TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W283 2227564-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2021
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Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W283 2227564-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 15.01.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SERBIEN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2019, Zl. 245637101 - 190460020, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dieser lautet wie folgt:

„Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 wird gegen Sie ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 12.11.2018 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) von der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 2 SMG, § 15 StGB, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster Satz zweiter Fall, Abs. 2 und Abs. 3 SMG und des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG verständigt.

2. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme teilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer in weiterer Folge mit, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen, und forderte ihn um Beantwortung näher genannter Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie um Vorlage der entsprechenden Belege. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen eingeräumt.

3. Mit Schreiben vom 07.01.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er lebe seit 19 Jahren in Österreich und verfüge im Bundesgebiet über eine Lebensgefährtin sowie einen Freundeskreis. Der Beschwerdeführer sei fünf Monate als Gemeindearbeiter tätig gewesen und habe zuvor zehn Jahre auf einer Baustelle bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet. In Serbien habe er die Schule besucht und eine Ausbildung als Mechaniker absolviert. Seine Schwester, mit der der Beschwerdeführer in Kontakt stehe, lebe in Serbien. Abschließend ersuchte er das Bundesamt, gegen ihn kein Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot zu erlassen.

4. In der am 09.12.2019 durchgeführten Einvernahme durch das Bundesamt gab der Beschwerdeführer über sein Vorbringen in der Stellungnahme hinausgehend zusammengefasst an, er sei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig und spreche nur Serbisch. Der Vater des Beschwerdeführers sei österreichischer Staatsbürger gewesen. Aufgrund der Trennung von seiner Exfrau, mit der der Beschwerdeführer drei gemeinsame Kinder habe, sei er im Jahr 2000 nach Österreich gereist. Seine drei erwachsenen Kinder würden mit deren Familien in Italien, Serbien bzw. Österreich leben. Der Beschwerdeführer werde voraussichtlich in sechs Tagen aus der Strafhaft bedingt entlassen und verfüge über eine Einstellungszusage einer Reinigungsfirma. Betreffend seinen Herkunftsstaat führte er noch aus, sein Sohn lebe dort mit dessen Familie im Elternhaus des Beschwerdeführers und auch die Töchter des Beschwerdeführers seien immer wieder in Serbien aufhältig.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt I. und II.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.-V.).

Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich beeinträchtige ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Sicherheit für die Person und sozialem Frieden. Aufgrund der Schwere des Rechtsbruches müsse daher von einer aktuellen, gegenwärtigen Gefahr gesprochen werden. Es sei keine positive Zukunftsprognose zu erkennen. Die belangte Behörde stellte fest, die individuellen Interessen des Beschwerdeführers seien im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der fremdenpolizeilichen und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen höher zu werten seien. Der Beschwerdeführer gehe in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und könne sich seinen Aufenthalt nicht aus Eigenem finanzieren. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens, der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers habe im Zuge der vom Bundesamt vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihm ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

6. Am 16.12.2019 wurde dem Bundesamt der Bericht über die Abschiebung des Beschwerdeführers übermittelt.

7. Am 09.01.2020 erhob der Beschwerdeführer gegen sämtliche Spruchpunkte des Bescheides fristgerecht Beschwerde und rügte die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mangelhafte bzw. unrichtige Bescheidbegründung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung. Dabei brachte er nach einer kurzen Sachverhaltsdarstellung im Wesentlichen vor, er bereue seine Tat und es sei aufgrund seines Alters sowie der Tatsache, dass es sich um seine erste Verurteilung handle, nicht damit zu rechnen, dass er rückfällig werde. Vom Beschwerdeführer gehe keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, vor allem keine, die eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot rechtfertigen würde. Der Bescheid sei unzureichend begründet, zumal nicht ersichtlich sei aus welchen Gründen der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur sei beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Die geforderte konkrete Beurteilung sei im gegenständlichen Fall allerdings nur lückenhaft und zudem inhaltlich falsch durchgeführt worden. Auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei nur unzureichend Rücksicht genommen worden. Er lebe seit fast zwei Jahrzehnten in Österreich und habe in Serbien – abgesehen von seiner Schwester – keine nennenswerten Kontakte. Der Beschwerdeführer stellte abschließend unter anderem den Antrag, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G313 abgenommen und der Gerichtsabteilung W283 neu zugewiesen.

9. Mit Ladung vom 11.11.2020 wurde der Beschwerdeführer über seine Vertretung ordnungsgemäß für die Beschwerdeverhandlung am 15.01.2020 geladen. Das Länderinformationsblatt des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers wurde dabei übermittelt.

10. Mit Schreiben vom 23.11.2020 kündigte die Vertretung des Beschwerdeführers mit 31.12.2020 das Vollmachtsverhältnis.

11. Am 15.01.2021 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer Dolmetscherin durchgeführt. Im Anschluss an die mündliche Beschwerdeverhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers, seinen Familienverhältnissen und zum Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannte Identität (Name und Geburtsdatum), ist serbischer Staatsangehöriger (AS 53, 183 [zweiter Aktenteil]) und spricht Serbisch (AS 181, 191 [zweiter Aktenteil]). Der Beschwerdeführer ist gesund (AS 183 [zweiter Aktenteil]). Er hat in Serbien acht Jahre die Grundschule besucht und eine Ausbildung als Mechaniker absolviert (AS 187 [zweiter Aktenteil]). Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben. Sein Vater war österreichischer Staatsbürger und seine Mutter lebte immer in Serbien (AS 117, 185 [zweiter Aktenteil]).

Nachdem sich der Beschwerdeführer von seiner damaligen Ehefrau, mit der er drei gemeinsame Kinder hat, getrennt hat, ist er nach Österreich gereist (AS 187 [zweiter Aktenteil]). Der genaue Zeitpunkt seiner Einreise kann nicht mehr festgestellt werden; der Beschwerdeführer war jedenfalls im Jahr 2002 erstmals in Österreich behördlich gemeldet (AS 41 f [zweiter Aktenteil]).

Seine Kinder, darunter zwei erwachsene Töchter und ein erwachsener Sohn, sind in Serbien bei der Kindesmutter aufgewachsen und wohnen mit deren Familien in Österreich, Italien bzw. Serbien. Sein in Serbien wohnhafter Sohn lebt im Elternhaus des Beschwerdeführers. Auch die Töchter des Beschwerdeführers, deren Ehemänner im Besitz von Häusern in Serbien sind, halten sich immer wieder im Herkunftsstaat auf (AS 187-191 [zweiter Aktenteil]). Der Beschwerdeführer verfügt über weitere Verwandte in Serbien: So leben seine Schwester und deren Sohn sowie entfernte Verwandte im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer steht im regelmäßigen Kontakt zu seiner Schwester; zu den entfernten Verwandten beschränkt sich der Kontakt auf einmal jährlich (AS 185-187 [zweiter Aktenteil]).

Nachdem das Bundesamt im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers (siehe die Ausführungen unter Pkt. II.1.3.) mit Bescheid vom 12.12.2019 gegen den Beschwerdeführer unter anderem eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen hat (AS 179-229 [erster Aktenteil]), erfolgte im Dezember 2019 die Abschiebung des Beschwerdeführers auf dem Luftweg nach Serbien (AS 307 [zweiter Aktenteil]).

Der Beschwerdeführer ist seit 31.12.2019 in Österreich wieder behördlich mit Hauptwohnsitz gemeldet. An der Meldeadresse des Beschwerdeführers ist nur der Beschwerdeführer behördlich gemeldet (Melderegister vom 15.01.2021).

Der Beschwerdeführer ist nach seiner Abschiebung am 15.12.2019 nach Serbien trotz aufrechtem Einreiseverbot unrechtmäßig wiedereingereist. Der Beschwerdeführer ist spätestens am 31.12.2019, also nur wenige Tage nach seiner Abschiebung unrechtmäßig entgegen dem Einreiseverbot nach Österreich zurückgekehrt.

1.2. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer hat über Aufenthaltsbewilligungen für Österreich, zuletzt über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, verfügt (Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister; AS 183-185 [zweiter Aktenteil]). Zudem führt er seit 2008 eine Lebensgemeinschaft mit einer serbischen Staatsangehörigen, die ebenfalls im Besitz eines Aufenthaltstitels in Österreich ist. Der Beschwerdeführer hat mit seiner Lebensgefährtin, zu der keine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht, nie im gemeinsamen Haushalt gelebt (AS 117, 187, 191-193 [zweiter Aktenteil]; Melderegister).

Während seines Aufenthaltes in Österreich ist der Beschwerdeführer regelmäßig zu Besuchszwecken nach Serbien gereist (AS 191 [zweiter Aktenteil]).

Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs abgeschlossen, verfügt über keine Deutschkenntnisse und ist kein Mitglied in einem Verein (AS 181, 191 [zweiter Aktenteil]).

Der Beschwerdeführer hat von März 2003 bis September 2012 – mit Unterbrechungen – bei verschiedenen Arbeitgebern auf Baustellen gearbeitet. Von 2014 bis zu seiner Inhaftierung (siehe die Ausführungen unter Pkt. II.1.3.) hat der Beschwerdeführer durchgehend Notstands- bzw. Überbrückungshilfe vom Arbeitsmarktservice bezogen und war von 2012 bis 2016 in den Wintermonaten als geringfügig Beschäftigter tätig (AS 153-167 [erster Aktenteil], 183 [zweiter Aktenteil]). Der Beschwerdeführer verfügte über eine Einstellungszusage als Fahrer für internationale Transporte (AS 257 [zweiter Aktenteil]).

1.3. Zur Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer wurde im Oktober 2018 von einem Landesgericht wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 2 SMG, § 15 StGB, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster Satz zweiter Fall, Abs. 2 und Abs. 3 SMG und des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt (AS 95-103 [zweiter Aktenteil]; Strafregisterauszug). Als erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen und die zweifache Tatbegehung, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, den wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung, die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (AS 99 [zweiter Aktenteil]).

Der Verurteilung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer schloss sich einer kriminellen Vereinigung an, deren Zweck es war, mit Suchtgift, insbesondere mit Kokain in mehrfach die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Mengen, zu handeln. Der Beschwerdeführer fungierte dabei als Bunkerhalter. Er verwahrte das Suchtgift und übergab es portioniert an andere Mitglieder der kriminellen Vereinigung. Der Tatzeitraum erstreckte sich von Juli 2018 bis 15.08.2018. Darüber hinaus besaß der Beschwerdeführer eine Schusswaffe der Kategorie B, nämlich eine Pistole in der Zeit von Winter 2017/2018 bis 15.08.2018 (AS 101-103 [zweiter Aktenteil]).

Der Beschwerdeführer befand sich von August bis Oktober 2018 in Untersuchungshaft. Im Dezember 2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft bedingt entlassen (AS 99 [zweiter Aktenteil]; Strafregisterauszug).

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

1.4. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist.

Die Länderfeststellungen zur Lage in Serbien basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Serbien in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 05.06.2020.

Zur politischen Lage

Die Volksvertretung in der Republik Serbien ist ein Einkammerparlament (Narodna skupština, 250 Abgeordnete). Vorgezogene Parlamentswahlen fanden zuletzt am 24.4.2016 statt. Stärkste Kraft ist erneut die Liste der proeuropäischen Serbischen Fortschrittspartei SNS (sie spaltete sich 2008 von der Serbischen Radikalen Partei SRS ab; zusammen mit kleineren Parteien wie der SNP 105 Mandate) gefolgt von der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS, 22 Mandate). Die oppositionelle proeuropäische Demokratische Partei (DS, 15 Mandate mit einem kleinen Partner) ist seit der Abspaltung einer Gruppe um den ehemaligen Staatspräsidenten Boris Tadi? 2014 deutlich geschwächt. Einige Oppositionsparteien haben sich in der „Allianz für Serbien“ zusammengeschlossen. Sie unterstützen die seit 8. Dezember anhaltenden Demonstrationen in zahlreichen Städten des Landes, die sich gegen Missstände und die Politik der Regierung richten. Aleksandar Vucic (SNS) ist der Präsident und Ministerpräsidentin der R. Serbien ist die parteilose Ana Brnabic.

Die zehnte Sitzung der Beitrittskonferenz mit Serbien auf Ministerebene fand am 27.6.2019 in Brüssel statt, um Verhandlungen über Kapitel 9 - Finanzdienstleistungen - aufzunehmen. Mit dieser Konferenz wurden von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln 17 für die Verhandlungen geöffnet, von denen zwei bereits vorläufig abgeschlossen wurden. Weitere Beitrittskonferenzen werden gegebenenfalls geplant, um den Prozess in der zweiten Jahreshälfte 2019 voranzutreiben.

Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können.

Zur Sicherheitslage

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen.

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst.

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen.

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine „Provokation“ aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an.

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil.

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina.

Zum Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss.

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien.

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange.

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden.

Zu den Sicherheitsbehörden

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt.

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“.

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich.

Zur Folter und unmenschlichen Behandlung

Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter.

Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) veröffentlichte im Mai 2018 einen Bericht, in dem der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam äußerte und die Behörden aufforderte, die Misshandlung der Polizei zu bekämpfen.

Zur Korruption

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP). Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24.

Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2018) am 87. Platz von 180 Ländern.

Zu NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine Vielzahl unabhängiger nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersucht und veröffentlicht ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Während Regierungsbeamte im Allgemeinen kooperativ sind und auf ihre Fragen reagieren, werden die Gruppen von nicht staatlichen Akteuren, einschließlich der Pro-Regierungs-Medien, kritisiert, belästigt und bedroht, weil sie sich kritisch gegenüber der Regierung oder entgegen den nationalistischen Ansichten zum Kosovo, dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und den Kriegen der 90er Jahre äußern. Im Laufe des Jahres 2019 veröffentlichten mehrere Medien Artikel, in denen zahlreichen Journalisten, NGO-Aktivisten und unabhängige Einrichtungen vorgeworfen wurde, „Verräter“ des Landes zu sein, die versuchen, die Verfassungsordnung gewaltsam zu stürzen.

Ausländische und inländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) agieren in der Regel frei, aber diejenigen, die offen kritische Positionen gegenüber der Regierung vertreten oder sensible oder kontroverse Themen ansprechen, sind in den letzten Jahren mit Bedrohungen und Belästigungen konfrontiert worden. Während des gesamten Jahres 2018 war die Direktorin der NGO Center for Euro-Atlantic Studies, Gegenstand einer anhaltenden Schmutzkampagne in den Medien als Reaktion auf ihre Unterstützung von Kriegsverbrecherverfolgungen und die Mitgliedschaft Serbiens in der NATO.

Zum Ombudsmann

Der Bürgerbeauftragte spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung des Rechts der Bürger auf eine gute Verwaltungspraxis und die Behörden sind verpflichtet, über die Umsetzung seiner Empfehlungen zu berichten. Im vierten Jahr in Folge diskutierte das Parlament jedoch nicht in der Plenarsitzung den Jahresbericht des Bürgerbeauftragten, sodass keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Überprüfung der Regierung gezogen wurden.

Im Jahr 2018 haben insgesamt 9.120 Bürgerinnen und Bürger die Dienste des Bürgerbeauftragten in Anspruch genommen, von denen 2.432 durch persönliche und 3.350 durch Telefongespräche. Es gab insgesamt 3.338 eingereichte Beschwerden, davon 56 auf eigene Initiative des Bürgerbeauftragten. 2.346 Fälle wurden abgeschlossen. Gleichzeitig wurden rund 2.720 Fälle aus den Vorjahren bearbeitet und davon 1.443 Fälle abgeschlossen, sodass 2018 insgesamt 3.789 Fälle abgeschlossen wurden. Der Anteil der Beschwerden hinsichtlich Minderheitenangelegenheiten ist im Jahresbericht des Ombudsmann Büros 2018 mit 64 unter 3.338 Beschwerden mittlerweile gering und macht lediglich 1,92 % aller Beschwerden aus.

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien.

In drei Gemeinden mit signifikantem albanischem Bevölkerungsanteil gibt es eigene Zweigstellen der nationalen Ombudsmanninstitution. In der Provinz Wojwodina kann ein eigenständiges Ombudsmannsbüro seinen Aktivitäten unabhängig nachgehen.

Zur allgemeinen Menschenrechtslage

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden.

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit.

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien.

Zu den Haftbedingungen

Die Haftbedingungen sind aufgrund von Überbelegung, körperlichem Missbrauch, unhygienischen Bedingungen und unzureichender ärztlicher Versorgung schlecht. Nach Angaben des Justizministeriums lag die Gefängniskapazität 2019 10.300, während die Gefangenenzahl im Laufe des Jahres 2019 10.890 betrug. Obwohl die Gefängnisse nach wie vor überfüllt sind, konnte die Überbelegung durch den Bau neuer Gefängnisse und die breitere Anwendung alternativer Strafmaßnahmen (z.B. Zivildienst, Hausarrest und andere Maßnahmen) verringert werden. Die Behörden führen ordnungsgemäße Untersuchungen von glaubwürdigen Vorwürfen wegen Misshandlung durch. Die unabhängige Überwachung der Haftbedingungen ist gesetzlich erlaubt und die Regierung gewährt unabhängigen Beobachtern Zugang zu den Haftanstalten. Die 2018 begonnene Renovierung des Belgrader Bezirksgefängnisses wurde im Laufe des Jahres fortgesetzt. Neue Gefängniseinrichtungen wurden in Sremska Mitrovica, Leskovac und Pozarevac gebaut. Trotz Verbesserungen bei den Untersuchungsverfahren stellt die verlängerte Untersuchungshaft nach wie vor ein Problem dar.

Was das Gefängnissystem betrifft, so wurden die Renovierung und Modernisierung mehrerer Gefängnisse, darunter das Gefängniskrankenhaus in Belgrad, im Einklang mit der Strategie zur Verringerung der Überbelegung in Strafanstalten fortgesetzt. Ein neues Gefängnis wurde in Pan?evo gebaut und ist in Betrieb. Die Überarbeitung und Verbesserung der Behandlungsprogramme in Gefängnissen und medizinischen Einrichtungen in Haftanstalten wird im Einklang mit den TCP-Empfehlungen fortgesetzt. Die Einschränkung von Inhaftierungsmaßnahmen und die verstärkte Anwendung alternativer Sanktionen trugen zu einer stabilen Haftpopulation bei. Im November 2018 wurden Änderungen des Gesetzes beschlossen, um den Einsatz alternativer Sanktionen zu verbessern. Allerdings bestehen nach wie vor Mängel bei den Unterbringungsbedingungen sowie bei der Gewährung von Rechtsbeistand und Gesundheitsversorgung.

Zur Todesstrafe

Die Gesetzte sehen für keine Straftat die Todesstrafe vor. Die in der serbischen Verfassung integrierte Menschenrechtscharta verbietet die Todesstrafe. Das gilt auch für Militärstraftaten. Die Bundesrepublik Jugoslawien hat das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnet. Das Protokoll trat am 6.12.2001 in Kraft und gilt – im Wege der Rechtsnachfolge – auch für Serbien.

Zur Religionsfreiheit

Im Allgemeinen herrscht in Serbien Religionsfreiheit. Die serbische Verfassung und Gesetze erkennen allerdings nur sieben „traditionelle“ Konfessionen an, woraus eine gewisse Diskriminierung anderer religiöser Gruppen und ihrer Angehöriger resultiert, etwa bei der Registrierung von Religionsgruppen - ein Bereich, in dem es jüngst Fortschritte gegeben hat. Zugleich genießt die Serbisch-Orthodoxe Kirche eine klare Bevorzugung gegenüber anderen Konfessionen. Die überwiegende Mehrheit der Einwohner Serbiens sind Christen. Etwa 6,3 Millionen (ca. 84%) der Einwohner bekennen sich zur serbisch-orthodoxen Kirche, ferner gibt es noch religiöse Minderheiten, insbesondere Katholiken (5 %), Protestanten (1 %), Atheisten (1,1 %), nicht deklarierte oder unbekannte (4,5 %) und einige wenige neuapostolische Christen. Etwa 3 % der Einwohner sind Muslime. Sie leben im südserbischen Sandschak, wo sie eine knappe Mehrheit bilden.

Die Verfassung untersagt die Errichtung einer Staatsreligion, garantiert die Gleichheit aller religiösen Gruppen, verbietet die Aufstachelung zum Religionshass und religiöse Diskriminierung. Einige nicht-traditionelle religiöse Gruppen erklären, dass die Umsetzung von Gesetzen durch die staatlichen Behörden diskriminierend ist. Wegen Anstiftung zur Diskriminierung, zum Hass oder zur Gewalt gegen eine Person oder Gruppe aus religiösen Gründen sieht das Gesetz Freiheitsstrafen von einem bis zehn Jahren vor.

Zur Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt.

Zur Grundversorgung/Wirtschaft

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung.

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen.

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9 %. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13 % prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05 % geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2 % gegenüber dem Vorjahr.

Zu den Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen.

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich.

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt.

Zur medizinischen Versorgung

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet.

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren – oft private – Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen.

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können.

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist.

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können.

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro).

Zur Rückkehr

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein “Build Your Future”-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten.

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den Ermittlungsergebnissen des Bundesverwaltungsgerichts. Einsicht genommen wurde in das Melderegister, das Fremdenregister und das Strafregister. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.01.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Der Beschwerdeführer ist nicht erschienen.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt. Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen Familienverhältnissen und zum Verfahrensgang:

Die Feststellungen zum angefochtenen Bescheid ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) ergeben sich aus der Kopie seines serbischen Reisepasses sowie seinen Angaben vor dem Bundesamt (AS 53, 183 [zweiter Aktenteil]). Gleiches gilt für die Feststellung, dass der Beschwerdeführer serbischer Staatsangehöriger ist. Dass der Beschwerdeführer Serbisch spricht, beruht auf der Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 181, 191 [zweiter Aktenteil]).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand, seiner Schul- und Berufsbildung und seinen Eltern stützen sich auf die glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme, die mit seinen Angaben in der Stellungnahme in Einklang stehen (AS 117, 183-187 [zweiter Aktenteil]).

Die Feststellungen zur Trennung von seiner Ehefrau, seinen erwachsenen Kindern, den Aufenthalt seiner Verwandten sowie den Kontakt zu ihnen und den Grund seiner Einreise in das Bundesgebiet ergeben sich aus den dahingehend übereinstimmenden und stringenten Angaben des Beschwerdeführers in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme (AS 187-191 [zweiter Aktenteil]).

Dass der genaue Zeitpunkt der Einreise des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet nicht mehr festgestellt werden konnte, ergibt sich daraus, dass die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt, wonach er im Jahr 2000 nach Österreich gereist sein und gleich einen Aufenthaltstitel erhalten haben will (AS 183), nicht mit den Einträgen im Zentralen Melderegister übereinstimmen. Nach den ebengenannten Einträgen erfolgte die erste behördliche Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers erst im Jahr 2002. Die Kopie seines Reisepasses konnte auch keinen Aufschluss darüber geben, zumal dieser erst 2017 ausgestellt wurde (AS 53 [zweiter Aktenteil]).

Dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien im Dezember 2019 erfolgte, beruht auf dem Bericht des Stadtpolizeikommandos (AS 307 [zweiter Aktenteil]).

Dass der Beschwerdeführer seit 31.12.2019 in Österreich wieder behördlich mit Hauptwohnsitz gemeldet ist und er alleine dort gemeldet ist, ergibt sich aufgrund der Einsicht in das Melderegister vom 15.01.2021. Die Feststellungen zur Wiedereinreise fußen auf den Eintragungen im Melderegister und der im Akt aufliegenden Vollmacht von Jänner 2020.

2.2. Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zu den Aufenthaltsbewilligungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus der Einsicht in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister sowie den Angaben des Beschwerdeführers in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme (AS 183-185 [zweiter Aktenteil]). Die Feststellungen zu seiner Lebensgefährtin beruhen ebenfalls auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt sowie in seiner Stellungnahme (AS 117, 187 [zweiter Aktenteil]). Dass zu seiner Lebensgefährtin keine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht und der Beschwerdeführer mit ihr nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, stützt sich ebenfalls auf seine dahingehenden glaubhaften Angaben vor dem Bundesamt. Zudem gab der Beschwerdeführer in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme an, er werde nach der Haftentlassung bei seinem Cousin Unterkunft nehmen (AS 191-193 [zweiter Aktenteil]).

Die Feststellung zu den Besuchsfahrten nach Serbien ergeben sich aus den diesbezüglich unbedenklichen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt (AS 191 [zweiter Aktenteil]).

Die Feststellungen zu den fehlenden Deutschkenntnissen beruhen auf der verwaltungsbehördlichen Einvernahme. In dieser gab der Beschwerdeführer auf Vorhalt an, die in deutscher Sprache verfasste Stellungnahme lediglich unterschrieben, jedoch nicht eigenständig verfasst zu haben (AS 181, 191 [zweiter Aktenteil]). Dass der Beschwerdeführer kein Mitglied in einem Verein ist, ergibt sich ebenfalls aus der verwaltungsbehördlichen Einvernahme.

Die Feststellungen zu seiner Erwerbstätigkeit sowie dem Bezug von Notstands- bzw. Überbrückungshilfe beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers sowie dem unbedenklichen Akteninhalt (AS 153-167 [erster Aktenteil], 183 [zweiter Aktenteil]). Dass der Beschwerdeführer über eine Einstellungszusage verfügt, stützt sich auf die vorgelegte Arbeitgeberbestätigung. Darin wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer ab „01.01.2019“ als Fahrer beschäftigt sein werde, wobei es sich vor dem Hintergrund, dass das Schreiben mit Oktober 2019 datiert ist, bei der angegebenen Jahreszahl um einen eindeutigen und offensichtlichen Schreibfehler handelt (AS 257 [erster Aktenteil]).

2.3. Zu den Feststellungen zur Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zu seiner Verurteilung in Österreich beruhen auf der Einsicht in das Strafregister und dem Urteil des Landesgerichts vom Oktober 2018 (AS 95-103 [zweiter Aktenteil]). In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer – befragt zu seiner Verurteilung – lediglich an, dass er das, was passiert sei, zugegeben habe und nichts mehr dazu sagen wollen würde (AS 193 [zweiter Aktenteil]).

Die Feststellungen zur Untersuchungs- bzw. Strafhaft ergeben sich ebenfalls aus der Einsicht in das Strafregister und dem Urteil des Landesgerichts vom Oktober 2018 (AS 95-103 [zweiter Aktenteil]).

2.4. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkfuntsstaat:

Dass Serbien ein sicherer Herkunftsstaat ist, war aufgrund des § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung festzustellen.

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind auch hinreichend aktuell.

Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren keine substantiierten Angaben hinsichtlich allfälliger Rückkehrbefürchtungen gemacht.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

3.1. Rechtsgrundlagen:

3.1.1. Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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