TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/12 L527 2233487-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.2020
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Entscheidungsdatum

12.08.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs5
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18 Abs1 Z6
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L527 2233487-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2020, Zahl XXXX :

I. den Beschluss gefasst:

A) Soweit die Beschwerde die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

B) Soweit die Beschwerde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II und III des angefochtenen Bescheids wird als unbegründet abgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und Spruchpunkt IV wird ersatzlos behoben.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, reiste Anfang Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 02.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer in XXXX . Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nahmen den Beschwerdeführer fest.

Am 02.06.2020 vernahmen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer ein. Der Beschwerdeführer gab an, nach Österreich gereist zu sein, um arbeiten zu können. Er habe wirtschaftliche Probleme in seinem Heimatland und wolle in Österreich arbeiten und seine Familie unterstützen. Er habe keine Probleme mit Behörden im Heimatland zu befürchten; es gebe keine Hinweise, dass ihm bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde.

Mit Bescheid vom 02.06.2020 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) über den Beschwerdeführer die Schubhaft.

Mit Bescheid vom 03.06.2020 erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG). Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel.

Am 05.06.2020 beantragte der Beschwerdeführer unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe. Am selben Tag lehnte die Behörde die Übernahme der Heim- bzw. Ausreisekosten für den Beschwerdeführer ab.

Am 18.06.2020 – während der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung am darauffolgenden Tag gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund bzw. als Befürchtungen für den Fall der Rückkehr in seine Heimat an, dass er und seine Familie Angehörige der Bangladesh Nationalist Party (BNP) seien. Es gebe noch eine andere Partei, die Awami League (AL). Diese habe ihnen mit dem Umbringen gedroht und eine Falschanzeige eingebracht. Wenn er nach Bangladesch zurückkehre, könne es sein, dass sie ihn umbringen werden. Sein Vater sei untergetaucht, weil dieser Angst habe, umgebracht zu werden.

Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

In der behördlichen Einvernahme am 29.06.2020 nach den Gründen, aus denen er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gefragt, behauptete der Beschwerdeführer, dass er politische Gründe habe. Die AL sei momentan an der Macht und habe ihn bedroht, geschlagen sowie falsch beschuldigt. Er sei bei der BNP gewesen und die AL-Mitglieder haben gewollt, dass er zu ihnen wechsle. Sie haben auch gesagt, dass er sie damals ebenso bedroht habe, als die BNP an der Macht war, dies stimme aber nicht.

In einer weiteren – nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters durchgeführten – behördlichen Einvernahme am 15.07.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass die im Rahmen der ersten Einvernahme gemachten Angaben richtig seien und er diese aufrechterhalte. Der Beschwerdeführer brachte keine Korrekturen und auch keine Ergänzungen vor.

Die belangte Behörde gelangte zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen müssen, weil er von Mitgliedern der AL bedroht, geschlagen und falsch beschuldigt worden sei, nicht gefolgt werden könne. Mit dem angefochtenen Bescheid wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III) und erkannte der Beschwerde gestützt auf § 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer in vollem Umfang die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Beschwerde langte samt unvollständigem Akt am 29.07.2020 beim Bundesverwaltungsgericht (Wien) ein. Nach mehrfachen Urgenzen bei der Behörde durch das Bundesverwaltungsgericht lagen am 07.08.2020 schließlich alle relevanten Akten(bestandteile) der Gerichtsabteilung L527, Außenstelle Linz, vor, wovon die Behörde am 10.08.2020 verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zum bisherigen Verfahren:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren; seine Identität steht nicht fest. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger, männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch. Er gehört der moslemischen Glaubensgemeinschaft an. Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren psychischen oder physischen Störungen und auch nicht an schweren Krankheiten, er ist gesund. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX , Division XXXX , Bangladesch, geboren und besuchte in seinem Herkunftsstaat elf Jahre die Grundschule. Danach half er in der Landwirtschaft seiner Familie. Seine Familie kam für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers auf. Familienangehörige, namentlich jedenfalls die Eltern des Beschwerdeführers und seine Schwester, leben nach wie vor in Bangladesch, konkret im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Division XXXX , wo auch der Beschwerdeführer wohnhaft war bzw. seinen Lebensmittelpunkt hatte.

Der Beschwerdeführer beherrscht Bengali, die Amtssprache seines Herkunftsstaats, in Wort und Schrift.

Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat ca. im Jänner 2017 – ein genau(er)es Datum kann nicht festgestellt werden – legal und reiste in den Oman, wo er sich mehrere Monate lang aufhielt. Nach mehrmonatigen Aufenthalten im Iran, in der Türkei und in Griechenland, der Durchreise durch Mazedonien und einem mehrmonatigen Aufenthalt in Serbien reiste er Anfang Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 02.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer in XXXX . Sie nahmen ihn fest und vernahmen ihn ein. Mit Bescheid vom 02.06.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer die Schubhaft.

Mit Bescheid vom 03.06.2020, Zahl XXXX , erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG). Der Beschwerdeführer erhob kein Rechtsmittel, der Bescheid ist rechtskräftig.

Am 05.06.2020 beantragte der Beschwerdeführer unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe. Am selben Tag lehnte die Behörde die Übernahme der Heim- bzw. Ausreisekosten für den Beschwerdeführer ab.

Am 18.06.2020 – während der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde nicht zugelassen.

Im Hinblick auf (allfällige) private und familiäre Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich ist seit der Erlassung des Bescheids vom 03.06.2020, Zahl XXXX , keine Änderung der Sachlage eingetreten: Der Beschwerdeführer verfügt nicht einmal über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Er hat keine Deutschkurse besucht, ist nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich und ging und geht hier weder ehrenamtlicher/gemeinnütziger Arbeit noch Erwerbsarbeit nach. Er befindet sich seit 02.06.2020 in (Schub-)Haft. Der Beschwerdeführer hat weder in Österreich noch in anderen Mitgliedstaaten im Sinne des § 53 Abs 1 FPG Verwandte und führt weder hier noch dort eine Lebensgemeinschaft. Ebenso wenig unterhält der Beschwerdeführer in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat ausgeprägte oder enge freundschaftliche Beziehungen; es bestehen auch keine finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse. In Österreich lebt lediglich eine Bekannte des Beschwerdeführers.

1.2. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat Bangladesch keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt:

Namentlich war der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer liefe auch nicht ernstlich Gefahr, bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung drohen.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zum bisherigen Verfahren:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich großteils aus seinen insoweit weitgehend gleichbleibenden, nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben im Verfahren zur Erlassung des Bescheids vom 03.06.2020, Zahl XXXX , (OZ 15, S 23 ff) sowie des angefochtenen Bescheids (AS 45 ff, 87 ff, 149 ff), teils auch in Zusammenschau mit vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Bescheinigungsmitteln (OZ 17 [Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Abfrage Grundversorgung, Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, Auszug aus dem Strafregister, Abfrage SIS, Abfrage Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung]). Vgl. ferner die entsprechenden Feststellungen im Bescheid vom 03.06.2020, Zahl XXXX , (OZ 4, S 7 ff) den der Beschwerdeführer nicht bekämpfte, und die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid (AS 166 f), denen der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegentrat (AS 231 ff, insbesondere AS 234). Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht in der Folge noch näher ein:

Dass der Beschwerdeführer, wie er in der behördlichen Einvernahme am 29.06.2020 behauptete, im letzten Jahr vor seiner Ausreise im Distrikt XXXX (englisch: XXXX ) bei seinem Großvater gelebt habe (AS 90), ist nicht glaubhaft. Zum einen steht diese Aussage in engem inhaltlichem Konnex zum unglaubhaften Flucht-/Ausreisevorbringen (AS 90; vgl. unten unter 2.3.2.2.). Zum anderen geriet der Beschwerdeführer mit seiner Aussage in einen Widerspruch zu im Übrigen gemachten Angaben. So hatte er in der Erstbefragung ausschließlich das Dorf XXXX , Distrikt XXXX , als Wohnort genannt (AS 49) und angegeben, von seinem Wohnort aus im Jänner 2017 abgereist zu sein, um Bangladesch zu verlassen (AS 51). Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde explizit ausführt, er habe zuletzt im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , gelebt (AS 234). Dass sein Vater bereits vor der Ausreise des Beschwerdeführers das Elternhaus bzw. Dorf verlassen habe und schon seit Jahren nicht mehr dort lebe (AS 92), ist ebenso wenig glaubhaft. Abgesehen davon, dass die vorgebrachte Bedrohung durch die AL, aufgrund welcher der Vater das Haus verlassen habe, nicht glaubhaft ist (siehe unten unter 2.3.2.2.), hatte der Beschwerdeführer in der behördlichen Einvernahme zunächst angegeben, dass seine Familie im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , lebe (AS 90). Dass der Vater des Beschwerdeführers lediglich das Haus, nicht aber das Dorf verlassen haben sollte, wäre überdies im Falle einer tatsächlichen Bedrohung des Vaters nicht begreiflich.

Dass der Beschwerdeführer illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste, ist angesichts dessen, dass er kein (gültiges) Reisedokument vorweisen konnte, unzweifelhaft; vgl. ferner die Berichte der Landespolizeidirektion XXXX , vom 03.06.2020 (OZ 4, S 99 ff, 123 ff) und den Inhalt der Niederschrift vom 02.06.2020 (OZ 15, S 23 ff). Aufgrund der genannten Berichte war auch festzustellen, dass Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer am 02.06.2020 betraten und festnahmen. Der Schubhaftbescheid vom 02.06.2020, Zahl XXXX , ist im von der Behörde mit der Beschwerde vorgelegten Akt enthalten (AS 37 ff).

Der Bescheid vom 03.06.2020, Zahl XXXX , liegt dem Bundesverwaltungsgericht im Original vor (OZ 4, S 3 ff); der Beschwerdeführer übernahm diesen Bescheid am 03.06.2020 (OZ 4, S 1). Dass er gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel erhoben hätte, brachte der Beschwerdeführer nicht vor (vgl. insbesondere die gegenständliche Beschwerde, AS 231 ff) und ist auch sonst nicht ersichtlich (vgl. die Eintragung im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister [OZ 17], demnach sei der Bescheid in erster Instanz in Rechtskraft erwachsen; beim Bundesverwaltungsgericht war und ist auch kein Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid vom 03.06.2020, Zahl XXXX , anhängig [OZ 17]). Dass im Hinblick auf (allfällige) private und familiäre Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich seit der Erlassung des Bescheids vom 03.06.2020, Zahl XXXX , eine Änderung der Sachlage eingetreten wäre, ist den Angaben des Beschwerdeführers in den behördlichen Einvernahmen (vgl. insbesondere AS 89, 150) nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer behauptete auch in der gegenständlichen Beschwerde insoweit keine Änderungen der Sachlage (vgl. AS 231 ff). Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang überdies, dass sich der Beschwerdeführer seit 02.06.2020 durchgehend in (Schub-)Haft befindet (vgl. OZ 17) und unter diesen Umständen von vornherein kaum die Möglichkeit bestehen wird, ein ausgeprägtes Privatleben in Gestalt etwa intensiver legaler wirtschaftlicher Beziehungen, von Mitgliedschaften in hiesigen Vereinen oder von über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehenden persönlichen Beziehungen zu österreichischen Staatsangehörigen bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen zu entfalten.

Zum Antrag des Beschwerdeführers auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe und der Entscheidung der belangten Behörde kann auf die vorliegenden unbedenklichen Schriftstücke (OZ 15, S 31 ff) verwiesen werden. Der Beschwerdeführer unterfertigte den Antrag am 04.06.2020 und am 05.06.2020 wurde er an die Behörde gesendet (OZ 15, S 35, 38, 45). Zudem trat der Beschwerdeführer den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach sich der Beschwerdeführer zur freiwilligen Rückkehrhilfe angemeldet habe (AS 191), in der Beschwerde (AS 231 ff) nicht entgegen.

Wann der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz stellte, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert und gänzlich unstrittig (AS 45 ff). Dass das Verfahren nicht zugelassen wurde, folgt aus der dem Beschwerdeführer ausgehändigten Mitteilung gemäß § 28 Abs 2 AsylG 2005 (AS 85 f) in Zusammenschau mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheids und § 28 AsylG 2005.

2.3. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer am 02.06.2020 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes – in Absprache mit der belangten Behörde – einvernommen wurde (OZ 15, S 23 ff). Nachdem er am 18.06.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, fand am 19.06.2020 die Erstbefragung statt (AS 45 ff). Am 29.06.2020 (AS 87 ff) sowie am 15.07.2020 (AS 149 ff) wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen. Die Einvernahme am 15.07.2020 erfolgte nach einer Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters (AS 149 f).

Die Niederschriften über die Erstbefragung und die Einvernahmen liefern vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der jeweiligen Amtshandlung (§ 15 AVG) und konnten sowohl den Feststellungen als auch der Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden. Es gibt keine Hinweise auf allfällige Verständigungsschwierigkeiten, Unvollständigkeiten, Unregelmäßigkeiten oder sonstige Mängel oder darauf, dass der Beschwerdeführer nicht genug Zeit oder Gelegenheit gehabt haben könnte, sich ausführlich zu äußern (OZ 15, S 27; AS 57 ff, 88, 95, 150 f; vgl. insbesondere auch den Inhalt der Beschwerde AS 231 ff).

2.3.2. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen:

2.3.2.1. Nachdem ihn Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten und festgenommen hatten, wurde der Beschwerdeführer am 02.06.2020 einvernommen (OZ 15, S 23 ff). Dabei fragten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer zunächst unter anderem, wann er wieder in seinen Herkunftsstaat zurückkehren wolle. Der Beschwerdeführer erwiderte: „Wenn ich in Österreich legal sein kann, dann würde ich für den Besuch wieder zurückgehen.“ (OZ 15, S 25). Befragt nach dem Grund für seine Einreise und danach, wohin er wolle, gab der Beschwerdeführer an, er sei nach Österreich eingereist, um arbeiten zu können. Er möchte nach Wien. (OZ 15, S 25). Nach einer Unterbrechung stellten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts dem Beschwerdeführer ergänzende Fragen bzw. manche der bereits gestellten Fragen erneut (OZ 15, S 25 ff): Mit „Nein, keine.“ beantwortete der Beschwerdeführer die Frage, ob er in seinem Heimatland irgendwelche Probleme mit den Behörden zu befürchten habe (OZ 15, S 25). Erneut befragt, was der Grund seiner Einreise sei und wohin er wolle, erklärte der Beschwerdeführer, er habe wirtschaftliche Probleme in seinem Heimatland. Er wolle hier arbeiten und seine Familie unterstützen. Er wolle in Österreich bleiben und in kein anderes Land ziehen. Anschließend wieder gefragt, wann er wieder in seinen Heimatstaat zurückkehren wolle, gab der Beschwerdeführer an, dass er zurück nach Hause wolle, um seine Familie zu besuchen, wenn er die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und ein Visum habe. Danach wolle er wieder nach Österreich. Konkret darauf angesprochen, dass die belangte Behörde beabsichtige, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, und danach befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, sagte der Beschwerdeführer: „Nein, es sind nur wirtschaftliche Probleme.“ (OZ 15, S 27). Auf die Frage „Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen?“ entgegnete der Beschwerdeführer: „Nein, keine. Ich habe zu Hause viel für den Schlepper bezahlen müssen und habe Schulden gemacht. Diese will ich dann zurückzahlen.“ (OZ 15, S 27).

In der Erstbefragung am 19.06.2020 gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund bzw. als Befürchtungen für den Fall der Rückkehr in seine Heimat an, dass er und seine Familie Angehörige der politischen Partei namens BNP seien. Es gebe noch eine andere Partei, die Awami League. Diese habe ihnen mit dem Umbringen gedroht und eine Falschanzeige eingebracht. Wenn er nach Bangladesch zurückkehre, könne es sein, dass sie ihn umbringen werden. Sein Vater sei untergetaucht, weil dieser Angst habe, umgebracht zu werden. Der Beschwerdeführer verneinte die Fragen, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Bestrafung oder die Todesstrafe drohen würde bzw. ob er im Falle der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe. (AS 55)

In der behördlichen Einvernahme am 29.06.2020 vom Leiter der Einvernahme unter Bezugnahme auf das bereits ausgehändigte Informations-/Belehrungsblatt auf die Rechte und Pflichten (unter anderem Wahrheits- und Mitwirkungspflicht) hingewiesen, erklärte der Beschwerdeführer, den Inhalt verstanden zu haben und sich seiner Rechte und Pflichten bewusst zu sein (AS 88). Der Beschwerdeführer bestätigte ferner, dass er bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt habe; er habe keine Ergänzungen und keine Korrekturen zu machen (AS 88). Danach gefragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, behauptete der Beschwerdeführer, dass er politische Gründe habe. Die AL sei momentan an der Macht und habe ihn bedroht, geschlagen sowie falsch beschuldigt. Deshalb sei er geflohen. Er sei bei der BNP gewesen und die AL-Mitglieder haben gewollt, dass er zu ihnen wechsle. Sie haben auch gesagt, dass er sie damals ebenso bedroht habe, als die BNP an der Macht war, dies stimme aber nicht. (AS 91) Nähere Angaben machte der Beschwerdeführer von sich aus nicht. Zu diesem Vorbringen stellte der Leiter der Einvernahme dem Beschwerdeführer in der Folge zahlreiche konkrete Fragen (AS 91 ff): Warum die AL gewollt habe, dass er zu ihnen wechsle, begründete der Beschwerdeführer damit, dass die AL-Mitglieder immer stärker haben werden wollen und ihn deshalb haben rekrutieren wollen. Er habe sich aber geweigert und sei deshalb bedroht worden (AS 91). Danach befragt, wer bedroht worden sei, sagte der Beschwerdeführer, dass er und sein Vater von „diesen“ AL-Mitgliedern bedroht worden seien (AS 91). Bedroht oder geschlagen worden sei er, wie er auf die explizite Frage des Leiters der Amtshandlung erwiderte, im Jahr 2016, das Datum wisse er aber nicht. Daraufhin fragte der Leiter der Einvernahme den Beschwerdeführer, ob es ein einmaliger Angriff gewesen sei. Der Beschwerdeführer antwortete: „Nein, ich wurde dreimal angegriffen und zuletzt auch mit einem Messer.“ (AS 91) Der erste Angriff sei, wie der Beschwerdeführer auf die entsprechende Frage angab, im Jänner oder Februar 2016 gewesen, das zweite Mal im Mai 2016 und das letzte Mal im November 2016 (AS 91). Der Grund für die angebliche Bedrohung sei gewesen, dass er es verweigert habe, von der BNP zur AL zu wechseln. Daran, wann sein Vater bedroht worden sei, könne sich der Beschwerdeführer nicht erinnern. Sein Vater habe ihm nicht erzählt, dass er angegriffen worden sei, damit er, der Beschwerdeführer, sich keine Sorgen mache. Erfahren habe er von den angeblichen Angriffen auf seinen Vater, wie der Beschwerdeführer auf Nachfrage behauptete, als er Bangladesch verlassen habe. Sein Vater habe mit ihm telefoniert und deshalb habe er es erfahren. Sein Vater lebe nicht mehr zuhause, er lebe bei verschiedenen Verwandtschaften. Ab dem Jahr 2008 habe der Vater das erste Mal das Haus verlassen, er habe dann zwischenzeitlich immer bei der Verwandtschaft gelebt, sei jedoch zwischendurch immer wieder heimgekommen, habe aber nicht dauerhaft dort leben können. Danach befragt, was ihm sein Vater in den Jahren zuvor erzählt habe, warum er habe untertauchen müssen, wenn er erst bei der Ausreise erzählt habe, dass er bedroht worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater damals einfach weggegangen sei, dieser habe nichts erzählt, weil er, der Beschwerdeführer, noch ein Kind gewesen sei. Wo sich sein Vater jetzt befinde, wisse der Beschwerdeführer nicht. Dass er nicht bereits nach dem ersten (angeblichen) Angriff im Jahr 2016 geflohen sei, begründete der Beschwerdeführer damit, dass er damals in XXXX gelebt habe und seine Eltern habe besuchen wollen. Da habe er AL-Mitglieder kennen gelernt. Diese haben ihn dann das erste Mal bedroht. Damals sei er aber nicht in Lebensgefahr gewesen. Erst beim dritten (angeblichen) Angriff sei er mit einem Messer bedroht worden und habe sich das erste Mal in Lebensgefahr befunden. Zuvor hatte der Beschwerdeführer – befragt nach seiner Wohnadresse im Herkunftsstaat – behauptet, er habe von Jänner 2016 bis Jänner 2017 im Distrikt XXXX bei seinem Großvater gelebt und ab und zu seine Mutter zuhause besucht. Er sei deshalb im Jänner 2016 zu seinem Großvater gezogen, weil er von AL-Mitgliedern bedroht worden sei und sein Vater ihm geraten habe, sich beim Großvater zu verstecken. (AS 90) Danach befragt, ob er wegen der (behaupteten) Angriffe bei der Polizei gewesen sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er erst beim dritten Angriff zur Polizei gegangen sei, diese habe ihn aber nicht erst genommen. Nähere Angaben zum angeblichen dritten Angriff machte der Beschwerdeführer ausschließlich auf konkrete Fragen, die ihm der Leiter der Einvernahme stellte (AS 92): Der Beschwerdeführer sei bei einer BNP-Sitzung in XXXX gewesen. In der Nacht, als er zu seinem Elternhaus zurückgegangen sei, sei er von den AL-Mitgliedern geschlagen und mit dem Messer angegriffen worden. Woher diese Personen gewusst haben, dass er bei der BNP sei bzw. von dieser Sitzung komme, begründete der Beschwerdeführer damit, dass es bekannt sei, wenn es solche Sitzungen gebe, und alle das wissen. Der Leiter der Einvernahme wollte wissen, ob der Angriff unmittelbar nach der Sitzung gewesen sei. Der Beschwerdeführer bejahte, „Ja [sic!] als alle nach Hause gehen wollten.“ (AS 92) Bei der Sitzung seien 200 bis 300 Personen gewesen. Von drei bis vier Personen sei er angegriffen worden. (AS 93) Vor dem Hintergrund, dass er das letzte Mal im November 2016 bedroht worden sei, gefragt, warum er erst Anfang 2017 den Herkunftsstaat verlassen habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er noch auf sein Visum habe warten müssen (AS 93). Bei der BNP sei er, wie er auf die entsprechende Frage antwortete, seit dem Jahr 2017. Er sei ein normales Mitglied gewesen und habe an Sitzungen teilgenommen. (AS 93) Die BNP sei zuletzt 2000 bis 2006 in der Regierung gewesen. Die letzten Wahlen in Bangladesch seien am 31.12.2018 gewesen. Weitere Gründe für die Asylantragstellung habe er nicht. Wieso er erst mehr als zwei Wochen nach seiner Einreise und nicht gleich bei der Einreise einen Asylantrag gestellt habe, begründete der Beschwerdeführer damit, dass niemand danach gefragt habe, als er nach Österreich eingereist sei. Deshalb habe er nichts gesagt. In der Befragung am „04.06.2020“ (offensichtlich irrtümlich; gemeint war zweifellos die Befragung am 02.06.2020) habe er deshalb angegeben, keinerlei Probleme mit den Behörden in Bangladesch gehabt zu haben, weil „dies“ damals nicht genau nachgefragt worden sei. Er habe auch Angst gehabt; er habe gedacht, dass er in ein Lager komme und dann dort Asyl bekomme. (AS 93). Mit der Polizei, dem Militär und den staatlichen Organen habe er im Herkunftsstaat keine Probleme gehabt, nur mit den AL-Mitgliedern (AS 93). Ebenso wenig habe er wegen seiner Religion und Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt. In einem anderen Teil seines Herkunftsstaats habe er deshalb nicht Schutz vor Verfolgung gesucht, weil er überall Probleme in Bangladesch habe. Er möchte sich nicht die ganze Zeit verstecken, er wolle auch ab und zu seine Eltern besuchen können. Wenn er in seinen Herkunftsstaat zurückkehren müsste, würde er von Mitgliedern der AL umgebracht werden. (AS 94) Abschließend erklärte der Beschwerdeführer, dass er alle Gründe, die ihn veranlasst haben, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, vollständig geschildert habe (AS 94). Der Beschwerdeführer habe ausreichend Zeit gehabt, seine Angaben vollständig und so ausführlich, wie er es gewollt habe, zu schildern. Er möchte nichts mehr angeben, das ihm besonders wichtig erscheine. (AS 95)

In der behördlichen Einvernahme am 15.07.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass die im Rahmen der ersten Einvernahme gemachten Angaben richtig seien und er diese aufrechterhalte. Der Beschwerdeführer brachte keine Korrekturen und auch keine Ergänzungen vor. Er behauptete lediglich, dass er nicht nach Bangladesch zurückkehren werde, er würde lieber hier sterben. Der bei der Einvernahme anwesende Rechtsberater stellte dem Beschwerdeführer keine Fragen. Die Frage, ob ihm ausreichend Zeit eingeräumt worden sei, seine Angaben vollständig und so ausführlich, wie er es gewollt habe, zu machen, bejahte der Beschwerdeführer. Danach befragt, ob er noch etwas vorbringen möchte, was ihm wichtig erscheine, erwiderte der Beschwerdeführer, dass er seine Asylgründe schon genannt habe. Er habe die Wahrheit gesagt und bitte, dass er hierbleiben könne. (AS 150)

2.3.2.2. Die belangte Behörde kam im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat als wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat habe ebenso wenig festgestellt werden können wie eine Bedrohungssituation im Falle der Rückkehr. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Bangladesch dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung im Sinne der GFK ausgesetzt wäre. (AS 167) Dem Vorbringen, dass er seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen hätte müssen, weil er von AL-Mitgliedern mehrfach bedroht, geschlagen und falsch beschuldigt worden sei, könne nicht gefolgt werden (AS 189). Diesen Ausführungen lagen vor allem folgende Erwägungen zugrunde (AS 189 ff):

Zutreffend erkannte die Behörde einen gravierenden Widerspruch in den Angaben des Beschwerdeführers (AS 189): Der erste Angriff durch AL-Mitglieder sei im Jänner oder Februar 2016 gewesen. Der Beschwerdeführer habe zu dieser Zeit in XXXX gelebt und habe seine Eltern besuchen wollen. Da habe er AL-Mitglieder kennen gelernt und diese haben ihn dann das erste Mal bedroht. (AS 91 f). Damit unvereinbar ist, dass der Beschwerdeführer, wie er jedoch ebenfalls behauptete, wegen einer Bedrohung durch AL-Mitglieder im Jänner 2016 zu seinem Großvater nach XXXX gezogen sei (AS 90).

Das Bundesverwaltungsgericht stimmt mit der Behörde auch darin überein, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers auch deshalb unglaubhaft ist, weil nicht nachvollziehbar ist, weshalb die AL-Mitglieder behauptet haben sollten, dass sie der Beschwerdeführer auch bedroht habe, als die BNP an der Macht gewesen sei (AS 190). Dass die AL-Mitglieder einen derartigen Vorwurf erhoben haben sollten, will in der Tat nicht im Geringsten einleuchten, denn die BNP war, wie der Beschwerdeführer selbst angab, zuletzt 2006 an der Macht – damals war der Beschwerdeführer, wie am Rande bemerkt sei, ca. sieben Jahre alt (!) – und er, der Beschwerdeführer, habe sich der BNP im Jahr 2017 angeschlossen, also elf Jahre nachdem die BNP zuletzt an der Macht war. (AS 91, 93) Die Erwägungen der Behörde lediglich abrundend weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass ausgehend von der vom Beschwerdeführer behaupteten Zugehörigkeit zur BNP seit dem Jahr 2017 (AS 93) auch gänzlich implausibel ist, dass er – als angeblicher Angehöriger der BNP – im Jahr 2016 von AL-Mitgliedern bedroht bzw. angegriffen worden sein könnte (AS 91).

Es spricht, wie die Behörde ebenfalls aufzeigte, auch nicht für die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass sich dieser erst nach dem dritten angeblichen Angriff der AL-Mitglieder dazu veranlasst gesehen haben will, seinen Herkunftsstaat zu verlassen (AS 190). Das Bundesverwaltungsgericht übersieht durchaus nicht, dass es sich beim dritten angeblichen Angriff nach den Angaben des Beschwerdeführers um den schwerwiegendsten gehandelt habe – er sei mit einem Messer angegriffen worden und habe sich das erste Mal in Lebensgefahr befunden (AS 91 f). In diesem Zusammenhang ist allerdings wiederum der Behörde beizupflichten, dass die Angaben des Beschwerdeführers sowohl zu diesem angeblichen Angriff als auch zu den beiden anderen angeblichen Angriffen derart oberflächlich und vage waren, dass daraus nur geschlossen werden kann, der Beschwerdeführer habe keine von ihm selbst erlebten Geschehnisse geschildert, sondern eine konstruierte Fluchtgeschichte vorgetragen (AS 190). Das Bundesverwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf seine Ausführungen oben unter 2.3.2.1., anhand welcher zweifelsfrei ersichtlich ist, dass die Erwägungen der Behörde nicht zu beanstanden sind. Insbesondere ist zu betonen, dass die Angaben des Beschwerdeführers selbst im Zuge der konkreten und detaillierten Befragung durch den Leiter der Amtshandlung nichtssagend und geradezu beliebig wirkten. Dass der Beschwerdeführer die angeblichen Angriffe, so auch den angeblichen dritten Angriff mit einem Messer, der Anlass zur Ausreise gegeben habe, zeitlich nur sehr ungenau einordnen konnte (AS 91), deutet, wie die Behörde sinngemäß ausführte (AS 190), darauf hin, dass der Ausreise des Beschwerdeführers in Wahrheit keine objektiv einschneidenden und dramatischen und auch keine zumindest vom Beschwerdeführer als einschneidend und dramatisch empfundenen Ereignisse vorausgegangen sind. Jedenfalls der dritte Angriff hätte eine derart bedeutsame Zäsur im Leben dargestellt, dass im Falle des Zutreffens des Vorbringens davon auszugehen wäre, dass er wenigstens einigermaßen genau datiert werden könnte.

Der Behörde ist auch nicht entgegenzutreten, soweit sie die Ausführungen des Beschwerdeführers zum angeblichen Angriff im November 2016 als lebensfremd wertete (AS 190). Bei der Sitzung der BNP, die dem angeblichen Angriff auf den Beschwerdeführer durch AL-Mitglieder vorangegangen sei, haben laut Beschwerdeführer 200 bis 300 BNP-Anhänger teilgenommen (AS 92 f). Dass drei bis vier AL-Anhänger ausgerechnet unter diesen Umständen den Beschwerdeführer angreifen sollten, erscheint in der Tat lebensfremd (AS 190). Ferner wirken die Angaben des Beschwerdeführers auch deshalb unrealistisch, weil er nicht vorbrachte, dass ihm BNP-Mitglieder beim angeblichen Angriff geholfen haben (AS 190).

Schlüssig argumentierte die Behörde auch, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zur angeblichen Bedrohung seines Vaters durch AL-Mitglieder (AS 91 f) nicht glaubhaft sei (AS 190). Das Bundesverwaltungsgericht verweist insofern auf seine Ausführungen oben unter 2.2. und pflichtet der Behörde bei, dass nicht nachvollziehbar ist, wieso der Vater dem Beschwerdeführer von dieser angeblichen Bedrohung, die immerhin dazu geführt habe, dass der Vater bereits 2008 das Haus habe verlassen müssen, erst bei der Ausreise erzählt haben soll. Es ist nicht zuletzt deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Beschwerdeführer angeblich auf Anraten seines Vaters bereits im Jänner 2016 wegen angeblicher Bedrohungen durch AL-Mitglieder zum Großvater übersiedelt sei (AS 90). Es wäre davon auszugehen, dass der Vater dem Beschwerdeführer bei dieser Gelegenheit von einer allfälligen Bedrohung durch die AL berichtet hätte, hätte es eine solche tatsächlich gegeben.

Ausgehend vom – allerdings nicht glaubhaften – Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er von Jänner 2016 und Jänner 2017 bei seinem Großvater in XXXX gelebt habe, ist, wie die Behörde darlegte (AS 190), dem Beschwerdeführer auch insofern nicht zu folgen, als er behauptete, er habe überall in Bangladesch Probleme (AS 94).

Nicht zu beanstanden ist die Argumentation der Behörde, dass der Umstand, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat erst Monate, nachdem er zuletzt angegriffen worden sei, verlassen habe, gegen eine akute sein Leben bedrohenden Gefahr spricht (AS 191). Wäre der Beschwerdeführer im November 2016 von AL-Anhängern mit einem Messer angegriffen worden und hätte er sich deshalb in Lebensgefahr befunden (AS 91 f), hätte er naheliegenderweise nicht noch bis Jänner 2017 auf die Ausstellung eines Visums gewartet (AS 93). Das Bundesverwaltungsgericht teilt auch den Standpunkt der Behörde, dass es jeglicher Lebenserfahrung widerspräche, dass sich der Beschwerdeführer Anfang Juni 2020 zur freiwilligen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat anmelden sollte, entspräche sein Vorbringen den Tatsachen und wäre sein Leben im Herkunftsstaat in Gefahr. Schlüssig folgerte die Behörde, dass angesichts der Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat einer Bedrohung ausgesetzt sei.

Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Behörde überdies auf widersprüchliche Angaben des Beschwerdeführers zum Verbleib seines Reisepasses hinwies (AS 51 versus AS 89; AS 191). Die widersprüchlichen Angaben betreffen zwar nicht das Vorbringen zum Antrag auf internationalen Schutz im engeren Sinne, können aber bei der Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers durchaus Berücksichtigung finden.

2.3.2.3. Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde (AS 231 ff) zwar die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, mangelhafte Feststellungen und mangelhafte Beweiswürdigung geltend (AS 233), er bestreitet die Beweiswürdigung jedoch keineswegs substantiiert und bringt auch keine relevante Neuerung vor.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 37, § 39 Abs 2 AVG und § 18 Abs 1 AsylG 2005; vgl. insbesondere AS 234 ff), inwieweit (konkret) die belangte Behörde (die) Verfahrensvorschriften verletzt habe, zeigt er aber nicht auf. Indem der Beschwerdeführer die Angaben in der behördlichen Einvernahme ausdrücklich aufrechterhält und hinsichtlich seines Fluchtvorbringens erklärt, vollinhaltlich auf das bisher im Asylverfahren Vorgebrachte zu verweisen, da er hinsichtlich der (angeblichen) Gefahrenlage, der (angeblichen) Vorfälle in Bangladesch und seiner (angeblichen) Beweismittel alles detailliert, nachvollziehbar und glaubwürdig (wohl gemeint: glaubhaft) geschildert habe (AS 235), legt er gerade nicht (begründet und nachvollziehbar) dar, dass und inwieweit allenfalls die Behörde ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nicht nachgekommen wäre; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236. Dass dem Beschwerdevorbringen nicht zu folgen ist, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der Beschwerdeführer entgegen der Darstellung in der Beschwerde überhaupt keine Beweismittel vorgelegt hatte. Der Beschwerdeführer führt ferner in der Beschwerde nicht aus, welche Angaben er noch gemacht hätte, hätte die Behörde nicht – vermeintlich – die angeblich gebotene Sachverhaltsermittlung und –feststellung unterlassen. Vgl. in diesem Sinne auch die Begründung für den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wonach er seine eigene Fluchtgeschichte ausführlich noch einmal vorbringen möchte. Dass der Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren nicht ausreichend Gelegenheit gehabt haben könnte, sein Vorbringen ausführlich zu schildern, ist angesichts der Ausführungen oben unter 2.3.2.1. ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer konnte am 29.06.2020 zunächst in freier Erzählung ausführen, weshalb er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und den Antrag auf internationalen Schutz stelle (AS 91). In der Folge stellte ihm der Leiter der Amtshandlung zahlreiche konkrete Fragen zum Fluchtvorbringen (AS 91 ff), die zweifelsfrei dazu geeignet waren, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ordnungsgemäß und vollständig zu ermitteln. Der Beschwerdeführer machte von der sowohl in der Einvernahme am 29.06.2020 als auch in der Einvernahme am 15.07.2020 eingeräumten Möglichkeit, ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten (AS 95, 150), nicht Gebrauch. Ferner brachte die belangte Behörde aktuelle Länderinformationen in das Verfahren ein und räumte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme ein; der Beschwerdeführer verzichtete (AS 75, 81, 150).

Somit ist die Behörde der Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung und –feststellung nachgekommen. Namentlich wirkte die belangte Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hin, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Zu beachten ist überdies, dass aus § 18 AsylG 2005 keine Verpflichtung abgeleitet werden kann, Umstände ermitteln zu müssen, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat; VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202. Ferner zieht § 18 AsylG 2005 nicht die Pflicht nach sich, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen; VwGH 15.10.2018, Ra 2018/14/0143. Insbesondere kann keine Verpflichtung der belangten Behörde erkannt werden, den Beschwerdeführer zu seinem Standpunkt dienlichen Angaben durch zielgerichtete Befragung gleichsam anzuleiten.

Angesichts der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid (siehe AS 188 ff und oben unter 2.3.2.2.) entbehrt das Beschwerdevorbringen, dass die Würdigung im gegenständlichen Fall nicht ausreichend erkannt werden könne, jeglicher Grundlage (AS 236). Dies muss gerade auch deshalb gelten, weil der Beschwerdeführer nicht (konkret und nachvollziehbar) darlegt, welche Elemente seines Vorbringens die Behörde nicht bzw. in unvertretbarer Weise gewürdigt hätte. Aus dem Verweis auf die Ausführungen zur politischen Lage im Herkunftsstaat, namentlich auch auf die Oppositionspartei BNP, (AS 236) ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere AL und BNP, für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich sei, die regierende AL ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut habe und beide Parteien – gemeinsam mit nicht identifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt seien (AS 171). Der Beschwerdeführer lässt jedoch außer Acht jedoch, dass die belangte Behörde aus nachvollziehbaren und individuellen Erwägungen zu dem Ergebnis gelangte, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei. Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zudem auch nicht zu entnehmen, dass es die belangte Behörde für glaubhaft befunden hätte, dass sich der Beschwerdeführer politisch betätigt habe und Mitglied oder Anhänger der BNP sei. Bei gesamtheitlicher Betrachtung folgt aus den Erwägungen der Behörde (siehe insbesondere auch AS 192: Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus den von ihm vorgebrachten Gründen verlassen habe.), dass sich der Beschwerdeführer überhaupt nicht politisch betätigte; dieser Ansicht schließt sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich an.

Zum Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX , vom 21.07.2020, OZ 3, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten: Es erübrigt sich, den im Aktenvermerk dokumentierten Vorgang, ein bangladeschischer Staatsangehöriger habe am 21.07.2020, also innerhalb der Frist für die Erhebung eines Rechtsmittels gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid und vor Beschwerdeerhebung, bekannt gegeben, dass unter anderem der Beschwerdeführer einen Asylantrag stellen wolle und der „kollektive Antrag“ sei nach Belehrung über den Verfahrensstand zurückgezogen worden, sowie die von der belangte Behörde dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erteilte Auskunft (näher) zu beurteilen. Dem Zweck des § 25 Abs 2 AsylG 2005 ist gegenständlich nämlich jedenfalls deshalb entsprochen, weil der Beschwerdeführer nach dem Vorgang am 21.07.2020 die gegenständliche Beschwerde verfasste und erhob, wobei er von einer bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vertreten war und ist (AS 231 ff, insbesondere AS 238 f). Angesichts dessen besteht kein Zweifel, dass ein allfälliges Vorbringen, das anlässlich des Stellens eines weiteren Antrags auf internationalen Schutz – innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist sowie vor Beschwerdeerhebung – und in einem in der Folge eingeleiteten Verwaltungsverfahren hätte erstattet werden können oder sollen, in die vorliegende Beschwerde Eingang gefunden haben muss. Durch das Vorgehen der Behörde erleidet der Beschwerdeführer daher keinerlei Rechtsnachteil und es begründet auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, zumal ein in der Rechtsmittelfrist gestellter weiterer Antrag auf internationalen Schutz ohnedies gemäß § 17 Abs 7 AsylG 2005 als Beschwerde oder Beschwerdeergänzung gegen den abweisenden Bescheid gelten würde; vgl. auch § 17 Abs 8 AsylG 2005. Der Beschwerdeführer beanstandete die Vorgehensweise der Behörde auch nicht (vgl. insbesondere AS 231 ff).

Dass die Behörde den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Sachverhaltsermittlung sowie -feststellung und Beweiswürdigung nicht entsprochen hätte, erweist sich in Anbetracht der bisherigen Ausführungen insgesamt als unzutreffende Behauptung. Außerdem zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht konkret auf, indem er etwa vorbringt, es erscheine möglich, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde Umstände hervortreten hätten können, die eine solche Änderung des Sachverhalts bewirken könnten, dass nunmehr eine andere Beurteilung des Parteienbegehrens nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten könne (AS 236); vgl. zur Erforderlichkeit, die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler in konkreter Weise darzulegen, VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012. Auch hat der Beschwerdeführer von der Möglichkeit, nähere und präzisere Angaben zu machen und der Beweiswürdigung in allen wesentlichen Punkten substantiiert entgegenzutreten, gerade nicht Gebrauch gemacht. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich kein verfahrensrelevantes Vorbringen mehr zu erstatten hat, andernfalls ein solches wohl in der Beschwerde erstattet worden wäre. Das Bundesverwaltungsgericht geht ferner davon aus, dass sowohl das Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde insofern ausreichend korrekt durchgeführt als auch der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollständig erhoben wurde.

2.3.2.4. Aus diesen Erwägungen schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den oben dargestellten und vom Beschwerdeführer nicht (substantiiert) bestrittenen Argumenten der belangten Behörde, dass sein Vorbringen, weshalb er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und nicht dorthin zurückkehren könne, nicht glaubhaft sei, an.

Die Beweiswürdigung der Behörde erscheint dem Bundesverwaltungsgericht, wie insbesondere unter 2.3.2.2. bereits dargelegt, logisch konsistent, in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers individuell und konkret auseinandergesetzt. Daran anknüpfend traf sie aufgrund einleuchtender und überzeugender Erwägungen ihre Feststellungen. Die Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheids die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, den Feststellungen, der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegenzutreten, dass Zweifel an deren Inhalt aufgekommen wären. Der Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass es sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers um ein gedankliches Konstrukt handle, das er in Ermangelung eines tatsächlichen Abschiebehindernisses erstattet habe, um einer drohenden Abschiebung entgegenwirken zu können (AS 191). Der Standpunkt der Behörde, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, ist in Anbetracht der Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 02.06.2020 nicht zu beanstanden (AS 191). Auch das Bundesverwaltungsgericht gelangt deshalb zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Bangladesch keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt war und auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

2.3.3. Zu den Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.3.3.1. Die Behörde legte diesen Feststellungen das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Bangladesch, Gesamtaktualisierung am 06.04.2020, (in der Folge: LIB) als Beweismittel zugrunde (vgl. AS 75, 81) und gab es auch auszugsweise im angefochtenen Bescheid wieder (AS 167 bis 187).

Demnach wird das politische Leben in Bangladesch seit 1991 durch die Awami League und die Bangladesh Nationalist Party bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. (LIB, S 7) Gewerkschaften, Studentenorganisationen und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen. Bei der bangladeschischen Parlamentswahl am 30.12.2018 erzielte die von der Awami League geprägte „Große Allianz“ einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen. (LIB, S 7) Im Vorfeld der Wahl war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Anhängern und zu hartem Vorgehen der Regierung gekommen. Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet. (LIB, S 7) Generell ist der Hass zwischen der Awami League und der Bangladesh Nationalist Party und den jeweiligen Anhängern Ursache für den größten Teil der Gewalt in Bangladesch. Beide Parteien sind gemeinsam mit nicht identifizierten bewaffneten Gruppen in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an. Auch von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten und Studenten) geht Gewalt aus. (LIB, S 10) Auch wenn die öffentliche Sicherheit, insbesondere wegen der politischen Auseinandersetzungen, insgesamt fragil ist, gibt es in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (LIB, S 10 ff).

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt. Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen stellen große Probleme dar. (LIB, S 13) Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin und Ausbildung zu verbessern und Korruption zu verringern. Dennoch und obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung rechtlich verboten sind (LIB, S 16 f), kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch, unangemessener Gewaltanwendung, willkürlichen Festnahmen, erzwungenem Verschwindenlassen und außergerichtlichen Tötungen durch Sicherheitskräfte, insbesondere durch so genannte Rapid Action Battalions. (LIB, S 14 f) Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte bleiben faktisch in der Regel straflos (LIB, S 15, 17). Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während der Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Sicherheitsbehörden wenden Drohungen, Schläge und verschiedenste Foltermethoden, manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen. Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert und manchmal werden Familienmitglieder von politischen Gegnern zu Opfern. Doch auch vulnerable Gruppen und normale Bürger sind von Folter betroffen. (LIB, S 17) Für zahlreiche Straftatbestände (z. B. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, terroristische Aktivitäten) ist die Todesstrafe vorgesehen, die in Bangladesch auch tatsächlich vollstreckt wird (LIB, S 29 f).

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,042 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 %. Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen. Die offizielle Arbeitslosenrate liegt 2018 geschätzt bei 4-6 %, jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. (LIB, S 44 f) Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen und ein staatliches Sozialversicherungssystem gibt es nicht. Nichtstaatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht. (LIB, S 47)

Die medizinische Versorgung in Bangladesch ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Die Ausstattung der örtlichen Krankenhäuser ist ungenügend. Wegen des Mangels an Ärzten und Rettungsfahrzeugen kann bei Unfällen nicht mit schneller Hilfe gerechnet werden. Medizinische Einrichtungen in Bangladesch sind äußerst selten. Es herrscht ein eklatanter Mangel an ausgebildeten Doktoren, Krankenschwestern und Spitalsbetten. Schätzungsweise lediglich 12 % aller schweren Krankheitsfälle erreichen das staatliche Gesundheitssystem. Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet. Abgesehen von einer Reihe medizinischer Hilfsprojekte von NGOs gibt es eine rudimentäre, kostenlose medizinische Versorgung durch staatliche Gesundheitsstationen auf dem Land sowie Krankenhäuser. Eine beitragsabhängige medizinische Versorgung niedrigen Standards ist gewährleistet. Staatliche Gesundheitseinrichtungen, soweit vorhanden, behandeln Patienten gratis oder gegen minimale Gebühren. Obwohl staatliche Gesundheitsleistungen kostenlos sein sollen, berichten die Patienten allerdings, dass sie im Allgemeinen für den Zugang zu den Diensten zahlen müssen. Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht. Das Arbeitsrecht 2006 sieht vor, dass Firmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern vor Ort medizinische Einrichtungen bereitstehen sollten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber getragen. (LIB, S 48 f)

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen. Es gibt keine Hinweis

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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