TE Bvwg Beschluss 2020/9/22 W280 2234804-1

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Veröffentlicht am 22.09.2020
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Entscheidungsdatum

22.09.2020

Norm

AVG §39 Abs2
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs5
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §26a

Spruch

W280 2234804-1/6E

W280 2234804-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX .10.1994, StA. Kosovo, vertreten durch RA Dr. Gerhard MORY, 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2020, Zl. XXXX und vom XXXX .08.2020, Zl. XXXX :

A)

I. Die Beschwerdeverfahren werden gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

In Verfolg zu einer rechtskräftigen Verurteilung durch das Landesgericht XXXX am XXXX . Dezember 2019 wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer (BF) ein aufenthaltsbeendendes Verfahren eingeleitet. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde dem BF am XXXX .02.2020 im Rahmen des Parteiengehörs durch Hinterlegung an der Wohnsitzadresse zur Kenntnis gebracht.

Binnen der eingeräumten Frist von 14 Tagen wurde weder seitens des BF eine Stellungnahme hierzu abgegeben, noch wurde das Schriftstück an die Behörde retourniert.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom XXXX .03.2020 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Kosovo zulässig sei, gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG ein auf die Dauer von 5 (fünf) Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), dem BF gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

In Verfolg zu der am XXXX .07.2020 erfolgten Festnahme des BF teilte der BF der belangten Behörde durch seinen Rechtsvertreter mit, dass keine Zustellung des der Festnahme zugrundeliegenden Bescheides erfolgt und dieser sohin nicht rechtskräftig sei. Gleichzeitig wurde seitens des BF vorsorglich gegen die Rückkehrentscheidung, von deren Existenz der BF erstmals durch ein Telefonat seines Rechtsvertreters mit dem zuständigen Referenten der belangten Behörde am XXXX .07.2020 Kenntnis erlangt habe, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben.

Am XXXX .07.2020 wurde dem Rechtsvertreter des BF Akteneinsicht gewährt und erhob der BF folglich mit Schriftsatz vom XXXX .07.2020 ein Vorbringen zur Rechtswidrigkeit des Zustellvorganges und eine Ergänzung des Beschwerdevorbringens. Des Weiteren stellte der BF vorsorglich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, brachte vorsorglich neuerlich eine Beschwerde ein und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Bescheid des BFA vom XXXX .08.2020, Zl. XXXX wurde der Antrag des BF vom XXXX .07.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG als verspätet zurückgewiesen und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß Absatz 4 leg.cit. ausgeschlossen.

Die belangte Behörde hat die gegenständliche Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am XXXX .09.2020, eingelangt am XXXX .09.2020, vorgelegt.

Mit Beschluss des BVwG vom XXXX .09.2020 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom XXXX .03.2020 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am XXXX .09.2020, eingelangt am XXXX .09.2020, hat das BFA dem BVwG die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX .08.2020 betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde dagegen, vorgelegt.


II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX .10.1994 geborene BF ist Staatsangehöriger von Kosovo und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Zif. 10 FPG. Er hält sich seit 2012 aufgrund eines vom Magistrat der Stadt Salzburg ausgestellten Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte Plus“ legal in Österreich auf und ist seit XXXX .03.2012 durchgehend im Bundesgebiet behördlich gemeldet.

Festgestellt wird, dass der BF bis zum Entscheidungszeitpunkt 6 (sechs) Mal, zuletzt mit Urteil des Landesgericht XXXX vom XXXX .12.2019, zu XXXX , strafrechtlich verurteilt wurde.

Der BF wurde hierauf im Rahmen des Parteiengehörs am XXXX .02.2020 durch Hinterlegung an der Wohnadresse von der beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt und diesem die Möglichkeit eingeräumt binnen 14 Tagen hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Eine solche erfolgte nicht.

Festgestellt wird, dass der am XXXX .04.2020 der belangten Behörde rückübermittelte „Zustellnachweis“ (Rückschein) betreffend den Bescheid vom XXXX .03.2020 weder einen Hinweis, der auf das Datum der Hinterlegung schließen ließe, enthält noch einen Vermerk enthält, ob eine Hinterlegung stattgefunden hat.

Festgestellt wird, dass eine Benachrichtigung des BF entsprechend der am 22.03.2020 in Kraft getretenen und am 14.05.2020 außer Kraft getretenen Bestimmung des § 26a ZustellG (Zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19), wonach dieser durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Zustellung zu verständigen ist, soweit dies ohne Gefährdung der Gesundheit des Zustellers möglich ist, nicht erfolgt ist.

Eine rechtswirksame Zustellung an der Abgabestelle ist nicht erfolgt.

Festgestellt wird, dass der Rechtsvertreter anlässlich der ihm am XXXX .07.2020 gewährten Akteneinsicht Kenntnis von dem der Beschwerde zugrundeliegenden Bescheid erlangt hat.

Eine – abseits der von der belangten Behörde behaupteten Zustellung durch Hinterlegung an der Abgabestelle - neuerliche Zustellung an den BF ist nicht erfolgt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in die bekämpften Bescheide und in die Beschwerden. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und der Grundversorgung zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Identität des BF sowie seines seit 2012 rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ergeben sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen sowie der amtlicherseits eingeholten Auskunft aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.

Die Feststellungen betreffend die strafrechtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregister der Republik Österreich.

Die Verständigung des BF von der beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich aus der im Verfahrensakt einliegenden Verständigung von der am XXXX .02.2020 erfolgten Hinterlegung des entsprechenden Schriftstückes an der Abgabestelle, welcher der BF in seinen Beschwerden auch nicht entgegengetreten ist.

Der an die belangte Behörde rückübermittelte blaue „Zustellnachweis“, der im Verfahrensakt einliegt, enthält – abgesehen von einer unleserlichen Paraphe und dem darüberliegenden Abdruck eines Stempels auf dem im oberen Bereich die Bezeichnung „Salzburg“, in der Mitte desselben die Zeichen“31-3.20-19“ sowie im unteren Bereich die Ziffern „5020“ (Anm.: Postleitzahl von Salzburg) lesbar sind, keinen weiteren Vermerk. Weder wurden die vorgedruckten Felder für die Dokumentation eines Zustellversuches, die Verständigung über die Hinterlegung, die Annahmeverweigerung, der Beginn der Abholfrist oder betreffend die Übernahmebestätigung befüllt, noch finden sich – abseits der erwähnten Paraphe und der Stampiglie - irgendein Hinweis der auf eine Hinterlegung an der Abgabestelle schließen ließe. Der im Verfahrensakt einliegende E-Mail-Verkehr zwischen der belangten Behörde und dem Zustelldienst (AS 137 und AS 207) indiziert zudem, dass seitens der belangten Behörde offensichtlich selbst Zweifel an einer Zustellung gegeben waren und sind. Eine Feststellung wann und ob der Bescheid vom XXXX .03.2020 durch Hinterlegung an der Abgabestelle zugestellt wurde kann daher nicht getroffen werden.

Aus dem Verfahrensakt ist des Weiteren kein Hinweis ersichtlich, dass eine Benachrichtigung des Bescheid Empfängers, wie dies die am 22.03.2020 in Kraft getretene und am 14.05.2020 außer Kraft getretene Bestimmung des § 26a Zif 1 2.Satz ZustellG (Zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19) vorgesehen hat, erfolgt ist. Auch wurde die Vornahme einer solchen Benachrichtigung weder von der belangten Behörde noch vom Zustelldienst behauptet.

Dass der Rechtsvertreter anlässlich der ihm am XXXX .07.2020 gewährten Akteneinsicht Kenntnis jenem Bescheid erlangte, mit welchem gegen den BF eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wurde, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen, dem von der belangten Behörde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellung, wonach eine – abseits der vom BFA vertretenen Ansicht einer erfolgten Zustellung durch Hinterlegung an der Abgabestelle - neuerliche Zustellung des bekämpften Bescheides an den BF nicht stattgefunden hat, ergibt sich aus dem Verfahrensakt und dem Beschwerdevorbringen und korreliert mit der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961 des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I:

Das BVwG ist gemäß § 17 VwGVG iVm. § 39 Abs. 2 AVG berechtigt, Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden, wenn dies auf Grund der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Kostenersparnis geboten erscheint.

Im konkreten Fall liegen die Voraussetzungen einer Verbindung der beiden Verfahren (Beschwerde gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme und Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens) vor, weil das wesentliche Element beider Verfahren die Frage der erfolgten Zustellung des den Beschwerden zugrundeliegenden Bescheides der belangten Behörde darstellt.

Zu Spruchpunkt II:

Durch das 2. COVID-19-Gesetz, BGBl. I. Nr. 16/2020, wurde im ZustellG nach § 26 (Zustellung ohne Nachweis) ein neuer, mit 22.03.2020 in Kraft getretener und am 14.05.2020 außer Kraft getretener, § 26a eingefügt, der zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19 beinhaltete. Gemäß dieser Bestimmung galt die Zustellung eines Dokumentes mit Zustellnachweis durch das Einlegen in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) oder Zurücklassen an der Abgabestelle sofort bewirkt.

Der 2. Satz dieser Bestimmung sah jedoch vor, dass der Empfänger, soweit dies ohne Gefährdung des Zustellers möglich war, durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten konnten, von der Zustellung zu verständigen sind (zB über eine allfällige Gegensprechanlage oder durch die Wohnungstüre; S. 14 112/BA XXVII. GP.).

Die Zustellung, die Form der Verständigung von der Zustellung sowie gegebenenfalls die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war, waren gemäß Zif. 3 leg.cit. vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

Vor dem Hintergrund, dass im vorliegenden Fall der Rückschein (wie unter Punkt II.1. und II.2. ausgeführt) keinerlei Angaben oder Hinweise auf Zeitpunkt und Ort der Hinterlegung sowie über eine erfolgte Mitteilung gemäß Zif. 2 leg.cit., respektive Gründe, die einer Verständigung über die erfolgte Zustellung entgegengestanden sind (Zif. 3 leg.cit.), enthält, kann weder von einer ordnungsgemäßen Zustellung des bekämpften Bescheides ausgegangen werden noch sind für das Gericht Anhaltspunkte erkennbar, dass eine solche Zustellung stattgefunden hat.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß den §§ 7 und 9 ZustellG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger (Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt.

Ein tatsächliches Zukommen setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht.

Auch die Kenntnis, dass das Schriftstück hinterlegt worden sei, genügt nicht (vgl. Bumberger/Schmid, ZustG § 7 E 57 ff). Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstückes (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. Ritz, BAO6, § 7 ZustG Rz 7).

Die Kenntnisnahme von einem Bescheid im Zuge einer Akteneinsicht durch einen Parteienvertreter bzw. der Umstand, dass diesem tatsächlich eine Kopie eines Bescheides zukommt, der im Original nicht dem im Verfahren ausgewiesenen Vertreter der Partei sondern der Partei selbst zugestellt wurde, kann den in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegenen Verfahrensmangel nicht heilen (vgl. VwGH vom 30.09.1999, 99/02/0102 ua.)

Im Einparteienverfahren setzt die Erhebung einer Beschwerde zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus. Mangels rechtsgültiger Erlassung eines zugrundeliegenden Bescheides ist sohin die gegenständliche Beschwerde des BF als unzulässig zurückzuweisen.

Gemäß § 33 VwGVG ist der Antrag einer Partei, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Grundvoraussetzung ist sohin das versäumen einer (verfahrensrechtlichen) Frist, deren Ablauf die Möglichkeit, eine Verfahrenshandlung zu setzen (zBsp. eine Beschwerde zu erheben) beendet. Die Frist, bezüglich der Wiedereinsetzung erfolgen soll, muss versäumt sein, d.h. dass sie – nach den entsprechenden Verfahrensvorschriften begonnen haben und ungenützt verstrichen sein muss (s. VwGH 16.12.2016, Ra 2014/02/0150, VwGH 3.11.2004, 2004/18/0265; 14.4.2007, 2007/18/0191).

Im vorliegenden Fall hat mangels einer erfolgten Zustellung des Bescheides der Lauf einer Frist nie zu laufen begonnen, weshalb auch der Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG iVm. mit § 33 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen war.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid sowie der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Zif 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.


Zu B): Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (s. die o. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen bzw. liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheiderlassung Fristenlauf Rechtsmittelfrist Unzulässigkeit der Beschwerde Verfahrensverbindung Zurückweisung Zustellmangel Zustellung Zustellung durch Hinterlegung Zustellwirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W280.2234804.1.01

Im RIS seit

14.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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