TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/3 W108 2231229-1

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Veröffentlicht am 03.03.2021
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Entscheidungsdatum

03.03.2021

Norm

AVG §53a
AVG §53b
AVG §74 Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §38 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z1 lita
GebAG §54 Abs1 Z3
GebAG §54 Abs1 Z4
GebAG §54 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W108 2231223-1/2E
W108 2231229-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerden der XXXX gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1. vom 12.09.2019, Zln. 1049070990, 1093026501 (W108 2231223-1), und 2. vom 20.09.2019, Zl. 378246507 (W108 2231229-1), betreffend Bestimmung von Dolmetschergebühren zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Gebühr im Verfahren W108 2231223-1 mit EUR 162,00 (inkl. 20% USt.) und im Verfahren W108 2231229-1 mit EUR 146,00 (inkl. 20% USt.) bestimmt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1.1. Die Beschwerdeführerin wurde am 13.03.2019 und 29.04.2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) der Einvernahme indischer bzw. bengalischer Staatsangehöriger als Dolmetscherin hinzugezogen. Im Zuge dieser Einvernahmen übersetzte die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Dolmetschertätigkeit im Verfahren mit der Behördenzahl 1093026501 das Formular „Form Bangladesh“ mit drei Dokumentenseiten sowie im Verfahren mit der Behördenzahl 378246507 sechs auf Englisch abgefasste – zur Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erforderliche – Formulare (in der Folge bezeichnet als: „Formular zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates“) mit insgesamt acht Dokumentenseiten der indischen Botschaft in Wien („Affidavit [for lost/damaged passport]“, Schreiben an „The Consular Officer, Embassy of India, Vienna“, „Police Verification Certificate for India“, „Application Form for Micellaneous Services on Indian Passports“, „Proforma to be Attached with Application for Verification of Indian Nationality“, „Affidavit“), jeweils zwecks Eintragung von Daten des jeweiligen Vernommenen in diese Dokumente. Die Übersetzung der genannten Formulare, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden, erfolgte lediglich mündlich und wurde nicht verschriftlicht.

1.2. In ihren Gebührennoten jeweils vom Tag der Vernehmung machte die Beschwerdeführerin folgende Beträge geltend:

Zu den Behördenzahlen 1049070990 und 1093026501:

I. Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 32 Abs. 1 und 33 Abs. 1 GebAG):

von für 3 begonnene Stunden à EUR 22,70     EUR 68,10

II. Mühewaltung (§ 54 GebAG):

1. für die Teilnahme an Verhandlungen

erste halbe Stunde à EUR 24,50       EUR 24,50

eine weitere halbe Stunde à EUR 12,40:      EUR 12,40

2. Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung

e) gesamtes Schriftstück während Vernehmung angefertigt  EUR 20,00

f) Schriftstücke, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden

3 Seiten à EUR 7,60         EUR 22,80

V. Reisekosten (§ 27 GebAG):

Öffentliches Verkehrsmittel hin- und retour à EUR 2,40    EUR 4,80

Summe                   EUR 152,60

20% USt         EUR 30,52

Endsumme (gerundet auf volle 10 Cent gem. § 53 Abs. 2 AVG)  EUR 183,20

Zur Behördenzahl 378246507:

I. Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 32 Abs. 1 und 33 Abs. 1 GebAG):

von für 2 begonnene Stunden à EUR 22,70     EUR 45,40

II. Mühewaltung (§ 54 GebAG):

1. für die Teilnahme an Verhandlungen

erste halbe Stunde à EUR 24,50       EUR 24,50

eine weitere halbe Stunde à EUR 12,40:      EUR 12,40

2. Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung

a) Werktag von 06:00-20:00

8 Seiten à EUR 7,60         EUR 60,80

e) gesamtes Schriftstück während Vernehmung angefertigt  EUR 20,00

V. Reisekosten (§ 27 GebAG):

Öffentliches Verkehrsmittel hin- und retour à EUR 2,40    EUR 4,80

Summe                   EUR 167,90

20% USt         EUR 33,58

Endsumme (gerundet auf volle 10 Cent gem. § 53 Abs. 2 AVG)  EUR 201,50

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden bestimmte die belangte Behörde die Dolmetschergebühren der Beschwerdeführerin, wobei sie (im jeweiligen Spruchpunkt II. Z 2 [Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung]) jeweils einen geringeren Betrag (für weniger Seiten à EUR 7,60) als von der Beschwerdeführerin beantragt für die mündliche Übersetzung des Formulars „Form Bangladesh“ und der Formularblätter „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ zuerkannte.

Die belangte Behörde sprach im Einzelnen Folgendes zu:

Im Bescheid vom 12.09.2019, Zln. 1049070990 und 1093026501, wurde für die Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung „Wochentag von 6:00-20:00“ (Punkt II. Z 2 lit. a) ein Betrag von EUR 6,46 (0,85 Seiten à EUR 7,60) zuerkannt, unter Punkt II. Z 2 lit. f wurden der Beschwerdeführerin keine Gebühren zugesprochen. Im Übrigen bestimmte die belangte Behörde die Gebühren entsprechend den in der Gebührennote angeführten Beträgen in Höhe von insgesamt EUR 163,60.

Im Bescheid vom 20.09.2019, Zl. 378246507, wurde für die Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung „Wochentag von 6:00-20:00“ (Punkt II. Z 2 lit. a) ein Betrag von EUR 47,45 (6,244 Seiten à EUR 7,60) zuerkannt, unter Punkt II. Z 2 lit. e wurden der Beschwerdeführerin keine Gebühren zugesprochen. Im Übrigen bestimmte die belangte Behörde die Gebühren entsprechend den in der Gebührennote angeführten Beträgen in Höhe von insgesamt EUR 161,50 zu.

3. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin jeweils fristgerecht Beschwerde, in welcher sie Wesentlichen ausführte, dass die belangte Behörde ihre Dolmetscherleistungen hinsichtlich der mündlichen Übersetzung der englischen HRZ - Formulare auf Punjabi bzw. Bengali zu Unrecht unter § 54 Abs. 3 Satz 1 GebAG subsumiert habe, vielmehr wäre die Bestimmung des § 54 Abs. 3 Satz 2 GebAG heranzuziehen gewesen, da es sich bei den übersetzten Formularen um eigene Schriftstücke handle. Es seien drei Seiten von Englisch auf Bengali bzw. acht Seiten mündlich von Englisch auf Punjabi zu übersetzen gewesen und der Dolmetscher sage hier als Hilfestellung auch der Verfahrenspartei, welche Daten wo auszufüllen seien bzw. schreibe bei Analphabeten sogar die Daten selbst auf. Die Seiten seien jeweils als eine Einheit abgedruckt, es handle sich um bereitgestellte Formulare und hätten diese somit ein nicht zu veränderndes Format. Diese gegenständlichen behördlichen Vordrucke seien somit jeweils ein Dokument im Sinne des § 54 Abs. 3 GebAG und sei zwecks Übersichtlichkeit Seite für Seite als jeweilige Einheit zu übersetzen.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die Gebühren im Verfahren zu den Behördenzahlen 1049070990 und 1093026501 antragsgemäß mit EUR 183,20 festzusetzen, im Verfahren zur Behördenzahl 378246507 beantrage sie für die Übersetzung der Schriftstücke die Gewährung eines Betrages von EUR 70,25 (9,244 Zeichen multipliziert mit EUR 7,60), in Summe die Festsetzung eines Betrages von EUR 188,90 (die Nichtgewährung der unter Punkt II. Z 2 lit e verzeichneten Gebühren wurde von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft). Weiters beantragte die Beschwerdeführerin jeweils den Ersatz der ihr entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß einschließlich Rückerstattung der Eingabegebühr von EUR 30,00.

4. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 20.05.2020 die Beschwerden samt den bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vor und gab eine Stellungnahme dahingehend ab, dass in den vorliegenden Fällen die Regelung des § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG nicht zum Tragen komme, da sich diese Bestimmung auf schriftliche Übersetzungen beziehe, wonach etwa bei einem acht bzw. dreiseitigen Dokument ein – der Übersicht halber – deckungsgleiches drei bzw. achtseitiges übersetztes Schriftstück angefertigt werden müsse. In den gegenständlichen Fällen liege eine schriftliche Übersetzung jedoch gar nicht vor, sondern sei das Formblatt zur Erlangung des Heimreisezertifikates während der Vernehmung mündlich übersetzt worden. Es komme daher § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG zur Anwendung und sei zur Ermittlung der Gebühr iVm Z 1 lit. a dieser Gesetzesstelle die Anzahl der Schriftzeichen zu zählen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.

Insbesondere steht fest, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der Vernehmung im Verfahren zur Behördenzahl 1093026501 das Formular „Form Bangladesh“ mit drei Dokumentenseiten mündlich, ohne Verschriftlichung übersetzt hat. Die Gesamtzahl der Schriftzeichen (ohne Leerzeichen und Unterstreichungen) dieses Formulars beträgt 679.

Im Rahmen der Vernehmung im Verfahren zur Behördenzahl 378246507 übersetzte die Beschwerdeführerin sechs in englischer Sprache abgefasste, nicht während der Vernehmung angefertigte Formularblätter „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ im Umfang von acht Seiten ebenfalls nur mündlich, ohne dass diese Übersetzung verschriftlicht wurde. Die Gesamtzahl der Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) dieser Formularblätter beträgt 4.544.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang/Sachverhalt bzw. die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den vorgelegten Gebührennoten, den jeweiligen Bescheiden und Beschwerden, den Niederschriften in den jeweiligen Verfahren vor der belangten Behörde und den in den Akten einliegenden übersetzten Dokumenten, insbesondere den Formblättern „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ und dem Formular „Form Bangladesh“.

Dass die Formblätter „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ acht Seiten und das Formular „Form Bangladesh“ drei Seiten umfassen bzw. umfasst, und diese Formulare von der Beschwerdeführerin jeweils bloß mündlich (nicht verschriftlicht) übersetzt wurden, ist anhand des Akteninhaltes ersichtlich und auch unbestritten

Die belangte Behörde hat – trotz ihrer eigenen Begründung, dass die Anzahl der Schriftzeichen der Formblätter/Formulare zu zählen sei – Feststellungen hierzu nicht getroffen. Jedoch konnte die Gesamtzahl der Schriftzeichen (ohne Leerzeichen und Unterstreichungen) der in Rede stehen Formblätter/Formulare leicht mittels eines Textverarbeitungsprogrammes (Konvertierung der jeweiligen Formulare in ein entsprechendes Word Format und dortige Abfrage der Zeichenanzahl) ermittelt werden (vgl. dazu auch die ErläutRV 303 BlgNR XXIII. GP 52 zu BGBl. I Nr. 111/2007 betreffend § 54 GebAG, wonach die Zeichenanzahl mittels eines jeden gängigen Textverarbeitungsprogramms einfach ermittelt werden kann). Die Feststellung der Zeichenanzahl durch das Verwaltungsgericht selbst war im Interesse der Raschheit geboten. So konnte die Gesamtzahl der Schriftzeichen mit 679 (Verfahren zur Behördenzahl 1093026501) und mit 4.544 (Verfahren zur Behördenzahl 378246507) ermittelt werden. Die von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde zum letztgenannten Verfahren (zur Behördenzahl 378246507) angegebenen „9,244 Zeichen“ sind für das Bundesverwaltungsgericht – auch mangels näherer Begründung in der Beschwerde - nicht nachvollziehbar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerden wurden jeweils fristgerecht erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Zur Rechtslage

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

Gemäß § 38 Abs. 1 GebAG hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 53a Abs. 2 AVG ist die Gebühr von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.

Gemäß § 53a Abs. 3 AVG ist die Gebühr dem nichtamtlichen Sachverständigen kostenfrei zu zahlen. Bestimmt die Behörde eine höhere Gebühr, als dem nichtamtlichen Sachverständigen gezahlt wurde, so ist der Mehrbetrag dem nichtamtlichen Sachverständigen kostenfrei nachzuzahlen. Bestimmt die Behörde eine niedrigere Gebühr oder übersteigt der dem nichtamtlichen Sachverständigen gezahlte Vorschuss die von ihr bestimmte Gebühr, so ist der nichtamtliche Sachverständige zur Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrages zu verpflichten.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Unter nichtamtlichen Dolmetschern im Sinne dieses Bundesgesetzes sind auch die nichtamtlichen Übersetzer zu verstehen. § 53a Abs. 1 letzter Satz und Abs. 2 und 3 ist sinngemäß anzuwenden.

§ 54 GebAG lautet wie folgt:

„(1) Die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher beträgt

1. bei schriftlicher Übersetzung

a) für je 1 000 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen)      15,20 Euro;

b) wenn das zu übersetzende Schriftstück schwer lesbar ist, um 3 Euro mehr als die Grundgebühr;

c) wenn die Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand erfordert oder wenn die Übersetzung auf Anordnung des Gerichts in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr oder an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag zu erfolgen hat, jeweils das Eineinhalbfache der Grundgebühr;

2. für eine gesetzmäßige Beurkundung der genauen Übereinstimmung einer schriftlichen Übersetzung mit der Urschrift         3,20 Euro;

3. für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde        24,50 Euro;

für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde    12,40 Euro;

handelt es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit, so erhöhen sich diese Beträge auf           30,70 Euro bzw.            15,40 Euro;

fällt die Zuziehung in die Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr oder auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so beträgt die Gebühr insoweit das Eineinhalbfache dieser Beträge;

4. für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens 20 Euro;

5. für die Überprüfung einer Übersetzung die für die Übersetzung festgesetzte Gebühr erhöht um 5 Euro.

(2) Ist zur Vorbereitung für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung das Studium von Akten auf Anordnung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft erforderlich, so haben die Dolmetscherinnen und Dolmetscher Anspruch auf die Gebühr nach § 36.

(3) Zur Ermittlung der Gebühr ist die Anzahl der Schriftzeichen der Übersetzung (ohne Leerzeichen) durch 1 000 zu dividieren und das Ergebnis mit der Gebühr nach Abs. 1 zu multiplizieren. Bei Übersetzungen von Dokumenten steht die Gebühr nach Abs. 1 ungeachtet der darin enthaltenen Schriftzeichen auch für jede Seite zu, die einer Seite des zu übersetzenden Dokuments entspricht und zur Wahrung der Übersichtlichkeit auf einer eigenen Seite übersetzt wurde.“

3.3.2. Umgelegt auf den hier vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

Festzuhalten ist, dass dem Dolmetscher für während einer Vernehmung übersetzte Seiten eines (nicht im Rahmen derselben Vernehmung angefertigten) Schriftstücks - neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG - die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks zusteht (§ 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG; die Gebühr für die Übersetzung beträgt gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit. a GebAG EUR 15,20, die Hälfte daher EUR 7,60).

Strittig ist in den gegenständlichen Verfahren die Höhe der Gebühr für die Übersetzung solcherart nicht im Rahmen derselben Vernehmung angefertigter Schriftstücke, und zwar ausschließlich in Bezug auf die Frage, wie die Gebühr mündlicher (nicht verschriftlichter) Übersetzungen zu berechnen ist.

Die Beschwerdeführerin meint, im Hinblick auf die Bestimmung des § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG sei ihr die die Gebühr für die mündliche Übersetzung von Dokumenten nach der Seitenanzahl zuzusprechen (die übrigen Gebührenpositionen blieben hingegen von der Beschwerdeführerin unbestritten).

Die belangte Behörde vertritt demgegenüber den Standpunkt, dass § 54 Abs. 3 erster Satz GebAG zur Anwendung komme, sodass für die Ermittlung der Gebühr iVm § 54 Abs. 1 Z 1 lit. a GebAG die Anzahl der Schriftzeichen zu zählen und nicht auf die Anzahl der Dokumentenseiten gemäß § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG abzustellen sei.

Damit ist die belangte Behörde im Recht. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat bei einem vergleichbaren Sachverhalt hinsichtlich derselben Rechtsfrage im Erkenntnis vom 29.06.2020, Ro 2020/16/0016-3, dazu Folgendes erwogen (RZ 12 – 14):

§ 54 GebAG (in Verbindung mit § 53b AVG) unterscheidet, wie schon den zitierten ErläutRV zu einem GebAG 1974 entnommen werden kann, zwischen der Tätigkeit des Übersetzens und jener des Dolmetschens. Während sich die Tätigkeit des Übersetzens auf das geschriebene Wort bezieht, bezieht sich jene des Dolmetschens auf das gesprochene (gehörte) Wort. Dieser Unterscheidung folgend knüpft § 54 GebAG die Gebühr für Mühewaltung für Übersetzen an das Schriftgut und die darin enthaltenen Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) an, jene für Dolmetschen grundsätzlich an die aufgewendete Zeit.

§ 54 Abs. 1 Z 4 GebAG regelt den besonderen Fall, dass während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung, sohin während der Zuziehung als Dolmetscher, eine Übersetzung eines Schriftstücks erfolgt, und ordnet an, dass für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks zusteht.

Mit den Worten „Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks“ verweist § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG auf die Regelungen für die Gebühr bei schriftlicher Übersetzung, fallbezogen auf § 54 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 GebAG.

Dem Verwaltungsgericht ist noch insofern zu folgen, als der Verweis in § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG auch § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG mitumfasst; allerdings ordnet § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG Besonderes nur für die Übersetzung von Dokumenten ungeachtet der Zahl der darin enthaltenen Schriftzeichen für jede Seite an, die einer Seite des zu übersetzenden Dokuments entspricht und zur Wahrung der Übersichtlichkeit auf einer eigenen Seite übersetzt wurde. § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG regelt daher den besonderen Fall, dass die Übersetzung eines Schriftstückes („des zu übersetzenden Dokuments“) in einem anderen Schriftstück dergestalt Niederschlag findet, dass - zur Wahrung des Übersichtlichkeit - jede Seite des zu übersetzenden Dokuments in einer eigenen Seite der - schriftlichen - Übersetzung „deckungsgleich mit dem Original“ (so die zitierten ErläutRV 1554 BlgNR XVIII. GP 16) wiedergegeben wird.

Ausgehend von den Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichtes umfasste die Tätigkeit des Mitbeteiligten im Rahmen der Einvernahmen am 30. April 2019 einerseits das Dolmetschen, andererseits auch das Übersetzen von Schriftstücken (in Englisch) in Punjabi, jedoch lediglich mündlich, ohne dass die Übersetzung der Dokumente einen schriftlichen Niederschlag gefunden hätte, insbesondere in einer in § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG geforderten Beibehaltung der seitenweisen Gliederung bei der Übersetzung in die andere Sprache.

Die bloß mündliche Übersetzung der Schriftstücke konnte daher nicht die besonderen Voraussetzungen des § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG erfüllen. […]“

3.3.3. Den Ausführungen dieses Erkenntnisses folgend sind auch in den vorliegenden, vergleichbar gelagerten Fällen, die bloß mündlichen Übersetzungen des Formulars „Form Bangladesh“ mit drei Seiten sowie der (acht Seiten umfassenden) Formblätter „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ nicht anhand der Bestimmung von § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG jeweils pro Seite zu vergüten, sondern ist zur Ermittlung der Gebühr die Anzahl der übersetzten Zeichen anhand der Formel des § 54 Abs. 3 erster Satz GebAG (dividiert durch 1000 und das Ergebnis multipliziert mit der (Hälfte)Gebühr von EUR 7,60) zu berechnen.

Nach den Feststellungen wurde die Anzahl der übersetzten Zeichen beim Formular „Form Bangladesh“ mit 679 und bei den Formblättern „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ mit 4.544 ermittelt.

Sohin beträgt die Gebühr für die mündliche Übersetzung der in Rede stehenden Schriftstücke, da diese nicht während der Vernehmung angefertigt wurden, in Bezug auf das Formular „Form Bangladesh“ im Verfahren zur Behördenzahl 1093026501 EUR 5,20 sowie in Bezug auf die Formblätter „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ im Verfahren zur Behördenzahl 378246507 EUR 34,50 (4.544 bzw. 679 waren durch 1000 zu dividieren, sodann mit EUR 7,60 zu multiplizieren und in Folge kaufmännisch zu runden).

3.3.4. Die Gebühren der Beschwerdeführerin sind in den Beschwerdeverfahren daher wie folgt zu bestimmen:

3.3.4.1. Im Beschwerdeverfahren W108 2231223-1 betreffend den Bescheid vom 12.09.2019, Zln. 104070990 und 1093026501:

Die Gebühr für die Übersetzung des Formulars „Form Bangladesh“ (von der belangten Behörde irrtümlich subsumiert unter Punkt II. Z 2 lit. a statt unter Punkt II. Z 2 lit. f) beträgt EUR 5,20. Der Beschwerdeführerin war daher zusammen mit der Entschädigung für die Zeitversäumnis (Punkt I.; EUR 68,10), der Gebühren für Mühewaltung (II. Z 1; EUR 36,90), der Anfertigung eines Schriftstücks während der Vernehmung (Punkt II. Z 2 lit. e; EUR 20,00), der Reisekosten (Punkt V.; EUR 4,80) sowie der USt. ein Betrag von EUR 162,00 (statt: EUR 163,60) zuzusprechen. Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3.4.2. Im Beschwerdeverfahren W108 2231229-1 betreffend den Bescheid vom 20.09.2019, Zl. 378246507:

Die Nichtgewährung der Gebühr für die Anfertigung eines Schriftstücks während der Vernehmung (Punkt II. Z 2 lit. e) wurde von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft, die Gebühr für die Übersetzung der Formblätter „Ausstellung eines Heimreisezertifikates“ (von der belangten Behörde irrtümlich subsumiert unter Punkt II. Z 2 lit. a statt unter Punkt II. Z 2 lit. f) beträgt EUR 34,50. Der Beschwerdeführerin war daher zusammen mit der Entschädigung für die Zeitversäumnis (Punkt I.; EUR 45,40), der Gebühren für Mühewaltung (II. Z 1; EUR 36,90), der Reisekosten (Punkt V.; EUR 4,80) sowie der USt. und gerundet auf volle 10 Cent gemäß § 53a Abs. 2 AVG ein Betrag von EUR 146,00 (statt: EUR 161,50) zuzusprechen. Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3.5. Soweit die Beschwerdeführerin Kostenersatz einschließlich Ersatz der Eingabengebühr anspricht, kommt dieser aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Kostenersatz käme nur in Betracht, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage bestünde und die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts darüber vorliegen würde, über einen solchen Antrag abzusprechen (Art. 18 Abs. 1 B-VG).

Gegenständlich besteht weder im VwGVG, noch im subsidiär anzuwendenden AVG eine Rechtsgrundlage für einen Kostenersatz im Verfahren über eine Bescheidbeschwerde, da § 35 VwGVG einen Kostenersatzanspruch lediglich über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG vorsieht. Mangels materienspezifischer Sonderregelung im GebAG ergibt sich auch aus § 74 Abs. 2 AVG kein Kostenersatzanspruch.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall wurde in der Beschwerde die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde nicht substantiiert bekämpft und auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet. Damit lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Überdies ist die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon ist auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Einvernahme Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Kostenersatz Mühewaltung Schriftstück Übersetzungstätigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W108.2231229.1.00

Im RIS seit

12.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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