TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/8 I422 2179159-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
StGB §105 Abs1
StGB §127
StGB §128 Abs1
StGB §129
StGB §130
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2179159-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph SIGL, Kalchberggasse 1, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2020, Zl. 1054272202/200128506, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

In Folge einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung erließ die belangte Behörde mit verfahrensgegenständlichem Bescheid über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren (Spruchpunkt I.), erteilte ihm kein Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte sie einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot zugleich die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung zu Unrecht höher als das gegenläufige Interesse des Beschwerdeführers an Fortsetzung seines Familienlebens im Bundesgebiet gewichtet habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist rumänischer Staatsangehöriger. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer hielt sich erstmals von 2003 bis 2018 rechtmäßig im Bundesgebiet auf. In Folge mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen wurde mit Bescheid vom 30.11.2017 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren gegen ihn erlassen. Dieser Bescheid erwuchs am 09.01.2018 in Rechtskraft und kehrte der Beschwerdeführer – der sich zu diesem Zeitpunkt seit 31.10.2016 in Haft befand – am 17.09.2018 im Wege einer vorzeitigen Haftentlassung gemäß § 133a StVG nach Rumänien zurück. Anfang des Jahres 2019 reiste der Beschwerdeführer illegal nach Österreich ein, wo er zahlreiche Einbruchsdiebstähle verübte. Er wurde am 19.12.2019 in Rumänien verhaftet und am 13.01.2020 nach Österreich ausgeliefert. Seither befindet er sich in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

Der Beschwerdeführer ist in zweiter Ehe verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit einer rumänischen Staatsangehörigen stammt eine minderjährige Tochter, die ebenfalls rumänische Staatsangehörige ist und in Österreich wohnt. Zu ihr besteht ein Besuchsrecht und ist der Beschwerdeführer für sie unterhaltspflichtig. Für sie leistet die Mutter des Beschwerdeführers die Unterhaltszahlungen. Mit seiner zweiten Ehefrau hat der Beschwerdeführer zwei minderjährige Kinder und lebte er bis zu seiner Inhaftierung am 31.10.2016 mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt. Die zweite Ehegattin und die beiden gemeinsamen Kinder sind rumänische Staatsangehörige. Die Mutter des Beschwerdeführers ist ebenfalls in Österreich wohnhaft. Sonstige berücksichtigungswürdige sprachliche, private oder soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers liegen nicht vor. Eine Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich ist nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet vier Mal strafgerichtlich verurteilt:

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.10.2013, XXXX wurde er wegen des Vergehens des Einbruchsdiebstahls gemäß §§ 127, 129 Z 3 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten sowie einer dreijährigen Probezeit rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.10.2015, XXXX wurde er wegen der Vergehen der Körperverletzung und der Nötigung gemäß §§ 83 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten sowie einer dreijährigen Probezeit rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.05.2017, XXXX wurde er wegen der Vergehen der Körperverletzung, der Nötigung sowie des Verbrechens des teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemäß §§ 83 Abs. 1, 105 Abs. 1, 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 bis 3, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall, 130 Abs. 2 zweiter Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.06.2020, XXXX wurde er wegen des Verbrechens des teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 teils Z 3, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall, 130 Abs. 2, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner tristen Einkommens- und Vermögenslage den Entschluss fasste, Diebstähle zu verüben und sich im Zusammenwirken mit zwei Mittätern zwischen April und Mai 2019 bei insgesamt sechs Einbruchsdiebstählen - vorwiegend in Kindergärten und Schulen – um einen EUR 5.000,-- übersteigenden Gesamtbetrag bereicherte. Bei der Strafbemessung wertete das Strafgericht das belastete Vorleben des Beschwerdeführers in Österreich, die Vielzahl der Angriffe, die Tatbegehung während offener Probezeit, den hohen Sachschaden sowie die Tatbegehung nach der Gewährung eines Vorgehens nach § 133a StVG und trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes in Österreich als erschwerend. Mildernd wurden das reumütige und der Wahrheitsfindung dienliche Geständnis und die teilweise stattgefundene Sicherstellung der Diebesbeute berücksichtigt. Schließlich führte das Strafgericht aus, dass ob der tristen finanziellen Situation des Beschwerdeführers, die für eine bedingte Strafnachsicht geforderte hohe Wahrscheinlichkeit, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, nicht besteht.

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 15.07.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gegen das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR) und des Strafregisters eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, insbesondere zu seiner Identität ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Durch eine dort einliegende Kopie seines Personalausweises ist die Identität des Beschwerdeführers belegt.

Aus der Einsicht in das ZMR sowie den sich im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen – insbesondere dem Bescheid der belangten Behörde vom 30.11.2017, Zl. 1054272202/161487005, dem Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 27.08.2018, zu XXXX , dem Überwachungsauftrag und Durchführungsbericht einer österreichischen Justizanstalt vom 14.09.2018, der Ausreisebestätigung der International Organization for Migration vom 19.09.2018 – gründen sich die Feststellungen über den bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und das im Jahr 2017 erlassene Aufenthaltsverbot sowie die erfolgte freiwillige Ausreise am 17.09.2018. Dass er bereits Anfang des Jahres 2019 nach Österreich zurückkehrte und dabei illegal in das Bundesgebiet einreiste, ergibt sich aus der Urteilsbegründung des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX zu XXXX , wonach er zwischen April und Mai 2019 mehrere Einbruchsdiebstähle im Bundesgebiet beging.

Die Feststellungen zu seiner familiären und privaten Situation - insbesondere, dass er bis zu seiner Inhaftierung im Jahr 2016 mit seiner Ehegattin und den beiden Kindern im gemeinsamen Haushalt gelebt hat sowie, dass ein weiteres Kind und seine Mutter in Österreich leben – gründen auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Beschwerdeschriftsatz. Hinweise auf sonstige maßgebliche sprachliche, private oder soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich haben sich im Verfahren nicht ergeben und wurde auch weder in der schriftlichen Stellungnahme vom 11.02.2020 noch im Beschwerdeschriftsatz ein diesbezügliches Vorbringen erstattet.

Die Feststellungen zu den vier rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers durch österreichische Strafgerichte gründen einerseits aus der Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers sowie aus den jeweiligen sich im Verwaltungsakt befindlichen Urteilsausfertigungen.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 15.07.2020, Zl. 1054272202/200128506 liegt im Verwaltungsakt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger Rumäniens ein EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367).

Ungeachtet der bisherigen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von 2003 bis 2018 erfüllt der Beschwerdeführer aufgrund seines durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes und aufgrund der Schwere seines strafrechtlich relevanten Handelns sowohl den Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 S 1 FPG (tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr) als auch jenen erhöhten des § 67 Abs. 1 S 5 FPG (nachhaltige und maßgebliche Gefahr).

Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet seit Oktober 2013 permanent straffällig. So trat er mit seiner Verurteilung durch das Landesgericht XXXX vom 07.10.2013 wegen des Vergehens des Einbruchsdiebstahls erstmals strafgerichtlich in Erscheinung. Dem folgten mit den Strafurteilen durch das Landesgericht XXXX vom 17.10.2015 wegen der Vergehen der Körperverletzung und der Nötigung sowie vom 17.05.2017 wegen der Vergehen der Körperverletzung und der Nötigung und des Verbrechens des teils versuchten, gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zwei weitere rechtskräftige Verurteilungen, ehe er zuletzt am 26.06.2020 mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen des Verbrechens des teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung rechtskräftig verurteilt wurde. Somit weist der Beschwerdeführer im Bundesgebiet insgesamt vier strafgerichtliche Verurteilungen auf. Zwischen den einzelnen Verurteilungen liegen keine längeren Phasen des Wohlverhaltens.

Das strafrechtlich relevante Verhalten des Beschwerdeführers stellt somit jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 ua.).

Wie insbesondere die letzten beiden strafgerichtlichen Verurteilungen aufzeigen, setzen sich diese beiden Verurteilungen aus zahlreichen Einzelhandlungen zusammen. Diese Vielzahl an Einzelhandlungen führt auch zu der Tatsache, dass der Beschwerdeführer tief im kriminellen Milieu verwurzelt ist. Augenscheinlich ist im gegenständlichen Fall auch die Einschlägigkeit seiner Verurteilungen wegen Eigentumsdelikte und Delikte gegen die körperliche Integrität. Diese mündeten schlussendlich in der erstmaligen Inhaftierung des Beschwerdeführers. Allerdings vermochten jedoch weder die einschlägigen Vorverurteilungen, noch das Übel der erlittenen ersten Strafhaft den Beschwerdeführer vor einer neuerlich Straffälligkeit abzuhalten.

Wie die belangte Behörde in diesem Zusammenhang vollkommen zu Recht aufzeigte, verursachte der Beschwerdeführer durch seine strafgerichtliche Delinquenz eine mittlere sechsstellige Schadenssumme und steigerte er im Laufe der Jahre seine kriminelle Energie massiv. Wie sich diesbezüglich aus dem Strafurteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.05.217, zu XXXX und des Landesgerichtes XXXX vom 26.06.2020, zu XXXX ableiten lässt, beging der Beschwerdeführer die Einbrüche zuletzt im Rahmen krimineller Vereinigungen. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang auch die im Strafurteil aufgezeigten Einzelhandlungen erkennt man darin auch eine Spezialisierung der kriminellen Vereinigung auf Kellerabteile von Mehrparteienwohnhäuser sowie öffentliche Einrichtung – insbesondere Kindergärten, Schulen und Gemeinden.

Wie die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auch vollkommen zutreffend ausführte, zielen das äußerst organisierte Vorgehen und Zusammenschluss zu einer kriminellen Vereinigung auf die Verschaffung einer beträchtlichen fortlaufenden Einnahme zur Finanzierung des Lebensunterhaltes ab, die in den beiden jüngsten Strafurteilen mit der festgestellten Deliktsqualifikation des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls seinen Niederschlag fand. Im gegenständlichen Fall kommt eben jenem Aspekt der Gewerbsmäßigkeit große Bedeutung zu. Gerade die in der gewerbsmäßigen Tatbegehung gelegene Tendenz des Fremden, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu sichern, stellt für sich eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (vgl. VwGH 24.05.2005, 2002/18/0289). Auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nahezu unmittelbar nach seiner Enthaftung und Rückkehr nach Rumänien trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot illegal nach Österreich einreiste und erneut Einbrüche zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes beging, stellt die immanente Wiederholungsgefahr eindeutig unter Beweis.

Im gegenständlichen Fall ist im Hinblick auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers des Weiteren besonders hervorzuheben, dass bereits in Folge seiner dritten Verurteilung mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.05.2017, zu XXXX über ihn ein befristetes Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt wurde. Auf Basis dieses Aufenthaltsverbotes in Verbindung mit seiner offenkundigen Ausreisebereitschaft in seinen Herkunftsstaat, sah das Landesgericht XXXX mit Beschluss vom 27.08.2018, zu XXXX gemäß § 133a StVG vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe ab. Allerdings vermochte auch dieses vorläufige Absehen von der Strafe kein Umdenken beim Beschwerdeführer bewirken. Im Gegenteil. Entgegen dem rechtskräftigen und aufrechten Aufenthaltsverbot reiste der Beschwerdeführer nur kurze Zeit nach seiner Ausreise nach Rumänien erneut und diesmal illegal in das Bundesgebiet ein und wurde er abermals straffällig. Wie sich aus den Ausführungen seiner letztmaligen strafgerichtlichen Verurteilung durch das Landesgericht XXXX vom 26.06.2020, zu XXXX eindeutig ergibt, galt der Zweck seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet ausschließlich der Begehung von gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstählen, die er im Rahmen einer kriminellen Vereinigung durchführte. Sein Verhalten weist somit eindeutig auf seine mangelnde Rechtstreue gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hin und bringt er dadurch seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck.

Mitberücksichtigt werden in der gegenständlichen Entscheidung auch die Strafbemessungsgründe. So wertete das Strafgericht zuletzt das belastete Vorleben des Beschwerdeführers in Österreich, die Vielzahl der Angriffe, die Tatbegehung während offener Probezeit, den hohen Sachschaden sowie die Tatbegehung nach der Gewährung eines Vorgehens nach § 133a StVG und trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes in Österreich als erschwerend. Mildernd wurden das reumütige und der Wahrheitsfindung dienliche Geständnis und die teilweise stattgefundene Sicherstellung der Diebesbeute berücksichtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (VwGH 30.04.2020, Ra 2019/20/0399). Durch den derzeitigen Haftaufenthalt ist die Zeit jedenfalls noch zu wenig weit fortgeschritten, um dem Beschwerdeführer einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).

Wie die vorangegangenen Ausführungen eindeutig belegen, geht aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers und seines sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbild eine nachhaltige und gegenwärtige Gefahr aus.

Zum Familienleben des Beschwerdeführers ist im gegenständlichen Fall zunächst darauf hinzuweisen, dass es unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer ein Familienleben - in Form seiner Ehefrau, seiner Mutter und seinen drei minderjährigen Kindern - in Österreich hat, sohin ist zu prüfen, ob der Eingriff durch das Aufenthaltsverbot im Sinne des Art 8 EMRK gerechtfertigt ist.

Es wird nicht verkannt, dass das Familienleben ein besonders schützenswertes Gut darstellt, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieses im gegenständlichen Fall bereits seit der ersten Inhaftierung des Beschwerdeführers am 31.10.2016, seiner anschließenden Rückkehr nach Rumänien und der erneuten Inhaftierung bei der Wiedereinreise nach Österreich, wesentlich eingeschränkt ist. Auch erfährt die Bewertung des Familienlebens des Beschwerdeführers dadurch eine gewichtige Minderung, dass er dieses selbst durch seine kontinuierliche Begehung von Straftaten, die daran anknüpfenden Haftaufenthalte und drohende fremdenrechtliche Sanktionen aufs Spiel gesetzt und eine etwaige Trennung von seinen Familienmitgliedern damit bewusst in Kauf genommen hat. Zudem ist der belangten Behörde dahingehend beizutreten, dass es der Ehefrau, der Mutter und den Kindern des Beschwerdeführers möglich sein wird, den Kontakt durch Besuche in Rumänien bzw. ähnlich wie derzeit in Haft über Telefon/Brief oder auch über digitale Medien, aufrechtzuerhalten. Dem Beschwerdeeinwand, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aufgrund der in Österreich lebenden Kernfamilie des Beschwerdeführers nicht zulässig sei, ist entgegen zu halten, dass allfällige Konsequenzen des Aufenthaltsverbotes - wie mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen - im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Eigentumsdelikten in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).

Angesichts des zuvor aufgezeigten und in seiner Gesamtheit derart gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig und zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer) auch dringend geboten ist.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. VwGH 06.12.2019, Ra 2019/18/0437).

Was die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, erscheint diese angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers keineswegs als zu lang. Insbesondere wird berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem nunmehrigen Anlassfall bereits drei einschlägige Vorverurteilungen und ein aufrechtes Aufenthaltsverbot aufwies. Dies zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die österreichische Rechtsordnung offenbar gleichgültig ist und ihn die Verurteilungen und die daraus resultierende fremdenrechtliche Sanktion offensichtlich nicht von der Begehung weiterer Straftaten im österreichischen Bundesgebiet abgehalten haben. Auch wenn mit dem von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren das höchstzulässige Maß ausgeschöpft wird, erweist sich dieses als nicht ungerechtfertigt, insbesondere da im Falle des Beschwerdeführers aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens eine neuerliche Begehung gleichgelagerter Straftaten zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes durchaus als nicht unwahrscheinlich anzusehen ist und dies auch in seiner letztmaligen Verurteilung durch das Landesgerichts für Strafsachen Graz bestätigt wird. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Taten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und gewerbsmäßig beging, lässt die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten im Einklang stehen. Aufgrund dieser Überlegungen war die Dauer des Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren nicht zu beanstanden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die umseitigen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhaltens unzweifelhaft gezeigt, dass er wiederholt nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde durch die belangte Behörde vollständig erhoben und ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt und weist die gebotene Aktualität auf, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Auch das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und wurde ein ausdrücklicher Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht gestellt (vgl. VwGH 29.01.2020, Ra 2019/09/0141).

Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit (jüngst wieder VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschaffen würde (vgl. VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0068, Rn. 12).

Daher konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG und § 24 VwGVG aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel (vgl. B 25. April 2014, Ro 2014/21/0033). Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (vgl. B 25. Februar 2016, Ra 2016/21/0022) und auch für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots (vgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0259).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das erkennende Gericht an die bestehende höchstgerichtliche Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüberhinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Diebstahl Durchsetzungsaufschub Eigentumsdelikt EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gesamtbetrachtung Gesamtverhalten AntragstellerIn Gewerbsmäßigkeit Haft Haftstrafe Interessenabwägung Körperverletzung Nötigung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Persönlichkeitsstruktur Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Straftat Unionsbürger Verbrechen Vergehen Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2179159.2.00

Im RIS seit

25.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten