Entscheidungsdatum
20.11.2020Norm
AsylG 2005 §8 Abs4Spruch
W227 1418132-4/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde des afghanischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30. Oktober 2020, Zl. 810624404/1296862, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom 7. Mai 2018, Zl. 810624404/1296862/BMI-BFA_STM_AST_01, erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2014, Zl. W193 1418132-1/32E, zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) von Amts wegen ab (Spruchteil I.), entzog ihm gemäß § 9 Absatz 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchteil II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG (Spruchteil III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchteil IV.), sprach aus, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchteil V.), setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen fest (Spruchteil VI.), stellte fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 10. März 2017 verloren habe (Spruchteil VII.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchteil VIII.).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde.
2. Am 9. September 2019 (Datum des Einlangens) stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte.
3. Am 29. September 2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung hinsichtlich der Beschwerde gegen den Bescheid vom 7. Mai 2018 (siehe oben Punkt 1.) in Anwesenheit des Vertreters des Beschwerdeführers statt. Der Beschwerdeführer erschien nicht. Im Anschluss an die Verhandlung verkündete die Richterin das nachfolgende Erkenntnis samt wesentlichen Entscheidungsgründen und erteilte die Rechtsmittelbelehrung:
„IM NAMEN DER REPUBLIK!
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass in Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides die Wortfolge „und Absatz 2 Ziffer 2“ zu entfallen hat sowie Spruchteil VII. des angefochtenen Bescheides zur Gänze zu entfallen hat.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Wesentliche Entscheidungsgründe
1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]
1.1. Der (zumindest) 25-jährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, stammt aus der Stadt Jalalabad, Provinz Nangarhar. Er ist gesund und arbeitsfähig; er leidet weder an Epilepsie noch an einer hinsichtlich Covid-19 relevanten Vorerkrankung. Er verfügt nach wie vor über Familienangehörige in Jalalabad. Er besuchte zwei Jahre lang die Grundschule in Afghanistan und arbeitete vor seiner Ausreise in einem Hotel. Bei einer Rückkehr würde er gerne ein Bekleidungsgeschäft betreiben (AS 636).
Nangarhar ist eine volatile Provinz Afghanistans, in der die Taliban und der ISKP aktiv sind und in der das Niveau an willkürlicher Gewalt ein hohes Ausmaß erreicht. In Jalalabad – die Hauptstadt der Provinz – besteht zwar auch ein hohes Maß an willkürlicher Gewalt, jedoch in geringerem Maße als im Rest der Provinz. Eine Rückkehr nach Jalalabad wäre für den Beschwerdeführer – unter Berücksichtigung seines dortigen bestehenden ausgeprägten familiären Netzwerkes – mit keiner ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden, weshalb ihm eine Rückkehr dorthin möglich wäre.
Alternativ steht es dem Beschwerdeführer auch offen, sich in der Stadt Mazar-e Sharif niederzulassen, in der das Niveau an willkürlicher Gewalt gering ist, die Versorgung der afghanischen Bevölkerung im Hinblick auf den Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung hinreichend gesichert und die über einen Flughafen über den Luftweg sicher und legal erreichbar ist. Hier wäre es dem Beschwerdeführer als gesunden, jungen und alleinstehenden Mann auch zumutbar, sich ohne familiäres Netzwerk niederzulassen (vgl. etwa VwGH 20.08.2020, Ra 2020/19/0239).
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach straffällig (Strafregisterauszug vom 25. September 2020):
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-West vom 21. Mai 2015, 19 U 27/2014b, rechtskräftig seit 26. Mai 2015, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je EUR 4,--, somit insgesamt EUR 280,--, verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 24. August 2015, 7 Hv 67/2015g, rechtskräftig seit 28. August 2018, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.
Mir Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 20. Juli 2016, 7 Hv 46/2016w, rechtskräftig seit 13. Dezember 2016, wurde der Beschwerdeführer wegen den Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, des Vergehens des unbefugten Besitzes einer verbotenen Waffe nach § 50 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz (WaffG) sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 26. April 2017, 9 Hv 129/2016s, rechtskräftig seit 3. Mai 2017, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-West vom 15. März 2018, 12 u 125/2017t, rechtskräftig seit 20. März 2018, wurde der Beschwerdeführer aufgrund des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 12. Juni 2019, 12 Hv 18/2019v, rechtskräftig seit 18. Juni 2019, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 1. März 2019, 191 Hv 3/2019d, rechtskräftig seit 20. November 2019, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall, Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer besuchte ein Jahr lang die Schule in Österreich. Ob er tatsächlich eine Verlobte hat, konnte nicht festgestellt werden (vgl. Auskünfte aus der Zentralen Melderegisterauskunft vom 25. September 2020), es kann jedoch dahingestellt bleiben.
1.2.1. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung dieses Schutzstatus (§ 8 Abs. 1 leg. cit.) nicht oder nicht mehr vorliegen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG die Konstellation, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat. § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG betrifft hingegen jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rn. 77; 14.08.2019, Ra 2016/20/0038, Rn. 32; 17.10.2019, Ro 2019/18/0005, Rn. 17). Die Heranziehung des zweiten Tatbestandes des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG setzt voraus, dass sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG (die nur im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf) geändert hat (vgl. dazu etwa VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353, m.w.N.). Nicht jede Änderung des Sachverhalts rechtfertigt allerdings die Aberkennung des subsidiären Schutzes. Eine maßgebliche Änderung liegt unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben von Art. 19 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) vielmehr nur dann vor, wenn sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass ein Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0381, Rn. 13f).
Dem Beschwerdeführer wurde aufgrund seiner angeblichen Epilepsie (sie ist medizinisch nicht belegt), eines angeblich (seine Angaben stellten sich als falsch heraus) mangelnden familiären Netzwerkes in Afghanistan, unzureichender Versorgung mit Nahrung, Wohnraum sowie unzureichender medizinischer Versorgung und des Umstandes, dass eine staatliche Unterstützung von Rückkehrern in Afghanistan sehr unwahrscheinlich sei, – offenbar zu Unrecht – subsidiärer Schutz zuerkannt.
Da der junge Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist (und dies immer war), über ein ausgeprägtes familiäres Netzwerk in Afghanistan (nach wie vor) verfügt sowie die Versorgungslage – zumindest in der Stadt Mazar-e Sharif – hinreichend gesichert ist und Rückkehrer sowohl von staatlicher als auch diversen Organisationen unterstützt werden, liegen hier beide Tatbestandsvarianten des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG (vgl. auch VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0173). Weiters droht dem Beschwerdeführer, der keiner Risikogruppe angehört, aus der Covid-19 Pandemie in Mazar-e Sharif kein „real risk“ einer Situation gemäß Art. 3 EMRK (vgl. etwa VwGH 20.08.2020, Ra 2020/19/0239).
Damit erübrigt sich, ob auch § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG erfüllt ist, weshalb Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides dahingehend abzuändern ist, dass die Wortfolge „und Absatz 2 Ziffer 2“ zu entfallen hat.
1.2.2. Da dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen war, erfolgte der Entzug der Aufenthaltsberechtigung nach § 9 Abs. 4 AsylG zu Recht.
1.2.3. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
1.2.4. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellt keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf ein Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 EMRK dar. Dem öffentlichen Interesse der Verhinderung von Straftaten kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zu (vgl. bspw. VwGH 07.07.2020, Ra 2020/20/0231). Ein allfällig in Österreich bestehendes Familien- bzw./und Privatleben des Beschwerdeführers vermag keinesfalls das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers aufzuwiegen (vgl. etwa VwGH 25.04.2019, 2019/19/0114).
1.2.5. Da die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiären Schutz nach § 8 Abs. 1 AsylG nicht erfüllt sind und – wie bereits mit Bescheid des BFA vom 4. September 2010 rechtskräftig festgestellt – kein Sachverhalt nach § 3 AsylG vorliegt, war gemäß § 52 Abs. 9 FPG festzustellen, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Da auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht, steht § 50 Abs. 3 FPG der Zulässigkeit der Abschiebung nicht entgegen.
1.2.6. Die Erlassung eines befristeten Einreiseverbotes in der Dauer von fünf Jahren nach § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Z 1 FPG erfolgte zu Recht, weil der Beschwerdeführer zu einer unbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten sowie mehrfach wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Handlungen rechtskräftig verurteilt wurde. Auch die Festsetzung von fünf Jahren erfolgte im Sinne des Gesetzes, weil aus der Tatsache, dass er Beschwerdeführer in relativ kurzen zeitlichen Abständen wiederholt Straftaten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, beging (zweimalige Verurteilung wegen Suchtmitteldelikte, dreimalige Verurteilung wegen Körperverletzung, dreimalige Verurteilung wegen Sachbeschädigung), eine Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und damit eine nicht unerhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abzuleiten ist (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; 20.12.2016, Ra 2016/21/0109)
1.2.7. Spruchteil VII. des angefochtenen Bescheides hat hingegen zu entfallen, weil es sich beim Beschwerdeführer nicht um einen Asylwerber, sondern um einen subsidiär Schutzberechtigten handelt. § 13 AsylG ist daher nicht anzuwenden.
2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B.)]
Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen ist sowie eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.“
4. Am 19. Oktober 2020 erließ das Bundesverwaltungsgericht die gekürzte Urteilsausfertigung.
5. Am 30. Oktober 2020 stellte der Beschwerdeführer einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Verhandlung vom 29. September 2020.
6. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. September 2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ab.
7. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher zusammengefasst vorgebracht wird:
Der Beschwerdeführer habe einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt, weil er nicht in Kenntnis eines Ladungstermins gewesen sei. Er sei mittlerweile Vater eines Kleinkindes gemeinsam mit seiner (türkischen) Lebensgefährtin und sei „sprachlich“ im Bundesgebiet integriert. Auch sei das BFA nicht auf die aktuelle Covid-19-Situation im Herkunftsland des Beschwerdeführers eingegangen; dazu werde die Einholung eines länderkundigen Sachverständigengutachtens beantragt.
8. Mit Beschluss vom 13. November 2020, Zl. W227 1418132-3/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 30. Oktober 2020 als unzulässig zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Mit Bescheid vom 7. Mai 2018, Zl. 810624404/1296862/BMI-BFA_STM_AST_01, erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2014, Zl. W193 1418132-1/32E, zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen ab, entzog ihm gemäß § 9 Absatz 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, sprach aus, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen fest, stellte fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 10. März 2017 verloren habe und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot.
Am 9. September 2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte ein.
Die gegen den Bescheid vom 7. Mai 2018 erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündeten Erkenntnis vom 29. September 2020 ab.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]
3.1.1. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Gemäß § 9 Abs. 4 AsylG ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.
3.1.2. Beim Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und beim Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung handelt es sich um unterschiedliche Verfahren – auch wenn diese Verfahren unter einem entschieden werden können (siehe VwGH 30.10.2019, Ro 2019/14/0007, m.w.N.).
Der Gesetzgeber gibt mit der Anordnung des § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG, demzufolge die Aufenthaltsberechtigung nach einem Antrag des Fremden auf Verlängerung, wenn der Antrag vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, weiter besteht, zu erkennen, dass grundsätzlich – (wenn auch) eingeschränkt auf den Fall der rechtzeitigen Antragstellung – erst mit der dem Antrag nicht Folge gebenden Entscheidung der Verlust der Aufenthaltsberechtigung eintreten soll (vgl. wieder VwGH 30.10.2019, Ro 2019/14/0007). Die Entscheidung über den Verlängerungsantrag hat somit für vorangegangene Zeiträume keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des subsidiär Schutzberechtigten. Selbst im Fall, dass eine rechtskräftige negative Entscheidung über den (rechtzeitig gestellten) Verlängerungsantrag erginge, wäre von dem Fortbestehen der zuvor erteilten Aufenthaltsberechtigung bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen negativen Entscheidung auszugehen (vgl. VwGH 17.12.2019 Ra 2019/18/0281).
3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Wie festgestellt erwuchs am 29. September 2020 (aufgrund der mündlichen Verkündung) der Entzug der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers in Rechtskraft. Damit ist von keinem Fortbestehen einer zuvor erteilten Aufenthaltsberechtigung für den Beschwerdeführer auszugehen.
Folglich ist der Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers vom 9. September 2019 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abzuweisen.
Dem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen:
Den Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 30. Oktober 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. November 2020, Zl. W227 1418132-3/2E, als unzulässig zurück (siehe Punkt I.8.).
Weiters handelt es sich – wie oben ausgeführt – beim Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und beim Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung um unterschiedliche Verfahren. Das hier vorliegende Verfahren betrifft (daher nur) den Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers vom 9. September 2019. Abgesehen davon wurde auf die Covid-19-Situation in der mündlichen Verhandlung am 29. September 2020 und in der mündlichen Verkündung ausführlich eingegangen (siehe Punkt I.3.). Dasselbe betrifft das behauptete Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers. Dazu wurde festgehalten, dass aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers (zweimalige Verurteilung wegen Suchtmitteldelikte, dreimalige Verurteilung wegen Körperverletzung, dreimalige Verurteilung wegen Sachbeschädigung) sein (allfällig) in Österreich bestehendes Familien- und Privatleben keinesfalls das öffentliche Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung aufzuwiegen vermag (siehe wieder Punkt I.3.).
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).
3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier der Verlängerungsantrag abzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung VerlängerungsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W227.1418132.4.00Im RIS seit
22.01.2021Zuletzt aktualisiert am
22.01.2021