TE OGH 2020/11/2 3Ob66/20g

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Veröffentlicht am 02.11.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwalt Weissborn & Wojnar Kommandit-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S*****, vertreten durch Mag. Isabelle Pellech, Rechtsanwältin in Wien, 2. M*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Dr. Norbert Marschall, Rechtsanwälte in Wien, diese vertreten durch Mag. Isabelle Pellech, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2020, GZ 40 R 194/19d-25, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 31. Mai 2019, GZ 4 C 239/18w-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das erstgerichtliche Urteil einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.366,20 EUR (hierin enthalten 188,47 EUR USt und 235,40 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Mit Einantwortungsbeschluss vom 15. Mai 2017 wurde den Beklagten aufgrund ihrer unbedingten Erbantrittserklärungen der Nachlass nach ihrem am 14. März 2017 verstorbenen Vater je zur Hälfte eingeantwortet. Dessen Vater (der Großvater der Beklagten) hatte im Jahr 1960 mit der Klägerin einen Nutzungsvertrag auf unbestimmte Dauer über die Wohnung Top Nr 2 im Haus der Klägerin abgeschlossen. In der Folge wurden der Genossenschaftsanteil und die Nutzungsrechte an der Wohnung einvernehmlich an den Vater der Beklagten übertragen.

[2]       Mit an den Erstbeklagten gerichtetem Schreiben vom 26. Juni 2017 ersuchte die von der Klägerin bestellte Hausverwalterin die beiden Beklagten, die Wohnung bis zum 18. Juli 2017 unter Verwendung eines mitgeschickten Formulars aufzukündigen. Ein Präsentationsrecht stehe den Erben nicht zu.

[3]       Mit Schreiben vom 20. November 2017 teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass sie als eingeantwortete Erben des früheren Nutzungsberechtigten gemäß Punkt 9 der Satzung den Erstbeklagten als jene Person namhaft machten, die anstelle des Erblassers dessen Geschäftsanteil übernehme und Mitglied werde und in die Rechte und Pflichten des Erblassers eintrete.

[4]       § 9 der Satzung der Klägerin (Stand 1980) lautet:

(1) Stirbt ein Mitglied vor dem 30. Juni, erlischt die Mitgliedschaft am Ende des laufenden, sonst am Ende des darauffolgenden Jahres. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Erben bei sonstigem Verlust der Mitgliedschaft des Erblassers bzw der Verlassenschaft eine Person namhaft zu machen, welche anstelle des Erblassers dessen Geschäftsanteil übernimmt und Mitglied wird. Dieser von den Erben bezeichnete Übernehmer tritt aufgrund einer schriftlichen abgegebenen Übernahmserklärung in die Rechte und Pflichten anstelle des Erblassers in die Genossenschaft ein, wenn der Vorstand ihn als Mitglied aufnimmt. Die gesetzliche Haftung des Nachlasses bzw der Erben wird jedoch hierdurch nicht berührt. […]

(3) Für die Auflösung des Nutzungsvertrages gilt § 20 WGG.

[5]       Der Erstbeklagte war bis Juni 2016 für neun Monate zu Ausbildungszwecken im Ausland und kehrte anschließend nach Österreich zurück. Bei seiner Rückkehr befand sich sein Vater im Spital, er war schwer krank und geschwächt. Auf Initiative des Erstbeklagten wurde sein Vater aus dem Spital entlassen und wohnte dann bis zu seinem Tod in der aufgekündigten Wohnung, wo er eine 24-Stunden-Betreuung durch zwei sich abwechselnde Pflegekräfte hatte. Der Erstbeklagte besuchte seinen Vater in dieser Zeit regelmäßig und war insbesondere auch bei Arztbesuchen anwesend, er übernachtete allerdings nur fallweise in der aufgekündigten Wohnung. Durchschnittlich war er jeden zweiten Tag, zumindest aber einmal pro Woche bei seinem Vater. Soweit er nicht fallweise bei seinem Vater übernachtete, wohnte er in einer von ihm gemieteten Wohnung zusammen mit seinem damals 18 Jahre alten Sohn.

[6]       Der Nutzungsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

KÜNDIGUNG

§ 5

(1) Die Vertragsteile können den Vertrag schriftlich, eingeschrieben unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu den ortsüblichen Vierteljahresterminen kündigen. Das Kündigungsschreiben muss spätestens am letzten Werktag vor Beginn der Kündigungsfrist dem Empfänger zugegangen sein.

(2) Stirbt der Genossenschafter, so kann der rechtmäßige Erbe den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum nächsten Vierteljahresende kündigen.

Vertragsverletzung

§ 6

(1) Die Genossenschaft kann den Vertrag nur unter Einhaltung der in § 5 (1) erwähnten Fristen und zu den dort angegebenen Terminen kündigen, wenn der Genossenschafter

a) sich einer Verletzung dieses Vertrags schuldig macht. Als Vertragsverletzung ist insbesondere anzusehen,

1. die Ausübung eines Gewerbes oder Handwerkes innerhalb der überlassenen Räume durch den Genossenschafter, seine Haushaltsangehörigen oder allfälligen Untermieter, ohne dass eine schriftliche Genehmigung der Genossenschaft hiezu vorliegt,

2. die Aufnahme von Personen in die Wohnung, die weder mit dem Genossenschafter noch mit dessen Ehefrau in gerader Linie verwandt sind, ausgenommen Hausgehilfinnen,

3. die Nichtbefolgung der von der Genossenschaft bestimmten und kundgemachten Hausordnung und der für Anlagen besonders getroffenen Bestimmungen seitens der Untermieter,

4. die Vernachlässigung der Wohnung durch den Genossenschafter, seine Haushaltsangehörigen oder allfälligen Untermieter;

b) nach Ablehnung der Stundung mit der Entrichtung eines erheblichen Teils der Nutzungsgebühr länger als zwei Wochen nach Fälligkeit im Rückstand ist.

(2) Die Genossenschaft kann den Nutzungsvertrag mit sofortiger Wirkung auflösen, wenn der Genossenschafter

a) die vorgesehene Nutzungsgebühr nicht rechtzeitig bezahlt und trotz schriftlicher Mahnung mehr als einen Monat im Rückstand bleibt,

b) ohne schriftliche Genehmigung der Genossenschaft oder ohne Einhaltung der Bestimmungen der Bauordnung irgendwelche bauliche Veränderungen oder Herstellungen in der Wohnung vornimmt,

c) seine Verpflichtung, die Wohnung und die sonstigen Baulichkeiten in gutem und benützbarem Zustand zu erhalten, trotz schriftlicher Mahnung vernachlässigt,

d) ohne Zustimmung der Genossenschaft die Wohnung oder Teile davon in Untermiete gibt oder anderen Personen sonstwie überlässt,

e) durch sein Verhalten oder durch das Verhalten seiner Mitbewohner den anderen Bewohnern des Hauses bzw der Siedlungsanlage das Zusammenleben beharrlich verleidet, sodass diesen ein weiteres Zusammenleben nicht zugemutet werden kann,

f) sich gegenüber den Organen der Genossenschaft grob, ungehörig oder beleidigend benimmt.

[7]            Die Klägerin kündigte den Beklagten am 21. Juni 2018 die Wohnung insbesondere aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG zum 31. Oktober 2018 auf. Ein Eintrittsrecht nach § 14 MRG stehe den Beklagten nicht zu. Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft sei vom Nutzungsrecht an einem konkreten Bestandobjekt zu trennen. Die Frage des Eintrittsrechts in das vertragliche Nutzungsverhältnis bestimme sich ausschließlich nach § 14 MRG, nicht nach der Satzung.

[8]       Die Beklagten wendeten ein, sie hätten entsprechend den Statuten der Klägerin fristgerecht den Erstbeklagten als Übernehmer der Mitgliedschaft und der Nutzung der aufgekündigten Wohnung namhaft gemacht. Dem Erstbeklagten komme jedenfalls auch ein gesetzliches Eintrittsrecht zu; er habe ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung und wohne auch dort. Aus den §§ 5 und 6 des Nutzungsvertrags ergebe sich, dass ausschließlich der Erbe – also nicht auch die Genossenschaft – das Recht haben solle, im Fall des Todes des Genossenschafters den Nutzungsvertrag zu kündigen.

[9]       Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für wirksam und verpflichtete die Beklagten zur geräumten Übergabe des Objekts. Die Rechtsnachfolge hinsichtlich des Genossenschaftsanteils sei durch die Satzung geregelt und führe nicht notwendigerweise zu einem Eintrittsrecht iSd § 14 MRG iVm § 20 „Abs 4 Z 3“ [richtig: Abs 1 Z 1 lit b] WGG. Eintrittsberechtigt sei nur, wer schon zu Lebzeiten des Mieters oder Nutzungsberechtigten mit diesem im gemeinsamen Haushalt in der aufgekündigten Wohnung gewohnt habe. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, weil der Erstbeklagte seinen Vater vor dessen Tod zwar regelmäßig besucht, aber nicht ständig bei ihm gewohnt, sondern nur fallweise bei ihm übernachtet habe. Abgesehen davon fehle dem Erstbeklagten auch ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung, weil er über eine andere eigene Wohnmöglichkeit verfüge.

[10]     Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab, und ließ die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Bei Vertragsabschluss im Jahr 1960 seien genossenschaftliche Nutzungsverträge als zumindest bestandvertragsähnlich angesehen und die sinngemäße Anwendung der Regelungen des Bestandvertrags als zulässig erachtet worden. Die Frage, ob und wie ein genossenschaftlicher Nutzungsvertrag aufzulösen sei, sei dabei zunächst nach der getroffenen Vereinbarung zu beurteilen gewesen. Im vorliegenden Nutzungsvertrag sei in § 5 Abs 1 für beide Vertragsteile das Recht zur schriftlichen, eingeschriebenen Vertragskündigung unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist vorgesehen worden. Ausgehend von dieser grundsätzlichen Kündigungsmöglichkeit normiere nun § 6 des Vertrags ausdrücklich, dass die Genossenschaft (nur) kündigen könne, wenn eine Vertragsverletzung durch den Genossenschafter vorliege, worunter dessen Tod von vornherein nicht subsumiert werden könne. Auch aus dem Wortlaut durch Verwendung der Konjunktion „wenn“ sei abzuleiten, dass es sich dabei um eine abschließende Regelung der für die Genossenschaft in Betracht kommenden Kündigungsgründe handle. Dass die Vertragsparteien bei Vereinbarung der Vertragsauflösungsgründe den Tod des Genossenschafters nicht bedacht hätten, könne nicht unterstellt werden, weil – wenn auch im Zusammenhang mit einer abweichenden Kündigungsfrist (§ 5 Abs 2) – für diesen Fall eine Regelung getroffen worden sei. Damit sei eine spezielle Regelung über die Kündigungsgründe getroffen worden, die allenfalls weitergehende gesetzliche Kündigungsmöglichkeiten, wie sie im Jahr 1960 etwa gemäß § 1116a ABGB bestanden hätten, ausgeschlossen habe. Auf den Tod des Nutzungsberechtigten könne sich die Klägerin daher nicht als Kündigungsgrund berufen.

[11]     Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[12]     Die Beklagten beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[13]     Die Revision ist zulässig und berechtigt.

[14]     1. Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit a und b WGG sind auch auf einen genossenschaftlichen Nutzungsvertrag, wie er hier vorliegt, insbesondere die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG und die Vorschrift des § 14 MRG über das Mietrecht im Todesfall anzuwenden.

[15]     2. Wenngleich der Nutzungsvertrag vor Inkrafttreten des MRG (und des WGG 1979) geschlossen wurde, ist das Vorliegen des geltend gemachten Kündigungsgrundes dennoch nach der nun geltenden Rechtslage zu beurteilen, weil sich der relevante Sachverhalt (der Tod des Nutzungsberechtigten) erst nach Inkrafttreten des MRG ereignete (RS0008695).

[16]           3. Dass der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG hier mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 3 MRG (auch) durch den Erstbeklagten erfüllt ist, ziehen die Beklagten in dritter Instanz zu Recht nicht mehr in Zweifel.

[17]           4. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe im Nutzungsvertrag auf eine Aufkündigung infolge Todes des Nutzungsberechtigten verzichtet, ist nicht aufrecht zu erhalten:

[18]           4.1. Mangels einer entsprechenden expliziten Regelung im Nutzungsvertrag käme nur ein schlüssiger Verzicht der Klägerin in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Frage, ob ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht vorliegt, aber besondere Vorsicht geboten; er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RS0014190 [T3]).

[19]           4.2. Der Annahme, aus den §§ 5 und 6 des Nutzungsvertrags ergebe sich (im Umkehrschluss), dass der Klägerin im Fall des Todes des Nutzungsberechtigten kein Kündigungsrecht zustehe, steht bereits der Umstand entgegen, dass sich § 6 des Nutzungsvertrags, entsprechend seiner Überschrift, ausschließlich auf Vertragsverletzungen des Nutzungsberechtigten bezieht. Ein schlüssiger Verzicht auf in dieser Vertragsbestimmung nicht umschriebene Kündigungsgründe könnte deshalb von vornherein nur in Bezug auf solche angenommen werden, die eine Vertragsverletzung durch den Mieter/Nutzungsberechtigten darstellen; wie aber bereits das Berufungsgericht selbst zutreffend erkannte, ist der Tod des Nutzungsberechtigten zweifellos keine Vertragsverletzung.

[20]           4.3. Abgesehen davon lässt die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts die bei Abschluss des Nutzungsvertrags im Jahr 1960 geltende Rechtslage – nämlich das WGG 1940 – unberücksichtigt:

[21]           4.3.1. Im Geltungsbereich des WGG 1940 war die Auffassung herrschend, dass das im Nutzungsvertrag eingeräumte Recht, eine Wohnung zu nutzen, ein Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Genossenschafters sei. Dieser Zusammenhang wurde erst durch das Inkrafttreten des WGG 1979 und dessen § 20 insofern zerrissen, als die Ausschließung eines Mitglieds die Auflösung des Nutzungsvertrags nur mehr dann bewirkte, wenn der Ausschließungsgrund einem wichtigen Grund im Sinn des MG (bzw jetzt MRG) gleichzuhalten war (5 Ob 44/91, 5 Ob 119/91).

[22]           4.3.2. Führte aber nach der Rechtslage bei Abschluss des Nutzungsvertrags die aus dem Tod des Nutzungsberechtigten resultierende Beendigung seiner Mitgliedschaft zur Genossenschaft zur Auflösung des Nutzungsvertrags, kann dem Umstand, dass der Tod des Nutzungsberechtigten im Vertrag nicht als Kündigungsgrund festgelegt wurde, auch aus diesem Grund nicht die Bedeutung beigemessen werden, die Klägerin hätte auf die Geltendmachung der Beendigung des Vertrags infolge Todes des Nutzungsberechtigten verzichten wollen.

[23]           4.4. Auch aus der von den Beklagten ins Treffen geführten Bestimmung des § 9 der Satzung der Klägerin aus dem Jahr 1980 (Beilage ./1) ergibt sich im Übrigen nichts Gegenteiliges: Aus dieser Bestimmung lässt sich nämlich nur ableiten, dass die Mitgliedschaft bei der Genossenschaft – von der das Nutzungsverhältnis an der Wohnung zu trennen ist – zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Tod des Mitglieds erlischt und die Erben bis zu dahin die Möglichkeit haben, eine Person aus dem Kreis der Erben namhaft zu machen, die an Stelle des Erblassers dessen Geschäftsanteil übernimmt und Mitglied wird. Durch diese Satzungsbestimmung war deshalb eine Kündigung des Nutzungsvertrags (nur) bis zum Erlöschen der Mitgliedschaft des Verstorbenen ausgeschlossen, weil der einzig erkennbare Sinn dieser Regelung darin lag, den Erben nach einem verstorbenen nutzungsberechtigten Genossenschaftsmitglied die Möglichkeit zu eröffnen, in Verhandlungen mit der Genossenschaft die Mitgliedschaft an dieser zu erwerben und in den Nutzungsvertrag einzutreten, der sonst zum Erlöschen käme (1 Ob 764/83 MietSlg 35.697; 5 Ob 600/87; 5 Ob 44/91). Allerdings wurde diesem Festhalten an einem eigenständigen Nutzungsrecht des Genossenschafters, das regelmäßig mit seinem Mitgliedschaftsrecht verknüpft ist und nur ausnahmsweise ein eigenes Schicksal haben kann, bereits durch die ersatzlose, im Zuge eines fortschreitenden Angleichungsprozesses zwischen Miet- und Nutzungsverträgen erfolgte Aufhebung des § 20 Abs 2 alt WGG durch das 1. WÄG der Boden entzogen, zumal § 20 Abs 2 WGG seit Inkrafttreten des 1. WÄG ua schlicht die Anwendung der §§ 29 und 30 MRG auf genossenschaftliche Nutzungsverträge anordnet, also insoweit alle Unterschiede zum Mietvertrag – auch den, dass in der Regel erst die Aufhebung der Mitgliedschaft den Nutzungsvertrag beendet – beseitigt (5 Ob 44/91 mwN). Abgesehen davon wurde die Aufkündigung ohnehin erst nach Erlöschen der Mitgliedschaft (hier mit Ende des Jahres 2017) eingebracht.

[24]     5. In Stattgebung der Revision ist daher das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

[25]     6. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E130083

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00066.20G.1102.000

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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