TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/10 W282 2014275-2

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Veröffentlicht am 10.11.2020
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Entscheidungsdatum

10.11.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

W282 2014275-2 /15E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 05.11.2020 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingshilfe gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des Einreiseverbots in Spruchpunkt V. des angefochten Bescheides auf 18 Monate herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein serbischer Staatsangehöriger, hielt sich ab dem Jahr 1972 bis zum Jahr 2010 durchgehend im Bundesgebiet auf. Aufgrund seiner erheblichen Straffälligkeit wurde im Jahr 1997 gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das auch höchstgerichtlich bestätigt wurde. Dieses Aufenthaltsverbot wurde in Folge von der Bundespolizeidirektion Wien amtswegig aufgrund gesetzlicher Änderungen im Jahr 1998 behoben. Aufgrund weiterer Straftaten erhielt der BF im Jahr 2006 erneut ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, welches im Rechtsmittelweg im Jahr 2008 vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde. Nach Verbüßung einer fünfjährigen Haftstrafe ab dem Jahr 2005 reiste der BF im Jahr 2010 nach Serbien aus.

2. Der BF hielt sich in Folge von Oktober 2010 bis April 2015 in Serbien auf. Er stellte im Jahr 2014 einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots; diesem Antrag wurde im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 22.04.2015 zur GZ G311 2014275-1/9E stattgegeben und das Aufenthaltsverbot behoben, worauf der BF ins Bundesgebiet zurückkehrte.

3. Der BF wurde Mitte 2018 erneut strafrechtlich verurteilt. Mit dem im Spruch angeführten angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt), wurde gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wird (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

4. Der BF erhob durch seine von Amts wegen beigegebene Rechtsberatung gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, wobei der Bescheid hierbei zu Gänze angefochten wird. Der Beschwerdeführer beantragte in der Beschwerde eine mündliche Verhandlung abzuhalten bzw. den Bescheid ersatzlos zu beheben.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.12.2019 vom Bundesamt vorgelegt. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G 313 abgenommen und der Gerichtabteilung W 282 neu zugewiesen.

6. Am 05.11.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in deren Rahmen in Anwesenheit der Rechtsberaterin des BF ebendieser sowie seine Ex-Gattin und seine Tochter einvernommen wurden; das Erkenntnis wurde mündlich verkündet. Am 10.11.2020 langte der Antrag der Rechtsberaterin des BF auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger, er hält sich – nachdem er aufgrund erheblicher Straffälligkeit im Jahr 2008 rechtkräftig aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und ihm ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erteilt worden ist - seit April 2015 bis dato wieder im Bundesgebiet auf.

Der BF war von 14.11.1972 bis 24.09.2010 mit Hauptwohnsitzen im Bundesgebiet behördlich gemeldet. Danach weist der BF wieder ab 02.06.2015 bis dato Hauptwohnsitzmeldungen in Wien auf. Er ging beginnend ab 17.09.1981 bis 08.06.2004 verschiedenen Beschäftigungen mit Unterbrechungen im Bundesgebiet nach. Er verfügte von 24.07.1989 bis 23.07.1992 über einen Befreiungsschein, ausgestellt durch das Arbeitsamt Herbststraße, 1160 Wien.

Bereits im Jahr 1997 wurde gegen den BF erstmals ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das im Instanzenzug auch vom VwGH bestätigt wurde (Zl. 97/18/0413). Dieses wurde aufgrund von Änderungen im Fremdengesetz 1997 im Jahr 1998 amtswegig aufgehoben.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom XXXX 2006 wurde über den BF neuerlich ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom XXXX .2008 abgewiesen. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.03.2008 (Zl. 2008/18/0467) wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Hierbei führte der VwGH wie folgt aus:

„Schon mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 1997 sei gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, wobei diesem Bescheid folgender Sachverhalt zugrunde gelegen sei:

Der Beschwerdeführer, der sich laut seinen Angaben seit 1971 im Bundesgebiet aufgehalten habe, sei am 25. Juni 1991 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls und des gewerbsmäßigen schweren Betrugs sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung und der Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er sich im Frühjahr 1990 gemeinsam mit zwei Mittätern entschlossen habe, alten und betagten Frauen Sparbücher herauszulocken und diese einzulösen, um sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Allein im Jahr 1990 hätten die Täter zwölf Personen um etwa ATS 1.000.000,-- geschädigt, wobei in allen Fällen das Alter und die Hilflosigkeit der Opfer ausgenützt worden seien.

Diese Verurteilung habe den Beschwerdeführer nicht davon abgehalten, neuerlich straffällig zu werden. Nachdem er am 23. Dezember 1992 und am 28. April 1993 von der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden sei, sei er am 29. März 1994 vom Bezirksgericht Floridsdorf gemäß § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe, am 5. Juli 1994 von demselben Gericht wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (ohne Zusatzstrafe) und am 24. September 1995 vom Bezirksgericht Donaustadt wegen versuchten Diebstahls zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden.

Nicht einmal ein Jahr später, am 2. August 1996, sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Urkundenunterdrückung, Sachbeschädigung und schweren Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Auch in diesem Fall habe er einer betagten Frau das Sparbuch herausgelockt, um davon ATS 25.000,-- abzuheben.

Nach Verbüßung der achtmonatigen Freiheitsstrafe sei er neuerlich einschlägig straffällig geworden und habe am 26. September 1996 von einem auf dieselbe Weise herausgelockten Sparbuch ATS 170,-- abgehoben, weshalb er am 12. November 1996 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens des schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei.

(Mit hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Zl. 97/18/0413, wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 1997, mit dem gegen ihn im Instanzenzug das unbefristete Aufenthaltsverbot erlassen worden war, erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.)

Im Zuge der Gesetzesänderung mit dem Fremdengesetz 1997 - FrG habe es die Erstbehörde als geboten angesehen, dieses Aufenthaltsverbot mit Bescheid vom 9. Februar 1998 zu beheben. In weiterer Folge sei dem Beschwerdeführer, der seit 1. Dezember 1989 über keinen Aufenthaltstitel mehr verfügt habe, ein unbefristeter Aufenthaltstitel erteilt worden.

Weder die vorangegangen Verurteilungen noch das genannte Aufenthaltsverbot hätten ihn jedoch davon abhalten können, neuerlich einschlägig straffällig zu werden. Schon kurz nach seiner Entlassung aus der zuletzt genannten Freiheitsstrafe sei er als Botendienstfahrer angestellt worden. In dieser Eigenschaft habe er zwischen September 1998 und 12. Dezember 1998 von Kunden insgesamt mehr als ATS 65.000,-- Bargeld übernommen, das er jedoch nicht an seinen Dienstgeber abgeführt, sondern für eigene Zwecke verbraucht habe. Am 10. Dezember 1998 habe er einem anderen Angestellten dieses Unternehmens ATS 2.000,-- Bargeld gestohlen, das dieser auf einem Schreibtisch abgelegt habe. Bei der Weihnachtsfeier dieses Unternehmens habe er einem anderen Angestellten ATS 1.500,-- aus einer Jacke gestohlen. Zur Verschleierung dieser Taten habe er wenig später bei einem Gendarmerieposten fälschlich angezeigt, ein unbekannter Täter hätte auch ihm bei dieser Feier eine Geldbörse mit ATS 4.000,-- gestohlen. Nach seiner Entlassung habe er eine Arbeitsstelle bei einem Unternehmen gefunden, das auf den Transport behinderter Personen bzw. Rollstuhlfahrer spezialisiert gewesen sei. Schon wenige Tage nach Arbeitsantritt habe er einem von ihm transportierten schwerstbehinderten Mann eine Geldbörse mit mehr als ATS 6.000,-- Bargeld gestohlen. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. März 1999 sei über ihn gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 1, §§ 130, 229 Abs. 1, § 135 Abs. 1, § 133 Abs. 1 und 2, § 298 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verhängt worden.

Nach seiner Haftentlassung sei der Beschwerdeführer wieder rückfällig in Bezug auf seine Heroin- und Kokainsucht geworden und habe Führerschein, Arbeitsstelle und Ehefrau verloren (die Ehe sei laut Standesamt Floridsdorf jedoch noch aufrecht). Auf Grund seines erhöhten Geldbedarfs habe er wieder begonnen, betagte Frauen, deren Vertrauen er sich auf diverse Weise erschlichen habe, zu bestellen und zu betrügen. Zwischen 15. Juli 2004 und 7. März 2005 habe er solcherart Schmuck und Bargeld im Wert von mehr als EUR 4.000,-- gestohlen. Am 16. März 2005 habe er eine Frau mit Gewalt genötigt, indem er ihr einen heftigen Stoß gegen den Rücken versetzt habe, dazu, ihn in ihre Wohnung zu lassen, um in ihrer Wohnung Wertgegenstände wegzunehmen, er sei jedoch durch das Einschreiten eines Nachbarn daran gehindert worden. Am 20. Februar 2004 habe er einer Frau vorgetäuscht, er wäre Versicherungsvertreter, habe solcherart die Herausgabe eines Sparbuches samt Losungswort erschlichen und habe bei einer Bank EUR 3.200,-- beheben können. Am 15. Juli 2004 habe er bei einer Bank EUR 1.600,-- von einem Sparbuch beheben können, das er "samt Losungswort" zuvor einer Pensionistin gestohlen habe. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. September 2005 sei über ihn gemäß § 105 Abs. 1, §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 130 erster Fall, §§ 15, 146, 147 Abs. 2, § 148 erster Fall StGB eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren rechtskräftig verhängt worden. Derzeit verbüße der Beschwerdeführer seine Strafhaft.

Solcherart sei nicht nur der in § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG normierte Tatbestand verwirklicht, sondern das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige auch die öffentliche Ordnung und Sicherheit in gegenwärtiger, tatsächlicher und erheblicher Weise und berühre auch ein Grundinteresse der Gesellschaft, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der §§ 61 und 66 leg. cit - im Grunde des § 87 leg. cit. gegeben seien. Daran könne das Berufungsvorbringen nichts ändern. Der Beschwerdeführer, der seit 1999 insgesamt neunmal rechtskräftig und zu teils mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei, habe nachhaltig seine kriminelle Neigung dokumentiert und sich unbeeindruckt durch vorangegangene Verurteilungen, verbüßte Freiheitsstrafen und auch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gezeigt. Wie dargestellt, sei er gleichsam nach Haftentlassung erneut und in einem zunehmenden Maße wieder straffällig geworden. Solcherart stehe unzweifelhaft fest, dass er die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich durch seinen weiteren Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährden würde. Dass er derzeit seine mehrjährige Haftstrafe verbüße, könne daran nichts ändern. Auf Grund seines bisher an den Tag gelegten Fehlverhaltens müsse befürchtet werden, dass er nach seiner Haftentlassung mehr oder weniger sofort wieder einschlägig straffällig werde.

Der Beschwerdeführer sei seit 1987 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Der Ehe entstamme eine längst volljährige Tochter. Er sei seit vielen Jahren im Bundesgebiet niedergelassen, weshalb von einem erheblichen, mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen gewesen sei. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Verhinderung weiterer Straftaten und zum Schutz des Eigentums und Vermögens Dritter - dringend geboten sei. Weder die Vielzahl von Verurteilungen noch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes habe ihn davon abhalten können, immer wieder (vorwiegend) ältere oder wehrlose Personen zu bestehlen, zu betrügen und solcherart um ihr Geld zu bringen, um sich in insgesamt beträchtlicher Höhe unrechtmäßig zu bereichern. Jegliche für den Beschwerdeführer abzugebende Verhaltensprognose habe sohin zu seinen Ungunsten ausfallen müssen, zumal nicht erkennbar sei, wodurch er zu bewegen wäre, künftig ein straffreies Leben zu führen. Das Aufenthaltsverbot sei dringend geboten und sohin im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer seines inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration Bedacht zu nehmen gewesen. Laut seinen Angaben halte er sich seit 1971 im Bundesgebiet auf. Zumindest von 1973 bis 1981 habe er die Schule besucht. Gleichzeitig sei jedoch nicht nur zu berücksichtigen gewesen, dass er zwischen 1. Dezember 1989 und Mai 1998 über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe, sondern auch, dass er in der Zeit seines Aufenthaltes neunmal wegen teils erheblicher Straftaten zu insgesamt mehr als zwölf Jahren Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sei und durch seine Straftaten einen erheblichen finanziellen Schaden verursacht habe. Auch die familiären Bindungen zu Frau und Kind hätten ihn von seinen Straftaten keineswegs abhalten können. Solcherart erfahre die einer jeglichen Integration zugrunde liegende soziale Komponente eine ganz erhebliche Minderung. Auch von einer nachhaltigen Verfestigung am heimischen Arbeitsmarkt könne nicht ausgegangen werden. Das dem Beschwerdeführer solcherart insgesamt zuzusprechende Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet erscheine zwar gewichtig, auf Grund der dargestellten Umstände jedoch keinesfalls besonders ausgeprägt. Dem stehe das große öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation wögen nicht schwerer als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes. Den Kontakt zu seinen Familienangehörigen könne er - wenn auch eingeschränkt - vom Ausland aus wahrhaben, eine Einschränkung, die er im öffentlichen Interesse zu tragen haben werde. Dass er - wie vorgebracht - zu seinem Heimatstaat keine Bindungen mehr habe, sei insoweit nicht zu berücksichtigen gewesen, als mit dem Bescheid nicht darüber abgesprochen werde, in welches Land er auszureisen habe. Solcherart erweise sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe für die belangte Behörde keine Veranlassung bestanden, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Eine solche Ermessensübung stünde angesichts der Höhe der verhängten Freiheitsstrafen mit Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Übereinstimmung.

Was die unbefristete Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so könne im Hinblick auf das dargelegt Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers nicht vorhergesehen werden, ob jemals und gegebenenfalls wann die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.“

Der Verwaltungsgerichthof führte in seinen Erwägungen weiter aus:

„Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen wurde bereits im Jahr 1997 gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen, weil er, wie oben (I. 1.) dargestellt, wiederholt - so u.a. wegen der Begehung von zum Teil schweren Vermögensdelikten - verurteilt worden war. So war über ihn etwa im Jahr 1991 wegen der Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls und des gewerbsmäßigen schweren Betruges sowie weiterer Vergehen eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verhängt worden, weil er und seine Mittäter (u.a.) im Jahr 1990 zwölf Personen um etwa ATS 1.000.000,-- geschädigt hatten, wobei in allen Fällen das Alter und die Hilflosigkeit der Opfer ausgenützt worden waren. Auch die weiteren in der Folge über ihn verhängten Strafen hielten ihn nicht davon ab, erneut in einschlägiger Weise straffällig zu werden und Diebstahle und andere Vermögensdelikte zu begehen.

Selbst nach der - im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage durch das FrG erfolgten - Aufhebung des genannten Aufenthaltsverbotes im Jahr 1998 durch die Erstbehörde setzte der Beschwerdeführer sein strafbares Verhalten fort und beging - wie oben (I. 1.) dargestellt - zahlreiche Straftaten, wobei er - wie bereits in vorangegangen Jahren - nicht davor zurückschreckte, die Hilflosigkeit von behinderten oder betagten Personen auszunutzen. Unter anderem nötigte er am 16. März 2005 eine Frau mit Gewalt, indem er ihr einen heftigen Stoß gegen den Rücken versetzte, dazu, ihn in ihre Wohnung zu lassen, um in ihrer Wohnung Wertgegenstände wegzunehmen. Für seine Straftaten wurde er zu teils empfindlichen Freiheitsstrafen - so im Jahr 1999 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zuletzt im September 2005 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren - rechtskräftig verurteilt.

Entgegen der Beschwerdeansicht kann keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde keine ausreichenden Feststellungen zum persönlichen Verhalten des Beschwerdeführers getroffen und lediglich seine strafgerichtlichen Verurteilungen herangezogen habe. In Anbetracht des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers kann die Auffassung der belangten Behörde, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes unter dem Blickwinkel dieser Gesetzbestimmung zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.“

Der BF reiste im Oktober 2010 in Folge nach Serbien aus. Der Lebensmittelpunkt des BF lag in Folge bis April 2015 in Serbien. Am 30.04.2014 hatte der BF beim Bundesamt die Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbots beantragt, dieser Antrag wurde abgewiesen. Die dagegen an das BVwG erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 22.04.2015 zur GZ G311 2014275-1/9E erledigt und das unbefristete Aufenthaltsverbot des BF aufgehoben. Begründet wurde dies damit, dass die Straftaten des BF schon länger zurückliegen würden und der BF noch immer mit einer österr. Staatsbürgerin aufrecht verheiratet sei. Weiters kann folgende abschließende Passage der Begründung in diesem Erkenntnis festgestellt werden:

„Der Beschwerdeführer wird abschließend eindringlichst darauf hingewiesen, dass im Falle eines neuerlichen Fehlverhaltens auch unter Berücksichtigung seiner bisherigen Straftaten durchaus wieder die Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Betracht kommen kann.“

Der BF reiste im April 2015 wieder ins Bundesgebiet ein und hält sich somit durchgehend ca. 5 Jahre und 6 Monaten im Bundesgebiet auf. Im Jahr 2016 wurde der BF von seiner österr. Gattin geschieden, ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Ex-Gattin besteht spätestens seit Oktober 2016 nicht mehr. Der BF wohnt seitdem bei einer Bekannten in Wien XXXX .

Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom XXXX 2018 wurde der BF erneut strafrechtlich verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, einer Person ihre Bankomatkarte herausgelockt zu haben, und mit dieser in Folge unbefugt Einkäufe im Gegenwert von 118,15 € getätigt zu haben. Der BF tätigte dabei Einkäufe, deren Wert unter dem üblichen Limit für die Eingabe eines PIN (iaR 25€) lagen. Er hat dadurch die Vergehen der Entfremdung unbarerer Zahlungsmittel (§ 241e Abs. 1 StGb) und das Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs (§ 148a Abs. 1 StGB) begangen und wurde zu einer 15-monatigen - auf drei Jahre bedingt nachgesehen- Freiheitsstrafe verurteilt. Als Mildernd wurde das reumütige Geständnis gewertet, als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen.

Der BF war ab 17.09.1981 bis 08.06.2004 im Bundesgebiet erwerbstätig und ging verschiedenen Beschäftigungen (mit Unterbrechungen) nach, er hatte eine Malerlehre begonnen, aber nicht abgeschlossen. Demnach war der BF im Jahr 2016 7 Monate und im Jahr 2017 von Mai bis November 2017 als Arbeiter erwerbstätig. Zwischen diesen Zeiträumen und seit Ende 2017 bezog der BF (kurzfristig) Krankengeld bzw. sonst ausschließlich Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Die wirtschaftliche Integration des BF ist als nur in geringem Umfang gelungen festzustellen.

Die Ex-Gattin des BF sowie auch die Tochter des BF halten sich im Bundesgebiet auf. Es besteht mit keinem dieser Verwandten ein gemeinsamer Haushalt, diese sind auch vom BF nicht finanziell abhängig. Der BF verbringt seine Freizeit gelegentlich mit seiner Ex-Frau, zwei bis drei Mal in der Woche sieht er auch seine Tochter. Fundierte weitere soziale Anknüpfungspunkt des BF im Bundesgebiet können nicht erkannt werden. Mit Ausnahme seiner Familie verfügt der BF über keine umfangreichen sozialen Kontakte in Österreich. Der BF spricht aufgrund seiner im Bundesgebiet erfolgten Pflichtschulausbildung fließend Deutsch, Sprachprüfungen hat er nicht absolviert. Er ist nicht in Vereinen, in kultureller Hinsicht oder ehrenamtlich aktiv.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des BF ist festzustellen, dass dieser ua. an einer rezidivierenden depressiven Störung, Störungen durch multiplen Substanzgebrauch, CPOD Typ II, einer Fettleber und Refluxösophagitis leidet. An unmittelbar lebensbedrohenden Krankheiten leidet der BF nicht, er ist auch arbeitsfähig. Die Krankheiten des BF werden medikamentös durch gängige Präparate behandelt, darüber hinaus erhält der BF hinsichtlich der Substitutionstherapie eine Nachbetreuung durch den Verein Dialog. Diese Betreuung in Form von Therapie findet derzeit auf telefonischem Wege bzw. über Fernkommunikationsmittel statt.

Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet stellt eine in ihrem Umfang unterdurchschnittlich schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Zu den bisherigen Aufenthaltstiteln:

Der BF war in den letzten Jahren bis dato im Besitz von Aufenthaltstiteln. Aufgrund seiner damaligen Ehe mit einer österr. Staatsbürgerin verfügte der BF bei seiner Wiedereinreise im Jahr 205 über eine Aufenthaltskarte „Familienangehöriger“ gültig von Jänner 2016 bis Jänner 2017. Aufgrund der Scheidung wurde ihm nach Stellung eines Zweckänderungsantrages der Aufenthaltstitel „Rot-Weiss-Rot Karte Plus“ mit Gültigkeit von August 2016 bis August 2017 erteilt, dessen Gültigkeit in Folge über seinen Antrag bis XXXX 2018 verlängert wurde. Der BF brachte am XXXX 2018 einen rechtzeitigen Verlängerungsantrag bei der zuständigen Magistratsabteilung 35 (MA 35) der Stadt Wien ein. Aufgrund des zeitgleich eingeleiteten ggst. Verfahrens vor dem Bundesamt, wartet die MA 35 den Ausgang des ggst. Verfahrens vor dem Bundesamt ab.

Nach Zustellung des angefochtenen Bescheides am 15.11.2019 teilte das Bundesamt der
MA 35 Anfang Dezember 2019 mit, dass die Rückkehrentscheidung gegen den BF seit XXXX 2020 durchsetzbar sei. Die MA 35 stellte das Verfahren des BF über den Verlängerungsantrag nach dem NAG daraufhin am XXXX 2019 gemäß § 25 Abs. 2 NAG formlos ein. Nach entsprechender Anfrage durch das BVwG, warum das Verfahren vor Eintritt der Rechtkraft des angefochtenen Bescheides eingestellt wurde, teilte die MA 35 am 04.11.2020 mit, dass es ich um einen behördlichen Irrtum gehandelt habe, das Verfahren werde weitergeführt.

Zum Herkunftsstaat:

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Weiters kann hinsichtlich der länderspezifischen Umständen in Serbien wie folgt festgestellt werden:

„Covid-19 Pandemie

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wieder hergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der festgestellten COVID-19 Entwicklung am 15.3.2020 durch den Präsidenten verfügt worden (VB 11.5.2020).

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt (BTI 29.4.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.6.2020): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 3.6.2020
- BTI - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Serbia, 29. April 2020https://www.ecoi.net/en/file/local/2029446/country_report_2020_SRB.pdf, Zugriff 12.5.2020
- IOM - Internationale Organisation für Migration (26.5.2020): AVRR (Assisted Voluntary Return and Reintegration) Information, Flugeinschränkungen und COVID-19 spezifische Einreisebestimmungen (Stand: 26.5.2020), Auskunft von IOM, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020
- VB des BM.I für Serbien (11.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Grundversorgung / Wirtschaft

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9 %. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13 % prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05 % geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2 % gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.5.2019c): Serbien: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/wirtschaft/207504, Zugriff 3.10.2019
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.10.2019
- Statista - deutsches Online-Portal für Statistik (24.4.2020): Serbien, Arbeitslosenquote in Serbien bis 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/368629/umfrage/bruttoinlandsprodukt-bip-pro-kopf-in-serbien/, Zugriff 5.6.2020

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 5.6.2020

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.10.2019
- IOM - Internationale Organisation für Migration (geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernum=-2, Zugriff 19.9.2019

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden

gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020
- AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (24.9.2019): Serbien, Reisehinweise für Serbien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/serbien/reisehinweise-serbien.html, Zugriff 24.9.2019
- IOM - Internationale Organisation für Migration (geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernum=-2, Zugriff 19.9.2019

Covid-19 Pandemie - Gesundheitsversorgung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:

• Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben

• Keine Ausgangssperren

• Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke

• Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen

• Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten

• Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

• Kinos und Theater bleiben geschlossen

• Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing

• Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).

Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

Quellen:

- BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (11.5.2020): Republik Serbien, Aktuelle Hinweise, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/serbien/, Zugriff 11.5.2020
- DS - der Standard (16.4.2020): International, Europa, Serbien, Covid-19, Serbien wirft sich China an die Brust, https://www.oslobodjenje.ba/vijesti/region/postignut-dogovor-gradani-srbije-izlaze-na-izbore-21-juna-553995, Zugriff 5.5.2020
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (3.6.2020): Serbien, Reisehinweise für Serbien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/serbien/reisehinweise-fuerserbien.html, Zugriff 3.6.2020
- VB des BM.I in Serbien (11.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail
- WKO - Wirtschaftskammer Österreich (8.5.2020): Coronavirus: Situation in Serbien, Aktuelle Lage und Info-Updates, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-in-serbien.html#heading Einreise_und_Reisebestimmungen , Zugriff 11.5.2020

22.Rückkehr

Letzte Änderung: 5.6.2020

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein “Build Your Future”-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM 2019).

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 3.11.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.6.2020): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 3.6.2020
- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020
- IOM - Internationale Organisation für Migration (26.5.2020): AVRR (Assisted Voluntary Return and Reintegration) Information, Flugeinschränkungen und COVID-19 spezifische Einreisebestimmungen (Stand: 26.5.2020), Auskunft von IOM, per E-Mail
- IOM - Internationale Organisation für Migration (2019 - geändert 19.3.2020): Länderinformationsblatt Serbien 2019, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2019%2C_deutsch.pdf?nodeid=21859810&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020

Zur Situation des BF bei seiner Rückkehr nach Serbien:

Der BF hat bei seiner Rückkehr nach Serbien Anspruch auf Sozialhilfe, soweit er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, er hat weiters Anspruch auf eine kostenlose gesetzliche Krankenversicherung. Ihm steht die Teilnahme an Wiedereingliederungsprojekten wie dem StarthilfePlus - Level D Programm der IOM im Hinblick auf Hilfe bei Wohnungssuche offen. Die maßgeblichen und im Inland medikamentös behandelten Erkrankungen des BF sind in Serbien ebenfalls medikamentös behandelbar. Die psychischen Problematiken des BF sind in Serbien ebenfalls zumindest medikamentös und grds. auch in Form von Psychotherapie behandelbar, weiters ist auch eine medikamentöse Substitutionstherapie möglich. Es ist nicht erkennbar, dass der BF bei seiner Rückkehr nach Serbien diesbezüglich in eine ausweglose Lage oder lebensbedrohliche Situation gerät.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes und in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts sowie durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen, und durch Einvernahme des BF am heutigen Tag sowie vor dem Bundesamt, sowie der Einvernahme Ex-Gattin des BF sowie der Tochter des BF als Zeuginnen am heutigen Tag.

Die Feststellungen zum bisherigen Aufenthalt des BF und dem Inhalt der Vorverfahren vor der BPD Wien, dem VwGH und dem BVwG beruhen auf dem Verwaltungsakt der belangten Behörde (AS 311ff) und dem Gerichtsakt des BVwG zur GZ G 311 2014275-1. Dass die MA 35 das Verfahren des BF nach dem NAG über seinen Verlängerungsantrag gemäß § 25 Abs. 2 NAG rechtsirrig eingestellt hat, ergibt sich aus der Mitteilung der MA 35 an das Bundesamt vom XXXX 2019 im Verwaltungsakt sowie aus der diesbezüglichen Bestätigung der MA 35 an das BVwG (OZ 11). Da es sich hierbei um einen Irrtum handelt, da die Rechtskraft des angefochtenen Bescheides bis dato nicht eingetreten ist, teilte die MA 35 am 4.11.2020 (OZ 12) mit, dass das Verfahren weitergeführt werde, somit ist mit 05.11.2020 das Verlängerungsverfahren nach dem NAG des BF (weiter) anhängig.

Die Feststellungen zum Aufenthalt des BF seit April 2015 und zu den familiären und persönlichen Umständen des BF basieren der Einvernahme des BF vor dem Bundesamt (AS 668f) sowie auf der Einvernahme des BF und der Zeuginnen am heutigen Tag. Die nur geringe wirtschaftliche Integration des BF ergibt sich aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Erwerbstätigkeiten des BF seit seiner Wiedereinreise im Jahr 2015. Aus dem eingeholten Auszug ergibt sich ein deutliches Überwiegen des Bezugs von Sozialleistungen ggü. nur kürzerer Erwerbstätigkeiten. Die Feststellung zur nur moderaten sozialen bzw. gesellschaftlichen Integration beruht maßgeblich dem persönlichen Eindruck des BF in der mündlichen Verhandlung am 05.11.2020 und seinen dort getätigten Angaben, insbesondere der Angabe des BF, er habe keinen großen Freundes- oder Bekanntenkreis mehr.

Die Feststellungen zur Straffälligkeit und zu den Umständen der Verurteilungen des BF bis zum Jahr 2005 beruhen auf dem eingeholten Strafregisterauszug sowie auf der festgestellten Begründung des VwGH Erkenntnis vom 31.03.2008 (Zl. 2008/18/0467). Die Feststellungen zur Verurteilung des BF im Mai 2018 beruhen auf der im Verwaltungsakt einliegenden Urteilsabschrift (AS 629f) sowie den Angaben des BF hierzu im Rahmen der Verhandlung.

Auf die bisherige und die neuerliche Straffälligkeit des BF stützt sich auch die Feststellung, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet derzeit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, das der BF aufgrund seiner erheblichen und durchaus schweren Straften bereits erstmals 1997 und nochmals Ende 2008 rechtkräftig mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot belegt wurde, wobei ihn das letztverhängte Aufenthaltsverbot letztlich zur Ausreise im Jahr 2010 nach seiner Haftentlassung zwang. Nach einem Antrag auf Aufhebung des BF wurde dieses Aufenthaltsverbot im Beschwerdeweg vom BVwG Anfang 2015 aufgehoben, um dem BF nach 5 Jahren in Serbien wieder ein Leben mit seiner Gattin und regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie zu ermöglichen. Der BF wurde von der erkennenden Richterin in diesem Erkenntnis mit Nachdruck darauf hingewiesen dass bei jeder weiteren Straffälligkeit eine erneute Aufenthaltsbeendigung sehr wahrscheinlich ist. Weder das Aufenthaltsverbot, dass den BF fünf Jahre lang nach Serbien zwang, noch dieser ausdrückliche Apell im genannten Erkenntnis, mit welchem dem letztlich BF eine zweite Chance auf ein Leben in Österreich eingeräumt wurde, haben gefruchtet. Der BF wurde bereits im Jänner 2018 – nicht einmal drei Jahre nach seiner Wiedereinreise – erneut straffällig, wobei er wieder ein Vermögensdelikt beging, das in der Art der Ausführung an seine früheren Taten erinnert. Er hatte sich vorsätzlich eine Bankomatkarte einer dritten Person verschafft und mit dieser unbefugt bargeldlose Zahlungen getätigt. Es ist daher schon aufgrund der rechtkräftigen Verurteilung nicht glaubwürdig, wenn der BF nunmehr bei seiner Einvernahme in der Verhandlung behauptet, dies sei alles nur ein „abgekartetes Spiel“ jener Frau gewesen, mit der er damals unterwegs war. Der BF machte bei seiner Einvernahme auf den erkennenden Richter diesbezüglich keinen reuigen, sondern einen deutlich mehr von Selbstmitleid dominierten Eindruck. Er gab nur an, dass diese Bekannte ihn „fertig machen wollte“ und alle Vorwürfe seien (sinngemäß) erfunden. So versuchte der BF seine letzte strafrechtlich relevante Handlung auch in der mündlichen Verhandlung ausschließlich als Komplott abzutun. Hinsichtlich seiner älteren Verurteilungen gab er an, er sei „aus diesen Kreisen“ eben nicht herausgekommen und deswegen immer wieder straffällig geworden. Diese Umstände ergeben daher die Feststellung, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, da unter diesen Vorzeichen und angesichts dieser Vorgeschichte weitere Tatbegehungen durch den BF wahrscheinlich sind. Festzuhalten ist aber auch, dass angesichts des minderschweren Vermögendeliktes mit einem Schaden von ca. 120 € nicht von einer massiv-schwerwiegenden, sondern von eher von einer insgesamt unterdurchschnittlich schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen werden kann, auch wenn der BF erneut demonstriert hat, dass er die Rechtsordnung im Hinblick auf strafrechtliche Bestimmungen nicht zu achten bereit ist.

Die Feststellungen zu den maßgeblichen Krankheiten, an denen der BF leidet sowie dass diese im Bundesgebiet – neben der Nachbetreuung durch den Verein Dialog – medikamentös behandelt werden und der BF hierzu bestimmte Medikamente einnimmt, beruht auf den vorgelegten Behandlungsunterlagen des Therapiezentrum Ybbs vom 29.08.2019 und der Aussage des BF in der Verhandlung vor dem BVwG. Der BF gab auch an, dass die Betreuung durch den Verein Dialog aufgrund der COVID-19 Pandemie über Fernkommunikationsmittel erfolgt.

Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat beruht auf § 1 Z 6 Herkunftsstaaten-Verordnung (in Folge kurz als „HStV“ bezeichnet). Die weiteren Feststellungen zu Serbien basieren auf Auszügen aus dem Länderinformationsblatt Serbien idF 05.06.2020 der Staatendokumentation des Bundesamtes. Die diesbezüglich dort enthaltenen Informationen sind nachvollziehbar und glaubwürdig, zumal die Staatendokumentation als unparteiliche Stelle agiert und nur der korrekten Dokumentation der Situation in Herkunftsstaaten verpflichtet ist. Der bloßen Behauptung des Vereins „Dialog“ in den vorgelegten Behandlungsunterlagen des BF, dass eine Behandlung des BF wegen seiner multiplen Substanzabhängigkeit und seiner rezidiven Depressionssituation in Serbien gar nicht möglich sei, kommt keine Glaubwürdigkeit zu. Der Verein „Dialog“ ist eine NGO zur Behandlung von suchtkranken Personen; eine Kompetenz zur Ländergutachtlichen Feststellung welche Behandlungen in Heimatländern möglich sind oder nicht, kommt diesem Verein zweifelsfrei nicht zu. Dementgegen stehen die nachvollziehbaren - gegenteiligen- Angaben insbesondere in Punkt 21 des Länderinformationsblattes Serbien der Staatendokumentation, wonach sowohl psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen und auch Atemwegserkrankungen wie COPD in Serbien medikamentös behandelbar sind. So sind auch alle gängigen Medikamente in Serbien zu im Bundesgebiet vergleichbaren Preisen verfügbar bzw. können seltenere Medikamente bei Bedarf von Apotheken bestellt werden. Dass der BF nicht an unmittelbar lebensbedrohenden Krankheiten leidet, gibt er selbst an und gehen solche auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervor. Hinsichtlich der Feststellung, dass der BF – entgegen der impliziten Behauptung in der Beschwerde – faktisch arbeitsfähig und auch arbeitswillig ist, beruht auf seiner eigenen Angabe bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 692) und der Bekräftigung dieser Aussage in der mündlichen Verhandlung, sowie der Tatsache, dass der BF zwischen 2016 und 2017 auch erwerbstätig war. Es kann daher entgegen des Vorbringens in der Beschwerde keine Rede davon sein, dass dem BF die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Serbien absolut unzumutbar wäre.

Dass der BF Zugang sowohl zur Sozialhilfe als auch zu einer kostenfreien Krankenversicherung in Serbien hat, ergibt sich ebenfalls aus dem Angaben des Länderinformationsblattes Serbien, wonach der BF bei seiner Rückkehr unter Vorlage entsprechender Dokumente eine solche unmittelbar nach seiner Einreise beantragen kann. Weiters ergibt sich aus den Informationen zur Rückkehr serbischer Staatsangehöriger, dass der BF auch Hilfe im Wege von Reintegrationsprojekten annehmen kann. Generell ist aber festzuhalten, dass der BF bereits von 2010 bis 2015 in Serbien gelebt hat, ohne erkennbar in seine ausweglose Situation zu geraten. Die diesbezügliche fünfjährige Erfahrung wird es dem BF auch erleichtern, für die verhältnismäßig kurze Dauer von 18 Monaten in Serbien wieder Fuß zu fassen. Es ist daher aufgrund dieser Umstände bzw. Beweismittel nicht davon auszugehen, dass der BF bei Rückkehr nach Serbien trotz seines nicht mehr jungen Alters in eine ausweglose oder lebensbedrohende Situation geraten wird.

Weitere Feststellungen zum Herkunftsstaat waren fallbezogen mangels Relevanz nicht angezeigt, da der BF in keiner Weise eine asylrelevante oder andere Form der Verfolgung oder Bedrohung behauptet hat. Vielmehr gab der BF selbst bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt an, im Fall der Rückkehr keine Angst vor Verfolgung oder sonstiger staatlicher oder privater Repressalien zu haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1. Rechtsgrundlagen:

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 1

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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