TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/15 W171 2207858-1

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Veröffentlicht am 15.10.2020
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Entscheidungsdatum

15.10.2020

Norm

AVG §19
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b

Spruch

W171 2207858-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2018, Zl.: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in Folge auch BF genannt), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste nach Österreich ein und stellte am 05.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 16.04.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA oder Behörde genannt) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Nach erfolglosem Zustellversuch am 20.04.2018 wurde der Bescheid mit 21.04.2018 an der Abgabestelle hinterlegt. Der Beschwerdeführer war zum Hinterlegungszeitpunkt noch an der Abgabestelle gemeldet, obwohl er am 18.04.2018 in eine neue Unterkunft gezogen war. Erst am 25.04.2018 meldete der Beschwerdeführer seine neue Meldeadresse und ließ diese ins Melderegister eintragen. Der Beschwerdeführer informierte sich in der alten Unterkunft nicht darüber, ob noch Post für ihn gekommen war.

Mit Kontaktbrief der ihm zugewiesenen Rechtsberatungsstelle vom 11.05.2018 wurde der Beschwerdeführer noch innerhalb der Rechtsmittelfrist über den Zustellvorgang des Bescheides vom 16.04.2018 in Kenntnis gesetzt.

Am 05.06.2018 suchte der Beschwerdeführer die Geschäftsstelle seiner Rechtsberatung auf, um sich über den Bescheid vom 16.04.2018 zu informieren. Erst mit Schriftsatz vom 04.09.2018 erhob der Beschwerdeführer schließlich Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.04.2018 und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Bescheid des BFA vom 11.09.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.09.2018 zurückgewiesen.

Mit Bescheid des BFA vom 30.08.2018 wurde dem BF aufgetragen gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG zur Einholung eines Ersatzreisedokuments zum angegebenen Termin und Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Im Konkreten habe er den Interviewtermin bei der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan am 07.09.2018 wahrzunehmen. Im Fall der Nichtbefolgung des Auftrags ohne wichtigen Grund wurde die Verhängung einer Haftstrafe von 14 Tagen angedroht (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.). Im Bescheid führte die Behörde im Wesentlichen aus, der BF verfüge über kein gültiges Reisedokument und sei bisher seiner Verpflichtung zur Ausreise in sein Heimatland nicht nachgekommen. Der anstehende Delegationstermin diene der Feststellung der Identität des BF und damit zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments, welches zur Durchsetzung der aufrechten aufenthaltsbeendenden Maßnahme erforderlich sei. Um das persönliche Erscheinen des BF sicherzustellen, sei es unerlässlich ein Zuwiderhandeln unter Strafe zu stellen. Der Bescheid vom 30.08.2018 wurde dem BF am selben Tag durch persönliche Übergabe zugestellt.

Mit am 06.09.2018 beim BFA eingebrachten und am 18.10.2018 beim erkennenden Gericht eingelangten Schriftsatz, erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.08.2018. Im Wesentlichen wurde dabei ausgeführt, der BF habe den negativen Bescheid betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz unverschuldet nicht erhalten, da er bei dessen Hinterlegung nicht mehr in der entsprechenden Unterkunft aufhältig gewesen sei. Er habe damit nicht die Möglichkeit gehabt gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel zu erheben, sodass dieser in Rechtskraft erwachsen sei. Aus diesem Grund sei auch ein Wiedereinsetzungsverfahren anhängig, dessen Ausgang die Behörde mit dem Mitwirkungsbescheid vom 30.08.2018 zu Ungunsten des BF vorwegnehme. Durch die Vorführung vor Vertreter des Heimatlandes des BF werde gegen elementare Grundsätze des internationalen Flüchtlingsschutzes verstoßen. Entgegen der Meinung der belangten Behörde sei es unzulässig Asylwerber im laufenden Verfahren Mitarbeitern der Vertretungsbehörde des Heimatlandes vorzuführen und deren personenbezogene Daten an den Herkunftsstaat zu übermitteln. Die aufschiebende Wirkung sei zu Unrecht ausgeschlossen worden. Der BF beantragte die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Aussetzung des Termins für die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens bzw. den Widerruf eines allfälligen Festnahmeauftrag sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Kostenersatz wurde nicht beantragt.

Am 11.10.2018 wurde ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt.

Das BFA übermittelte dem erkennenden Gericht am 18.10.2018 zuständigkeitshalber die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.08.2018. Ein Antrag auf Kostenersatz wurde nicht erstattet.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.09.2018 als verspätet zurückgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Verfahrensgang unter I. wird zur Feststellung erhoben.

1.2. Der Bescheid des BFA vom 16.04.2018 wurde dem BF am 21.04.2018 wirksam durch Hinterlegung zugestellt. Der BF verabsäumte es, seine Adressänderung rechtzeitig bei der Behörde bekanntzugeben. Der Beschwerdeführer war zum Hinterlegungszeitpunkt laut ZMR-Auszug noch an der Abgabestelle gemeldet, war aber am 18.04.2018 in eine neue Unterkunft gezogen. Er erlangte noch innerhalb der Rechtsmittelfrist Kenntnis von der Entscheidung des BFA. Der Bescheid erwuchs am 21.05.2018 in Rechtskraft. Die Frist des BF zur freiwilligen Ausreise endete somit am 04.06.2018. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

1.3. Der Beschwerdeführer gab an, Staatsbürger von Afghanistan zu sein. Er besaß keine Identitätsdokumente. Zur Ausreise (Abschiebung) benötigte der BF ein gültiges Reisedokument. Ein derartiges Dokument wäre gegebenenfalls durch die afghanische Botschaft auf Antrag des BF ausgestellt worden.

1.4. Der BF ist Fremder iSd. FPG. Gegen ihn lag zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 30.08.2018 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Er verfügte nicht über ein gültiges Reisedokument und bemühte sich nicht, ein solches aus Eigenem zu erlangen. Eine Duldung des BF und ein Grund für eine Unmöglichkeit der Antragstellung der Ausstellung eines Reisedokumentes bei der afghanischen Botschaft lagen nicht vor.

1.5. Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides war kein Verfahren auf Zuerkennung internationalen Schutzes anhängig.

1.6. Mit Bescheid vom 30.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokuments am 07.09.2018 bei der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistans zu erscheinen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Der Bescheid wurde dem BF am 30.08.2018 zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und das ho. Gericht ist in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt (§ 37 AVG) ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Der Ablauf der Zustellung des Bescheides vom 16.04.2018 ergibt sich aus dem hiesigen Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts zum Erkenntnis vom 05.02.2019. Der Umzug des BF ist glaubhaft, da er laut einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem ab dem 18.04.2018 an einer neuen Adresse aufhältig war.

Gegen den BF besteht nach dem Akteninhalt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Dennoch reiste er nicht aus Eigenem aus Österreich aus.

Nach den Unterlagen im Akt verfügte der BF über kein Reisedokument und gab an, aus Afghanistan zu stammen. Der bescheidmäßige Auftrag an den BF, bei der afghanischen Botschaft einen Reisepass zu beantragen ergab sich sohin aus dem sachlichen- und örtlichen Zusammenhang.

Der BF verfügte nicht über eine Duldung und das Verfahren brachte auch keinen relevanten Hinderungsgrund dafür ans Tageslicht, dass der BF bei der afghanischen Botschaft keinen Antrag auf Ausstellung eines Reisedokumentes stellen könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur (funktionellen) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit eine Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Der mit „Hinterlegung“ betitelte § 17 des Zustellgesetzes (ZustellG) lautet auszugsweise:

„§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

[...]“

Der mit „Internationaler Datenverkehr“ betitelte § 33 BFA-VG idgF lautet:

„§ 33. (1) Sofern die Bundesregierung gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG zum Abschluss von Staatsverträgen ermächtigt ist, kann sie unter der Voraussetzung, dass Gegenseitigkeit gewährt wird, zwischenstaatliche Vereinbarungen über das Übermitteln von Daten gemäß §§ 27 oder 28 an bestimmte Empfänger abschließen. Hierbei ist die Übermittlung dieser Daten dem Bundesminister für Inneres vorzubehalten und vorzusehen, dass die Löschung übermittelter Daten unter denselben inhaltlichen Voraussetzungen wie im Inland erfolgt und dass Staatsangehörige der Vertragsstaaten vom Geltungsbereich dieser Vereinbarungen ausgenommen sind.

(2) Personenbezogene Daten von Fremden, die auf Grund einer gemäß Abs. 1 abgeschlossenen Vereinbarung aus dem Ausland übermittelt wurden, dürfen in der Zentralen Verfahrensdatei (§ 28) und im Zentralen Fremdenregister (§ 26) nach Maßgabe der DSGVO verarbeitet werden.

(3) Die Übermittlung personenbezogener Daten eines Fremden an den Herkunftsstaat ist gemäß Art. 49 Abs. 1 lit. d DSGVO zulässig, soweit es sich um Daten handelt, die zur Beschaffung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG oder zur Überprüfung der Erfüllung einer Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2b FPG erforderlich sind.

(4) Die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat ist, unbeschadet Abs. 5, nicht zulässig. Daten, die zur Beschaffung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG oder zur Überprüfung der Erfüllung einer Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2b FPG erforderlich sind, dürfen jedoch gemäß Art. 49 Abs. 1 lit. d DSGVO übermittelt werden, wenn der Antrag – wenn auch nicht rechtskräftig – ab- oder zurückgewiesen worden ist oder dem Asylwerber ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt. Der Umstand, dass ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, darf bei einer solchen Übermittlung keinesfalls hervorkommen.

(5) Die Übermittlung personenbezogener Daten an den Herkunftsstaat für Zwecke der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege ist jedoch zulässig, wenn
1.         dieser ein sicherer Herkunftsstaat ist,
2.         bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 Z 2 bis 4 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde oder
3.         der Antrag auf internationalen Schutz – wenn auch nicht rechtskräftig – zurück- oder sowohl in Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde.

Der Umstand, dass ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, darf bei einer solchen Übermittlung keinesfalls hervorkommen.“

Der mit „Abschiebung“ betitelte § 46 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet auszugsweise:

„§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1.         die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2.         sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3.         auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4.         sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt. […]“

3.3. Judikatur:

Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052, mwH).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ladungen von Fremden zum Zweck der Klärung ihrer Identität im Zusammenhang mit einer Ausreiseverpflichtung grundsätzlich zulässig. Auch Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates sind zulässig, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind (VwGH 05.07.2012, 2012/21/0081, RS 1).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt, dass der Fremde bei der amtswegig vorzunehmenden Erlangung des Ersatzreisedokumentes "im erforderlichen Umfang" mitzuwirken hat. Insoweit kann ihm ein die zu erbringende Mitwirkungsverpflichtung konkret umschreibender Auftrag mittels Bescheides nach dem ersten Satz des
§ 46 Abs. 2a FPG 2005 erteilt werden. Das kommt insbesondere in Bezug auf die in den ErläutRV (RV582 BlgNR 25. GP 18) genannten Handlungen ("Herausgabe von Dokumenten und Urkunden, über die der Fremde bereits verfügt, die Mitwirkung an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit sowie an den erforderlichen Handlungen bei der ausländischen Behörde") in Betracht. Die Gesetzesmaterialien weisen darauf hin, dass die "Vollziehungsverfügung" nach dem ersten Satz des § 46 Abs. 2a FPG 2005 im Regelfall mit einer Ladung nach dessen zweiten Satz zu verbinden sein wird, weil die Anwesenheit des Fremden regelmäßig notwendig ist. Die Ladung kann auch zu einer ausländischen Behörde erfolgen. Dabei ist stets eine Amtshandlung, das heißt die Leitung durch einen Organwalter des Bundesamtes, notwendig (vgl. E 11. Juni 2013, 2013/21/0097; B 20. Dezember 2016, Ra 2016/21/0354).

Gemäß § 19 Abs. 2 AVG ist im Ladungsbescheid der Gegenstand der geplanten Amtshandlung offen zu legen, um dem Betreffenden die Gelegenheit zu geben, sich genügend auf diesen Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. VwGH 06.03.2014, Zl. 2012/11/0099). Somit entspricht der angefochtene Ladungsbescheid auch den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.

Die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Ladung setzt voraus, dass sie "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (zu Ladungen in Angelegenheiten nach dem FPG vgl. VwGH 17.07.2008, Zlen. 2008/21/0055 und Zl. 2008/21/0386). So hat der VwGH in seinem Judikat vom 20.01.1992, Zahl 91/19/0326, hervorgehoben, dass die Beurteilung der Frage, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zweckes ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auf andere Weise erreicht werden kann, allein der Behörde und nicht auch der Partei obliege. Stets muss es sich demnach um eine Ladung zu einer behördlichen Amtshandlung handeln, in deren Rahmen die beabsichtigte Befragung stattfinden soll. Um sie als "behördlich" verstehen zu können, ist die Leitung durch ein Organ der Behörde unverzichtbar (VwGH 05.07.2011, Zl. 2010/21/0316).

Im Erkenntnis vom 16.05.2012, Zl. 2010/21/0023 hat der VwGH festgehalten, dass, die Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Ladung voraussetzt, diese im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG nötig ist.

3.4. Rechtlich folgt:

In der Beschwerde wird moniert, der BF sei mangels rechtmäßiger Zustellung des Bescheides vom 16.04.2018 zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach wie vor Asylwerber gewesen. Die Behörde sei somit nicht befugt gewesen den BF zur Mitwirkung zu verhalten und es sei zudem nicht rechtens, personenbezogene Daten an den Herkunftsstaat des BF weiterzuleiten. Diese Argumentation geht jedoch fehl:

Mit Bescheid vom 16.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich abgewiesen. Nach erfolglosem Zustellversuch am 20.04.2018 wurde der Bescheid mit 21.04.2018 in der Abgabeeinrichtung hinterlegt. Der Beschwerdeführer war zum Hinterlegungszeitpunkt laut ZMR-Auszug noch an der Abgabestelle gemeldet. Der Beschwerdeführer wandte diesbezüglich ein, dass er sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Bescheides nicht mehr an der Abgabestelle aufgehalten habe, er sei am 18.04.2018 in eine neue Unterkunft gezogen. Eine die Zustellwirkung des § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustG ausschließende Abwesenheit von der Abgabestelle lag im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor. Der BF wurde noch innerhalb der Rechtsmittelfrist (diese endete am 21.05.2018) mit Kontaktbrief seiner Rechtsberatungsstelle vom 11.05.2018 über den Zustellvorgang des Bescheides vom 16.04.2018 in Kenntnis gesetzt. Der BF erlangte damit, trotz seines eigenen Versäumnisses seine neue Adresse zeitgerecht zu bekanntzugeben, noch innerhalb der Rechtsmittelfrist Kenntnis von der Hinterlegung. Die entsprechenden Wiedereinsetzungsanträge wurden in erster wie auch zweiter Instanz zurückgewiesen. Da die Abwesenheit des BF von der Abgabestelle daher keine solche war, die verhinderte, dass er rechtzeitig vom Zustellvorgang in Kenntnis gesetzt wurde, trat die in § 17 Abs. 3 Satz 3 ZustG normierte Zustellwirkung ein und der fragliche Bescheid wurde am 21.04.2018 wirksam hinterlegt. Die Entscheidung erwuchs damit erstinstanzlich in Rechtskraft.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 16.04.2018, zugestellt am 21.04.2018, eine Rückkehrentscheidung verhängt. Diese war zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen angefochtenen Bescheids rechtskräftig. Der BF war somit kein Asylwerber mehr und die Behörde daher grundsätzlich iSd. oben zitierten Normen berechtigt, ihn zur Mitwirkung zu verhalten und personenbezogene Daten an seinen Herkunftsstaat zu übermitteln. Nach den getroffenen Feststellungen handelte es sich beim BF um einen Fremden, der trotz durchsetzbarer Rückkehrentscheidung seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekam (§ 46 Abs. 1 FPG).

Die Vorgehensweise der belangten Behörde entspricht zudem der Vorgabe des § 46 Abs. 2a FPG. Der Beschwerdeführer ist nicht im Besitz eines Identitätsdokuments und hat sich ein solches, trotz seines langjährigen illegalen Aufenthalts in Österreich, nicht ausstellen oder zukommen lassen. Er verfügte über kein Reisedokument und konnte ohne ein solches nicht ausreisen. Ein Hindernis für die Einholung konnte nicht festgestellt werden, eine Duldung des BF in Österreich lag nicht vor. Der BF war daher gem. § 46 Abs. 2 FPG verpflichtet, bei der zuständigen ausländischen Behörde ein solches Reisedokument zu beantragen und dieses der Behörde vorzulegen. Nach § 46 Abs. 2b FPG konnte diese Verpflichtung dem BF auch bescheidmäßig aufgetragen werden. In Ermangelung eines Reisepasses ist für die Abschiebung des Beschwerdeführers ein Ersatzreisedokument erforderlich. Im angefochtenen Ladungsbescheid wird der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.

Die gesetzlich geforderten Tatbestandselemente für eine behördliche, bescheidmäßige Anordnung zur eigenen Antragstellung eines Reisepasses sind daher im gegenständlichen Fall als erfüllt anzusehen.

Der Beschwerdeführer konnte somit keine Gründe vorbringen, die einer Ladung gemäß § 19 AVG in Verbindung mit § 46 Abs. 2a FPG entgegenstehen würden. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Kostenersatz

Da das BFA keinen Antrag auf Kostenersatz stellte, kam der Behörde – trotz ihres vollständigen Obsiegens – schon dem Grunde nach kein Ersatzanspruch zu (§ 35 Abs. 7 VwGVG).

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG im gegenständlichen Fall die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung Ladungsbescheid Mitwirkungspflicht Rechtskraft Rechtskraftwirkung Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W171.2207858.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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