TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/13 W282 2233872-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2020
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Entscheidungsdatum

13.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W282 2231451-1/3E
W282 2231449-1/3E
W282 2233872-1/3E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, 2.) XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch XXXX , alle vertreten durch RAin Maga. Niki ZAAR, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2020 1.) Zl. XXXX , 2.) Zl. XXXX , 3.) Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 66 Abs. 1 FPG, § 55 NAG und
§ 70 Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF 1) ist der Vater und gesetzlicher Vertreter des mj. Zweitbeschwerdeführers (BF 2) und des ebenfalls mj. Drittbeschwerdeführers (BF 3). Die Beschwerdeführer sind serbische Staatsangehörige. Am 19.06.2019 setzte die Magistratsabteilung 35 (in Folge auch kurz „MA 35“) der Stadt Wien das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch kurz Bundesamt oder belangte Behörde) gemäß § 55 Abs. 3 NAG davon in Kenntnis, dass der BF 1, der im Besitz einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige von EWR-Bürgern sei, von einer bulgarischen Staatsbürgerin (die nicht die Mutter des BF 2 und 3 ist), mit der er am XXXX .2016 die Ehe geschlossene hatte, am XXXX .2018 geschieden worden sei. Der BF 1 habe für den BF 2 und BF 3, die seine mj. Söhne seien, im April 2017 ebenfalls die Ausstellung von entsprechenden Aufenthaltskarten bei der MA 35 beantragt, die auch ausgestellt wurden. Da die Ehe des BF 1 mit der bulgarischen Staatsbürgerin weniger als drei Jahre gedauert habe, sei gemäß § 54 Abs. 5 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht des BF 1 erloschen. Da die BF 2 und 3 ihr Aufenthaltsrecht von jenem des BF 1 ableiten, sei dieses ebenfalls erloschen.

2. Dem BF 1 wurde anschließend mit Schreiben des Bundesamtes vom 15.10.2019 mitgeteilt, dass er und seine Söhne aufgrund der erfolgten Ehescheidung die Voraussetzungen für die unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr erfüllen. Er wurde um Beantwortung näher genannter Fragen zu seinen Privat- bzw. Familienverhältnissen und jenen des BF 2 und 3 sowie um Vorlage der entsprechenden Belege ersucht. Für die Abgabe einer Stellungnahme räumte das Bundesamt dem BF 1 eine Frist von zwei Wochen ein.

3. In der daraufhin eingelangten Stellungnahme brachte der BF 1 unter Vorlage diverser Urkunden durch seine Rechtsvertretung zusammengefasst vor, die Ehe sei geschieden worden, da seine Ex-Gattin mit seiner Erkrankung (Morbus Crohn) nicht umzugehen gewusst habe. Er sei wegen seiner Krankheit in ständiger Behandlung, sei strafgerichtgerichtlich unbescholten, seine Kinder – BF 2 und 3 - würden in Wien eine Mittelschule besuchen. Er sei beruflich gut integriert, weil er über einen Führerschein A-D verfüge. Er sei momentan nicht erwerbstätig, da das Arbeitsmarktservice seinem bisherigen Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass seine Aufenthaltskarte erloschen sei. In Serbien lebten die Mutter und die Schwester des
BF 1 (Großmutter und Tante des BF 2 und 3). Sowohl er als auch seine Kinder seien krankenversichert.

4. Am 07.11.2019 erfolgte durch Beamte Landespolizeidirektion Wien eine Wohnsitzüberprüfung an der Meldeadresse des BF. Der BF wurde angetroffen und von den Beamten festgestellt, dass sich der BF 1 sowie BF 2 und BF 3 an dieser Adresse aufhalten. Der BF 1 gab bei der Überprüfung ggü. den Beamten an, seine Frau lebe in Serbien und wollte nicht nach Österreich kommen.

5. Am 19.11.2019 wurde die Ex-Gattin (in Folge „Zeugin“) des Beschwerdeführers durch das Bundesamt als Zeugin niederschriftlich einvernommen. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, es habe sich nicht um eine Aufenthaltsehe gehandelt. Sie befinde sich seit 2004 im Bundesgebiet, da sie hier Arbeit gesucht und gefunden habe. Sie habe den BF 1 im August 2016 an einem Obststand in Wien 23, den sie damals betrieben habe, kennengelernt. Nach mehrmaligen Treffen hätten sie und der BF 1 beschlossen zusammenzuziehen. Ihr sei es aber aus religiösen Gründen wichtig gewesen, zuvor zu heiraten, zumal ihre Mutter dies verlangt hätte. Nachdem sie sich die entsprechenden Unterlagen in ihren Heimatstaaten besorgt hätten, hätten sie am XXXX .2016 in Bulgarien geheiratet und in Serbien gefeiert. Sie gebe sich selbst die Schuld für das Scheitern der Ehe, sie habe zu lange alleine gelebt bzw. sei zu früh Witwe geworden. Man habe die Heirat übereilt, es tue ihr leid, wenn sie dem BF 1 geschadet habe.

Der BF 1 habe auch seine Kinder nach Österreich geholt, die jetzt die Schule besuchen würden. Sie wisse nicht, ob der BF 1 zuvor schon verheiratet gewesen sei. Die Kinder habe er mit einer früheren Lebensgefährtin bekommen. Der BF 1 habe die Kinder Mitte 2017 in Bundesgebiet geholt, dies wegen der besseren Bildungschancen. Sie habe mittlerweile keinen Kontakt zum BF 1 mehr. Die Ehe sei auch deswegen in die Brüche gegangen, da sie eine neue Firma eröffnen wollten, der BF 1 habe aber unter seiner Krankheit gelitten und sie habe dem wohl nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Sie wisse aber nicht genau woran der BF 1 leide. Der BF 2 und BF 3 seien sehr kontaktscheu gewesen und wollten selten etwas mit ihr unternehmen. Sie hätten die meiste Zeit mit dem BF 1 verbracht. Gewohnt hätten sie mit den Kindern in einer 30m² Wohnung in Wien 13. Der BF 1 habe keine Hobbies von denen sie wisse, die BF 2 und 3 wären die meiste Zeit vor dem Fernseher gesessen oder hätten elektronische Spiele gespielt. Sie habe nicht wahrgenommen, das der BF 2 und 3 Freunde mit nach Hause gebracht hätten.

6. Am 12.12.2019 wurde schließlich der BF 1 – auch als gesetzlicher Vertreter für den BF 2 und 3- in Anwesenheit seines Rechtsvertreters vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Er gab darin an gesund zu sein, seinen Kindern gehe es auch gut. Er sei der alleinige Obsorgeberechtigte für den BF 2 und 3. Er bitte darum arbeiten zu können und hierbleiben zu können, der BF 2 und 3 würden hier auch die Schule besuchen. Der BF 2 und 3 entstammen nicht der Ehe mit seiner bulgarischen Ex-Gattin, sondern einer Beziehung mit seiner früheren Lebensgefährtin in Serbien, dort halte sich die Mutter der Kinder auch auf. Nachdem er nach Österreich gegangen sei, habe er mit seiner früheren Lebensgefährtin die Entscheidung getroffen, dass es für die Kinder besser sei, in Österreich die Schule zu besuchen. Er habe seine Ex-Gattin in Wien 23 an einem Obststand kennengelernt und sie am XXXX .2016 in Bulgarien geheiratet, da die Mutter der Ex-Gattin dies verlangt habe. Die Ehe sei wegen der Gründung einer eigenen Firma in die Brüche gegangen, man habe einfach nicht mehr genug Zeit miteinander verbracht. Der Grund für die Streitigkeiten sei auch seine Erkrankung gewesen. Letztlich habe man sich Anfang 2018 scheiden lassen. Der BF 2 und 3 würden in Wien 3 die Schule besuchen, es gehe ihnen gut dort. Der BF 2 und 3 hätten dort auch Freunde, diese kämen aber nicht nach Hause zu Besuch.

Er sei im Juli 2016 ins Bundesgebiet eingereist, dann aber wieder nach Serbien zurückgekehrt, da er sich nur drei Monate ohne Visum im Schengenraum aufhalten durfte. Er wisse nicht mehr, wann er danach wieder eingereist sei. Er habe eine Einstellungszusage seines bisherigen Arbeitsgebers, für den Fall, dass er im Bundesgebiet bleiben könnte. Er und der BF 2 und 3 seien sozialversichert. Der BF 2 und BF 3 hielten sich erstmals um den 24.04.2017 im Bundegebiet auf, da hätten sie auch die Aufenthaltskarten bekommen. Dann seien der BF 2 und 3 wieder nach Serbien zurückgekehrt und hätten dort das Schuljahr vollendet. Im Sommer 2017 seien sie dann dauerhaft nach Österreich gezogen und besuchten seitdem hier die Schule. Der BF 2 und 3 hätten aber Probleme beim Erlernen der deutschen Sprache. Er und der BF 2 und 3 hätten keine Verwandten in Österreich, er habe aber Freunde. Auch der BF 2 und 3 hätten Freunde in der Schule gefunden, diese würden aber nicht zu ihnen nach Hause eingeladen. Er habe an einer Deutschprüfung auf A2-Niveau teilgenommen und er habe noch eine Prüfung am 19.12.2019. Er sei bei einer Baufirma beschäftigt gewesen, davor habe er als Aushilfe in einem Restaurant gearbeitet. Derzeit beziehe er Arbeitslosengeld. In Serbien habe er als Taxifahrer gearbeitet. Er habe mit seinen Verwandten in Serbien selten Kontakt. Seine Mutter sei mit seiner Lebensweise nicht einverstanden gewesen und war traurig, weil der
BF 1 mit den Kindern ins Ausland ging. Es bestünden aber bei einer Rückkehr nach Serbien keine wir immer gearteten Befürchtungen.

7. Mit Urkundenvorlage vom 23.12.2019 legte der BF 1 durch seinen Rechtsvertreter eine Einstellungszusage eines Bauunternehmens zu seinen Gunsten, eine Betreuungsvereinbarung des AMS, eine Bestätigung darüber, dass der BF 1 an einer Prüfung für den ÖIF Deutsch-Test auf A2-Niveau teilgenommen hat (und die Prüfungsergebnisse in 2 bis 5 Wochen eintreffen würden), die Zustimmungserklärung der ehemaligen Lebensgefährtin zur Obsorgeübertragung des BF 2 und 3 an den BF 1 und eine Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe vor.

8. Mit (angefochtenen) Bescheiden vom XXXX 2020 zu den im Spruch genannten Zahlen wurde der BF 1 und der BF 2 und 3 jeweils aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und jeweils ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

Begründend führte das Bundesamt zusammengefasst aus, das Aufenthaltsrecht des BF 1 sei erloschen, weil seine Ehe mit einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin nicht für die erforderlichen drei Jahre gemäß § 54 Abs. 5 Z 1 NAG aufrecht gewesen sei. Die Ehe habe nur von XXXX .2016 bis XXXX .2018 bestanden, weshalb eine Ausweisung zu erlassen sei. Die BF 2 und 3 leiteten ihr Aufenthaltsrecht als Familienangehörige des BF 1 von diesem ab; erlösche dessen Aufenthaltsrecht erlösche auch ihres. Die Ausweisung stelle auch keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung sei daher festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden.

6. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und führten dabei nach einer Wiedergabe des Gesetzestextes –sinngemäß - aus, eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG sei unzulässig, da der begünstigte Drittstaatsangehörige BF 1 zur Arbeitssuche eingereist sei und nachweisen könne, dass er weiterhin Arbeit suche und begründete Aussicht habe, eingestellt zu werden. Weiters wurde vorgebracht, die Ehe des BF 1 sei ua. wegen seiner Erkrankung geschieden worden mit der die Ex-Gattin des BF 1 nicht umgehen habe können. Der BF 1 sei arbeitsfähig wenngleich er in Behandlung in einer Krankenanstalt stehe. Der BF 2 und 2 seien in der Schule, die sie besuchten, gut integriert. Der BF 1 sei beruflich gut integriert, weil über einen Führerschein für die Klassen A bis D verfüge. Es läge eine Einstellungszusage zugunsten des BF 1 vor. Der BF lerne stetig Deutsch, er und der BF 2 und 3 seien krankenversichert. Der BF 1 könne vor allem wegen der guten schulischen Integration der Kinder nicht nach Serbien zurückkehren und weil ihm in der Krankenanstalt in Wien seine Medikamente verschrieben würden. Es werde eine mündliche Verhandlung, sowie die Behebung der angefochtenen Bescheide beantrag, in eventu die Behebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde.

7. Die Beschwerden und die Bezug habende Verwaltungsakten langten am 02.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.06.2020 wurde die Rechtssachen der Gerichtsabteilung G311 abgenommen und der Gerichtsabteilung W282 neu zugewiesen.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1 Die Beschwerdeführer führen die im Spruch genannten Identitäten (Name und Geburtsdatum) und sind serbische Staatsangehörige. Der BF 2 und 3 sind die minderjährigen Kinder des BF 1, für die der BF 1 die alleinige Obsorge hat. Die BF 2 und 3 sind gesund, der
BF 1 ist arbeitsfähig, auch wenn er an Morbus Chron leidet, weswegen er in einer Krankenanstalt in Wien in regelmäßiger Behandlung ist. Die Krankheit des BF 1 ist in Serbien medikamentös behandelbar. Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2 Am XXXX .2016 hat der BF1 eine bulgarische Staatsangehörige, die in Österreich lebt, in Bulgarien geheiratet, und ist – nach mehrmaligen kurzen Aufenthalten - Ende Oktober 2016 ins Bundesgebiet eingereist und seitdem durchgehend aufhältig. Der Ehe entstammen keine Kinder, die Mutter des BF 2 und 3 ist die ehemalige Lebensgefährtin des BF 1, die sich in Serbien aufhält. Am 04.11.2016 wurde dem BF 1 vom Magistrat eine Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin mit Gültigkeit bis zum 04.01.2021 ausgestellt. Der BF 2 und 3 reisten im April 2017 ins Bundesgebiet ein, um ebenfalls Aufenthaltskarten (Angehörige eines EWR Bürgers oder Schweizer Bürgers) zu beantragen. Diese wurden dem BF 2 und 3 am 11.05.2017 erteilt. Der BF 2 und 3 kehrten in Folge nach Serbien zurück, um das laufende Schuljahr zu beenden. Der BF 2 und 3 halten sich seit Sommer 2017 durchgehend im Bundesgebiet auf. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde in weiterer Folge mit Urteil vom XXXX .2018 rechtskräftig im Einvernehmen geschieden. Es liegt keine Abhängigkeit zwischen den BF 1 bis 3 und der in Österreich erwerbstätigen Ex-Gattin des BF 1 vor.

1.3 Der BF1 hat in Serbien acht Jahre die Hauptschule besucht und ist seit Dezember 2016 bis dato – mit einer kurzen Unterbrechung– im Bundesgebiet erwerbstätig und aufrecht sozialversichert. Der BF 1 war dabei von Dezember 2016 bis April 2019 als Aushilfskraft in einem Restaurant beschäftigt. Nach einer kurzen weiteren Tätigkeit als Arbeiter war der BF 1 von Juni 2019 bis Ende 2019 bei einer Baufirma als Bauhelfer beschäftigt. Diese Baufirma hat eine Einstellungszusage zugunsten des BF 1 abgegeben, wenn dieser wieder über ein Aufenthaltsrecht verfügt. In Serbien war der BF 1 vor seiner Einreise als Taxifahrer erwerbstätig.

Dass der BF 1 die Prüfung für das ÖSD-Zertifikat auf dem Sprachniveau A2 bestanden hat, konnte nicht festgesellt werden. Der BF 1 spricht nur in geringem Umfang Deutsch, die BF 2 und 3 haben ebenfalls Schwierigkeiten beim Erlernen der deutschen Sprache. Die Beschwerdeführer sind weder Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig. Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine Familienangehörigen. Substanzielle Anknüpfungspunkte im Bereich seines Privatlebens (wie z.B. intensive – familienartige - Freundschaften oder Beziehungen) können nicht festgestellt werden.

1.4 Die Mutter des BF 2 und 3 hält sich in Serbien auf. Die Mutter des BF 1 als auch seine Schwester leben ebenfalls in Serbien. Der BF 1 hat zu seinen Verwandten in Serbien sporadischen Kontakt.

1.5 Zu Serbien ist wie folgt festzustellen:

„Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern.“

2.       Beweiswürdigung:

2.1 Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Bezug habenden Verwaltungsakten des Bundesamtes - insbesondere in die Niederschrift der Einvernahme der Zeugin und der Einvernahme des BF 1 - und den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts sowie in die zum Akt genommenen Urkunden (Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Strafregister, Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und der Sozialversicherung).

2.2 Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer und ihrer Staatsangehörigkeit ergeben sich aus dem Zentralen Fremdenregister, den Angaben in der Stellungnahme (AS 38, Verwaltungsakt BF 1) und den Beschwerden. Die Feststellungen zum Leben, dem Gesundheitszustand, der Schul- und Berufsbildung und dem Aufenthalt in Österreich beruhen auf den Angaben des BF 1 in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 161f) sowie den schlüssigen und stringenten Aussagen der Zeugin in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme (AS 131f). Die Arbeitsfähigkeit des BF 1 beruht auf der Angabe in der Beschwerde sowie seiner bis Ende 2019 aufrechten Erwerbstätigkeit. Die Feststellung zum Aufenthaltstitel der Beschwerdeführer ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Die Feststellungen zur Eheschließung und der Scheidung beruhen auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers sowie der Zeugin im Rahmen ihrer Einvernahme und der Mitteilung der MA 35 (AS 1). In dem vom Bundesamt festgestellten Datum der Rechtskraft der Scheidung ( XXXX .2018, AS 251) dürfte es sich um einen Übernahmefehler handeln, da der XXXX .2018 als Datum der Rechtskraft der Scheidung klar aus der Mitteilung der MA 35 (AS 2 oben) hervorgeht; am XXXX .2018 hat der BF 1 vielmehr die MA 35 von seiner Scheidung in Kenntnis gesetzt (ebenfalls AS 2 oben) weshalb von einer Verwechslung auszugehen ist. Dass keine Abhängigkeit zwischen den Beschwerdeführern und der Ex-Ehefrau des BF 1 vorliegt, stützt sich darauf, dass beide einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind, sowie auf die dahingehend glaubhafte Angabe der Zeugin, auch keinen Kontakt zum BF 1 mehr zu haben (AS 136).

2.3 Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF 1 und der Sozialversicherung ergeben sich aus den vorgelegten Nachweisen des Beschwerdeführers, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen, sowie dem Sozialversicherungsauszug.

2.4 Dass der BF 1 das ÖSD-Zertifikat auf dem Sprachniveau A2 bestanden hat, konnte nicht festgestellt werden, da er bei seiner Einvernahme angab, nur wenig Deutsch zu sprechen (AS 167). Er gab weiters an, eine Deutschprüfung auf A2-Niveau am 19.12.2019 zu absolvieren. In Folge wurde Ende Dezember 2019 vom BF 1 eine Bestätigung eines Bildungsinstituts vorgelegt, dass der BF 1 an dieser Prüfung teilgenommen habe, die Ergebnisse aber erst in zwei bis fünf Wochen feststünden. In weitere Folge wurde weder bis zur Bescheiderlassung noch mit der Beschwerde ein Zertifikat oder Zeugnis darüber vorgelegt, dass der BF 1 diese Prüfung tatsächlich bestanden hat. Es ist im Hinblick auf die Umstellung durch den Umzug seiner Kinder auch nachvollziehbar, wenn der BF 1 selbst angibt, dass der BF 2 und 3 nur langsam und mit Schwierigkeiten Deutsch lernen (AS 165). Dies deckt sich insoweit auch mit den sinngemäßen Angaben der Zeugin. Der BF widerspricht sich im Anschluss – weniger glaubwürdig - selbst, wenn er in seiner Einvernahme kurz später (AS 168) angibt, „den Kindern gehe es gut mit der deutschen Sprache“.

2.5 Dass die Beschwerdeführer weder Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig sind, stützt sich darauf, dass der BF 1 in der Stellungnahme und auch bei seiner Einvernahme keine dahingehenden Angaben tätigte. Dies ist in Bezug auf das noch junge Alter der BF 2 und 3 insoweit auch stimmig.

2.6 Dass die Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen in Österreich verfügen, beruht auf der Angabe des BF in der Stellungnahme sowie anlässlich der Einvernahme des BF 1 (AS 167). Dass keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des Beschwerdeführers festgestellt werden können, ergibt sich daraus, dass sich weder der Stellungnahme noch der Beschwerde dahingehende Hinweise entnehmen lassen. Wenn der BF 1 angibt, einen gewissen Freundeskreis im Bundesgebiet aufgebaut zu haben, bzw. auch Freunde unter Arbeitskollegen zu haben, ist das zwar glaubhaft, begründet aber keinen substantiellen Anknüpfungspunkt. Weiters gab die Zeugin glaubwürdig an (Verwaltungsakt BF 1, AS 137), dass insbesondere der BF 2 und 3 nicht gut integriert seien, da sie sich selbst im Familienverband introvertiert und zurückgezogen verhielten, wenngleich sie sich immer wohlverhalten hätten. Auch gaben sowohl die Zeugin (AS 137), wie auch der BF 1 (AS 166) an, dass Schulfreunde der BF 2 und 3 nicht zu ihnen nach Hause kommen würden.

2.7 Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer beruht auf der Einsichtnahme in das Strafregister.

2.8 Die Feststellung zur Krankenversorgung in Serbien beruht auf dem Auszug aus dem Länderinformationsblatt Serbien der Staatendokumentation des Bundesamtes. Der BF hat auch weder in seiner Einvernahme, noch in der Beschwerde vorgebracht, dass eine Krankheit in Serbien nicht behandelbar wäre, zumal diese auch im Bundesgebiet nur medikamentös behandelt wird. Da in Serbien de-facto alle Medikamente wie EWR-Raum zu gleichen Preisen erhältlich sind, war die Feststellung zu treffen, dass die Erkrankung des BF 1 auch in seinem Heimatland behandelt werden kann.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A)   Abweisung der Beschwerde:

3.1. Rechtsgrundlagen:

Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet wie folgt:

„(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“

Der mit „Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“ betitelte § 54 NAG lautet wie folgt:

„(1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.“

Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet wie folgt:

„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“

Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet wie folgt:

„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

„(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet; dies aus nachstehenden Gründen:

3.2 Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung):

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger, der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, bleibt selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig. War der Fremde auf Grund einer für ihn nach dem NAG ausgestellten Dokumentation rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, so stellt sich die Erlassung einer auf § 52 Abs. 1 FPG gestützten Rückkehrentscheidung und eines damit nach § 53 FPG verbundenen Einreiseverbotes als nicht zulässig dar. Auf diese Bestimmung des § 55 Abs. 3 NAG nimmt auch der – die Ausweisung regelnde – § 66 FPG Bezug, der somit insoweit auch jenen Fall erfassen soll, in dem geprüft werden soll, ob für den Drittstaatsangehörigen, der über eine (Dauer)Aufenthaltskarte verfügt, die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht, also auch begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein, nicht mehr vorliegen. Aus § 55 Abs. 4 NAG geht klar hervor, dass in den davon erfassten Konstellationen die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand des § 66 FPG 2005 zu prüfen ist. Diesfalls kommt es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG 2005 nicht an (vgl. VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005, mwN).

Dem BF 1 wurde hinsichtlich seiner Eheschließung mit einer freizügigkeitsberechtigten bulgarischen Staatsangehörigen am XXXX .2016 im November 2016 eine Aufenthaltskarte (Angehöriger einer EWR-Bürgerin) mit Gültigkeit bis November 2021 ausgestellt. Dem BF 2 und 3 wurden als mj. Kinder des BF 1 ebenfalls solche Aufenthaltskarten, gültig von April 2017 bis April 2022 ausgestellt. Das Aufenthaltsrecht des BF 2 und 3 ist somit als Familienangehörige von jenem des BF 1 unmittelbar abgeleitet und von dessen Weiterbestehen abhängig.

Kommt die Niederlassungsbehörde bei der Prüfung des Fortbestands der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen, hat sie die in § 55 Abs. 3 NAG vorgesehenen Verfahrensschritte (Befassung des Bundesamtes und Information des Betroffenen) zu setzen. Die Frage des Bestehens des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts und der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung hat dann das Bundesamt zu beurteilen (vgl. VwGH 17.11.2011, 2009/21/0378).

Die belangte Behörde kam gegenständlich zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführer nicht mehr vorliegen. Darin ist ihr zuzustimmen:

Gemäß § 54 Abs. 5 Z 1 NAG bleibt das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 leg. cit. erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet. Aufgrund der Scheidung des BF 1 von seiner freizügigkeitsberechtigten bulgarischen Ehegattin am 23. Februar 2018 weist der BF 1 unter Beachtung des Datums der Eheschließung ( XXXX .2016) insgesamt eine Ehedauer von etwas mehr als 16 Monaten auf. In Ermangelung einer mindestens drei Jahre andauernden Ehe sowie Nicht-Bestehens eines Härtefalls liegen keine Ausnahmetatbestände im Sinne des § 54 Abs. 5 NAG vor, weshalb den Beschwerdeführern gemäß § 55 NAG kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukommt. Das Vorhandensein von Ausnahmetatbeständen im Sinne des § 54 Abs. 5 NAG wurde vom BF 1 im Übrigen auch nicht behauptet und wurde auch von der Zeugin keine Aussage getätigt, die auf einen Härtefall hinweisen würde.

Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Wenn sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben, ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Soweit die Beschwerde (zumindest sinngemäß) ausführt, dass aufgrund der bisherigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorlägen, da er zur Arbeitssuche eingereist ist und da aufgrund der Einstellungszusage eine begründete Aussicht auf Einstellung bestünde, wird verkannt, dass § 66 FPG zwar die Einschränkung „es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden“ enthält; diese Einschränkung bezieht sich jedoch nur auf EWR-Bürger (und Schweizer Bürger), die ihr Aufenthaltsrecht im Sinne des § 51 Abs. 1 Z 1 NAG auf ihre Erwerbstätigeneigenschaft stützen können (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, Rz 12), nicht aber auch auf Personen wie den BF 1, die – als Drittstaatsangehörige – ihr Aufenthaltsrecht nur gemäß § 54 NAG von einem EWR-Bürger ableiten und vor diesem rechtlichen Hintergrund auch nicht die Voraussetzung erfüllen können, mit Blick auf den angestrebten Aufenthaltsstatus „zur Arbeitssuche eingereist“ zu sein (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0147).

Gemäß § 66 Abs. 2 FPG sind bei einer Ausweisung insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter des Betroffenen, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist gemäß § 66 Abs. 3 FPG zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

Gemäß § 9 BFA-VG ist u.a. eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF 1 befindet sich seit Oktober 2016 rechtmäßig im Bundesgebiet, die BF 2 und 3 halten sich seit dem Sommer 2017 durchgehend rechtmäßif im Bundesgebiet auf, da sie – wie der BF 1 angab – zwischenzeitig im Frühjahr 2017 zurück nach Serbien reisten, um dort das Schuljahr abzuschließen. Zu Gunsten des BF 1 ist zu berücksichtigen, dass er seit Dezember 2016 bis Ende 2019 – mit kurzen Unterbrechungen – im Bundesgebiet erwerbstätig war, und über eine aufrechte Sozialversicherung verfügt, die auch den BF 2 und 3 miteinschließt.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer vermag nach höchstgerichtlicher Judikatur die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet nicht entscheidend zu erhöhen und auch die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung nicht maßgeblich abzuschwächen.

Demgegenüber haben die Beschwerdeführer nach wie vor starke Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat: Der BF 1 hat in Serbien seine Schul- und Berufsbildung absolviert, war dort schon erwerbstätig und verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Mutter und seiner Schwester wohingegen er in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte aufweist. Das der BF 1 zu seiner Mutter nur sporadisch Kontakt hat, vermag nicht zu bewirken, dass dieser Kontakt als abgebrochen anzusehen ist. Noch klarer zeichnet sich dieses Bild beim BF 2 und 3 ab: Beide Kinder haben den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien verbracht, sind dort zur Schule gegangen, sprechen die Sprache des Landes (ihre Muttersprache) fließend und wurden dort sozialisiert. Auch haben der BF 2 und 3 regelmäßigen Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter, die sich noch in Serbien aufhält. Tatsächlich wurde der BF 1 und 2 durch den Umzug im Jahr 2017 nach Österreich, als beide jeweils 12 Jahre alt waren und sich damit kaum mehr im anpassungsfähigen Alter („adaptable age“, vgl. EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Rn. 66; VwGH 07.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219) befanden, mehr oder weniger aus jenem Kulturkreis entwurzelt, in dem ihre Sozialisation bereits weitestgehend fortgeschritten war. Es verwundert daher auch nicht, dass die Zeugin glaubwürdig angibt, dass sich die beiden Kinder nach der Übersiedelung ins Bundesgebiet eher zurückgezogen und introvertiert verhalten haben. Es ist daher auch nachvollziehbar, wenn der BF 1 selbst angibt, dass die Kinder nur langsam und mit Schwierigkeiten Deutsch lernten (AS 165). Der BF widerspricht sich im Anschluss - in Bezug auf die Angaben der Zeugin weniger glaubwürdig - selbst, wenn er in seiner Einvernahme kurz später (AS 168) angibt, „den Kindern gehe es gut mit der deutschen Sprache“. Ungeachtet dessen ist es aber auch aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer nicht wahrscheinlich, dass eine das Niveau A2 übersteigende Sprachkompetenz des BF 2 und 3 vorliegt, zumal entgegen der Ankündigung des BF 1 bei seiner Einvernahme (AS 166 oben) auch Schulzeugnisse nicht vorgelegt wurden.

Ferner konnten keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens der Beschwerdeführer in Österreich festgestellt werden. Zwar gibt der BF 1 an einen gewissen Freundeskreis aufgebaut zu haben, der zum Teil auch aus Arbeitskollegen besteht. Von einem tatsächlich substanziellen Anknüpfungspunkt kann allein deshalb aber noch nicht gesprochen werden. Ähnlich verhält es sich mit BF 2 und 3: Es ist durchaus glaubhaft, dass diese in letzter Zeit durch ihren Schulbesuch Freunde gefunden haben, mit denen sie sich auch gelegentlich treffen, auch hier liegen aber keine nachhaltig substanziellen – iSv familienähnlichen - Anknüpfungspunkte vor. Soweit in den Beschwerden eine „gute schulische Integration“ des BF 2 und 3 behauptet wird, ist nicht nachvollziehbar, worauf sich diese stützt, zumal (wie schon zuvor) auch mit der Beschwerde keinerlei Zeugnisse oder diesbezügliche anderen Nachweise für eine überdurchschnittliche schulische Integration des BF 2 und 3 vorgelegt wurden

Zudem ist die Aufenthaltsdauer des BF 1 in Österreich von etwas weniger als vier Jahren und jene des BF 2 und 3 mit ca. drei Jahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch als kurz zu werten (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN, wonach einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt). Der BF 1 zeigt zwar vor dem Hintergrund seiner seit Ende 2016 aufrechten Erwerbstätigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht Integrationsschritte auf, für die Dauer seines Aufenthaltes hat der Beschwerdeführer aber jedenfalls nicht solch außergewöhnliche Integrationsleistungen erbracht, die für seinen Verbleib in Österreich ausschlagen würden, zumal er die Absolvierung der Integrationsprüfung auf A2 Niveau entgegen seiner Ankündigung auch nicht nachgewiesen hat. Selbiges gilt für die BF 2 und 3 die durchaus gewisse, im Hinblick auf ihr Alter adäquate, soziale Integrationsschritte unternommen haben; dennoch kann hier nicht von überdurchschnittlichen Integrationsbemühungen gesprochen werden.

Soweit in der Beschwerde die berufliche Integration des BF 1 durch Innehaben des Führerscheins der Klassen A bis D sowie dessen Nichtbezug von Sozialleistungen aufgezeigt wird, ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG – bei welcher ebenso Art. 8 EMRK maßgeblich ist – zu Gunsten des Fremden nur die den privaten und familiären Bereich betreffenden Umstände, nicht jedoch öffentliche Interessen zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003; VwGH 29.06.2010, 2010/18/0242, zum Vorbringen, der Fremde „zahle auch Steuern, sei regulär gemeldet und stelle keine finanzielle oder sonstige Belastung für eine Gebietskörperschaft dar“; VwGH 23.03.2010, 2008/18/0305, zum Vorbringen, dass der Fremde „auch Steuern und Krankenversicherungsbeiträge zahle und mit seiner Arbeitsleistung zum wirtschaftlichen Erfolg Österreichs beitrage“; VwGH 25.11.2010, 2007/18/0736, zum Hinweis auf die Bezahlung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben durch den Fremden, jeweils mwN). Es wäre letztlich aber für das Bundesverwaltungsgericht aber auch sonst nicht ersichtlich, womit in der Innehabung einer Lenkberechtigung mehrerer Klassen ein derartiges Alleinstellungsmerkmal des BF 1 erzielt wäre, dass diesem hierdurch überragende Chancen am Arbeitsmarkt zukämen.

Es ist unstrittig, dass die Beschwerdeführer ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK führen, zumal BF 2 und 3 noch minderjährig sind, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt und eine finanzielle Abhängigkeit besteht. Gegenständlich richtet sich die aufenthaltsbeendende Maßnahme aber in gleicher Weise gegen alle Beschwerdeführer, was bedeutet, dass die mj. BF 2 und 3 mit ihrem Vater, dem BF 1, gemeinsam ausreisen und in ihren Heimatstaat zurückkehren können. Es kommt daher zu keiner familiären Trennung und kann das Familienleben der Beschwerdeführer uneingeschränkt in Serbien fortgesetzt werden.

Soweit das Kindeswohl der BF 2 und 3 iSd § 138 ABGB von der Ausweisung betroffen ist, ist wie folgt auszuführen: Um von einem – für die Abwägungsentscheidung relevanten – Grad an Integration (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG) ausgehen zu können, müssen sich die betroffenen Minderjährigen während ihrer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet bereits soweit integriert haben, dass aus dem Blickwinkel des Kindeswohles mehr für den Verbleib im Bundesgebiet als für die Rückkehr in den Herkunftsstaat spricht, und dieses private Interesse mit dem öffentlichen Interesse eines friedlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und damit des Zusammenhalts der Gesellschaft in Österreich korreliert. Aus der Sicht der Minderjährigen bedeutet dies vor allem, dass sie sich gute Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, ihre Aus- und/oder Weiterbildung entsprechend dem vorhandenen Bildungsangebot wahrnehmen und sich mit dem sozialen und kulturellen Leben in Österreich vertraut machen, um – je nach Alter fortschreitend – am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teilnehmen zu können (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070). Hinweise darauf, dass es (auch aufgrund der nur dreijährigen Aufenthaltsdauer) bereits zu einer derart nachhaltigen Integrationsverfestigung des BF 2 und 3 gekommen ist, liegen ggst. nicht vor. Im Gegenteil hat das Beweisverfahren eher Hinweise dahingehend ergeben, dass sich der BF 2 und 3 zwar (z.B. im Hinblick auf ihre Freunde) langsam einer sozialen Integration öffnen, dennoch kann aber noch nicht von einer nachhaltigen sozialen Integration gesprochen werden. Es ist aus Sicht des Kindeswohls auch zu berücksichtigen, dass der BF 2 und 3 bei einer Rückkehr nach Serbien wieder deutlich mehr Kontakt zu ihrer in Serbien verbliebenen Mutter haben können, was ebenfalls für eine Rückkehr spricht und die Reintegration in Serbien erleichtern wird.

Die belangte Behörde ist daher im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die Ausweisung daher Art. 8 EMRK nicht verletzt, zumal dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.3 Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide (Durchsetzungsaufschub):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist u.a. begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung und die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes vorliegen, waren die gegenständlichen Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 66 Abs. 1 FPG, § 55 NAG sowie § 70 Abs. 3 FPG als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachve

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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