TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/16 LVwG-AV-1277/001-2020

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Veröffentlicht am 16.11.2020
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Entscheidungsdatum

16.11.2020

Norm

BAO §92
BAO §93
BAO §212a
BAO §227
BAO §227a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch B, ***, ***, vom 19. Oktober 2020 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 15. September 2020, mit dem eine Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abrechnungsbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 8. Juli 2019 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt worden war, zu Recht erkannt:

1.       Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.       Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit einer im Betreff mit „Mahnung“ bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 20. Dezember 2018 wurde Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) hinsichtlich eines offenen Abgabenbetrages für Wasserbezugsgebühr, Bereitstellungsgebühr, Grundsteuer A, Grundsteuer B, Kanalbenützungsgebühr von insgesamt € 967,55 gemahnt:

[Abweichend vom Original – Bilder nicht wiedergegeben]

„…

…“

1.1.2.

Gegen diese vorgenannte Erledigung erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 8. Jänner 2019 ein als „Feststellungs- und Berichtigungsantrag“ bezeichnetes Rechtsmittel und begründete dieses damit, dass die Mahnung gesetzlos sei. Ein unerledigter Antrag auf Aussetzung der Einhebung bewirke die Aussetzung der Einhebung. Der verfahrensgegenständliche Betrag sei daher weder ein vollstreckbarer Rückstand, noch dürfe er eingemahnt werden. Jegliche Vollstreckungsvorbereitungen seien daher unzulässig. Das Abgabenkonto sei insoweit unrichtig geführt. Es werden die Anträge gestellt, die Behörde möge mit Bescheid feststellen, dass die Mahnung des Betrages iHv € 967,55 rechtswidrig und das Abgabenkonto insoweit falsch sei, und dass das Abgabenkonto insoweit richtig zu stellen sei, sodass dass dieser Betrag iHv € 967,55 nicht als eingemahnt verbucht werde.

1.1.3.

Mit Abrechnungsbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 8. Juli 2019, Zl. ***, wurde gemäß § 216 BAO ausgesprochen, dass die Lastschrift in der Höhe von € 967,55 korrekt berechnet und verbucht worden sei. Begründend wird dargelegt, dass dem Beschwerdeführer mit Mahnung vom 20. Dezember 2018, Rechnungsnummer ***, eine Gesamtsumme von € 967,55 vorgeschrieben worden sei. Gegen diese Verbuchung wende sich der Beschwerdeführer. Gemäß § 216 BAO sei mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen abzusprechen sei. Ein solcher Antrag sei nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich habe mit Erkenntnis vom 18. Juni 2018 die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 19. Mai 2018 abgewiesen. Somit seien die Wasserbezugsgebühr in der Höhe von € 44,88, die Bereitstellungsgebühr von € 198,00 und die Grundsteuer von € 51,35 bereits fällig.

1.1.4.

Mit Schreiben vom 31. Juni 2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und begründete diese damit, dass eine Bescheidbegründung den Spruch und die Entscheidung rechtfertigen müsse. Die Begründung müsse nachvollziehbar sein und es ermöglichen, den Spruch auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Die verfahrensgegenständliche Begründung bleibe jedoch betreffend den Sachverhalt und insbesondere der Verbuchung die dortigen Beträge als Mahnung unvollständig.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2019 führte der Beschwerdeführer aus, dass die „Mahnung“ bzw. die „1. Mahnung“ wegen der unerledigten Aussetzungsanträge rechtswidrig sei. Eine nur bestehende Zahlungsfähigkeit berechtige nicht zur „Mahnung“ bzw. „1. Mahnung“, weil durch die unerledigten Aussetzungsanträge insoweit kein Ruckstand bestehe. Der Abgabenbescheid sei selbst im Zusammenhang mit der nachgereichten Mitteilung gern § 245 Abs. 2 BAO weder materiell noch formell begründet und somit auch nicht gesetzmäßig ausgeführt; er leide an einem Begründungsmangel Aber auch der Spruch sei falsch. Insgesamt ließen die Angaben in der gesamten Begründung und Spruch keine nachvollziehbare Überprüfung zu.

1.1.5.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 15. September 2020, ohne Zahl, wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltliche bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften dargelegt, dass ein Abrechnungsbescheid eine Entscheidung im Einhebungsverfahren darstelle, durch den über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213 BAO) sowie darüber entschieden wird, ob und inwieweit eine bestimmte Zahlungsverpflichtung durch die Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist. Das Verfahren über einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides hat sich damit zu befassen, ob die Anlastung der Abgabenfestsetzungen (nicht deren Rechtmäßigkeit an sich) und die entsprechenden Gutschriften in der kontomäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid werde darüber entschieden, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, somit wirksam gezahlt, verrechnet, aufgerechnet, erlassen oder die Einhebung verjährt ist. Hingegen werde dadurch eine bescheidmäßig erfolgte Abgabenfestsetzung nicht berührt; dies auch dann nicht, wenn die Festsetzung materiell- oder verfahrensrechtlich zu Unrecht erfolgte. Die Begründung der Zahlungsverpflichtung sei hingegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheides, sie werde vorausgesetzt.

1.2. Beschwerdevorbringen:

Gegen diese vorgenannte Erledigung erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel und begründete dieses im Wesentlichen damit, dass in Beschwerde gezogene Abgabenschulden, für die auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt worden sei, nicht eingemahnt werden dürfen. Der wirkungsgleiche (Nichtzahlungsfälligkeit und Nichteinmahnbarkeit) Antrag auf Aussetzung der Einhebung sei zu verbuchen und die Verbuchung als Mahnung dafür unzulässig, weil diese Lastschriften nicht zahlungsfällig wären und damit nicht eingemahnt und letztlich nicht zwangsweise eingehoben werden dürften.

1.3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2020 legte die Gemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Marktgemeinde ***.

1.4. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung – BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen

         a)       Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder

         b)       abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder

         c)       über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.

(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.

§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

§ 213. (1) Bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlaß entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefaßt zu verbuchen.

(2) Bei den anderen als den im Abs. 1 genannten Abgaben ist die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefaßt, jedoch abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen.

§ 216. Mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) ist über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

§ 217. (1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages. …

§ 227. (1) Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind einzumahnen.

(2) Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens (Mahnerlagscheines) vollzogen, in dem der Abgabepflichtige unter Hinweis auf die eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, die Abgabenschuld binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen (Mahnklausel). Ein Nachweis der Zustellung des Mahnschreibens ist nicht erforderlich; bei Postversand wird die Zustellung des Mahnschreibens am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post vermutet. …

§ 227a. Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:

         1.       Im Falle einer Mahnung nach § 227 ist eine Mahngebühr von einem halben Prozent des eingemahnten Abgabenbetrages, mindestens jedoch drei Euro und höchstens 30 Euro, zu entrichten. Die Mahngebühr wird bei Zustellung des Mahnschreibens mit der Zustellung, bei Einziehung des Abgabenbetrages durch Postauftrag mit der Vorweisung des Postauftrages fällig.

         2.       Wird eine vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeit erstmals eingemahnt, ohne dass dies erforderlich gewesen wäre, so kann eine Mahngebühr festgesetzt werden; Z 1 gilt sinngemäß.

§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

                                     a)     nicht zulässig ist oder

                                     b)     nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

         a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

         b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären, so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1. Grundsätzliches zur Erledigung vom 20. Dezember 2018:

Bei dem Schreiben vom 20. Dezember 2018 handelte es sich um eine Mahnung für offene Abgabenbeträge (Wasserbezugsgebühr, Bereitstellungsgebühr, Grundsteuer A, Grundsteuer B, Kanalbenützungsgebühr). Durch dieses Schreiben wurde keine Seuchenvorsorgeabgabe oder sonstige Abgabe festgesetzt.

Gemäß § 227 Abs. 1 und 2 erster Satz BAO sind vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten einzumahnen. Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens (Mahnerlagscheines) vollzogen, in dem der Abgabepflichtige unter Hinweis auf die eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, die Abgabenschuld binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen (Mahnklausel). Die gegenständliche Erledigung weist einen offenen Zahlungsbetrag (€ 967,55) aus.

Hinsichtlich der Mahnung des offenen Abgabenbetrages stellt sich die gegenständliche Erledigung somit eben nicht als Bescheid, sondern als Mahnschreiben gemäß § 227 BAO dar.

Gemäß § 227a Z.1 erster Satz BAO ist im Falle einer Mahnung nach § 227 eine Mahngebühr von einem halben Prozent des eingemahnten Abgabenbetrages, mindestens jedoch drei € und höchstens 30 €, zu entrichten.

Die Festsetzung einer Mahngebühr hätte daher mit Abgabenbescheid zu erfolgen
(§ 92 iVm §§ 3 und 3a BAO).

Die Erledigung vom 20. Dezember 2018 ist jedoch kein Bescheid. Da eine Mahnung keinen Bescheid darstellen kann, fehlt es der gesamten Erledigung am Bescheidcharakter. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung wurde durch dieses Schreiben nicht begründet. Eine solche Zahlungsverpflichtung kann nur mit einem gesonderten Abgabenbescheid begründet werden. Das Schreiben vom
20. Dezember 2018 enthält keine Vorschrift, durch welche eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe begründet werden könnte.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat ein Bescheid einen Spruch zu enthalten. Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt einem Verwaltungsakt, der keinen bestimmten Spruch enthält, die Rechtsqualität als Bescheid.

Durch die Erledigung vom 20. Dezember 2018 wurde keine bestimmte Abgabe festgesetzt. Das Schreiben des Bürgermeisters stellt sich dem Inhalt nach als Mahnschreiben dar, wodurch eine Zahlungspflicht jedenfalls nicht begründet werden konnte. Da durch diese Erledigung keine Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe begründet wurde, kommt ihr auch kein normativer Inhalt zu, sie enthält daher keinen Spruch. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung (z.B. zur Entrichtung einer Abfallwirtschaftsgebühr) wurde durch dieses Schreiben jedenfalls nicht begründet, sodass vom Vorliegen eines normativen Spruches nicht gesprochen werden kann.

Es handelt sich daher schon aus diesem Grund nicht um einen Bescheid, sondern um eine Mahnung. Die Mahnung selbst ist kein Bescheid (arg.: die Worte Mahnschreiben und Mahnerlagschein in § 227 BAO; vgl. VwGH 89/17/0006, VwGH 96/17/0339 und VwGH 95/17/0458).

Im Übrigen ist das Schreiben auch nicht als Bescheid bezeichnet.

Bescheide sind ausnahmslos und ausdrücklich mit dem Wort „Bescheid“ zu bezeichnen (vgl. § 93 Abs. 2 BAO; Ritz, BAO 5. Aufl., § 93, Tz.4). Die Bezeichnung als Bescheid dient der Erkennbarkeit einer behördlichen Ausfertigung als normativer Akt (Stoll, BAO, 958). Die fehlende Bezeichnung einer Erledigung einer Behörde als Bescheid ist unschädlich, wenn sich aus dem Inhalt der Erledigung keine Zweifel am normativen Gehalt ergeben (vgl. z.B. VwGH 89/14/0162 und VwGH 2002/14/0035). Bei Zweifeln über den Bescheidcharakter ist schließlich doch die Bezeichnung als Bescheid essentiell (vgl. VwGH 90/17/0117; VwGH 92/17/0288; VwGH 98/17/0283 und VwGH 2007/17/0115).

Es handelt sich bei diesem Schreiben daher nicht um einen Bescheid.

3.1.2. Zum Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides:

Gemäß § 216 BAO ist mit einem Abrechnungsbescheid über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen abzusprechen. Der Abrechnungsbescheid dient der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin (vgl. VwGH 2010/13/0061 und VwGH Ra 2018/13/0109). Der Abrechnungsbescheid dient somit ausschließlich der Entscheidung, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann mit einem Abrechnungsbescheid die strittige Frage beantwortet werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil der Abgabenbescheid etwa (z.B. im Rechtsmittelweg) wieder aufgehoben wurde und keine Gutschrift verbucht wurde oder der Abgabenbescheid gar nicht wirksam erlassen wurde (vgl. VwGH Ra 2016/16/0032 und VwGH 2010/13/0061). Dies gilt auch für die Klärung der Frage einer etwaigen Nichtigkeit der Buchung zugrunde- liegenden Abgabenbescheide.

Zweifel an der Richtigkeit der Höhe der geforderten Abgabenschuld sind nicht im Verfahren über einen Abrechnungsbescheid zu behandeln, weil dieses Verfahren nicht dazu dient, die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung zu prüfen (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 4 zu § 216, zitierte hg. Rechtsprechung sowie VwGH 2006/14/0061, VwSlg 8298 F/2007). Der Abrechnungsbescheid ist seinem Wesen und möglichen Inhalt nach ein Feststellungsbescheid, der Klarheit zu schaffen hat, durch welche Verrechnungsvorgänge und Tilgungstatbestände das Erlöschen einer bestimmten Zahlungsverpflichtung bewirkt wurde (vgl. VwGH 2009/16/0196).

3.1.3.

Im Abrechnungsverfahren trifft die Partei die Behauptungslast und die Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Fragen der strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskomponenten (vgl. VwGH 95/14/008 und VwGH 2012/13/0002).

Das einzige Vorbringen des Beschwerdeführers erschöpft sich auf den Hinweis, dass es zu einigen der eingemahnten Abgabenbeträge von ihm gestellte Anträge auf Aussetzung der Einhebung gebe.

Nach § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einem Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Die Aussetzung der Einhebung ist demnach antragsgebunden, es erfolgt keine amtswegige Verfügung der Aussetzung. Bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Bewilligung eines auf Aussetzung der Einhebung gerichteten Antrages (vgl. VwGH Ra 2018/15/0003).

Über den Antrag auf Aussetzung der Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a Abs. 1 BAO von der Abgabenbehörde zu entscheiden. Diese Bestimmung ist gemäß § 288 Abs. 1 BAO bei Bestehen eines zweistufigen Instanzenzuges für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden sinngemäß anzuwenden. In diesem Fall hat daher die Abgabenbehörde erster Instanz und nicht die Berufungsbehörde zu entscheiden (vgl. Ritz, BAO6, § 212a Tz 2), weil auch im Bereich der unmittelbaren Anwendbarkeit des § 212a BAO jene Behörde zuständig ist, deren Entscheidung bekämpft wird, und mit der Entscheidung der Berufungsbehörde über die Berufung bereits der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu verfügen ist (vgl. VwGH Ra 2016/16/0045). Bereits mit der Stellung des Antrags auf Aussetzung der Einhebung (gemäß § 212a BAO) wird der Zahlungsaufschub bewirkt und tritt der Vollstreckungsschutz ein (vgl. VwGH 2011/16/0131 und VwGH Ra 2017/16/0129).

Der Beschwerdeführer übersieht aber, dass ihn die Behauptungslast und die Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Fragen der strittigen Verrechnungsvorgänge trifft. Er hätte somit anführen müssen, zu welchen der konkreten Buchungen es (unerledigte?) Anträge auf Aussetzung der Einhebung gegeben hat.

Soweit ersichtlich, hat das Landeverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 7. Jänner 2020, Zl  LVwG-AV-560/001-2018, rechtskräftig entschieden, dass die Neufestsetzung der jährlichen Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft ***, ***, mit Wirkung ab 1. Juli 2017 zu Recht erfolgt ist, ist nach der Beschwerdeerledigung ein einer Sachentscheidung zugänglicher Aussetzungsantrag jedoch unerledigt, ist er als unbegründet abzuweisen (vgl. Ritz, Kommentar BAO, 6. Aufl. zu § 212a, Rz. 12).

Hinsichtlich der anderen im Mahnschreiben angeführten Buchungspositionen gibt es seitens des Beschwerdeführers keine Ausführungen.

3.1.4.

Im Ergebnis konnte eine Verletzung der einschlägigen Abgabenvorschriften bzw. eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht feststellt werden, weshalb sich die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet erwies und der angefochtene Bescheid daher zu bestätigen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.5.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Abgabenschuld; Zahlungsverpflichtung; Mahnschreiben; Abrechnungsbescheid; Aussetzung der Einhebung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1277.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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