TE Vfgh Erkenntnis 1995/9/26 B2449/94

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Veröffentlicht am 26.09.1995
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
RAO §9 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt; keine willkürliche Annahme der Transferierung von Geldern einer Mandantin auf das Konto des Beschwerdeführers ohne Wissen der Mandantin; keine willkürliche Feststellung der Nichtaufgliederung der Kostennote und der massiven Überschreitung der Tarifsätze

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Wien. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 23. Juni 1989 wurde er für schuldig erkannt, die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen zu haben. Er wurde hiefür zu der Disziplinarstrafe der Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer von sechs Monaten sowie zur anteiligen Tragung der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat der Beschwerdeführer

"I. ... 1. im Verfahren D 98/83

1.1. am 2.12.1981 ohne Wissen seiner Mandantin E M von deren Konto bei der Schweizerischen Kreditanstalt AG den Betrag von S 869.399,91 als restlichen Kostenbetrag aus einer Kostennote vom 5.11.1981 an sich überwiesen und diese Kostennote seiner ehemaligen Mandantin E M erst am 29.7.1983 zur Kenntnis gebracht;

1.2. am 16.11.1982 ohne Wissen seiner Mandantin E M von deren Konto bei der Schweizerischen Kreditanstalt den Betrag von sfr 152.000,-- auf ein Konto der Stiftung für die vergleichende Erforschung der freien Berufe bei der Bank in Liechtenstein AG überwiesen, nach der am 5.5.1983 erfolgten Beendigung des Mandatsverhältnisses mit E M den Betrag von sfr 154.552,35 von dem vorerwähnten Konto, über das er allein verfügungsberechtigt war, auf sein Konto bei der Österreichischen Länderbank AG, Filiale Rotenturmstraße, überwiesen und erst am 2.12.1983 den Erlag des Schilling-Gegenwertes des überwiesenen sfr - Betrages bei Gericht veranlaßt;

1.3. am 1.6.1983 die seiner ehemaligen Mandantin gehörigen 499 Inhaberaktien der S Holding S.A., Lugano, dem bei der Schweizerischen Kreditanstalt geführten Depot der Stiftung für die vergleichende Erforschung der freien Berufe entnommen und seither trotz wiederholter anwaltlicher Aufforderung und Vorliegens des rechtskräftigen Urteils des Fürstlich Liechtensteinischen Landgerichtes vom 28.1.1988, 5 C135/84, der Eigentümerin E M, bzw. deren Rechtsnachfolgerin H M M Stiftung, S, nicht herausgegeben;

1.4. die E M gelegten Pauschalabrechnungen vom 29.7.1983 in der Angelegenheit S-Aktien per S 216.000,-- und in der Angelegenheit Stiftung per S 162.000,-- trotz mehrfacher Aufforderung nicht aufgegliedert;

1.5. von der M M Stiftung, S, der Rechtsnachfolgerin seiner ehemaligen Mandantin E M, in dem zu 25 Cg 27/84 beim Landesgericht für ZRS Wien anhängigen Prozeß die Bezahlung eines wesentlich überhöhten Kostenbetrages begehrt;

1.6. in dem zu 25 Cg 27/84 beim Landesgericht für ZRS Wien anhängigen Honorarprozeß trotz des Umstandes, daß er seitens seiner ehemaligen Mandantin E M von seiner anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung nicht entbunden worden war, mit seinem Schriftsatz vom 12.4.1984 Unterlagen vorgelegt, die Tatsachen enthalten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Anwalt von E M anvertraut bzw. bekannt gworden sind und für den Honorarstreit jedenfalls ohne Bedeutung waren;

2. im Verfahren D 47/83 sich am 7.3.1983 in Vaduz gegenüber dem Rechtskonsulenten der Bank in Liechtenstein AG, R B O lic.jur.et rer.publ. über Rechtsanwalt Dr. P R in Vaduz dahingehend geäußert, daß dieser ein Verbrecher sei und daß er ihn dieses Verbrechertums überführen werde;

4. im Verfahren D 262/85 als ständiger Vertreter des 'Komitee zur Errichtung von Pensionistenwohnheimen' auf Grund des Ersuchens des Anzeigers P B, kfm. u. techn. Angestellter, eine Abrechnung einer Kaution zu legen, eine Kostennote gelegt und dieser bei der Abrechnung am 23.9.1985 als Passivposten in Abzug gebracht;

5. im Verfahren D 186/86

5.1. die Bezahlung einer verbotenen Ablöse für die Aufgabe seiner Mietrechte an der ehemaligen Rechtsanwaltskanzlei mit W L, Kaufmann, vereinbart und

5.2. in diesem Zusammenhang als Aussteller eines Wechsels über S 50.000,-- diesen gegenüber dem Akzeptanten W L gerichtlich geltend gemacht und wahrheitswidrig behauptet, daß dieser Wechselsumme von S 50.000,-- ein Honoraranspruch zugrunde läge."

1.2. Gegen diesen Bescheid wurde sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom Kammeranwalt Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) erhoben.

1.3. Mit Erkenntnis vom 15. März 1993 wurde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis im Schuldspruch zu Punkt I.2. sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und der Beschwerdeführer von dieser Anschuldigung freigesprochen. Für die nach den unberührt gebliebenen Teilen des Schuldspruches dem Beschwerdeführer weiterhin zur Last liegenden Disziplinarvergehen wurde er in sinngemäßer Anwendung der §§31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Wien vom 9. April 1991, Z D 56/89, bestätigt durch das Erkenntnis der OBDK vom 8. März 1993, Z4 Bkd 3/91, zur Zusatzdisziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Dauer von sechs Monaten sowie zur Tragung der Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt. Die OBDK begründete ihre Entscheidung wie folgt:

"A. Zu den geltendgemachten Verfahrensmängeln:

Der Berufungswerber vermeint, im erstinstanzlichen Verfahren seien Mängel unterlaufen, die den Grundsätzen eines fairen Verfahrens iS des Art6 MRK widersprechen, weil

-

drei Nachtragsanzeigen des Anzeigers zu D 98/83 nicht in das gegenständliche Verfahren einbezogen worden seien,

-

seinem und seines Verteidigers Ersuchen um Verlegung der für 23.6.1989 anberaumten Disziplinarverhandlung zum Teil ohne jede Begründung nicht entsprochen worden sei, und

-

ihm verschiedene Eingaben des Anzeigers zu D 98/83 nicht rechtzeitig zugestellt worden seien.

Die damit behauptete Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten liegt indes nicht vor.

Was die ergänzenden Mitteilungen des Anzeigers zu D 98/83, Rechtsanwalt Dr.J, vom 7.3., 15.3. und 31.5.1989 betrifft, so sind sie erst nach Fassung des Einleitungsbeschlusses vom 22.2.1989 beim Disziplinarrat eingelangt; sie wurden daher nicht in das gegenständliche Verfahren einbezogen, sondern zu D 56/89 einer gesonderten disziplinarrechtlichen Beurteilung vorbehalten. Dadurch kann sich aber der Berufungswerber im vorliegenden Verfahren nicht beschwert erachten, weil der Grundsatz, daß über mehrere Anschuldigungen möglichst in einem einzigen Verfahren abgesprochen werden soll, nicht ausnahmslos gilt, sondern die abgesonderte Führung des Verfahrens wegen weiterer Anschuldigungen durchaus (sowohl nach dem DSt als auch nach der StPO) zulässig ist. Ob die neuen Anschuldigungen letztlich mit jenen identisch sind, über die vorliegend abgesprochen wurde, ist nicht im vorliegenden Verfahren, sondern im Verfahren D 56/89 zu beurteilen.

Aber auch durch die Abweisung der Vertagungsanträge wurden Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Wie der Disziplinarrat im angefochtenen Erkenntnis im Einklang mit der Aktenlage ausgeführt hat, war die Verhandlung zunächst für 21.4.1989 anberaumt. Sie wurde über Antrag des Beschuldigten zunächst auf den 2.6.1989 verlegt. Da zu diesem Termin der Zeuge Dr.J verhindert war, wurden dem Beschuldigten zwei neue Termine zur Auswahl mitgeteilt, worauf er sich für den 23.6.1989 als Ersatztermin entschied. Zu diesem Termin, den der Beschuldigte selbst gewählt hatte, wurde er ordnungsgemäß geladen. Die in der Folge von seinem Verteidiger und von ihm selbst eingebrachten Vertagungsanträge hat der Disziplinarrat jeweils mit zutreffender Begründung abgewiesen. Zur Verhandlung am 23.6.1989 ist der Verteidiger des Beschuldigten erschienen, nicht jedoch der Beschuldigte; der Verteidiger hat sich nicht gegen die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten ausgesprochen.

Da der Beschuldigte zur Verhandlung am 23.6.1989 ordnungsgemäß geladen wurde, zu den den Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung bildenden Anschuldigungen bereits zuvor eingehend vernommen worden war bzw sich zu den Nachtragsanzeigen äußern konnte und seinem eigenen Vorbringen zufolge keineswegs durch unabwendbare oder unvorhersehbare Umstände am Erscheinen gehindert war, durfte der Disziplinarrat die Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten durchführen und auch in Abwesenheit des Beschuldigten das angefochtene Erkenntnis fällen, waren solcherart doch alle Voraussetzungen des sinngemäß auch im Disziplinarverfahren anzuwendenden §427 StPO erfüllt. Der vom Berufungswerber der Sache nach ins Treffen geführte Umstand, daß der Zivilprozeß zu 25 Cg 27/84 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, auf den sich Punkt I.1.5. des Schuldspruchs bezieht, am 23.6.1989 noch nicht beendet war, bedingte für sich allein keineswegs die Notwendigkeit einer Verlegung der Verhandlung, zumal der Disziplinarrat den Vorwurf, der Beschuldigte habe wesentlich überhöhte Kosten eingeklagt, eigenständig disziplinarrechtlich zu beurteilen hatte. Da das betreffende Verfahren vor dem Zivilgericht anhängig war, stand der Verhandlung auch nicht §16 Abs2 DSt 1872 (nunmehr §23 Abs2 DSt 1990) entgegen.

Es versagt aber auch die Rüge, dem Beschuldigten seien verschiedene Eingaben des Anzeigers (vom 16.9. und 13.10.1983 sowie vom 8.3.1988) erst verspätet zur Kenntnis gebracht worden. Denn die Berufung räumt selbst ein, daß diese Eingaben dem Beschuldigten bereits am 11.4.1988 zugestellt wurden, sodaß er geraume Zeit vor der Verhandlung, ja sogar vor Fassung des Einleitungsbeschlusses (am 22.2.1989) hievon Kenntnis erlangt hat, womit aber von einer Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte keine Rede sein kann.

Nicht beschwert erachten kann sich der Berufungswerber letztlich auch dadurch, daß die Disziplinarverfahren D 47/83, D 262/85 und D 186/86 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren D 98/83 verbunden wurden, weil, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, grundsätzlich (wenngleich nicht ausnahmslos) über alle Anschuldigungen gegen ein und denselben Beschuldigten möglichst in einem Verfahren entschieden werden soll.

B. Zu den einzelnen Punkten des Schuldspruchs:

I. Zum Schuldspruch Punkt I.l. (D 98/83):

1. Der Disziplinarrat hat hiezu im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschuldigte war in der Zeit von 1970 bis 1976 Konzipient des Rechtsanwaltes Dr. P R in Vaduz, dessen Kanzlei in enger Verbundenheit mit der von Dr. H M gegründeten Präsidialanstalt Vaduz geführt wurde, die eine der führenden Treuhandanstalten in Liechtenstein war. Infolge der engen Zusammenarbeit zwischen der Kanzlei Dris. R und der Präsidialanstalt trat der Beschuldigte auch mit Dr. M in Kontakt, wobei sich in der Folge zwischen ihm und Dr. M eine enge berufliche Zusammenarbeit, aber auch eine nähere persönliche Beziehung entwickelte. Dr. M, der in Liechtenstein zu einem beachtlichen Vermögen gekommen war, verstarb am 24.l2.1978. Schon zu seinen Lebzeiten hatte er aus steuerlichen Gründen große Teile seines Vermögens auf zwei sog Vermögensträger-Gesellschaften, nämlich die E und H M M Vermögensanstalt in S und die Frager Trust in V, übertragen, wobei Begünstigte beider Gesellschaften seine Ehefrau E M war. Nach dem Tod des Dr. M kam es zwischen E M und den Kindern des Dr. M aus dessen erster Ehe zu Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Begünstigungsrechte der Erstgenannten, die bei dieser Auseinandersetzung vom Züricher Rechtsanwalt Dr. R vertreten wurde. Zur Bereinigung der Auseinandersetzung hat Dr. R am 16.1.1980 als Generalbevollmächtigter der E M eine außergerichtliche vergleichsweise Vereinbarung geschlossen.

Dem Beschuldigten, der bereits im Laufe des Jahres 1979 E M gelegentlich anwaltlich beraten und über seine Tätigkeit am 19.2.1980 eine Kostennote über 206.000 S gelegt hatte, gelang es in mehreren Gesprächen mit E M, diese davon zu überzeugen, daß die von Dr. R geschlossene Vereinbarung zu ihrem Nachteil getroffen worden sei. E M widerrief daher die von ihr dem Dr. R erteilten Vollmachten und erteilte dem Beschuldigten zunächst am 5.4.1981 eine Prozeßvollmacht und am 6.11.1981 eine Generalvollmacht mit Selbstkontrahierungsbefugnis, derzufolge der Beschuldigte unter anderem ermächtigt wurde, Gelder, Wertschriften und andere Vermögenswerte in Empfang zu nehmen und dafür rechtsgültig zu quittieren, Zahlungen zu leisten, Streitgegenstände entgegenzunehmen udgl. Gleichzeitig erhielt er von E M die Zeichnungsbefugnis über mehrere ihr gehörende Konten, insbesondere auch für das Konto 850 874-91 bei der Schweizerischen Kreditanstalt AG Zürich und das Konto 625 596-71 bei derselben Bank. Der Beschuldigte hat sodann in der Folge seit 5.11.1981 eine umfangreiche Vertretungstätigkeit für E M entwickelt, wobei es vor allem um außergerichtliche Beratung und Vermögensverwaltung gegangen ist.

Anläßlich der Vorbereitung der Steuererklärungen für 1982, die E M zusammen mit ihrer Privatsekretärin und Buchhalterin ohne Beiziehung des Beschuldigten erstellen wollte, stellte E M fest, daß von den beiden oben genannten Konten jeweils Überweisungen erfolgten, von denen sie bis dahin keine Kenntnis hatte und die sohin ohne ihr Wissen vorgenommen worden waren, zumal auch die Post direkt an die Kanzlei des Beschuldigten gesandt worden war.

Die Nachforschungen ergaben, daß der Beschuldigte am 2.12.1981 den Betrag von 869.399,91 S vom Konto der E M 625 596-71 auf sein eigenes Kanzleikonto bei der österreichischen Länderbank hatte überweisen lassen. Erst im Zuge der Korrespondenz zwischen dem Beschuldigten und dem nunmehrigen Vertreter der E M (die das Mandatsverhältnis mit dem Beschuldigten am 5.5.1983 beendet hatte), Rechtsanwalt Dr. J, kam hervor, daß der Beschuldigte am 5.11.1981 eine Honorarnote verfaßt hat, die er seiner Mandantin M jedoch erstmals mit seinem Schreiben vom 29.7.1983 an Dr. J zur Kenntnis brachte; dessen ungeachtet hatte er den sich aus dieser Note ergebenden Saldo bereits am 2.12.1981 auf sein Konto bei der Länderbank überweisen lassen (Faktum I.1.1.).

Weiters kam hervor, daß der Beschuldigte, nachdem er am 16.11.1982 vom Konto der E M 850 874-91 den Betrag von 152.000 sfr auf ein Konto der 'Stiftung für die vergleichende Erforschung der freien Berufe' bei der Bank in Liechtenstein AG (793.670.2-10 00/01) hatte überweisen lassen, am 1.6.1983, mithin nach der am 5.5.1983 erfolgten Beendigung des Mandantsverhältnisses mit E M, den inzwischen auf 154.552,35 sfr angewachsenen Betrag ebenfalls auf sein Konto bei der Länderbank Aberweisen ließ, ohne E M hievon in Kenntnis zu setzen bzw deren Einverständnis zu der Überweisung erlangt zu haben.

Den Schilling-Gegenwert dieses Betrages hat der Beschuldigte erst im Zuge der Interventionen Dris. J am 2.12.1983, nachdem Anzeige erstattet worden war, in Wien bei Gericht hinterlegt. E M hatte zwar mehrfach den Wunsch geäußert, zum Andenken an ihren verstorbenen Mann eine Stiftung zu gründen. Diesbezüglich wurden auch Gespräche mit dem Beschuldigten geführt. Es kam jedoch zu keiner konkreten Einigung über den Stiftungsnamen und das Stiftungsvermögen, weshalb E M dem Beschuldigten auch keine Aufträge zur Widmung von Teilen ihres Vermögens, insbesondere des Betrages von 152.000 sfr (bzw zuletzt 154.552,35 sfr) für die beabsichtigte Stiftung erteilt hat (Faktum I.1.2.).

Am 1.6.1983 hat der Beschuldigte weiters 499 Aktien der S Holding S.A. aus dem Eigentum der E M dem Depot bei der Bank in Liechtenstein AG entnommen, sie jedoch nicht, wie vereinbart, an Dr. J ausgefolgt, sondern in ein bis heute unbekanntes Depot bei einer Schweizer Bank gelegt. Der Beschuldigte hat E M bis zu deren Tod (am 28.1.1984) jede Auskunft darüber verweigert, wo sich diese Aktien befinden; auch der Rechtsnachfolgerin nach E M hat er darüber keine Auskünfte erteilt. Auch hat er die Herausgabe dieser Aktien trotz wiederholter anwaltlicher Aufforderung und Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils des Fürstlich Liechtensteinischen Landgerichtes am 28.1.1988 verweigert (Faktum I.1.3.).

In den Akten S Holding S.A. hat der Beschuldigte mit Schreiben vom 29.7.1983 eine Pauschalabrechnung über 216.000 S und betreffend Angelegenheit Stiftungseinrichtung eine Pauschalabrechnung über 162.000 S gelegt. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch Dr. J hat der Beschuldigte diese Pauschalabrechnungen seines Honorars nicht aufgegliedert, diese Abrechnungen allerdings auch nicht zum Gegenstand seines Honorarprozesses zu 25 Cg 27/84 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gemacht (Faktum I.1.4.).

Nach dem Tod der E M betrachtete der Beschuldigte alle Versuche einer außergerichtlichen Einigung über sein Honorar als gescheitert; er legte mit Datum 30.1.1984 eine Kostennote für seine Leistungen vom 5.11.1981 bis 5.5.1983 über insgesamt 5,585.878,80 S und nach Abzug von Akontozahlungen einem Honoraraußenstand von 3,947.442,06 S, welchen Betrag er schließlich zu 25 Cg 27/84 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien am 6.2.1984 einklagte. Nach dem in diesem Verfahren am 7.5.1987 vom Sachverständigen Dr.H H erstatteten Gutachten hat der Beschuldigte mit seiner Honorarnote vom 30.1.1984 ein um den Betrag von 1,920.625 S überhöhtes Honorar eingeklagt. Nachdem der Beschuldigte auch die Zuschläge gemäß §§4 und 16 AHR in Anschlag brachte, hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten trotz Berücksichtigung dieser Zuschläge einen um 1,406.096 S überhöhten Kostenbetrag ermittelt (Faktum I.1.5.).

Im Zuge des in Rede stehenden Zivilprozesses hat der Beschuldigte überdies trotz des Umstands, daß er seitens seiner ehemaligen Mandantin E M von seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden worden war, mit dem Schriftsatz vom 12.4.1984 Unterlagen vorgelegt, die Tatsachen enthalten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Anwalt der E M bekannt geworden sind, wobei diese Tatsachen für den Honorarstreit ohne Bedeutung waren (Faktum I.1.6.).

2. Bei der disziplinarrechtlichen Beurteilung lastete der Disziplinarrat dem Beschuldigten zu I.1.1. an, daß er seiner Klientin die von ihm am 5.11.1981 verfaßte Honorarnote erst am 29.7.1983 (zu Handen ihres nunmehrigen Rechtsvertreters Dr. J) und nicht sogleich vor Überweisung des Honorars von nahezu 900.000 S zur Kenntnis brachte. Zu I.1.2. beurteilte der Disziplinarrat die am 1.6.1983 vom Beschuldigten in Auftrag gegebene Überweisung von 154.552,35 sfr auf sein eigenes Kanzleikonto als grob disziplinär, weil zu diesem Zeitpunkt sämtliche dem Beschuldigten erteilten Vollmachten bereits widerrufen gewesen sind und der Beschuldigte ohne jede Ermächtigung gehandelt hat. Die Überweisung sei, selbst wenn man der - vom Disziplinarrat indes als widerlegt erachteten - Verantwortung des Beschuldigten folge, daß die 152.000 sfr für die Errichtung einer Stiftung gewidmet gewesen seien, nicht zu rechtfertigen, weil das Vollmachtsverhältnis bereits aufgelöst gewesen ist. Die Verweigerung der Herausgabe der 499 Aktien (I.1.3.) sei weder durch §19 RAO noch durch §16 RL-BA gedeckt:

§19 RAO bezieht sich nur auf Barschaften, nicht auf Wertpapiere, und §16 RL-BA verpflichtet den Rechtsanwalt, bei Beendigung der Vertretungstätigkeit alle Unterlagen, Vermögenswerte usw herauszugeben. Der Beschuldigte könne sich im gegebenen Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf ein Retentionsrecht berufen. Zu I.1.4. führte der Disziplinarrat aus, daß ein Pauschalhonorar eine entsprechende Vereinbarung mit dem Klienten zur Voraussetzung hat; hinsichtlich der Angelegenheiten

S Holding S.A. und Stiftungsgründung hat aber der Beschuldigte nicht einmal versucht, die Vereinbarung eines Pauschalhonorars nachzuweisen. Da das von ihm in Rechnung gestellte Pauschalhonorar bestritten wurde, wäre es seine Pflicht gewesen, seine Kostennote entsprechend aufzuschlüsseln. Der diesbezüglichen Aufforderung ist er aber nicht nachgekommen, wofür er disziplinarrechtlich hafte. Zu I.1.5. wird dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht, daß er ein wesentlich überhöhtes Honorar für seine Tätigkeit verlangt hat; da die Differenz zwischen dem vom Sachverständigen als angemessen bezeichneten Honorar und dem vom Beschuldigten verzeichneten Honorar mehr als 1 Mio S beträgt, liege in dieser exzessiven Kostenberechnung eine grobe Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Rechtsanwaltsstandes. Zu I.1.6. schließlich führt der Disziplinarrat aus, daß es zwar richtig sei, daß dem Anwalt Gelegenheit gegeben werden muß, im Rahmen des Honorarprozesses seine Ansprüche zu beweisen. Dies entbinde ihn jedoch nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht. Diese Verschwiegenheitspflicht sei vorliegend zumindest durch die Vorlage der Vermögensübersicht, betreffend die Verlassenschaft nach E M, sowie der Übersicht der Führung der Konto der Genannten verletzt worden, weil die Vorlage dieser Urkunden für den Honorarprozeß ohne Bedeutung gewesen ist.

3. Die Ausführungen der Berufung zu Punkt I.1. des Schuldspruchs sind, soweit sie sich gegen die Feststellungen des Disziplinarrates wenden, nicht geeignet, Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Disziplinarrates zu wecken.

Zu I.1.1. hat der Disziplinarrat überzeugend und im Einklang mit den Verfahrensergebnissen dargelegt, aus welchen Erwägungen er als erwiesen angenommen hat, daß der Beschuldigte seine am 5.11.1981 verfaßte Kostennote über 869.399,91 S seiner Klientin E M nicht schon im November 1981 zur Kenntnis gebracht hat, sondern erst am 29.7.1983 seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachgekommen ist (S 35 f des Erkenntnisses). Für die Richtigkeit dieser Konstatierung spricht, daß nicht einsichtig wäre, warum E M die Honorarnote erst nach dem 29.7.1983 rügte und erst nach diesem Zeitpunkt dem Beschuldigten die umfassenden Vollmachten kündigte, wenn ihr, wie dies der Beschuldigte behauptet, die Kostennote, mit welcher sie nicht einverstanden war, schon im November 1981 bekannt geworden sein soll. Dazu kommt, daß auch die Notizen des Beschuldigten gegen seine Darstellung sprechen. So gesehen gewinnt aber die Bekundung der E M vor dem Landgericht in Vaduz, auf welche sich der Disziplinarrat stützt, nämlich daß sie vom Beschuldigten nie irgendeine Spesennote erhalten habe, durchaus hinreichende Beweiskraft.

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen hat der Beschuldigte aber die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes zu verantworten, weil er - im Widerspruch zur gefestigten Standesauffassung - seine Mandantin nicht sogleich, sondern erst rund eineinhalb Jahre verspätet über das von ihm in Rechnung gestellte Honorar, dessen Überweisung auf sein Konto er bereits Anfang Dezember 1981 verfügt hatte, informierte. Das bezügliche disziplinäre Verhalten endete solcherart erst mit 29.7.1983,weshalb die absolute Verjährungsfrist des §2 Abs5 DSt 1990, auf die im Hinblick auf ArtV Z5 BGBl 1990/474 Bedacht zu nehmen wäre, nicht abgelaufen ist.

Zu I.1.2. und I.1.3. bekämpft die Berufung den Schuldspruch mit dem Einwand, E M habe dem Beschuldigten am 31.3.1983 den unwiderruflichen Auftrag erteilt, in Wien eine Stiftung zum Angedenken an sie und an ihren verstorbenen Ehemann zu errichten, wobei die bei der Schweizerischen Kreditanstalt behobenen 152.000 sfr sowie die 499 S-Aktien als Stiftungsvermögen bestimmt gewesen seien; er sei daher berechtigt, ja verpflichtet gewesen, diese Vermögenswerte an sich zu nehmen und dem Zugriff der Rechtsnachfolgerin nach E M zu entziehen.

Der Disziplinarrat ist jedoch dieser Verantwortung des Beschuldigten nicht gefolgt. Er hat ausdrücklich festgestellt, daß E M mehrfach den Wunsch geäußert hat, eine solche Stiftung zu gründen, daß es jedoch zu keiner konkreten Einigung über den Stiftungsnamen und das Stiftungsvermögen gekommen ist, weshalb sie dem Beschuldigten auch keine Aufträge zur Widmung von Teilen ihres Vermögens für die beabsichtigte Stiftung erteilt hat. Dabei konnte sich der Disziplinarrat auf die Aussage der E M vor dem Landgericht in Vaduz stützen. Dazu kommt, daß das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschuldigten und E M am 5.5.1983 beendet, die Überweisung des Betrages von 154.552,35 sfr auf das Konto des Beschuldigten jedoch erst am 1.6.1983 vom Beschuldigten verfügt und die 499 Aktien erst an diesem Tag vom Beschuldigten aus ihrem bisherigen Depot verbracht wurden. Der Schilling-Gegenwert des sfr-Betrages wurde schließlich erst am 2.12.1983 bei Gericht hinterlegt.

Da sohin ein Auftrag seitens E M zur Stiftungsgründung nicht vorlag, ist der bezüglichen Berufungsargumentation der Boden entzogen. Wenn der Berufungswerber meint, er sei nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen, die in Rede stehenden Vermögenswerte dem Zugriff der Rechtsnachfolgerin der E M, nämlich der H M M-Stiftung, zu entziehen, übersieht er, daß E M noch kurz vor ihrem Tod (28.1.1984) die H M M-Stiftung errichtet und zur alleinigen Erbin ihres gesamten Vermögens bestimmt hat. Es genügt in diesem Zusammenhang, auf die ausführliche Begründung des rechtskräftigen Urteils des Fürstlich Liechtensteinischen Landgerichts vom 28.1.1988 zu 5 C135/84 zu verweisen, das sich ausführlich und überzeugend mit den Fragen der vom Beschuldigten behaupteten Stiftungsgründung und Vermögenswidmung auseinandersetzt (Seiten 36 ff). Daß der Beschuldigte in der Folge in Wien die Stiftung 'E & H M M Stiftung' gründete, die von der MA 62 am 3.Juli 1989 für zulässig erklärt wurde, steht zu den Konstatierungen des Disziplinarrates, wonach seitens E M kein Auftrag zur Gründung dieser Stiftung vorlag, keineswegs in unlösbarem Widerspruch. War doch zu diesem Zeitpunkt sowohl das vorliegende Verfahren bereits anhängig als auch das zitierte Urteil des Landgerichts Vaduz schon ergangen, sodaß der Verdacht, es habe sich bei der Stiftungsgründung bloß um einen nachfolgenden Rechtfertigungsversuch gehandelt, nicht von der Hand zu weisen ist.

Auf der Basis der getroffenen Feststellungen entspricht die disziplinarrechtliche Beurteilung des zu I.1.2. und I.1.3. konstatierten Sachverhalts gefestigter Standesauffassung. Ergänzend zu den Erwägungen des Disziplinarrates ist noch anzuführen, daß der Beschuldigte durch sein Verhalten insbesondere auch die ihm gemäß §9 Abs1 RAO obliegende Treuepflicht gegenüber seiner Partei verletzt hat. Eine Verrechnung von Kostenansprüchen mit eingegangenen Barschaften darf ein Rechtsanwalt nur dann vornehmen, wenn der Klient damit einverstanden ist; andernfalls hat der Rechtsanwalt nur die Wahl, den strittigen Betrag sofort bei Gericht zu erlegen oder an den Klienten auszuzahlen.

Auch der Schuldspruch zu I.1.2. und I.1.3. war sohin zu bestätigen.

Zu I.1.4. ist für den Berufungswerber mit seiner Argumentation, er habe die Forderungen aus den Pauschalhonorarnoten niemals geltend gemacht, nichts gewonnen. Genug daran, daß er die beiden Honorarnoten gelegt und sie trotz mehrmaliger Aufforderung nicht aufgegliedert hat, wobei der Beschuldigte den Abschluß einer Vereinbarung über ein Pauschalhonorar nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen hat. Mangels einer solchen Vereinbarung war er aber nach gefestigter Standesauffassung verhalten, die beiden Honorarnoten aufzugliedern.

Den Schuldspruch zu I.1.5. bekämpft der Beschuldigte mit dem Einwand, der Disziplinarrat hätte vor Abschluß des anhängigen Honorarprozesses über die Angemessenheit seines klageweise geltendgemachten Honoraranspruchs nicht entscheiden dürfen. Entgegen diesem Einwand ist der Disziplinarrat im Disziplinarverfahren sehr wohl befugt, über die Angemessenheit eines geforderten Honorars zu befinden, auch wenn darüber ein Zivilprozeß anhängig ist. Anhand der Ergebnisse dieses Zivilprozesses, wie sie sich im Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Erkenntnisses darstellten, durfte der Disziplinarrat bei dieser Beurteilung davon ausgehen, daß der Beschuldigte einen um rund 1 Mio S überhöhten Kostenanspruch geltendgemacht hat.

Wie die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission erhoben hat, wurde der Kostenprozeß inzwischen in allen Instanzen beendet. Aus dem Cg-Akt, dessen entscheidungswesentlicher Inhalt in der Berufungsverhandlung referiert wurde, geht hervor, daß der Beschuldigte in seiner Klage vom 6.2.1984 von der Beklagten Verlassenschaft nach E M (später: Erbin H M M Stiftung) aufgrund der Kostennote vom 30.6.1983 bzw 30.1.1984 für rechtsanwaltliche Vertretung in der Zeit vom 5.11.1981 bis 5.5.1983 den Betrag von 3,947.442,06 S sA forderte; der Betrag wurde in der Folge auf 3,774.902,60 S sA eingeschränkt. Die Beklagte bestritt das Begehren und wendete eine Gegenforderung von mindestens 700.000 S ein; außerdem machte sie Schadenersatzansprüche von 8.288,25 sfr und von 7.978,60 sfr geltend. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen stellte mit Urteil vom 22.2.1991, 25 Cg 27/84-81, die Forderung des Klägers mit 1,172.415 S als zu Recht und die Gegenforderung der Beklagten mit 24.495 S als zu Recht bestehend fest und sprach dem Kläger daher 1,147.920 S zu, während es das Mehrbegehren abwies. Das Oberlandesgericht Wien gab mit Urteil vom 21.1.1992, 11 R 156/91, beiden Berufungen gegen das Ersturteil nicht Folge. Der Oberste Gerichtshof gab schließlich der außerordentlichen Revision der Beklagten mit Urteil vom 29.9.1992, 4 Ob 541/92, teilweise Folge; er sprach aus, daß die Forderung des Klägers mit 492.146 S zu Recht und mit 3,280.756,06 S nicht zu Recht, die Gegenforderung der Beklagten mit 101.018,15 S zu Recht und mit 598.081,85 S nicht zu Recht besteht, ebenso nicht zu Recht bestehen die weiteren Gegenforderungen von 8.288,25 sfr und von 7.978,60 sfr. Die Beklagte wurde demgemäß schuldig erkannt, dem Kläger 392.327,85 S samt 4 % Zinsen seit 6.2.1984 zu zahlen, während das Mehrbegehren des Klägers von 3,382.674,75 S abgewiesen wurde.

Daraus folgt, daß der Beschuldigte - über die Annahme des Disziplinarrates hinaus - eine fast siebenfach überhöhte Kostenforderung gestellt und eingeklagt hat. Eine derartige Überhöhung widerspricht aber eklatant gefestigter Standesauffassung, ist demnach standeswidrig und disziplinär zu ahnden. Damit war auch der Schuldspruch zu I.1.5. zu bestätigen.

Was letztlich den Schuldspruch zu I.1.6. anlangt, so bezieht sich der Vorwurf ersichtlich darauf, daß der Beschuldigte im zitierten Honorarprozeß mit Schriftsatz vom 12.4.1984 die Beilagen 23 und 24 vorgelegt hat, nämlich die Kontoführungsübersicht betreffend Konten der E M (Blg 23) und die Vermögensübersicht der Verlassenschaft nach E M (Blg 24). Beide Urkunden waren ihm als Parteienvertreter der E M bekannt bzw anvertraut worden. Der Inhalt dieser Urkunden war für den Kostenprozeß ohne Bedeutung; ihre Vorlage erfolgte unter Bruch der dem Beschuldigten als Rechtsanwalt auferlegten, über die Dauer des Vertretungsverhälntisses hinaus wirksamen Verschwiegenheitspflicht, wofür der Beschuldigte disziplinär haftet. Da der Urkundeninhalt zur Durchsetzung des Klagsanspruches keineswegs offenbart werden mußte, stellt sich im gegebenen Zusammenhang die Problematik, ob ein Rechtsanwalt auch bei der Durchsetzung seines Kostenersatzanspruchs uneingeschränkt an die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gebunden ist, von vornherein nicht.

...

III. Zum Schuldspruch Punkt I.4. (D 262/85):

Nach den wesentlichen Feststellungen des Disziplinarrates mietete J B anfangs April 1984 vom Komitee zur Errichtung von Pensionistenwohnheimen eine Wohnung im Heim Hollbeingasse 12. Während einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Sachwalters des Genannten, P B, ließ das Komitee J B nach Lainz überstellen. P B protestierte nach seiner Rückkehr einerseits gegen diese Maßnahme und verlangte andererseits vom Komitee eine Abrechnung der Kaution und der seiner Meinung nach zuviel bezahlten Miete. Diese Abrechnung wurde P B durch den Beschuldigten als dem ständigen Vertreter des Komitees mit Schreiben vom 23.9.1985 erteilt. Die Abrechnung ergab ein Guthaben des P B von 7.535,07 S, wobei der Beschuldigte für seine Bemühungen eine Kostennote über 818,30 S legte, diesen Betrag sogleich vom Guthaben abzog und unter einem dem P B mitteilte, daß ihm der Betrag von 6.716,77 S gutgeschrieben werde, sobald er seine Bankverbindung bekannt gegeben habe und sein Einverständnis mit der Abrechnung mitteile. Gegen diese Vorgangsweise hat P B protestiert, die Abrechung nicht anerkannt und sich insbesondere gegen die Berechtigung des Beschuldigten, ihm Kosten zu verrechnen, gewendet. In der Folge kam es zwischen B und dem Komitee beim Bezirksgericht Favoriten zu einem Rechtsstreit, in dem die vom Beschuldigten verrechneten Kosten dem Komitee nicht zugesprochen worden sind. Eine vertragliche Verpflichtung oder sonstige Rechtsgrundlage, derzufolge der Beschuldigte berechtigt ist, von P B ein Honorar für die Abrechnung zu verlangen, konnte nicht festgestellt werden.

Zutreffend lastet der Disziplinarrat dem Beschuldigten an, gegenüber P B einen Anspruch geltendgemacht und durchzusetzen versucht zu haben, der ihm nicht zusteht, weil er ausschließlich für seine Mandantin, nämlich das Komitee zur Errichtung von Pensionistenwohnheimen, tätig geworden ist.

Dem hält die Berufung im wesentlichen nur entgegen, daß es sich bei dem in Rechnung gestellten Kostenbetrag von 818,30 S (und bei dem in einem weiteren Brief vom 8.10.1985 begehrten weiteren Betrag von 312,50 S) bloß um eine Geringfügigkeit handle. Damit wird aber der Vorwurf, gegen gefestigte Standesauffassung verstoßen zu haben, indem eine nicht zu Recht bestehende Forderung, mag sie auch an sich geringfügig gewesen sein, geltendgemacht wurde, nicht entkräftet. Dazu kommt, daß der Beschuldigte die Kosten als Abrechnungspost eines Guthabens nicht nur im vorhinein abzog (und nach Bestreitung dabei blieb), sondern sogar die Überweisung des restlichen Guthabens an B vom Anerkenntnis der Abrechnung (einschließlich des Kostenabzugs) abhängig machte.

Unter den gegebenen Umständen kann im vorliegenden Fall weder von einer geringen Schuld des Beschuldigten noch davon gesprochen werden, daß die Verfehlung keine oder bloß unbedeutende Folgen nach sich gezogen habe, womit eine Anwendung des §3 DSt 1990 ausschied, ganz abgesehen davon, daß das Gewicht der Schuld nicht völlig losgelöst von den übrigen dem Beschuldigten zur Last liegenden disziplinären Verfehlungen beurteilt werden kann.

IV. Zum Schuldspruch I.5. (D 186/86):

Zu den Punkten I.5.1. und I.5.2. hat der Disziplinarrat im wesentlichen folgendes konstatiert:

Am 18.9.1985 hat der Beschuldigte mit W L eine in einem Aktenvermerk festgehaltene Vereinbarung getroffen, derzufolge sich L gegenüber dem Beschuldigten verpflichtet, für die Abtretung der Hauptmietrechte an der Kanzleiwohnung 200.000 S zuzüglich 20 % USt, weiters für die Übernahme diverser Gegenstände weitere 200.000 S und schließlich innerhalb eines Jahres überdies 50.000 S zuzüglich 10 % USt an den Beschuldigten zu zahlen. Der Beschuldigte seinerseits verpflichtete sich zur Abtretungserklärung der Mietrechte hinsichtlich des in Rede stehenden Mietobjekts sowie zur Verwendung bei der Hausverwaltung, daß in den Mietvertrag für L einige von diesem gewünschte Klauseln aufgenommen werden.

W L zahlte sowohl 200.000 S zuzüglich 20 % USt als auch weitere 200.000 S; für die 50.000 S zuzüglich 10 % USt folgte er dem Beschuldigten ein Deckungsakzept aus. Bei Fälligkeit dieses Akzepts honorierte L dieses nicht, worauf der Beschuldigte beim Handelsgericht Wien die Wechselklage einbrachte. Dagegen erhob L Einwendungen. Bei der Erörterung des Grundgeschäfts berief sich der Beschuldigte auf eine Honorarvereinbarung mit dem Beklagten, deren Nichtvorliegen jedoch im Verfahren unter Beweis gestellt wurde.

Da ein gerichtlicher Sachverständiger des Dorotheums inzwischen den Wert der vom Beschuldigten übernommenen Gegenstände mit lediglich 24.250 S ermittelte, brachte W L am 29.1.1987 gegen den Beschuldigten beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Klage auf Rückzahlung des Betrages von 350.000 S ein, wobei er überdies vorbrachte, daß eine gesetzwidrige Ablöse vorliege. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, in dem sich der Beschuldigte verpflichtete, 100.000 S sowie als Kostenbeitrag 25.000 S an L zurückzuzahlen; Letzterer wiederum verpflichtete sich, die von ihm bei der MA 1 erfolgte Anzeige wegen verbotener Ablösezahlung zurückzuziehen.

Bei der rechtlichen Beurteilung ging der Disziplinarrat davon aus, daß nach den Feststellungen erwiesen sei, daß der Beschuldigte eine im Sinne des MietenG verbotene Ablöse verlangt hat, worin das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes zu erblicken sei. Dieses Vergehen verantworte der Beschuldigte aber auch deshalb, weil er gegenüber L und gegenüber dem Gericht wahrheitswidrig behauptete, die Wechselsumme sei aufgrund einer Honorarvereinbarung zu zahlen.

Das Berufungsvorbringen, es habe sich nicht um eine verbotene Ablöse gehandelt, er habe vielmehr 'auf Einkünfte verzichtet und habe Ablösezahlungen, die er seinem Vormieter behahlt habe, hereinzubekommen versucht', schlägt nicht durch: Der Verzicht auf (gesetzlich zulässige) Einkünfte kann nicht die Mietrechte betroffen haben, und der Umstand, daß der Beschuldigte seinem Vormieter eine Ablöse gezahlt hat, vermag der von ihm von L geforderten Ablöse nicht den Charakter einer verbotenen Ablöse zu nehmen. Verlangt ein Rechtsanwalt, wenngleich in eigener Sache, eine verbotene Ablöse und beschäftigt die Angelegenheit, wie vorliegend, die Behörde, so liegt in einem solchen gesetzwidrigen Verhalten eine Beeinträchtigung des Standesansehens, was gleichermaßen auch für das Fordern überhöhter Beträge für Einrichtungsgegenstände etc zutrifft; wird doch dadurch einem größen Kreis Außenstehender bekannt, daß ein Rechtswanwalt Verbotenes zu seinem Vorteil vereinbart hat (I.5.1.).

Gleichermaßen wird das Standesansehen aber auch durch unwahre Prozeßangaben eines Rechtsanwalts in eigener Sache beeinträchtigt, wie dies auf die unwahre Behauptung einer Honorarvereinbarung mit L zutrifft (I.5.2.). Wenn die Berufung dagegen ausführt, L habe die 50.000 S deshalb als Honorar deklariert haben wollen, weil er den Betrag dann besser steuerlich absetzen könne, gibt der Beschuldigte damit implicite das Scheingeschäft eines anwaltlichen Mandatsvertrages zu.

Damit ist auch der Schuldspruch zu I.5. zur Gänze zu bestätigen.

Soweit es die Punkte I.1. (I.1.1., I.1.2., I.1.3., I.1.4., I.1.5. und I.1.6.), I.4. und I.5. (I.5.1. und I.5.2.) betrifft, war der Berufung demnach nicht Folge zu geben.

V. Zur Strafneubemessung:

Infolge Aufhebung des Schuldspruchs zu I.2. war zugleich auch der erstinstanzliche Strafausspruch zu kassieren. Das bedeutet, daß für die verbleibenden Verfehlungen des Beschuldigten die verwirkte Disziplinarstrafe neu zu bemessen ist.

Bei der Strafneubemessung wertete die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission als erschwerend die Mehrzahl der dem Beschuldigten zur Last liegenden Verfehlungen und die zum Teil zweifache Qualifikation, als mildernd hingegen die bisherige disziplinäre Unbescholtenheit (auf die Vorverurteilung zu D 56/89 ist vorliegend im Sinne der §§31, 40 StGB Bedacht zu nehmen, sodaß sie nicht als Vorstrafe zu werten ist) und den Umstand, daß jedenfalls einzelne Verfehlungen bereits viele Jahre zurückliegen.

Vor allem die unter Punkt I.1. beschriebenen Verfehlungen wiegen entsprechend schwer; sie charakterisieren die Schuld des Beschuldigten als gravierend, wozu kommt, daß einzelne Verfehlungen während des bereits anhängigen Disziplinarverfahrens fortgesetzt wurden. Gerade weil der Beschuldigte selbst hervorhebt, daß zwischen ihm und E M ein Verhältnis besonderen Vertrauens, wie zuvor schon zu ihrem Ehemann, bestand, stellen die zu ihrem Nachteil begangenen Verfehlungen einen groben Vertrauensmißbrauch dar. Zu alldem kommen die weiteren Verfehlungen; mögen sie als solche auch nicht so schwer wiegen wie jene im Komplex M, so lassen sie doch erkennen, daß der beschuldigte Rechtsanwalt, sei es als Parteienvertreter, sei es in eigener Sache, dazu neigt, immer wieder Standesvorschriften und Standespflichten zu negieren.

Die Schwere der Schuld des Beschuldigten erfordert daher eine entsprechend strenge Disziplinarstrafe als schuldangemessene Reaktion auf sein gehäuftes Fehlverhalten, wobei allerdings auf die Vorverurteilung vom 9.4.1991, rechtskräftig seit 8.3.1993, in sinngemäßer Anwendung des §§31, 40 StGB (§16 Abs5 DSt 1990) Bedacht zu nehmen ist. Nach Ansicht der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission kann diese schuldangemessene Reaktion nur in der Verhängung der Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Dauer von 6 Monaten, worauf auch die erste Instanz erkannt hat, bestehen, zumal der Umstand, daß in einem Faktum ein Freispruch erfolgte, die Strafzumessungsschuld des Beschuldigten nur unwesentlich mindert. Dabei war die verwirkte Disziplinarstrafe als Zusatzstrafe auszusprechen. Da gemäß §16 Abs3 DSt 1990 neben der Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft auch eine Geldbuße verhängt werden darf, steht der Umstand, daß im Vorverfahren auf eine Geldbuße erkannt wurde, der Verhängung der ausgesprochenen Sanktion als Zusatzstrafe schon deshalb nicht entgegen, weil auch bei gemeinsamer Aburteilung aller Verfehlungen auf beide Sanktionen erkannt werden könnte."

1.4. Dagegen richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, namentlich im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, geltend gemacht und die Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

Der Beschwerdeführer begründet dies wie folgt:

"1. Zu Faktum 1.1 wurde im Rahmen des angefochtenen Erkenntnisses das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz im Sinne des Art7 B-VG verletzt.

Einer Verurteilung nach §2 DSt muß zugrunde liegen, daß sie wegen einer Verletzung von Berufspflichten oder wegen eines Verstosses gegen Ehre und Ansehen des Standes erfolgt, die sich aus gesetzlichen Regelungen oder aus verfestigten Standesauffassungen ergeben, die in einer dem Klarheitsgebot entsprechenden Bestimmtheit, wofür insbesondere den Richtlinien und der Standesjudikatur Bedeutung zukommt, feststehen.

Zu dem bezeichneten Faktum erfolgte entgegen ständiger disziplinarrechtlicher Judikatur eine Verurteilung wegen angeblicher Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes.

Im Rahmen des angefochtenen Erkenntnisses wird gegen die ständige Judikatur, daß alle mit Honorarfragen zusammenhängenden Disziplinarvergehen niemals Berufspflichtenverletzungen sein können, weil der Anwalt bei Geltendmachung seines Honorars (Kosten) in 'eigener Sache' tätig wird (vgl. Anwaltsblatt 1991, Seite 712) (gemeint offensichtlich: verstoßen).

Die Überweisung des Betrages von S 869.399,91 als restlicher Kostenbetrag aus einer Kostennote vom 05.11.1981 war einerseits durch die festgestelltermassen vorgelegene Generalvollmacht mit Selbstkontrahierungsbefugnis vom 06.11.1981 gedeckt und darüber hinaus, wenn überhaupt, lediglich ein mit Honorarfragen zusammenhängendes Disziplinarvergehen, welches keine Berufspflichtenverletzung begründet.

Das Wesen einer Generalvollmacht, welche über übliche und gebräuchliche Umfänge einer Anwaltsvollmacht weit hinausgeht, stellt unter anderem einen Verzicht auf ansonsten einzuhaltende Regeln des Abrechnungswesens und des Berichtswesens dar und stellt dementsprechend die inkriminierte Vorgangsweise des Generalbevollmächtigten weder eine Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes und schon gar keine Berufspflichtenverletzung nach Ansicht des Beschwerdeführers dar.

Er ist daher durch die gegenständliche Verurteilung zu Faktum

1.1. in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz im Sinne des Art7 B-VG beeinträchtigt.

Zu Faktum 1.2 liegt gleichfalls keine Berufspflichtenverletzung vor, da nach Ansicht des Beschwerdeführers keine anwaltliche Tätigkeit vorgelegen habe, sondern der Beschwerdeführer aufgrund eines unwiderruflichen Stifterauftrages handelte, der von der am 05.05.1983 erfolgten Beendigung des Mandatsverhältnisses unberührt blieb.

Da die inkriminierten Verhaltensweisen zu Faktum 1.2 keine Berufspflichtenverletzung darstellen, wurde im Rahmen des angefochtenen Erkenntnisses der Beschwerdeführer in seinem aus Art7 B-VG erfließenden verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes beeinträchtigt.

Zu Faktum 1.3 hat der Beschwerdeführer an den 499 Sufa Aktien ein Retentionsrecht gem. §895 des Schweizer Zivilgesetzbuches ausgeübt.

Gleichheitswidrigerweise stehen sowohl der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien, wie auch die belangte Behörde, auf dem Rechtsstandpunkt, daß ein österreichischer Rechtsanwalt ein Retentionsrecht am Eigentum seines Mandanten nur im Rahmen des §19 RAO ausüben darf.

Eine derartig einschränkende Auslegung, wonach einem österreichischen Rechtsanwalt die Ausübung eines Retentionsrechtes gem. §895 des Schweizer Zivilgesetzbuches nicht wie jeder anderen Person zustehen würde, entbehrt jedweder Anspruchsgrundlage.

In diesem Sinne wurde auch zu Faktum 1.3 das verfassungsgesetzlich eingräumte Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz im Sinne des Art7 B-VG beeinträchtigt.

Die verfassungswidrige und gleichheitssatzwidrige Nichtzuerkennung dieses schweizerischen Retentionsrechtes durch die belangte Behörde und den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien war aber der Schlüssel zu all den existenziellen Weiterungen für den Beschwerdeführer.

Die zu Faktum 1.4 inkriminierte Unterlassung der Aufschlüsselung von gelegten Pauschalabrechnungen betrifft wiederum eine Frage der Honorarabrechnung, welche keine Berufspflichtenverletzung darstellt, da der Beschwerdeführer diesbezüglich ausschließlich in eigener Sache tätig war.

Mit der Subsumierung der zu 1.4 des angefochtenen Erkenntnisses inkriminierten Handlungsweise als Berufspflichtenverletzung wurde neuerlich gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte im Sinne des Art7 B-VG verstoßen.

Zu Faktum 1.1.5 ist grundsätzlich festzuhalten, daß es gefestigter Standesauffassung und der ständigen Judikatur in Disziplinarsachen entspricht, daß die Geltendmachung überhöhter Honoraransprüche eines Rechtsanwaltes mit Ehre und Ansehen des Standes unvereinbar ist.

Ebenso entspricht es ständiger Judikatur in Disziplinarsachen, daß nicht jede Überschreitung der Tarifansätze disziplinär ist, sondern nur eine wesentliche, welche insbesondere in vorgetäuschten oder zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendige Leistung erfaßt. Dem referierten Akteninhalt im Rahmen des Verfahrens 25 Cg 27/84 des Landesgerichtes für ZRS Wien ist insbesondere zu entnehmen, daß der oberste Gerichtshof im Rahmen seiner Entscheidung über die außerordentliche Revision der beklagten Partei in keiner Weise von lediglich vorgetäuschten bzw. zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendigen Leistungen spricht, sondern großteils unter Anwendung des §273 ZPO eine Honorarreduzierung vorgenommen hat.

Derartige Honorarkürzungen unter Anwendung des §273 ZPO sind für den die Kostennote erstellenden Rechtsanwalt ex ante in keiner Weise abschätzbar und können derartige Ansatzreduktionen der Kostennote kein standeswidriges Verhalten begründen, sodaß die belangte Behörde mit der Verurteilung zu Faktum 1.5 willkürlich vorgegangen ist.

Durch dieses willkürliche Verhalten der belangten Behörde, welches zu der Verurteilung zu Faktum 1.5 führte, wurde der Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen schwerst benachteiligt.

Darüber hinaus wurde durch die belangte Behörde im Rahmen der Neuausmittlung der Disziplinarstrafe willkürlich vorgegangen.

Der Schuldberufung des Beschwerdeführers wurde im Rahmen des angefochtenen Erkenntnisses teilweise Folge gegeben und erfolgte zu Faktum 1.2 ein Freispruch.

Nichtsdestotrotz wurde in willkürlicher Art und Weise im Rahmen der Strafneubemessung die gleiche Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Dauer von 6 Monaten verhängt, wie wohl zufolge Freispruches eines der Fakten weggefallen ist.

Durch diese Vorgangsweise wurde der Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen auf das Schwerste benachteiligt.

Das angefochtene Erkenntnis ist daher seinem gesamten Umfang nach zufolge Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet."

1.5. Die OBDK als belangte Behörde hat die Akten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer bringt gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften keine Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit vor. Auch aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes sind solche aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer wurde deshalb nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.2. Zu den behaupteten Vollzugsfehlern:

2.2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

2.2.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

2.2.3. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

2.2.4. Im vorliegenden Fall kann der belangten Behörde ein solcher Vorwurf jedoch nicht gemacht werden. Der Beschwerdeführer bekämpft im einzelnen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen und der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides. Diesem Vorbringen ist jedoch insgesamt zu erwidern, daß es allenfalls Verstöße gegen einfachgesetzliche Regelungen aufzeigt, aber nicht geeignet ist, einen in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler zu erweisen, zumal die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ausführlich begründet und nach der gegebenen Sach- und Rechtslage aus der Sicht des Gleichheitssatzes offenkundig jedenfalls vertretbare Entscheidungen getroffen hat. Der Beschwerdeführer unterläßt es auch, sich mit der ausführlich begründeten rechtlichen Würdigung des bekämpften Bescheides auseinanderzusetzen und bringt hauptsächlich Argumente vor, die bereits im Berufungsverfahren erfolglos geltend gemacht worden sind.

So ist dem Beschwerdeführer auf dem zu Faktum 1.1. erhobenen Vorwurf, die Behörde habe gleichheitswidrig gehandelt, entgegenzuhalten, daß die Behörde aufgrund eines sorgfältig durchgeführte Ermittlungsverfahrens schlüssig zu dem Ergebnis gekommen ist, der Beschwerdeführer habe ohne Legung einer Kostennote und ohne Wissen seiner Mandantin Gelder von ihr auf sein Konto transferiert. Daß von einem solchen Verhalten verfassungsrechtlich unbedenklich auf eine disziplinäre Verfehlung geschlossen werden kann, bedarf keiner näheren Begründung.

Zu Faktum 1.2. ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde das Vorliegen eines "unwiderruflichen Stifterauftrages" in jedenfalls vertretbarer Weise verneint hat.

Zu Faktum 1.3. sind die Ausführungen der Beschwerdeführer ebensowenig geeignet, das Vorliegen einer krassen Verkennung der Rechtslage bei der Beurteilung seines Verhaltens hinsichtlich des von ihm ins Treffen geführten Retentionsrechtes durch die belangte Behörde aufzuzeigen.

Ebenso sind die Ausführungen zu Faktum 1.4. und 1.5. nicht geeignet, ein willkürliches Verhalten der belangten Behörde darzutun: Die Feststellungen der Behörde in den entscheidungsrelevanten Fragen - der Nichtaufgliederung der Kostennote sowie die massive Überschreitung der Tarifsätze - werden in ihrer Richtigkeit vom Beschwerdeführer nicht einmal bestritten.

Schließlich kann auch in der Festsetzung des Strafausmaßes im Hinblick auf die qualifizierte Begründung keine Willkür iSd Art7 B-VG erblickt worden.

2.2.5. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof auch dann nicht zu prüfen, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 8309/1978, 10659/1985, 12915/1991).

2.2.6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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