seine Familie sei täglich bedroht sowie genötigt worden.

Nach der Freilassung sei er nachhause gegangen und habe sich entschieden, das Dorf zu verlassen. Er habe sich entschlossen, den Kontakt zur Familie abzubrechen, um sie nicht in Gefahr zu bringen. Schließlich sei er nach XXXX gezogen. Ein Freund habe ihm dort eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Der BF habe aufgehört zu predigen und habe es vermieden, in die Öffentlichkeit zu gehen, soweit dies möglich gewesen sei. Er habe Angst gehabt, habe nicht mehr richtig essen und trinken können und habe Tabletten nehmen müssen, um sich zu beruhigen. Später habe er sein Geld als Taxifahrer verdient, obwohl er weiter von der Polizei verfolgt worden sei. Die Gerichtstermine habe er alle eingehalten und zwar alle 14 Tage. Im Jahr XXXX habe ihn die Polizei von XXXX festgenommen und er sei neuerlich auf brutale Weise gefoltert worden. Da er wiederum kein falsches Geständnis ablegen habe wollen, sei er von einem Beamten geschlagen und dem „Court of Chief Judicial Magistrate: XXXX “ vorgeführt worden. Seine Familie und seine Freunde aus dem Dorf seien zur Polizeistation gekommen und hätten nach stundenlanger Diskussion sowie der Bezahlung einer Kaution seine Freilassung erwirkt. Die Gerichtsverfahren in XXXX und XXXX seien weitergelaufen und er habe die Termine, welche alle 14 Tage stattgefunden hätten, wahrgenommen. Er habe weitergearbeitet und die Polizei sei wieder zu ihm gekommen, um ihn für ein paar Stunden bzw. einen Tag festzunehmen.

Aufgrund der Gewalttaten habe er Depressionen bekommen und habe sich nicht mehr aus dem Haus getraut. Seine Familie und seine Freunde hätten entschieden, dass er aus Indien flüchten müsse. Daraufhin habe er den Herkunftsstaat verlassen und leide noch heute an einem Trauma.

Betreffend die Beweiswürdigung des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid wurde moniert, dass in der vorgelegten Anzeige sein Name zwar falsch vermerkt worden sei, die Daten zu seinen Eltern sowie zum Wohnort jedoch korrekt seien. Es stimme nicht, dass er keinen Anwalt bevollmächtigt habe. Insgesamt habe er zweimal einen Anwalt bevollmächtigt, danach sei er auf Kaution freigelassen worden. In Indien bestehe ferner ein System, welches einem Meldesystem ähnlich sei. Man müsse eine AADHAR-Card beantragen, welche eine persönliche Identifikationsnummer habe. Seit dem XXXX sei dies faktisch verpflichtend, um sämtliche Staatsleistungen in Anspruch nehmen zu können. Ohne diesen Ausweis könne man weder eine Wohnung mieten noch Immobilien kaufen. Dem Bundesamt wäre es überdies möglich gewesen, im Herkunftsstaat zu recherchieren, ob der BF mit der vorgelegten Anzeige gemeint sei. Gemäß § 18 AsylG sei das Bundesamt auch zu amtswegigen Ermittlungen verpflichtet gewesen.

Das Bundesamt wäre überdies verpflichtet gewesen, ein fachärztliches Gutachten zur Frage, ob sein psychischer Gesundheitsstatus in Folge der Folter beeinträchtigt sei, einzuholen. Zudem hätte eine Auseinandersetzung mit den Haftbedingungen in Indien erfolgen müssen. Abschließend wurde zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich Stellung bezogen.

Der Beschwerde wurden verschiedene Medienberichte beigelegt.

8. Am XXXX langten die Beschwerde samt der Bezug habenden Verwaltungsakte beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden der Gerichtsabteilung W222 zugewiesen.

9. Mit Schriftsatz XXXX brachte der BF im Wege seiner Vertretung unter anderem folgende Unterlagen ( in Kopie) in Vorlage:

?        fachärztliche Bestätigung von XXXX vom XXXX , wonach der BF sich in psychiatrischer Behandlung befinde, an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und medikamentös mit Mirtazapin behandelt werde;

?        Schreiben von XXXX , vom XXXX , in welchem ausgeführt wird der Verfasser des Briefes sei der Bruder des BF. Im Schreiben wird im Wesentlichen das Fluchtvorbringen des BF bestätigt und weiter ausgeführt, die Polizei sei auch zur Familie des BF gekommen, um Beweise zu finden, dass der BF gegen die Regierung des Punjab arbeite. Die Polizei habe die Eltern und den Bruder des BF gefoltert. Da sie nicht bereit gewesen wären, gegen den BF auszusagen, habe sie die Polizei täglich aufgesucht.

10. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Punjabi sowie in Anwesenheit des rechtsfreundlichen Vertreters des BF sowie eines Vertreters der belangten Behörde statt.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

[…]

R: Standen Sie in Indien in ärztlicher Behandlung bzw. nahmen Sie in Indien Medikamente?

BF: Ja, ich war in ärztlicher Behandlung und habe Medikamente genommen.

R: Bei welchem Arzt standen Sie in Behandlung und welche Medikamente nahmen Sie? BF: Ich war damals im Gefängnis. Den Namen des Arztes weiß ich nicht. Diese Behandlung war im Gefängnis. Die Medikamente bekam ich für eine psychische Sache. Die Polizei hat mich gefoltert und dadurch hatte ich psychische Probleme.

R: Welche psychischen Probleme hatten Sie?

BF: Durch den Stress habe ich Gedächtnisschwund gehabt. Ich habe alles vergessen. Ich konnte nicht schlafen. Ich hatte Selbstmordgedanken. Ich war 6 Monate im Gefängnis und in dieser Zeit bekam ich Spritzen und Medikamente.

R: Gegen Ihre psychischen Probleme?

BF: Ja.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass es Ihnen gesundheitlich sehr gut geht und verneinten in ärztlicher Behandlung oder Therapie zu sein bzw. verneinten Sie auch, Medikamente zu nehmen.

BF: Ja, richtig.

R: Ihr Vertreter hat mir mit Schreiben vom XXXX eine fachärztliche Bestätigung vorgelegt, wonach Sie jetzt in psychiatrischer Behandlung stehen. Seit wann befinden Sie sich in dieser Behandlung?

BF: Nach meiner letzten Einvernahme bekam ich wieder psychische Probleme. XXXX nehme ich wieder Medikamente. Ich nehme Mirtazapin.

R: Wie heißen Sie mit richtigen Vor- und Zunamen?

BF: Ich heiße XXXX und Familienname ist XXXX .

R: Sie haben in Kopie zwei Geburtsurkunden vorgelegt (AS 59 und AS 85). Auf der einen wird Ihr Name lediglich mit XXXX angeführt und die Geburtsurkunde, die später datiert ist, wird mit XXXX angeführt. Wie kommt es zu diesen Unterschieden?

BF: Meine Familie hat bei der Behörde im Bezirk XXXX eine neue Geburtsurkunde ausstellen lassen, mit dem Familiennamen. Auf meinem Reisepass steht mein Name mit XXXX .

R: Wo ist Ihr Reisepass?

BF: Der Schlepper hat meinen Reisepass mitgenommen.

R: Von wann bis wann haben Sie die Schule in Indien besucht?

BF: Ich habe die 10. Klasse in XXXX abgeschlossen.

R: Das heißt, Sie haben 10 Jahre die Schule besucht?

BF: Ja.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass Sie lediglich 8 Jahre die Schule besucht hätten.

BF: Davon weiß ich nichts. Ich habe 10 Jahre die Schule besucht.

R: Was haben Sie nach der 10. Klasse Schulklasse gemacht?

BF: Danach habe ich im Sikhtempel unsere religiösen Hymnen gelernt und nebenbei in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet.

R: Wer von Ihren Familienangehörigen lebt noch im Heimatland?

BF: Meine Eltern, ein Bruder und eine Schwester. Meine Eltern und mein Bruder leben in unserem Heimatdorf XXXX . Die Schwester ist verheiratet und lebt im Dorf XXXX .

R: Sind Sie noch einer anderen Tätigkeit nachgegangen, als religiöse Hymnen zu lernen und in der Landwirtschaft?

BF: Nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde ich von der Polizei schikaniert. Ich habe dann aufgehört mit den religiösen Hymnen zu singen, sondern habe ich dann als Fahrer gearbeitet. Ich habe ein eigenes Taxi gekauft.

R: Schildern Sie mir bitte, chronologisch Ihre Aufenthaltsorte in Indien.

BF: Ich bin in XXXX geboren. Ich bin dann XXXX nach XXXX gegangen und habe dort bis XXXX gelebt. Dann wieder im Heimatdorf XXXX von XXXX bis XXXX . Dann in XXXX von XXXX bis XXXX . XXXX XXXX bis XXXX . XXXX XXXX bis XXXX . In XXXX hielt ich mich nur zwei Tage auf und wurde dort verhaftet, XXXX . Dann war ich im Gefängnis in XXXX für 6 Monate. Dann wieder in XXXX war ich zwei bis drei Tage in XXXX . In XXXX hielt ich mich von XXXX bis XXXX auf. Und ab XXXX ging ich ins Ausland.

R: Was haben Sie in der Zeit nach Ihrem Schulabschluss bis XXXX in Ihrem Heimatdorf gemacht?

BF: Wie gesagt, ich habe in dieser Zeit in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet und dazu habe ich im Sikhtempel über unsere Religion gelernt und religiöse Hymnen gesungen.

R: Was hat Sie dann dazu bewogen, XXXX nach XXXX zu gehen?

BF: In XXXX gibt es einen größeren Sikhtempel. Ich habe mich dort über unserer Religion weitergebildet.

R: Wann haben Sie mit Ihrer Ausbildung als Priester begonnen?

BF: Diese Ausbildung ist lebenslang. Es gibt keinen Abschluss.

R wiederholt die Frage.

BF: Angefangen habe ich in den größeren Sikhtempel ab XXXX .

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX Sie an, dass Sie die letzten zwei bis drei Jahre vor Ihrer Ausreise in XXXX gewesen seien und die 9 Jahre davor mit Ihrem religiösen Studium beschäftigt gewesen seien. Das wäre sohin XXXX , XXXX gewesen. Bitte nehmen Sie dazu Stellung.

BF: Ich habe mein Heimatdorf im Jahr XXXX verlassen und XXXX auch mein religiöses Studium begonnen.

R: In der Beschwerde wird angeführt, dass Sie Ihre Ausbildung im Jahre XXXX beendet hätten. Gibt es einen Abschluss für das religiöse Studium oder nicht?

BF: Ein richtiger Sikh lernt seine Religion lebenslang. Wir predigen auch von Dorf zu Dorf und lernen von den Älteren immer weiter, auch hier bin ich im Sikhtempel aktiv. Ich lerne auch hier und predige auch.

R: Wann und wo haben Sie begonnen, die Religion zu verbreiten?

BF: XXXX habe ich mit dem predigen begonnen und zwar in verschiedenen Dörfern. Es waren immer verschiedene Dörfer. Es gab Veranstaltungen in XXXX , XXXX und XXXX .

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass Sie lediglich in Ihrem Heimatdorf und in einem Nachbardorf Ihre Religion verbreitet hätten. Nehmen Sie bitte dazu Stellung.

BF: Nein, ich war überall, wo es religiöse Veranstaltungen gab.

R: Ab wann fingen die Probleme für Sie an?

BF: XXXX war das erste Mal, als ich mitgenommen wurde.

R wiederholt die Frage.

BF: Meine Probleme fingen im Jahr XXXX an.

R: Bitte schildern Sie mir detailliert, was vorgefallen ist.

BF: Im Jahr XXXX ich an einer religiösen Veranstaltung im Bezirk XXXX teilgenommen. Irgendjemand hat der Polizei verständig, dass wir für Khalistan uns einsetzen. Die Polizei ist gekommen und hat diese Veranstaltung beendet. XXXX bin ich dann nach Agra gezogen. Die Leute, bei denen ich in XXXX gewohnt habe, haben mir dann gesagt, ich soll wegziehen, weil die Polizei weiß, wo ich bin. Ich bin dann in mein Heimatdorf zurückgekehrt. Ich habe dann auch an religiösen Veranstaltungen teilgenommen und über Sikh-Religion gepredigt. In XXXX war ich dann bei einer religiösen Veranstaltung im Jahr XXXX . Ich wurde dort dann von der Polizei verhaftet, zwei oder drei Polizeiautos sind gekommen.

R: Was war genau im Jahre XXXX , ist irgendetwas im Jahre XXXX Sie persönlich betreffend vorgefallen?

BF: Nein, mir ist persönlich damals nichts passiert. Die Polizei hat uns nur gewarnt und hat diese Veranstaltung beendet. Sie hat uns gewarnt, dass wir nicht weiterpredigen sollen.

R: Was war XXXX ? Ist im Jahr XXXX für Sie betreffend etwas vorgefallen?

BF: Nein, mir wurde gesagt, ich soll dort nicht mehr bleiben und deswegen bin ich nach XXXX gezogen.

R: Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie dort nicht bleiben sollen und wo dort?

BF: Der Prediger mit dem ich zusammen gepredigt habe, hat mir das gesagt. Vielleicht wurde er von der Polizei eingeschüchtert. Jedenfalls musste ich von dort wegziehen.

R: Ist Ihnen persönlich beginnend mit dem Jahr XXXX bis XXXX etwas vorgefallen?

BF: Nein, in dieser Zeit wurde ich von der Polizei nicht verhaftet.

R wiederholt die Frage. Hatten Sie irgendwelche Probleme in der Zeit von XXXX bis XXXX ?

BF: Nein, das erste Mal war XXXX .

R: Was hat genau der Prediger zu Ihnen gesagt?

BF: Er hat mir lediglich gesagt, ich soll weggehen. Ich weiß nicht, was die Polizei ihm genau gesagt hat. Denn die war öfters bei ihm.

R: Von wo weggehen?

BF: Ich habe von XXXX bis XXXX in einem Sikhtempel in XXXX gewohnt. Er hat gesagt, ich soll von dort weggehen.

R: Eine Begründung hat Ihnen der Prediger nicht gegeben?

BF: Er hat gesagt, ich soll nicht mehr in der Form predigen, wie ich es tue. Ich habe damals immer neue Leute gesammelt und gepredigt.

R: Wohin sind Sie dann anschließend gegangen?

BF: Ich bin anschließend nach Agra gezogen.

R: In der Beschwerde wird angeführt, dass Sie in der Zeit von XXXX bis XXXX dann anschließend täglich verfolgt und bedroht worden sind, dass Sie mit dem predigen aufhören sollen. Aufgrund dieser Probleme sind Sie dann nach Agra gegangen. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.

BF: Die Polizei ist zu ihm gekommen und ich wurde gewarnt, dass ich nicht mehr predigen soll. In XXXX gab es eine religiöse Veranstaltung, welche von der Polizei beendet wurde und auch damals wurde ich von der Polizei gewarnt.

[…]

R: In der Beschwerde wird aber angeführt, dass Sie täglich verfolgt und bedroht wurden, dass Sie mit dem predigen aufhören sollen.

BF: Ich habe damals im Sikhtempel gelebt und es sind jeden Tag Leute in Zivil gekommen. Ich weiß nicht, ob es Polizisten waren. Sie haben gesagt, wir sollen aufhören.

R: Das ist alles?

BF: Ja.

R: Hatten Sie irgendwelche Probleme in XXXX ?

BF: XXXX ist weit weg von Punjab. Das ist in U.P. Anfänglich war alles okay, aber dann haben die Leute im Sikhtempel herausgefunden, dass die Polizei hinter mir her ist und wollten damit nichts zu tun haben. Sie haben mir dann gesagt, ich soll weggehen.

R: Wer hat Ihnen das gesagt?

BF: Der Vorgesetzter Priester namens XXXX .

R: Wann ist Ihnen das erste Mal wirklich etwas passiert?

BF: Das erste Mal war im Jahr XXXX , als ich verhaftet wurde.

R: Vor XXXX wurden Sie aber nicht verhaftet?

BF: Richtig, davor hat die Polizei mir nur gesagt, dass ich mit dem predigen aufhören soll, aber ich wurde nie verhaftet. Auch wurde meine Familie gewarnt, dass sie auf mich einreden sollen, damit aufzuhören.

R: Wann war das mit Ihrer Familie?

BF: Das war, als ich von XXXX in das Heimatdorf zurückgekehrt bin, im Jahre XXXX .

R: Wie oft wurden Sie insgesamt verhaftet?

BF: Dreimal.

R: Wann war das erste Mal, das zweite Mal und das dritte Mal?

BF: Das erste Mal war XXXX . Das zweite Mal war während meiner Inhaftierung und zwar wurde ich nach XXXX Bezirk XXXX gebracht und das dritte Mal war im Jahre XXXX . Damals war ich in XXXX und wurde nach XXXX , was früher XXXX hieß, gebracht.

R: Schildern Sie mir bitte, wie das im Jahre XXXX war.

BF: Ich war damals in XXXX Gefängnis. Mir wurde gesagt, dass es einen Haftbefehl auch gegen mich im Bezirk XXXX vorliegt und das ich deswegen dorthin gebracht wurde.

R: Schildern Sie mir bitte, wie die Verhaftung XXXX abgelaufen ist.

BF: Ich war bei einem Freund in XXXX . Er wollte eine religiöse Veranstaltung machen. Ich habe bei ihm genächtigt und am nächsten Morgen kamen zwei oder drei Polizeiautos. Es waren einige Männer in Zivilkleidung und die anderen in Uniformen. Ich wurde mit elektronischen Schocks betäubt und bin ohnmächtig geworden. Als ich wieder aufgewacht bin, war ich einem Gefängnis in Naaba. Ich wurde 5 Tage lang befragt. Die Polizei hat mir verschiedene Fotos von verschiedenen Personen gezeigt. Sie haben mir keinen Haftbefehl gezeigt und auch nicht meine Familie informiert, wo ich bin. Niemand hat gewusst, wo ich bin. Mir wurde fälschlicherweise vorgeworfen, dass ich in Besitz illegaler Waffen bin und dass ich über Khalistan predige. Ich wurde sehr viel geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert. Ich wurde nackt ausgezogen und auch meine Privatteilen mit Elektroschocks gefoltert, sodass ich nicht mal urinieren konnte. Danach erst wurde ich vor einem Richter vorgeführt. Die Polizei hat mich angezeigt. Diese Anzeige habe ich bereits vorgelegt. Danach wurde ich ins Gefängnis gebracht. Auch im Gefängnis wurde ich psychisch von der Polizei gefoltert. Mir wurde gedroht, dass sie mich nie freilassen werden. Während dieser Zeit ist auch die Polizei von XXXX gekommen. Mir wurde vorgeworfen, dass ich auch in XXXX angezeigt wurde. Ich wurde dann in XXXX zwei Tage angehalten. Ich wurde am Kopf und auf dem linken Arm geschlagen. Ich musste an der Stirn genäht werden. Das war eine fingierte Anzeige. Als sie nichts gegen mich finden konnten, schickten sie mich zurück nach XXXX . Mein Anwalt hat dann versucht mich gegen eine Kaution mich freizubekommen, aber das Bezirksgericht hat das abgelehnt. Erst beim Landesgericht bekam ich die Freilassung gegen Kaution zugesprochen. Nach meiner Entlassung blieb ich zwei bis drei Tage in meinem Dorf. In der Zeit, als ich im Gefängnis war, wurden auch meine Eltern schikaniert. Ich wollte nicht, dass meine Familie wegen mir weitere Probleme bekommt. Deswegen bin ich nach XXXX gezogen. In XXXX habe ich dann aufgehört zu predigen und habe als Taxifahrer gearbeitet. Alle 14 Tage musste ich in XXXX und in XXXX vorstellig werden, weil ich auf Kaution freigelassen war. Im Jahr XXXX wurde ich von der XXXX Polizei inhaftiert. Ich wurde von der Polizei gefoltert und vorgeworden, dass ich im Jahre XXXX bei einer tätlichen Auseinandersetzung in XXXX beteiligt war. Aber ich war davor noch nie in XXXX . Dass war eine falsche Anschuldigung. Meine Familie hat dann Geld bezahlt, damit ich wieder auf Kaution freigelassen werde. Nun musste ich auch in XXXX vorstellig werden. Das heißt, ich musste immer wieder an drei Orten erscheinen.

R: Als Sie XXXX verhaftet wurden. Wie lange waren Sie inhaftiert?

BF: 6 Monate. Danach wurde ich auf Kaution freigelassen.

R: Wie lange hielten Sie sich in den unterschiedlichen Gefängnissen auf, in diesen 6 Monaten? BF: Ich war die ganze Zeit im Gefängnis in XXXX , außer zwei Tage. In diesen zwei Tagen wurde ich in der Polizeistation in XXXX angehalten und befragt.

R: Anschließend wurden Sie wieder zurückgebracht nach XXXX ?

BF: Ja.

R: Wie viel Zeit verging, bevor Sie einem Richter vorgeführt wurden?

BF: Ich wurde 5 Tage illegal angehalten und erst dann einem Richter vorgeführt.

R: Und wann war die zweite Verhaftung?

BF: Im Jahre XXXX wurde ich wieder mitgenommen. Damals war ich auf Kaution auf freiem Fuß.

R: Für wie lange waren Sie XXXX inhaftiert?

BF: Ich wurde zwei Tage in der Polizeistation in XXXX angehalten und dann sind meine Angehörigen gekommen und haben mich auf Kaution freibekommen. Diesmal wurde ich von XXXX mitgenommen.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass Sie XXXX verhaftet worden wären, für 6 Monate im Gefängnis gewesen wären, dass Sie dann anschließend nach weiteren 5 Monaten, dies sei im Jahre XXXX gewesen, wieder ins Gefängnis gekommen wären. Nehmen Sie bitte dazu Stellung.

BF: Nein, ich war nur die 6 Monate im Jahre XXXX inhaftiert, so wie heute geschildert.

R: Sie haben bei der Einvernahme am XXXX angegebene: „Nach meiner Entlassung stand ich unter Beobachtung. Nach weiteren 5 Monaten wurde ich wieder festgenommen. Dies war im Jahre XXXX …“.

BF: Nein, ich wurde wieder im Jahre XXXX verhaftet und nicht XXXX .

R: In der Beschwerde und auch in der heutigen Verhandlung wird angegeben, dass Sie massiv gefoltert worden sind. Sie haben weder in der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX etwas diesbezüglich angegeben, noch in der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX . In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX haben Sie auf die Frage: „Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert?“, geantwortet: „Ja.“. Des Weiteren wurde diese Frage später wiederholt und dies wurde auch von Ihnen bejaht. Weiters sind Sie gefragt worden: „Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollen, zu schildern?“ und sie antworteten: „Ja.“. Des Weiteren wurden Sie gefragt: „Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?“ und Sie haben geantwortet: „Ich möchte einfach hierblieben“. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.

BF: Ich habe alle Dokumente bezüglich meiner Inhaftierung vorgelegt. Ich habe meine Probleme geschildert und alle Fragen beantwortet, allerdings wurde ich nicht so ausführlich befragt, wie heute. Sie können gerne Erhebungen in Indien veranlassen und Sie werden erfahren, dass die Punjab-Polizei, die Inhaftierten foltern und schlecht behandelt. Es gibt sehr viele falsche Anzeigen. Die Polizei ist korrupt und möchte Bestechungsgelder kassieren.

R wiederholt den Vorhalt.

BF: Ich habe das alles erzählt. Ich habe alles, was ich erfahren habe und was mit mir geschehen ist, erzählt.

R: Die Verhandlungsschrift wurde Ihnen vom D rückübersetzt. Sie bejahten auch, dass Sie den D während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden haben sowie, bejahten Sie auch die Frage: „Hat der D das rückübersetzt, was Sie gesagt haben.“

BF: Der D hat sehr flüchtig übersetzt und nicht gefragt, ob alles in Ordnung sei und ich habe das bejaht.

R: Hatten Sie nach XXXX noch irgendwelche Probleme in XXXX ?

BF: Ich stand weiterhin unter Beobachtung. Ich habe in dieser Zeit auch aufgehört zu predigen und bin zu meinen Terminen pünktlich erschienen. Ich habe aber von einem Polizisten erfahren, dass es geplant ist, mich wieder zu verhaften und mit falschen Anschuldigungen angezeigt. Er hat gesagt, wenn ich mich retten möchte, soll ich schauen, dass ich weggehe.

R wiederholt die Frage. Ist irgendetwas nach der zweiten Verhaftung etwas Sie betreffendes vorgefallen?

BF: Die Polizei ist öfters zu mir nach Hause gekommen, aber ich war immer mit dem Taxi unterwegs. Als ich dann zu meinen Terminen immer erschien, wurde ich von den korrupten Polizisten gesagt, dass ich Bestechungsgelder bezahlen soll, sonst würden sie mich in weitere Anzeigen involvieren.

R: Was haben Sie dann gemacht? Haben Sie Bestechungsgeld bezahlt?

BF: Nein, ich hatte nicht so viel Geld, dass ich immer Bestechungsgeld bezahle. In dieser Zeit wurden auch meine Eltern schikaniert. Ich wurde auch verfolgt.

R: Das heißt, haben Sie jemals ein Bestechungsgeld bezahlt?

BF: Doch. In XXXX haben wir bezahlt. Und dann nochmals, als sie nach Hause gekommen sind, haben wir bezahlt.

R: Als Sie das Bestechungsgeld nicht bezahlen konnten. Ist da Ihnen etwas passiert?

BF: Sie haben mich damit bedroht, dass sie mich in irgendeine Anzeige involvieren werden.

R: Aber sonst nichts?

BF: Ich habe mich dann an die Partei von Simranjit Singh Mann gewandt. Diese Partei hat mich dann unterstützt, aber letztendlich wurde ich von denen auch gesagt, dass ich wegziehen soll.

Dann war die Ausreise XXXX .

R: Als Sie Bestechungsgelder nicht bezahlt haben, ist Ihnen außer, dass Sie bedroht worden sind, sonst irgendetwas passiert oder vorgefallen?

BF: Nein, nach dem ich bedroht wurde, habe ich mich an diese Partei gewandt und bekam von dieser Unterstützung.

R: Sind Sie öfters, als einmal bedroht worden?

BF: Jedes Mal, als ich alle 14 Tage zum Richter in XXXX und XXXX gehen musste, wurde ich bedroht.

R: In der Beschwerde wird angeführt, dass nach der zweiten Verhaftung es vorgekommen ist, dass die Polizei zu Ihnen nach Hause gekommen wäre, um sie für ein paar Stunden bzw. für einen ganzen Tag festzunehmen und dort seien Sie auch wieder gefoltert worden. In der niederschriftlichen Einvernahme XXXX gaben Sie an, dass Sie zwar von der Polizei angehalten worden seien, aber Ihnen mit Schmiergeld nichts passiert sei. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.

BF: Also nach der zweiten Verhaftung wurde ich zweimal von der Polizei mitgenommen. Ich wurde im Polizeiauto geschlagen und bedroht, dass sie mich wieder unter irgendeinen Vorwand verhaften werden. Ich musste diesen Schmiergeld bezahlen, damit sie mich wieder freilassen.

R: In der Beschwerde wird angeführt, dass Sie zweimal einen Anwalt bevollmächtigt haben, damit Sie mittels Kaution freigelassen werden. In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass Sie es nicht leisten haben können, einen Rechtsanwalt zu nehmen und Sie nur einen Pflichtverteidiger hatten.

BF: Ich habe beide Male einen Anwalt gehabt, sonst hätte ich nicht die Freilassung mittels Kaution bekommen. Da ich jetzt nicht mehr zu den Terminen erscheine, bin ich nun ein gesuchter Mann. Bei einer Rückkehr würde ich sofort verhaftet werden.

R: Hat es sich bei diesen Anwälten um Pflichtverteidiger gehandelt, oder haben Sie einen Rechtsanwalt organisiert?

BF: Beide Anwälte wurden mir vom Gericht vorgeschlagen, aber ich musste sie selbst zahlen.

R: Wie hoch waren die Rechtsanwaltskosten?

BF: 4.000 bis 5.000 Rupien und zusätzlich das Kautionsgeld für das Gericht.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass ein Rechtsanwalt 20.000 Rupien gekostet hätte und pro Verhandlung weitere 500 Rupien gekostet hätte.

BF: Ja, das ist richtig. Ich habe jedoch nicht so viel Geld gehabt und habe nur 5.000 bezahlt.

Falls ich zurückkehre, würden sie mich für das restliche Geld auch belangen.

R: Hatten Ihre Eltern oder Ihr Bruder irgendwelche Probleme im Heimatland, aufgrund Ihrer Priestertätigkeit?

BF: Ja, sehr viele Probleme. Die Polizei ist öfters nach Hause gekommen und haben meine Familienangehörigen dann bedroht. Auch im Dorf wurde es bekannt, dass die Polizei wegen mir zu uns kommt. Bis jetzt kommt die Polizei und fragt nach mir. Sie werden gefragt, wo ich bin und ich soll zu den Terminen kommen.

R: Seit wann haben Ihre Familienangehörigen diese Probleme?

BF: Eigentlich schon seit XXXX , aber jetzt, wo ich ins Ausland geflüchtet bin, noch mehr.

R: Was verstehen Sie unter noch mehr?

BF: Mein Bruder wurde öfters zur Polizeistation bestellt und nach mir gefragt. Er hat gesagt, dass er keinen Kontakt mehr mit mir hat und dass er nicht weiß, wo ich bin.

R: Wann war das, dass Ihr Bruder zur Polizeistation bestellt wurde?

BF: Sehr oft, die Daten kann ich nicht sagen. Als ich nach Hause angerufen habe, um die Unterlagen mir schicken zu lassen, hat er erzählt, dass er auch damals zur Polizeistation XXXX bestellt wurde. Das war ca. vor zwei Monaten.

R: Ist nur Ihr Bruder zur Polizeistation bestellt worden, oder Ihre Eltern auch?

BF: Früher wurden auch meine Eltern zur Polizeistation bestellt. Jetzt kommt die Polizei zu ihnen nach Hause, weil die Eltern alt sind.

R: Ab wann hat die Polizei begonnen, Ihre Eltern und Ihren Bruder gefragt, wo Sie sich aufhalten?

BF: Begonnen hat es XXXX . Die Polizei ist öfters gekommen und hat auch unser Haus durchsucht, um zu sehen, ob irgendwelche Waffen dort versteckt sind. Immer, wenn ein neuer diensthabender Polizist kommt, öffnet er die alten Akten und schickt dann die Polizisten zu uns.

R: Ist Ihrem Bruder bzw. Ihren Eltern, außer dass die Polizei nach Hause gekommen sind und nach Ihnen gefragt haben, irgendetwas passiert?

BF: Sie werden auch bedroht, dass sie meine Adresse preisgeben sollen, ansonsten wird auch mein jüngerer Bruder verhaftet. Sonst ist ihnen nichts passiert.

R: Mit Schreiben vom XXXX legte Ihr Vertreter ein Schreiben Ihres Bruders vor, wonach er und die Eltern gefoltert worden seien. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.

BF: Ja, das ist eine psychische Folter. Weil sie immer nach Hause kommen und mein Bruder auch zur Polizeistation bestellen bzw. auch mitnehmen.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX wurden Sie gefragt: „Ihre restliche Familie lebt noch in der Heimat, wird diese nicht bedroht?“ und sie gaben an: „Meine Familie ist nicht bedroht, sie werden nur nach mir gefragt.“ Nehmen Sie dazu bitte Stellung.

BF: Als ich meine Familie bat mir Unterlagen zu schicken, welche ich für die Eheschließung benötigt habe, waren sie beim Gericht bzw. bei der Behörde. Somit haben die Polizisten mitbekommen, dass meine Familie mit mir in Kontakt ist und haben sie dann bedroht, dass sie lügen, wenn sie sagen, dass sie nicht wissen, wo ich bin und sie wurden auch bedroht, dass sie meinen Aufenthaltsort preisgeben sollen.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass Sie bis zu Ihrer Ausreise als Priester gearbeitet hätten. Das sei Ihr Beruf. In der heutigen Verhandlung und auch in der Beschwerde geben Sie an, dass Sie nach XXXX gezogen seien, Sie aufgehört haben zu predigen. Nehmen Sie dazu Stellung.

BF: Ich habe in XXXX weiterhin den Sikhtempel besucht und gebetet, aber ich habe nicht als Priester gearbeitet und auch nicht bei Veranstaltungen gepredigt.

R: In der niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX gaben Sie an, dass Sie zuletzt für 6 Monate im Gefängnis gewesen wären. Nehmen Sie dazu bitte Stellung.

BF: Die erste Einvernahme war sehr kurz. Ich habe nur wenig Zeit gehabt, meine Probleme zu schildern. Sie können gerne Erhebungen bei der Polizeistation in XXXX und auch in XXXX machen. Ich bin in beiden Ortschaften als gesuchte Person registriert.

RV: Sie haben gesagt, Sie nehmen Medikamente. Haben Sie heute auch Medikamente genommen?

BF: Ja.

RV: Welches?

BF: Mirtazapin. Heute habe ich noch zusätzlich ein weiteres nehmen müssen, nämlich Sertralin 25 mg.

RV: Können Sie die Wirkung von den Medikamenten beschreiben?

BF: Ich werde müde und schläfrig. Das ist, damit ich keinen Stress habe.

RV: Sie haben gesagt, dass Sie von der Polizei immer wieder aufgefordert wurden, mit dem predigen aufzuhören. Würden Sie sagen, dass das Problem eher religiös ist oder politisch, weil man Ihnen vorwirft für den Staat Khalistan einzutreten?

BF: Die Polizei wirft mir vor, dass ich die jungen Leute anstifte und ich soll damit aufhören.

RV wiederholt die Frage.

BF: Eher politisch. Ich darf schon beten, aber ich darf niemanden politisch anstiften.

R: Dass Sie beten dürfen ist klar, aber Sie hatten keine Probleme, dass Sie hätten zu predigen aufhören sollen?

BF: Sie glauben, dass ich die Leute anstifte. Sie haben nie zugehört. Ich predige über unsere

Religion, aber ich erzähle den Leuten auch über die Folter, die die Sikh ertragen müssen. Die Shir Sena Partei sind unsere Gegner. Sie wollen, dass ich aufhöre, insgesamt zu predigen.

RV: Wir haben in der Beschwerde vorgebracht, dass Ihnen bei der Folter ein Bein gebrochen wurde. Waren Sie deshalb in Behandlung?

BF: Das Gefängnis hat meine Behandlung veranlasst und ich bekam Medikamente und ich wurde auch zum Regierungsspital nach XXXX gebracht. Auch mein linker Arm wurde behandelt. Wollen Sie das sehen?

RV: Gibt es Behandlungsunterlagen?

BF: Nein, ich bekam keine Unterlagen.

RV: Weil Sie gesagt haben, dass Gericht kann Erhebungen durchführen. Sind Sie mit Erhebungen einverstanden?

BF: Ja, sie können nach XXXX und in XXXX Erhebungen machen. Aber meine Familie soll nicht erwähnt werden.

RV: Kennen Sie die Namen der Anwälte nennen?

BF: Nein, ich kann mich daran nicht erinnern.

RV: Keine weiteren Fragen.

BehV: Können Sie sich noch an mich erinnern?

BF: Ja.

BEhV: Sie haben die Einvernahme bei mir gemacht am XXXX ?

BF: Ja.

BehV: Ich habe Sie mehrmals gefragt, ob Sie noch weitere Fluchtgründe haben und Sie haben dies jeweils verneint und keine etwaige Folter erwähnt. Warum nicht?

BF: Ich habe erzählt, alles, was ich konnte.

R: Was verstehen Sie darunter?

BF: Wenn ich diese Sachen wiederhole, bekomm ich psychische Probleme. Ich habe das ganze verdrängt und habe nicht gewusst, dass ich das hier wiederholen muss. Wenn ich das alles wiederhole, kommt das in mir hoch. Damit habe ich nicht gerechnet. Daran habe ich nicht gedacht.

RV: Ich würde gerne den Antrag auf Einholung eines medizinischen psychiatrischen Gutachtens stellen. Zur Abklärung der Frage, ob durch die diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung erklärbar ist, dass er die Folterungen bei der Einvernahme beim BFA nicht geschildert hat. Generell, ob das Aussageverhalten durch die diagnostizierte Erkrankung und die vom BF eingenommenen verschriebenen Medikamente beeinträchtig ist.

BehV: Ich möchte anmerken, dass es im Zuge der Einvernahme nicht möglich ist, auf jede

Eventualität oder Möglichkeit einzugehen, wenn kein Input des Asylwerbers kommt. Weiters möchte ich festhalten, dass in der heutigen Verhandlung der BF sehr wohl in der Lage war, die Folter zu beschreiben.

R: Sind Sie verheiratet?

BF: Nein, noch nicht. Ich möchte diese Dame namens XXXX heiraten.

R: Wollten Sie ursprünglich nicht wen anderen heiraten, nämlich eine ungarische Staatsangehörige?

BF: Ja.

R: Warum ist daraus nichts geworden?

BF: Wir wollten heiraten, aber die Dokumente waren nicht fertig. Wir haben zwar zusammengelebt, aber dann hat sie mich verlassen, weil sie gemeint hat, dass ich psychisch nicht in Ordnung sei. Meine jetzige Freundin hat mich dann zum Arzt gebracht und wir sind zusammen. Sie unterstützt mich auch finanziell.

R: Wie haben Sie die D verstanden?

BF: Gut.

RV: Ich beantrage Erhebungen vor Ort bezüglich des Fluchtvorbringens des BF.

[…]

11. Mit Unzuständigkeitseinrede vom XXXX erklärte sich die Leiterin der Gerichtsabteilung W222 bezüglich der gegenständlichen Rechtssache aufgrund Vorliegens des § 20 AsylG gemäß § 6 GV als unzuständig. In der Folge wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung W124 zugewiesen.

12. Mit Schriftsatz vom XXXX teilte der BF im Wege seiner Vertretung mit, dass er am XXXX einen Schlaganfall erlitten habe und im Krankenhaus behandelt worden sei. Mittlerweile sei er entlassen worden, müsse aber regelmäßig zu Kontrollen erscheinen.

Beiliegend wurde ein Befund des XXXX übermittelt, wonach der BF von XXXX stationär behandelt worden sei. Als Diagnose wurde eine subakute Kleinhirnischämie (I63.9), eine Hypercholesterinämie sowie Prädiabetes angeführt. Mit Schriftsatz vom XXXX wurden weitere Befunde sowie eine Heiratsurkunde vorgelegt.

13. Mit Beschluss vom XXXX wurde XXXX zum Sachverständigen aus dem Gebiet Neurologie bestellt. Ihm wurde die Beantwortung folgender Fragen aufgetragen:

1. Hat der Beschwerdeführer einen Schlaganfall gehabt?

2. Welche Auswirkungen hat der Schlaganfall auf den Beschwerdeführer? Ist der Beschwerdeführer arbeitsfähig eingeschränkt?

3. Hat der Beschwerdeführer Medikamente einzunehmen?

4. Wenn ja, welche? Sind diese in Indien erhältlich?

5. Ist der Beschwerdeführer durch den Schlaganfall in seiner Einvernahme- sowie Verhandlungsfähigkeit eingeschränkt?

6. Braucht der Beschwerdeführer durch die (möglichen) Folgen des Schlaganfalls eine Betreuung?

7. Zählt der Beschwerdeführer durch die (möglichen) Folgen des Schlaganfalles im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu einem möglichen Risikopatienten?

Aus dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom XXXX geht hinsichtlich dieser Fragen zusammengefasst hervor, dass der BF im November XXXX eine Kleinhirnischämie links (Infarkt im Kleinhirnbereich linkshirnig), als Ursache hierfür sei eine Dissektion (Gefäßveränderung) im Bereich der Arteria vertebralis links festgestellt worden. Wesentliche neurologische Defizite könnten nicht erhoben werden, es zeige sich lediglich im Finger-Nase-Versuch linkshirnig eine leichte Dysmetrie (leichtes Abweichen). Der BF sei in der Arbeitsfähigkeit etwas eingeschränkt. Der BF benötigte eine medikamentöse Therapie und zwar Thrombo ASS, Rusovastatin und Amitriptylin.

Der BF sei wach, zeitlich, örtlich, situativ und zur Person orientiert. Ferner sei er in der Lage, die Fragen adäquat und nachvollziehbar zu beantworten. Merkfähigkeits- und Gedächtnisleistungsstörungen würden nicht vorliegen. In seiner Einvernahme- und Verhandlungsfähigkeit sei er nicht eingeschränkt.

Eine Betreuung des BF sei nicht erforderlich, er sei in der Lage die Verrichtungen des täglichen Lebens vollkommen selbstständig durchzuführen.

Zur Frage, ob der BF in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu den Risikopatienten zähle, wurde festgehalten, dass leichtgradige vaskuläre Risikofaktoren aufgrund eines erhöhten Blutfettwertes bestehen würden. Ein leicht erhöhtes Risiko in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie liege vor.

Auf Seite 10 des Gutachtens wurde ferner festgehalten, dass eine posttraumatische Belastungsstörung aktuell nicht zu diagnostizieren sei.

Dieses Gutachten wurden den Verfahrensparteien zur Stellungnahme binnen 10 Tagen übermittelt.

14. Mit Schriftsatz vom XXXX brachte der BF im Wege seiner Vertretung vor, der behandelnde Arzt des BF habe entgegen dem eingeholten Gutachten das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnostiziert und spreche auch von einer Retraumatisierung. Vor dem Hintergrund dieser widersprüchlichen Einschätzungen werde die Erörterung des Gutachtens im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt. Jedenfalls werde die im Gutachten vorgenommene Einstufung als Risikopatient im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ersucht, von einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen und diese dauerhaft für unzulässig zu erklären, dies auch im Hinblick auf die familiären Bindungen in Österreich.

Dem Schriftsatz wurde eine Stellungnahme von XXXX vorgelegt. Darin wird ausgeführt, der Sachverständige habe das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Abfragen zweier Checklisten negiert. Aus diesem Grunde werde nochmals eine Befragung des BF durchgeführt, wobei die diagnostischen Kriterien des DSM-5 als Leitlinie herangezogen würden. Als Dolmetsch habe die Gattin fungiert. Nach den Ergebnissen der Befragung seien die Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung hinlänglich erfüllt.

Dem Sachverständigen wurde in der Folge aufgetragen, zu den Einwänden des BF Stellung zu beziehen.

Dem neurologisch-psychiatrischen Ergänzungsgutachten vom XXXX ist zu entnehmen, dass das Gutachten XXXX vollinhaltlich aufrechterhalten wird. Zum ärztlichen B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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