TE Bvwg Beschluss 2020/12/31 L527 2228040-1

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Veröffentlicht am 31.12.2020
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Entscheidungsdatum

31.12.2020

Norm

ASVG §410
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
AVG §68
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L527 2228040-1/8E


BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , gegen das Schriftstück der Pensionsversicherungsanstalt vom 12.12.2019, Zahl XXXX , wonach der Antrag von XXXX , XXXX , auf Feststellung der Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen werde:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 in Verbindung mit § 31 VwGVG mangels Vorliegens eines Bescheids als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 02.01.2020 erklärte der Beschwerdeführer, gegen „den Bescheid [sic!] der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Oberösterreich, vom 12.12.2019, AZ: XXXX ,“ mit dem die Feststellung von Schwerarbeitszeiten zurückgewiesen worden sei, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Auf der ersten Seite des Schreibens wird als Beschwerdeführer XXXX genannt, auf der letzten Seite ist unterhalb der Unterschrift der Name XXXX angeführt.

Mit Schreiben vom 22.01.2020 legte die Pensionsversicherungsanstalt dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde vor. Der Beschwerde angeschlossen war unter anderem das als „Bescheid“ bezeichnete Schriftstück vom 12.12.2019, demzufolge der Antrag von XXXX , auf Feststellung der Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten gemäß § 68 Abs 1 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) zurückgewiesen werde. Dieses Schriftstück weist keine Unterschrift des Genehmigenden und keine Amtssignatur auf; es enthält auch keinen Hinweis auf eine Genehmigung durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung.

Am 17.11.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Beschwerdeführers ein, mit dem sich dieser nach dem Verfahrensstand erkundigte.

Mit Schreiben vom 25.11.2020 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer im Hinblick auf die unterschiedlichen Namen, die in der Beschwerde aufscheinen, gemäß § 13 Abs 3 und 4 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) zur Mängelbehebung auf und ersuchte, den Bescheid, gegen den sich die Beschwerde richten solle, vollständig in Kopie vorzulegen. Der Beschwerdeführer entsprach dem Mängelbehebungsauftrag mit Eingabe vom 03.12.2020, der auch eine Kopie der angefochtenen Erledigung angeschlossen war. Auch diese Ausfertigung der Erledigung weist keine Unterschrift des Genehmigenden und keine Amtssignatur auf; sie enthält auch keinen Hinweis auf eine Genehmigung durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung.

Mit Schreiben vom 14.12.2020 forderte das Bundesverwaltungsgericht die Pensionsversicherungsanstalt unter anderem auf, schriftlich und unter Anschluss von Nachweisen darzulegen, dass das Schriftstück vom 12.12.2019, gegen das sich die Beschwerde richtet, im Sinne des § 18 Abs 3 AVG genehmigt wurde (bzw. allenfalls begründet auszuführen, weshalb das Schriftstück keiner derartigen Genehmigung bedürfe) und dass die dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung den Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG entspreche.

In der daraufhin erstatteten Stellungnahme führt die Pensionsversicherungsanstalt aus, dass „[d]er angesprochene und bekämpfte Bescheid [sic!]“ weder im Original noch in der Durchschrift eine Unterschrift trage. Dies sei auch nicht zwingend nötig, da nach Genehmigung der meritorischen Entscheidung Bescheide nach den Bestimmungen der Satzung des Versicherungsträgers (Form der rechtsverbindlichen Akte) in einer näher dargelegten Form gezeichnet werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der Pensionsversicherungsanstalt mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

Die mittels Textverarbeitungsprogramms erstellte Urschrift der schriftlichen Erledigung vom 12.12.2019, Zahl XXXX , gegen die sich die vorliegende Beschwerde richtet, weist keine Unterschrift des Genehmigenden auf und wurde auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung, etwa durch Amtssignatur, genehmigt. (VA; OZ 6)

Die dem Beschwerdeführer zugestellte (Ausfertigung der) Erledigung wurde ebenso wenig durch Unterschrift des Genehmigenden oder ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung, etwa durch Amtssignatur, genehmigt. (OZ 4, 6)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen waren auf Grundlage des von der Pensionsversicherungsanstalt vorgelegten Akts sowie des Akts des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke bzw. Geschäftszahlen und Ordnungszahlen angegeben. Eine nähere Benennung der Bestandteile des verwaltungsbehördlichen Akts scheitert daran, dass die Pensionsversicherungsanstalt die Aktenseiten nicht nummerierte.

Hervorzuheben ist, dass der Beschwerdeführer auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts eine Kopie des ihm zugestellten Schriftstücks, wonach der Antrag von XXXX , XXXX , auf Feststellung der Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen werde, übermittelte (OZ 4). Auf diesem Schriftstück befindet sich weder eine Unterschrift des Genehmigenden oder qualifizierte elektronische Signatur noch eine Amtssignatur; es enthält auch keinen Hinweis auf eine Genehmigung durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung.

Auch das entsprechende Schriftstück, das die Pensionsversicherungsanstalt mit der Beschwerde vorlegte, weist dergleichen nicht auf. Das Bundesverwaltungsgericht forderte die Pensionsversicherungsanstalt unter anderem auf, schriftlich und unter Anschluss von Nachweisen darzulegen, dass das Schriftstück vom 12.12.2019, gegen das sich die Beschwerde richtet, im Sinne des § 18 Abs 3 AVG genehmigt wurde (bzw. allenfalls begründet auszuführen, weshalb das Schriftstück keiner derartigen Genehmigung bedürfe) und dass die dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung den Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG entspreche (OZ 5). In der daraufhin erstatteten Stellungnahme räumt die Pensionsversicherungsanstalt selbst ein, dass „[d]er angesprochene und bekämpfte Bescheid [sic!]“ weder im Original noch in der Durchschrift eine Unterschrift trage. Auf den Standpunkt, dass dies auch nicht zwingend nötig sei, da nach Genehmigung der meritorischen Entscheidung Bescheide nach den Bestimmungen der Satzung des Versicherungsträgers (Form der rechtsverbindlichen Akte) in der Form

„PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT

Der Landesstellendirektor

XXXX “

gezeichnet werden, wird in der rechtlichen Beurteilung noch einzugehen sein. Dass die Erledigung (dabei) durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung genehmigt worden wäre, brachte die Pensionsversicherungsanstalt (indes) nicht vor.

Folglich war festzustellen, dass die schriftliche Erledigung, gegen die sich die gegenständliche Beschwerde richtet, weder vom Genehmigungsberechtigten mit dessen Unterschrift noch durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung, etwa durch Amtssignatur, genehmigt wurde.

Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer dem vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Mängelbehebungsauftrag vom 25.11.2020, OZ 3, mit Eingabe vom 03.12.2020, OZ 4, entsprach. Folglich bestehen keine Zweifel mehr über die Identität des Einschreiters (Einschreiter, das heißt Beschwerdeführer, ist XXXX , geb. XXXX ) und ebenso wenig über die Authentizität des Anbringens. Die Beschwerde gilt daher nicht als zurückgezogen und das Beschwerdeverfahren ist somit auch nicht einzustellen (§ 13 Abs 3 und 4 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG).

3.1. Rechtliche Grundlagen:

3.1.1. Voraussetzung für eine zulässige Bescheidbeschwerde im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit Art 132 Abs 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) ist ein tauglicher Anfechtungsgegenstand, also ein Bescheid. Kommt der angefochtenen Erledigung keine Bescheidqualität zu, ist die Beschwerde zurückzuweisen; durch die Entscheidung in der Sache würde das Bundesverwaltungsgericht eine Zuständigkeit in Anspruch nehmen, die ihm nicht zukommt. Vgl. mwN Götzl § 7 VwGVG Rz 6b, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017). Das Bundesverwaltungsgericht hat seine eigene Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen; vgl. § 17 VwGVG in Verbindung § 6 Abs 1 AVG.

3.1.2. Bescheide können gemäß § 62 Abs 1 AVG, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden. Dass im gegebenen Fall ein Bescheid mündlich erlassen worden wäre, wurde weder vorgebracht noch ist dergleichen ersichtlich; sowohl der Beschwerdeführer als auch die Pensionsversicherungsanstalt gehen von einem schriftlich erlassenen Bescheid aus.

3.1.3. Voraussetzung für die schriftliche Erlassung eines Bescheids ist eine Genehmigung der schriftlichen Erledigung im Sinne des § 18 Abs 3 AVG. Demnach sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

Gemäß § 18 Abs 4 AVG hat zudem jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß § 18 Abs 3 AVG genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Fehlt es an einer Genehmigung im Sinne des § 18 Abs 3 AVG, kommt eine schriftliche Erledigung, konkret ein Bescheid, selbst dann nicht zustande, wenn die Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG genügt hätte; vgl. mwN VwGH 14.10.2013, 2013/12/0079.

Wie Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 Rz 7 (Stand 1.1.2014, rdb.at) unter Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ausführen, bestehen keine Bedenken dagegen, der Partei das – den Anforderungen sowohl des § 18 Abs 3 als auch Abs 4 AVG entsprechende – Original (die Urschrift) zuzustellen und lediglich eine nicht unterschriebene Durchschrift davon im Akt zu belassen.

3.2. Zum gegenständlichen Verfahren:

3.2.1. Wendet man die maßgeblichen Rechtsvorschriften auf den vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt an, ergibt sich, dass die vom Beschwerdeführer angefochtene Erledigung nicht (im Sinne des § 18 Abs 3 AVG) genehmigt wurde. Weder enthält der von der Pensionsversicherungsanstalt vorgelegte Akt eine genehmigte Urschrift noch wurde die genehmigte Urschrift dem Beschwerdeführer zugestellt. Die Pensionsversicherungsanstalt räumt – nach unmissverständlich auf § 18 Abs 3 und 4 AVG bezogener Aufforderung zur Stellungnahme – vielmehr, wie in der Beweiswürdigung bereits dargelegt, selbst ein, dass „[d]er angesprochene und bekämpfte Bescheid [sic!]“ weder im Original noch in der Durchschrift eine Unterschrift trage, und bringt nicht vor, dass die Erledigung durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung genehmigt worden wäre.

An dieser rechtlichen Beurteilung, dass eine Genehmigung fehlt, vermag die Pensionsversicherungsanstalt mit ihren weiteren Ausführungen in der Stellungnahme vom 18.12.2020, wonach eine Unterschrift nicht zwingend nötig sei, da nach Genehmigung der meritorischen Entscheidung Bescheide nach den Bestimmungen der Satzung des Versicherungsträgers (Form der rechtsverbindlichen Akte) in der Form

„PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT

Der Landesstellendirektor

XXXX “

gezeichnet werden, keine Zweifel hervorzurufen. Zunächst weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass die Auffassung der Pensionsversicherungsanstalt in Anbetracht ihrer Äußerungen in bisherigen Verfahren (vgl. BVwG 29.12.2020, L527 2226385-1/9E) und der bisherigen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVwG 13.12.2019, L521 2224960-1/6E) verwundert. Überdies ist ihr rechtlich nicht zu folgen. Bei der Zurückweisung eines Antrags auf Feststellung der Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache handelt es sich um eine Verwaltungssache im Sinne des (§ 355) ASVG; vgl. explizit und mwN BVwG 18.07.2019, L501 2174068-1/9E, und hinsichtlich der Zurückweisung eines Antrags auf Gleitpension wegen entschiedener Sache VwGH 06.06.2012, 2009/08/0226, VwGH 24.01.2006, 2003/08/0162, hinsichtlich der Zurückweisung eines Antrags auf eine Versehrtenrente wegen entschiedener Sache VwGH 30.06.2009, 2006/08/0267, hinsichtlich der Zurückweisung eines Antrages in einer Leistungssache (generell) wegen entschiedener Sache VwGH 21.09.1999, 99/08/0012, und hinsichtlich der Zurückweisung eines Pensionsantrags wegen entschiedener Sache VwGH 20.04.1993, 91/08/0092. Da es sich um eine Verwaltungssache handelt, ist das AVG in vollem Umfang anzuwenden, also auch § 18 Abs 3 AVG; vgl. z. B. – mit Verweis auf Art I Abs 2 Z 1 EGVG - Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 360b ASVG Rz 1 (Stand 1.12.2020, rdb.at); vgl. auch § 653 (insbesondere Abs 5) ASVG. Dass es der Gesetzgeber dem Versicherungsträger überlassen hätte, insofern in der Satzung eigenständige bzw. von § 18 Abs 3 AVG abweichende Regelungen vorzusehen, kann, jedenfalls bei systematischer Betrachtung dem ASVG nicht entnommen werden. Der von der Pensionsversicherungsanstalt vertretene Standpunkt bzw. eine diesen stützende Gesetzesauslegung erschiene im Übrigen im Lichte des Art 11 Abs 2 B-VG bedenklich und wäre daher im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation zu vermeiden. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass selbst gemessen an der Satzung der Pensionsversicherungsanstalt das Vorliegen eines Bescheids zu verneinen ist. Angesichts dessen, dass das Schriftstück, gegen das sich die Beschwerde richtet, vom 12.12.2019 datiert, ist auf die Satzung 2003 der Pensionsversicherungsanstalt (avsv Nr. 45/2003), geändert durch die 1. Änderung (avsv Nr. 64/2003), die 2. Änderung (avsv Nr. 75/2004) und die 3. Änderung (avsv Nr. 205/2016) einzugehen. Die Form rechtsverbindlicher Akte war in § 2 der Satzung 2003 der Pensionsversicherungsanstalt geregelt. Angesichts des Regelungsgehalts von § 2 Abs 1 bis 5 der Satzung 2003 (z. B. Beschlüsse der Generalversammlung und eines Landesstellenausschusses) kann eine Relevanz der betreffenden Bestimmungen für den gegenständlichen Fall ausgeschlossen werden. Im Übrigen wird in § 2 Abs 1 bis 5 der Satzung 2003 ohnedies die Notwendigkeit einer Unterfertigung bzw. Unterzeichnung normiert, sodass eine Unterschrift gerade nicht entbehrlich ist. Daraus, dass gemäß § 2 Abs 6 der Satzung 2003 der Pensionsversicherungsanstalt von der festgelegten Form der rechtsverbindlichen Akte die Bestimmung des „§ 18 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991“ unberührt bleibt, ist für den Standpunkt der Pensionsversicherungsanstalt schließlich auch nichts gewonnen. Dahingestellt bleiben kann, ob hiermit tatsächlich angeordnet wird, dass § 18 Abs 4 AVG in der Fassung BGBl 51/1991, also in einer längst nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Fassung, unberührt bleiben soll, oder ob § 2 Abs 6 der Satzung 2003 vielmehr besagt, dass § 18 Abs 4 AVG in der jeweils geltenden Fassung unberührt bleibe. Denn (auch) § 18 Abs 4 AVG idF BGBl 51/1991 bedeutete zwar niedrigere Anforderungen an (die Form von) Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden, machte eine ordnungsgemäße Genehmigung der Erledigung aber nicht entbehrlich. § 18 Abs 4 AVG – sowohl in der Fassung BGBl 51/1991 als auch in der derzeit bzw. am 12.12.2019 geltenden Fassung – betraf und betrifft lediglich die Ausfertigung, nicht aber die Genehmigung von Entscheidungen. Daher bezog sich § 2 Abs 6 der Satzung 2003 der Pensionsversicherungsanstalt unzweifelhaft, weil dieser auf § 18 Abs 4 AVG (idF BGBl 51/1991) verweist, auch nur auf die Ausfertigung, nicht aber die Genehmigung von Entscheidungen. Ob das vom Beschwerdeführer angefochtene Schriftstück genehmigt wurde, ist, wie bereits ausgeführt, allein anhand von § 18 Abs 3 AVG – und zwar in der derzeit geltenden Fassung BGBl I 5/2008 zu beurteilen. Vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 Rz 1/1 (Stand 1.1.2014, rdb.at), wonach die Herabsetzung der Anforderungen an die Form von Ausfertigungen im Sinne des § 18 Abs 4 AVG durch ein Materiengesetz nichts an der Maßgeblichkeit des § 18 Abs 3 AVG für die Genehmigung der Erledigung ändern könne. Das Bundesverwaltungsgericht verweist noch einmal auf seine Feststellungen und die Beweiswürdigung:

Demnach wurde das Schriftstück, gegen das der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde erhob, nicht vom Genehmigungsberechtigten mit dessen Unterschrift und ebenso wenig durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung, etwa durch Amtssignatur, genehmigt. Gegenteiliges brachte die – vom Bundesverwaltungsgericht konkret zur Stellungnahme aufgeforderte – Pensionsversicherungsanstalt (auch) nicht vor. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass es keine (im Sinne des § 18 Abs 3 AVG) genehmigte Urschrift gibt. Die Erledigung kann daher nicht als Bescheid qualifiziert werden. Da sich die Beschwerde folglich gegen einen „Nichtbescheid“ richtet, war sie gemäß § 28 Abs 1 in Verbindung mit § 31 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen (Spruchpunkt A)). Siehe abermals Götzl § 7 VwGVG Rz 6b, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017), demnach hat eine angefochtene Erledigung u. a. dann keine Bescheidqualität wenn die ordnungsmäße Genehmigung fehlt; eine dagegen erhobene Beschwerde ist wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen.

3.2.2. In Ermangelung eines (das Verfahren abschließenden) Bescheids ist das Verfahren zum Antrag des Beschwerdeführers vom 06.12.2019 nach wie vor bei der Pensionsversicherungsanstalt anhängig.

3.2.3. Der Vollständigkeit halber weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass deshalb, weil der angefochtenen Erledigung die Bescheidqualität fehlt und die Beschwerde daher zurückzuweisen war, dem Umstand, dass als Adressat der Erledigung ein XXXX angeführt ist, den Antrag allerdings der Beschwerdeführer namens XXXX gestellt hatte, keine Bedeutung zukommt.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall – im Einklang mit Art 6 EMRK und Art 47 GRC (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) § 24 VwGVG K 10 und E 1) – gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage ist von vornherein klar bzw. durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die sich die vorliegende Entscheidung stützt, geklärt. Vgl. die zitierte Literatur und Judikatur.

Es war daher spruchgemäß (Spruchpunkt B)) zu entscheiden.

Schlagworte

Bescheidqualität Genehmigung Nichtbescheid Unterschrift Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2228040.1.00

Im RIS seit

26.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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